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Nr. 123. 27. Jahrgang. 1. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Sonntag, 29. Mai 1910.

Die zentralen Verhandlungen über den Tarifvertrag im Sangewerbe.

Die zum 27. Mai 1910 auf 9 Uhr vormittags anberaumte Sigung war nachträglich auf 2 Uhr verschoben worden und fand in einem Sigungssaale des Reichstages statt.

Der Vorsitzende Geheimer Oberregierungsrat Wiedfeldt er­öffnete die Verhandlungen, indem er im Auftrage des Staats­sekretärs des Innern den beiden Parteien sowie den beiden be­berufenen Unparteiischen, Oberbürgermeister Beutler- Dresden und Gerichtsdirektor Brenner- München, den Dank für ihr Erscheinen aussprach.

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Seit 6 Wochen stehen wir nun im Kampfe fo eröffnete er die Situng und namentlich in den letzten Wochen sind uns immer häufigere Buschriften zugegangen, die auf eine Beendigung des Kampfes hindrängten. Aus den Kreisen der Bürgerschaft vieler Städte, bon Fuhrwerksverbänden, von Technikervereinigun­Gen und sonstigen Interessentenverbänden wurde darauf hinge wiesen, daß allmählich der Zeitpunkt zur Beendigung des Kampfes gekommen sein dürfte. Es scheint, daß man im Publikum jetzt die Nuhe verliert, die man bisher dem Kampfe gegenüber beobachtete, und es ist für beide Parteien wünschenswert, daß die Sympathie der Bevölkerung auf Ihrer Seite bleibt und der Kampf rechtzeitig zu Ende geht. Würde er weiter hingezogen werden, so würden wir von der Baukonjunktur in diesem Jahre kaum noch etwas er warten tönnen. In beiden Parteien ist die Stimmung vielleicht nicht mehr so triegsluftig wie zu Anfang.

Einer Anregung folgend, will ich feststellen, daß das Eingreifen des Herrn Staatssekretärs von ihm allein ausgegangen ist, daß feine Bartei sich an ihn gewendet hat. Er hat sich zunächst seiner­seits an die Arbeitgeber gewendet, die ja diesmal die Aus­sperrenden sind, und sich dann, als deren Zustimmung zu den Berhandlungen festgestellt war, an die Arbeiter gewandt, die sich cbenfalls zustimmend erlfärt haben.

Ich möchte die Herren bitten, das, was bereits in den Ver­handlungen vom November vorigen Jahres und März dieses Jahres gefagt ist, als bekannt vorauszusehen und möglichst nicht mehr zu berühren. Wir möchten Ihnen vorschlagen, daß wir auf Grund des alten Vertragsmusters berhandeln.

Bömelburg: Herr Geheimrat Wiebfeldt hat foeben for­statiert, daß das Reichsamt von niemandem veraniaßt ist, die Ver­handlungen einzuleiten, sondern daß Herr Staatssekretär De I- brüd aus eigener Initiative gehandelt hat. Ich habe hier aber ein Flugblatt aus   Westpreußen, worin es heißt:

Seit 5 Wochen dobt bereits der Kampf im   deutschen Bau­gewerbe. Bon Tag zu Tag fönnen wir eine ständige Bunahme der Aussperrungen feststellen und von der Gründung neuer Orts­berbände berichten usw. Durch diese unerwartete Wendung des Kampfes sahen sich die Arbeitnehmer endlich ge­zwungen, die Vermittelung der Reichsregie rung anzurufen. Die Verhandlungen werden daher auf Wunsch der Arbeitnehmer( Hört! hört! bei den Arbeitervertre­tern) und mit Zustimmung des Deutschen Arbeitgeberbundes voraussichtlich am 24. Mai in   Berlin beginnen." Außerdem hörte ich von dem Beamten der Maurerorganisation   Hannover, daß Architekt Behrens ihm gesagt hätte: Jetzt ist doch festgestellt, daß die Hamburger( gemeint sind die Zentralverbände) doch die   Dresdener Verhandlungen einges Leitet haben."

Ich nehme demgegenüber Notiz von dem, was Herr Geheimrat Wiedfeldt mitgeteilt hat. Die Herren Gerichtsdirektor Bren­ner und Oberbürgermeister Beutler möchte ich aber bitten, uns, zu sagen, ob irgendwie von Arbeiterseite ein Einfluß auf ihre An­regungen ausgeübt ist. Oberbürgermeister Beutler- Dresden: Was die   Dresdener Ver­hondlungen betrifft, so habe ich die Initiative dazu ergriffen. Nach dem ich mit den Vertretern des Arbeitgeberbundes in   Dresden ge­sprochen, wandte ich mich auch nach   Hamburg. Gerichtsdirektor Brenner- München: Ich fann bestätigen, daß ich weder von Arbeitgeber noch von Arbeitnehmerseite sei es von Organisationen oder von einzelnen Mitgliedern veranlaßt wor­den bin, irgendetwas zu unternehmen. Was ich getan, habe ich aus eigener Initiative getan. Ich habe darauf hingewirkt, daß zentrale Verhandlungen stattfinden möchten.

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Architekt Behrens-   Hannover: Die Sachdarstellung, die Herr ömelburg nach Gesprächen wiedergegeben hat, ist nicht richtig. Bömelburg: Ich habe nur mitgeteilt, was mir in   Hannover gefagt worden ist. Ich werde der Sache nach der Erklärung des Herrn Behrens auf den Grund gehen und das Nähere fest­stellen. Das Flugblatt des Westpreußischen Landesverbandes ist unterzeichnet von einem Herrn Herzog, der meines Wissens Vor­ftandsmitglied des Deutschen Arbeitgeberbundes ist. Vielleicht ver­anlaßt der Vorstand des Arbeitgeberbundes Herrn Herzog, daß er die Behauptungen feiner öffentlichen Rundgebung zurüdnimmt. Der Zwed folder falschen Mitteilungen geht ja nur zu deutlich aus der ganzen Auslaffung hervor.

Baurat Ende-   Leipzig: Wir werden unseren sämtlichen Ver­bänden die Verhandlungen, die hier gepflogen werden, mitteilen. Dann wird auch Herr Herzog Kenntnis davon erhalten. Vorsitzender: Damit ist diese Sache wohl erledigt. Uebrigens wäre es an sich keine Schande, wenn jemand um eine Verhandlung nachsucht.

Zwede.

Bömelburg: Keine Schande; aber es verrät ganz eigentümliche Borsitzender: Ich darf dann wohl feststellen, daß beide Bar­teien damit einverstanden sind, daß wir auf Grund des alten Ver­trages verhandeln.

Baurat Ende: Ihr Vorschlag überrascht uns. Oberbürgermeister Beutler: Es handelt sich nur um die Reihen­folge der Verhandlungen, nicht etwa, daß wir sachlich an dem alten Vertrage festhalten wollen.

Baurat Ende: Wenn es sich nur um eine formale Sache han­delt, haben wir kein Bedenken. Vorsitzender: Wir kommen dann zur Ueberschrift des Ver­

trages.

Baurat Ende: Der Arbeitgeberbund beantragt folgende Fassung: " Zwischen dem Deutschen Arbeitgeberbund für das Bau­gewerbe und dem Zentralverband der... ist dieser Tarifvertrag für das Gebiet des Arbeitgeberverbandes( Bezirks- oder Orts berbandes)... abgeschlossen worden." Schrader-   Hamburg: Wenn man Anträge stellt, halte ich es am Blake, daß sie auch begründet werden. Bisher haben wir eine Begründung für diese Fassung nicht erhalten. Ich möchte daher darum bitten.

Bömelburg: Ich möchte klar festgestellt sehen, welches der Un­terschied zwischen dem früheren Vertragsmuster und der Vorlage der Arbeitgeber nach den   Dresdener Verhandlungen ist. Vorsitzender: Es ist einmal statt" Zentralvorstand" gejagt " Bentralverband".

Baurat Ende: Unser Antrag bezweckt, den Vertrag auf gen­traler Grundlage abzuschließen. Eine Begründung halte ich nicht für nötig, nachdem nach den Erklärungen des Herrn Vorsitzenden alle Argumente für und wider hinlänglich gegeben worden sind. Bömelburg: Aus den Protokollen über die Verhandlungen vom November und März ist nicht festzustellen, was die Arbeitgeber be­zweden; auf der einen Seite ist vom Arbeitgeberbund gesprochen und auf der anderen Seite soll der Vertragskontrahent der Bentral­vorstand sein.

Vorsitzender: Nein, die ursprüngliche Fassung? Bentralvor| haben Sie das alte Vertragsformular, wie es zwischen den Zen­stand" soll geändert werden in Zentralverband".

Oberbürgermeister Beutler: Ich habe aus den Protokollen das eine herausgelesen: die Arbeitgeber wünschen, daß die Arbeitnehmer mit der Autorität ihrer Zentralverbände für die Durchführung der etwa zustande kommenden Verträge sich gewissermaßen moralisch einsehen. Bringmann-   Hamburg: Wir müssen darauf bestehen, daß uns die Arbeitgeber flipp und flar erklären, was sie mit dem Zentral­tarifvertrag wollen. Hätten sich bei der bisherigen Form der Torifvertragsschließungen Schivierigkeiten ergeben, so wäre eine lenderung verständlich. Bis auf wenige Ausnahmen, wie in West­  falen, ist einstimmig fonstatiert worden, daß das bisherige Tarif­vertragsverhältnis sich gut bewährt habe.

Borsigender: Es wäre vielleicht angebracht, die Hauptgründe anzuführen, ohne in die Details einzugehen.

Baurat Ende: Wir halten den sogenannten zentralen Abschluß deshalb für nötig, weil wir wollen, daß hinter unsern Verträgen sowohl bei den Arbeitern wie bei den Arbeitgebern eine starke Ben­iralgewalt steht, die Macht über die einzelnen Organisationen hat. Wenn nach der Denkschrift oder Statistit die Verträge sich im ali­gemeinen bewährt haben, so sind sie doch in der bestehenden Form nicht länger haltbar. Einzelne Unterverbände der Arbeiter, viel­leicht auch der Arbeitgeber, haben sich einfach über die Verträge hinweggejezt. Auch bei Streitigkeiten wegen der Ueberstunden haben sich einzelne Lokalorganisationen über die im Vertrage an­geordnete Schlichtungskommission hinweggejetzt. Wir verlangen nicht nur, daß solche Verträge die Genehmigung der Zentralver. bandsorganisation haben, sondern daß sie zwischen den eigentlichen Gewalten abgeschlossen werden.

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tralverbänden und dem Arbeitgeberbund vereinbart ist; jezt ber­langt der Arbeitgeberbund, daß auch eine Art Unterschrift dazu gegeben wird. Das Vertragsformular hat aber doch allerlei Striche und Lüden, die wiederum den örtlichen Organisationen vorbehalten bleiben sollen. Demgegenüber ist es vielleicht richtig, wir stellen diesen ganzen Streitpunkt zurück und einigen uns erst über die Form. Die Fragen der Arbeitszeit, der Ueberstunden, des Arbeits­lohnes, auch der Affordarbeit sind wohl viel geeigneter, eine Eini­gung darüber zu erzielen.

Baurat Ende: Wir sind mit dem Vorschlage des Herrn Ober­bürgermeisters einverstanden.

Schrader: Grundsäglich hätte ich auch nichts dagegen einzus wenden. Als Vertreter der Arbeiter hätte ich aber den Wunsch, deß wir unter uns erst einmal beraten.

( Es tritt eine Pause ein.)

Nach der Pause erklärt

Bömelburg: Wenn wir uns über diesen ersten Punkt nicht einigen, werden wir auch über die übrigen Punkte nicht hinweg­tommen; denn das, was der Arbeitgeberbund im ersten Punkt for­dert, spiegelt sich in vielen anderen wieder.

Die Erörterung wird noch einmal eröffnet. Bringmann: Bon keiner der Arbeiterorganisationen ist zu der Ueberschrift ein Antrag gestellt, wohl aber von den Unternehmern, doch hat dieser bis jetzt feine Begründung gefunden. Wenn irgende wo Differenzen unter den Arbeitern vorgekommen sind, so wird das durch das von den Unternehmern vorgeschlagene Vertragsmuster auch nicht verhindert werden. Einzelfälle sind aber gar nicht be­weisbar gewesen. Was wollen die Unternehmer eigentlich mit einem gentralen Tarifvertrag, wie sie ihn beantragen? Das müffen wir wissen!

Wir

Jakob- Reipzig: Es ist bestritten worden, daß beim Arbeitgeber. bund die Absicht bestände, die Arbeiter durch den zentralen Ab­schluß des Vertrages in Gefahr zu bringen. Den besten Gegen­beweis bilden die Vorgänge in Plauen.( Redner trägt den Fall vor.) Ein anderer Unternehmer hat in der vorigen Woche in  Grimma einen Vertragsbruch veranlaßt. Im Buchdruckergewerbe liegen die Verhältnisse ganz anders als im Baugewerbe. Bömelburg: Es ist nicht richtig, daß Verträge in einzelnen Orten erst dann Geltung erlangt hätten, wenn die Zentralvorstände eingegriffen haben. Aber dieses Moment hat überhaupt nichts mit der Aenderung zu tun, die die Arbeitgeber herbeiführen wollen. Daß sich Arbeiter geweigert haben, mit anders Organisierten zu sammen zu arbeiten, mag vorgekommen sein; das wird aber auch in Zukunft vorkommen, das tann niemand verhindern. billigen das aber nicht. Im Vertrage steht ausdrücklich, daß das Bujammenarbeiten mit anders Organisierten nicht gehindert wer= den darf. Daran wollen wir auch festhalten. Einzelne bedauerliche Differenzen können nur verhindert werden, wenn an den einzelnen Orten Vertragsträger vorhanden sind, die sich darüber auseinander­setzen. Die Differenzen sind vielfach durch falsche Auffassung der leitenden Personen entstanden, teils der Arbeitgeber, teils der Ar beiter. Bei gutem Willen sind solche Vorkommnisse leicht zu be seitigen. Wenn es nicht die Absicht des Arbeitgeberbundes ist, durch die neue Form seine Macht zu erweitern, warum streiten Sie dann noch um diesen Buntt? Dann können Sie es ruhig bei dem bisherigen Zustande belassen, dann kommen wir mit der bis­herigen Grundlage vollkommen aus. Wenn Sie z. B. die Lohnt­frage zentral regeln wollten, kämen Sie mit Ihrer eigenen Or ganisation in eine große Schwierigkeit. Wir fönnen die örtlichen Organisationen nicht ausscheiden. Solange Sie nicht auf Ihren Antrag verzichten, müssen wir annehmen, daß Sie mit dieser Acn­derung besondere Absichten verfolgen.

Becker-   Berlin: Von Ihrer Seite ist uns doch selbst das Zeugnis gegeben worden, daß wir für die Durchführung der Verträge alles getan und unsere ganze Kraft dafür eingesetzt haben. Herr Kart mann hat in den Posener Neuesten Nachrichten" eine andere Be­gründung für die Aenderung gegeben, wenn nämlich irgendwo ein Tarifbruch" vorkommen sollte, soll sofort ausgesperrt und der Ver­trag aufgehoben werden. Wenn das der wahre Grund ist, dann fönnen wir der Aenderung nicht zustimmen. Sie haben selbst nicht die Macht, einen Bezirksverband zu zwingen, einen Tarifvertrag anzuerkennen, wie die Vorgänge im   Siegerland zeigen. Heute sind wir auf beiden Seiten noch nicht reif genug für einen zentralen Tarifvertrag; laffen Sie sich die Dinge erst entwvideln. Im Inter­esse des Friedens möchte ich bitten: lassen Sie die Forderung fallen. Bömelburg: Wir haben ja bisher schon eine gewisse Zentralia fation im Tarifverhältnis. In dem zentralen Vertragsmuster ist ausgesprochen, daß die Zentralverbände verpflichtet sind, alle auf Grund dieses Musters abgeschlossenen Verträge zu decken, und fast allgemein ist konstatiert worden, daß sich der Zustand gut bewährt hat. Seit Abschluß des bisher üblichen Verhältnisses haben wir eigentlich wenig Differenzen gehabt. Aber öfter als der Arbeit­geberbund sich an uns, mußten wir uns an ihn wegen Regelung von Differenzen wenden. Der Bund konnte die Dinge aber nicht schlichten. Ohne bestimmte Gründe fönnen wir nicht eine so tief­gehende Aenderung herbeiführen. Herr Kartmann hat uns durch seine Breßäußerung nicht überrascht, höchstens überrascht durch seine Offenheit.( Heiterkeit.) Herr Sartmann hat die Frage gestellt: Warum muß die Bundesleitung der Arbeitgeber den Bentralabschluß der Verträge fordern?" und sie dahin beantwortet: Weil sie im ganzen Deutschen Reiche dem Baugewerbe für die Bertragsdauer den Frieden sichern will und die Erfahrung gelehrt hat, daß dies durch Hunderte von Einzelverträgen nicht möglich ist, da die bisherigen Einzelverträge keinen Paragraphen enthalten, welcher den Vorstand des Arbeitgeberverbandes berechtigt, sämtliche Einzelverträge sofort aufzuheben, wenn während der Vertragsdauer an dem einen oder anderen Orte der Vertrag von den   Arbeitneh- Baurat Ende: Der Bund ist nur verantwortlich für die Bes mern gebrochen wird; weil die Arbeitgeberverbände einzelner schlüsse, die er gefaßt hat, nicht für die Aeußerungen eines ein­Städte und Provinzen zu schwach sind, um die Angriffe der Arbeit- zelnen Redners. Selbstverständlich wollen wir neben dem zen. nehmerverbände, die über 9 Millionen Mark Streikgelder verfügen, tralen Abschluß auch gleichzeitig, daß die Lokalorganisationen Ber­abzuwehren, weil allein die Bundesleitung der Arbeitgeber die tragsträger für die einzelnen Orte bleiben. Wir wünschen also Macht und die Mittel besitzt, Vertragsbrüche zu verhindern, da sie einen zentralen Abschluß, die Mitwirkung der Organisationen, und allein die zur Durchführung von Streits, Abschiebungen von Ar- daß die Abrechnungen der örtlichen Organisationen in den zen­beitern usw. erforderlichen Gelder zu bewilligen hat."( Hört! hört! tralen Vertrag aufgenommen werden. bei den Arbeitervertretern.)

Meine Herren! Nach diesem Plan hätte es ein einziger bösa williger Arbeitgeber oder auch eine Handvoll Arbeiter in der Hand und die Möglichkeit, Tarifverträge über das ganze Land aufzu­heben. Das Recht, die Anstellungsverhältnisse zu regeln, ist allein dem Arbeitgeber zugestanden, da kann feine Arbeiterorganisation dem Arbeitgeber hineinreden. Differenzen, die sich einmal aus einem Tarifvertrage ergaben, find viel weniger aus Handlungen der Arbeiter als aus solchen der Arbeitgeber entstanden. Unser Bestreben ist immer nur gewesen, dafür zu sorgen, daß das, was wir vereinbart haben, auch durchgeführt wird. Wenn wir ein Tavisverhältnis mit dem Arbeitgeberbund eingehen, tun wir es nur, wenn wir die Ueberzeugung haben, daß das Vereinbarte auch gehalten werden kann. Wollte man in den Zentralborständen alle Fälle registrieren, die in den einzelnen örtlichen Berhältnissen zu berücksichtigen sind, so würde man an der Zentralstelle überhaupt nicht durchkommen. Ein Tarifvertrag kann bei der Mannigfaltig­feit der verschiedenen Gewerbe nur durchgeführt werden, wenn nicht nur die Zentralvorstände, sondern auch die örtlichen Organi fationen als Träger des Vertrages verantwortlich gemacht werden. Ich möchte daher die Arbeitgeber ersuchen, von ihren Anträgen abzulassen. Auf der bisherigen Grundlage können wir weiter auf bauen und weiterkommen. Wir haben bei früheren Verhandlungen auch ein Zentralschiedsgericht in dem Sinne, wie es die Arbeit geber verlangen, abgelehnt. Die Erfahrung hat gelehrt, daß durch cin enges Zusammenarbeiten der Organisationen hier und da noch manches auszugleichen ist und ausgeglichen werden kann, ein zentrales Tarifverhältnis in dem Sinne, wie es uns durch Ihre Presse bekannt geworden ist, machen wir nicht mit. Es kann Ihnen auch nicht schtver sein, auf Ihren Beschluß zu verzichten. Wenn Sie der Sache diesen Dienst erweisen, dann haben Sie den Arbeit­gebern, den Arbeitern und der Allgemeinheit genügt.

Baurat Ende: Die Rede des Herrn Bömelburg hat uns heute ebensowenig wie früher davon überzeugt, daß wir etwas Faliches verlangen. Die Idee des Vertrages an sich ist gut, aber seine jebige Art hat sich nicht bewährt. Vertragsverlegungen schwerer Art find ungefühnt geblieben. In zahlreichen Fällen haben organisierte Arbeiter verlangt, daß nicht organisierte den Bau ver­lassen; mißliebige Arbeiter oder Poliere mußten entlassen werden. In   Rheinland haben zentralorganisierte Arbeiter verlangt, daß erst die christlich organisierten entlassen werden müßten, bis sie wieder arbeiteten. Wir wollen einen zentralen Vertrag mit einer starken Gewalt abschließen, und wir wollen ihn stüßen durch ein ordentliches Schiedsgericht, und erst, wenn sich nach einem Schieds­spruch herausstellen sollte, daß Ihre oder unsere Zentralorganisa­tion zu schwach ist, um Abhilfe zu schaffen, müßte es jebem frei stehen, zu Machtmitteln zu greifen. Der Vertragsabschluß soll von der verantwortlichen Stelle aus erfolgen und nicht von der unver antwortlichen; das ist bei den Holzindustriellen, bei den Buch­brudern ebenso. Wir werden trok des Protestes an unseren be­rechtigten Ideen festhalten.

Oberbürgermeister Beutler: Bei der Frage: zentraler Abschluß oder formelle Verhandlungen in den Ortsverbänden scheint es sich doch um einen Streit um Kaisers Bart zu handeln. Bis jett

Behrendt-   Hamburg: Der Arbeitgeberbund ist noch lange nicht fo weit vorgeschritten, um die Machtmittel zu haben, die er durch einen zentralen Vertrag zu bekommen glaubt. In   Colmar sind Lohnabzüge gemacht worden, ohne daß der Arbeitgeberbund auf unsere Borstellungen geantwortet hat. Die Macht, die die Herren durch die Organisation bekommen wollen, haben sie nicht; die Trä ger der Verträge müssen die lokalen Organisationen sein.

Baurat Ende: Wir haben die wahren Gründe, die uns leiten, angeführt; andere brauchen wir nicht. Es ist gänglich ausge schlossen, daß wir noch irgendwelche Hintergedanken hätten.

Vorsitzender: Da sich niemand mehr zum Worte gemeldet hat, fönnten wir diesen Punkt vorläufig in der Schwebe lassen und fämen weiter zu§ 1. Da dieser aber mit der ersten Frage zu­sammenhängt, muß er ebenfalls in der Schwebe bleiben. Wir kommen also zu§ 2:

Arbeitszeit.

Stunden und wird in Berücksichtigung der Witterungs- und Licht Der§ 2 lautete bisher: Die normale Arbeitszeit beträgt berhältnisse wie folgt geregelt:...", und dann sollten die einzelnen Orte das einsetzen. Der Arbeitgeberbund beantragt, daß hinter den Worten die normale Arbeitszeit" eingefügt wird: bei Lohn­und Affordarbeit".

zurüd.)

( Die Arbeitgebervertreter giehen sich zu einer kurzen Beratung Baurat Ende: Ich möchte zum§ 2 noch folgenden Antrag stellen, der in der Drucksache irrtümlich weggelassen ist:

Bei ausreichenden Lichtverhältnissen fann eine fürzere Ara beitszeit auf die normale, und zwar ohne Lohnzuschlag, ver­längert werden, wenn der Arbeitgeber oder sein Stellvertreter es für erforderlich hält."

Wir haben im Baugewerbe an und für sich eine kurze Arbeits­zeit, namentlich im Winter. Wir wollen deshalb dem Arbeitgeber das Recht zugestehen, daß da, too ausreichende Lichtverhältnisse und geeignete Ginrichtungen vorhanden sind, die Arbeitszeit auf die normale Arbeitszeit herabgesetzt wird, daß also eine Verlängerung der normalen Arbeitszeit nicht als Ueberstunden gelten foll. Schrader-   Hamburg: In diesen Anträgen liegt eine gewisse Jna fonsequeng. Wir fönnen eine feststehende Arbeitszeit nicht will fürlich verlängern. Bei dringenden Arbeiten liegt die Frage mit den Ueberstunden anders. Die ganze Fassung des§ 2 geht uns überhaupt zu weit; wir wünschen einfach, daß gesagt wird: Die Arbeitszeit beträgt.. und dann kommt die Tabelle, wie wir fie auszuarbeiten wünschen.

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Baurat Ende: In diesem Antrage liegt teine Infonsequenz; denn es wird nur selten vorkommen, daß die normale oder tabellas risch festgesetzte Arbeitszeit überschritten wird.

Schrader: Bei den Verhandlungen im November und März wurde uns von Arbeitgeberseite erklärt, daß man sogar auf Neu­bauten elektrische Lichtanlagen einrichten und die Arbeitszeit auf die normale ausdehnen wolle.

Oberbürgermeister Beutler: Können die Herren sich erklären, wie sie sich zu der Ziffer 2 des Abfazes III der protokollarischen Erklärungen stellen?