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die Revision des von der Strafkammer Eis leben wegen Wider> ftandes und Beleidigung, begangen gegen Soldaten, verurteilten iSergarbeiterZ BauerZin verworfen. frankreick. An der Mauer der Föderierte«. Paris  , 29. Mai.  (Eig. BerH Die Kundgebimg zu Ehren der gemordeten Kommunekämpfer hatte in diesem Jahr einen besonderen Umfang. Das Verdienst daran ist der Polizei zuzuschreiben, die am letzten Sonntag friedliche Demonstranten, die der Enthüllung der Denksäule für die Kommunarden des linken Seine-Ufers auf dem Friedhof von Montparnasse   bei- gewohnt hatten, überfallen, indes selbst reichlich Prügel davon- getragen hat. Die sozialistische Partei beschloß, den heutigen Tag für das Recht der öffentlichen Kundgebung zu demonstrieren. Ihr Appell fand über Erwarten Gehör. Auf gut 30 000 Menschen kann man die Masse abschätzen, die heute nachmittag auf marschierte. Die Partei hatte die Organisation der Mani- festation mit Sorgfalt betrieben, um Polizeiprovokateuren oder leichtfertigen Randalbrüdern nicht die Möglichkeit zu lassen, Konflikte herbeizuführen. Die Regierung dagegen hatte es nicht über sich vermocht, kleinliche Schikanen zu unterlassen. So sollte das Entrollen der Fahnen'nur innerhalb der Fried- »Hofsmauern gestattet und das Reden an der Mauer verboten sein. Gen. V a i l l a n t, der eine Ansprache begann, wurde vom Polizeipräfekten am Weitersprechen gehindert. Der Selbstzucht der Massen und dem wirkungsvollen Eingreifen der sozialistischen  Ordner, nicht dem ungeheuerlichen Militäraufgebot war es zu danken, daß die Kundgebung nicht ihre Würde verlor. Verbot des Trucksystems in Frankreich  . Durch Gesetz vom LS. März ist in Frankreich   künftig jedem Arbeitgeber verboten: 1. mit seinem Etablissement einen Laden zu verbinden, auL dem er direkt oder indrekt an seine Angestellten oder deren Familien Lebensmittel oder sonstige Waren verkauft; 2. seine Angestellten zu verpflichte», ihren Lohn oder einen Teil desselben in bestimmten, von ihm bezeichneten Geschäften auszu- geben. Alle Geschäfte der oben bezeichneten Art müssen innerhalb zweier Jahre aufgehoben sein. Läden, die von unter staatlicher Aufsicht stehenden Eisenbahnen gehalten werden, sollen nicht unter das Gesetz fallen, vorausgesetzt, datz das Personal nicht der» pflichtet ist. dort zu kaufen, daß ferner die unternehmende Gesellschaft keinen Profit aus ihnen zieht, und daß endlich ein Ausschuß, dessen Mitglieder zu mindestens einem Drittel vor dem Personal gewählt sind, die Geschäftsführung überwacht. Dieselben Bedingungen gelten für Verlaufsläden solcher industrieller Gesell­schaften, deren Anteile zum größten Teil den gegenwärtigen oder früheren Angestellten gehören, oder deren Mitglieder gleichfalls zum größten Teil aus solchen Personen bestehen. Uebertretungen deS Gesetzes sind mit 4lZ bis 1600 M., im Wiederholungsfalle mit 4000 M. strafbar.' Englancl. Deutscher   Schutzzoll in englischer Beleuchtung. Man schreibt uns aus London  : Genosse R a ni- say Macdonald fährt in derDaily News" mit der Schilderung der Eindrücke fort, die er auf seiner Reise mit der englischen Arbeiterdeputation in Deutschland   gesammelt hat. Die englischen Tarifreformer pflegen zu behaupten, daß die Einführung des Schutzzolls England die Möglichkeit bieten würde, von anderen Ländern Handelsvorteile zu erzwingen, die ihm unter dem System des Freihandels, bei dem kein Land besondere Konzessionen zu hoffen oder Gegenmaßregeln zu befürchten hat, verloren gehen. Ein Gespräch, das Macdonald mit dem Sekretär der Mctallarbciterorgonisation im Volkshaus zu Solingen   geführt hat. beleuchtete diese Frage. Solingen  , schreibt Macdonald, ist das deutsche  Sheffield  , aber ein Sheffield  , umringt von blühenden Obst- gärten, das trotz der rauchenden Fabrikschornstcine von reiner Luft umgeben ist. und dessen Straßen und Häuser mit Aus- nähme der Altstadt sauber sind. Macdonald erzählt wie niachtlos Solingen   der Zollerhöhung der Vereinigten Staaten  auf Stahlwaren gegenüberstand, ungeachtet des deutschen  Schutzzollsystems. Die Solinger   Fabrikanten halfen sich da- mit, daß sie die Löhne der Arbeiter um den Betrag des erhöhten amerikanischen   Zolles verkürzten. So be- deutet der Schutzzoll für die Solinger Arbeiter nicht bloß die Verteuerung ihrerLebensmittel, sondern gleich- zeitig auch ein Sinken ihrer Löhne. Dieselbe Erfahrung wiederholte sich in der Schuh- und Lederindustrie von Arnstadt  , wo die Forderung der Hand­schuhmacher auf Erhöhung ihrer elenden Löhne von den Unternehmern mit dem Hintveis auf die Erhöhung des arnerikanischen Zolles abgelehnt wurde. So hat der deutsche Arbeiter für die Zollpolitik sowohl des eigenen Landes wie seiner Konkurrenten die Zeche zu bezahlen- Den Nutzen da- von haben nur eine Handvoll Agrarier und Rohproduzenten. Es sei deshalb kein Wunder, daß die große Masse der deut- scheu Arbeiter den Schutzzoll bekämpfen und verwundert dar­über sind, daß es in England Arbeiter gibt, die von der Ein- führung des Schutzzolles ihr Heil erwarten. Macdonald schließt diesen Artikel mit der Wiedergabe eines Auftrages. den ihm Genosse Molkenbuhr in Berlin   zum Abschied mitgab: Sagen Sie den Arbeitern Englands, rief ihm Molkenbuhr zu, daß, wenn sie den Schutzzoll einmal einge- sührt haben, dann wird es für uns hoffnungslos sein, gegen den unseren zu kämpfen, und sie werden einen Mühlstein zu- gleich um ihren eigenen Hals und um den unseren gehängt haben! In einem folgenden Artikel erörtert Macdonald die Frage, wie es komme, daß das Schutzzollsystem in Deutschland  bestehen kann, trotzdem das Volk offensichtlich dagegen ist. Macdonald antwortet darauf: Weil das deutsche   Volk nicht herrscht, sondern beherrscht wird. Der deutsche Reichstag, führt Macdonald aus, ist in Wirklich- keit gar kein Parlament. Er bestimmt nicht die Politik des Reiches, es hängt nicht von ihm ab, wer Minister oder Reichskanzler sein soll. Dies alles tut der Kaiser, und die Funktion des Reichstages besteht darin, die Regierungs- Politik zu kritisieren. Macdonald schildert dann die reaktio- näre Wahlkreiseinteilung im Reiche und in den Bundes- staaten. sowie das Dreiklassensystem in Preußen und zeigt wie die ostelbischen Junker Preußen und durch, Preußen das Reich beherrschen. Und weil der Schutzzoll diesen Junkern vorteilhaft ist, wird er in Deutschland   beibehalten. Der offizielle Bericht der Arbeiterdeputation wird erst in einigen Wochen erscheinen. mus in Finnland   protestiert wurde. Am Trafalgar> Bekanntlich lagen zwischen Gesetzwerdüng der Tersteuerüng der Square, wo sich mehrere Tausend Personen versammelt hatten, wurden von den Arbeiterdeputierden, unter denen sich auch Genosse Tarne befand, heftige Reden gehalten. Es gelangte eine Tages- ordnung zur Annahme, die die Tyrannei der russischen Regierung verdammt, welche in Finnland   die Konstitution aufgehoben und damit die Garantien geschändet habe, die vor einem Jahr hundert Zar Alexander I.   den Finnländern gegeben hatte. Die Tagesordnung verlangt eine sofortige Intervention der englischen   Regierung beim Zaren NicolauS II. in dieser Angelegenheit. foilZkaticl. Polenscindliche Beschlüsse. Petersburg, 30. Mai. Die R c i ch s d u m a hat mit 1S2 gegen 16S Stimmen den Artikel 3 der Gesetzesvorlage auf Einführung von S e m st w o s für die sechs westlichen Gouvernements ange- nommen, wodurch das U e b e r w i e g e n der Deputierten r u s s i- scher Herkunft in den SemstwoS gesichert ist. Während der Debatte kam es zu einem Zwischenfall. Der Deputierte Purischkewitsch   gebrauchte gegen die Fürsprecher der Polen  beleidigende Ausdrücke und rief, trotz eines Ordnungs- rufes, zu dem Führer der Kadetten, M i l j u k o w, gewendet, er werde ein Wasserglas gegen ihn schleudern. Er ließ die Tat den Worten folgen; das Glas fiel vor den vor- deren Bänken nieder und zerbrach. Es entstand ein großer Lärm und die Mitglieder der Opposition sprangen erregt von den Plätzen auf. Der Präsident mahnte zur Ruhe und schlug vor, Purischketvitsch für IS Tage auszuschließen. Dieser be- hauptete, er sei durch Miljukow herausgefordert worden, der sich in der Duma nicht zu betragen verstehe.(Gelächter links.) Er b e> dauere, daß das Glas sein Ziel verfehlt habe. In Anbetracht der bevorstehenden Debatten über Finnland   bat dann Purischkewitsch   um Entschuldigung und ersuchte die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Seine Ausschließung für sieben Sitzungen wurde einstimmig angenommen. Lfritia. Die konstitntionelle Bewegung. London  , 30. Mai. DieTimes" bringen heute morgen eine Meldung ihres Korrespondenten in Shanghei, die einen Teil des Textes des Dekrets des Kaisers von China   enthält, durch das zum ersten Male eine sogenannte Senatsversammlung für den 3. November d. Js. einberufen wird. Das betreffende Dekret enthält folgende Sätze: Die Mitglieder des Senats müssen die Be- deutung dieser Bereinigung einer nationalen Versammlung vcr- stehen lernen, die in China   keinen Vorgänger hat und die das Vor- zeichen der Einberufung eines Parlaments sein wird. Die Mitglieder dieses Senats sind sehr herzlich gebeten, sich mit all ihrem Patriotismus dem neuen Werke zu widmen, gute Hoffnung zu bewahren und die Pflichten zu erfüllen, die ihnen die nationale Vertretung auferlegt, auf diese Weise für die Durchführung der nach unserem Wunsche einzuführenden konstitutionellen Reformen zu arbeiten, und dem Werk, welches wir jetzt unternehmen, zum Erfolge zu verhelfen. 4 Hrnmfta. Die Kämpfe in Nicaragua  . New Jork  , 29. Mai. Das Rcutersche Bureau meldet aus l u e f i c l d S: Die RegierungStruppen unter General Lara haben einen äußerst heftigen Angriff auf die Stellungen E s t r a- d a s um Blueficlds unternommen, sind jedoch mit einem V e r- I u st von 250 Toten und Verwundeten zurückgeschlagen war- den. Morgen wird eine Abteilung von Seesolbaten der Vereinigten Staaten eintreffen, um ein Gefecht innerhalb der Stadt zu verhindern. Eue der Partei. NcichStngSkandidatur. Die Genossen des 10. badischen ReichStagSwahl- k r e i s e S hatten am 29. Mai ihre Konferenz. Nach einen: Referat des Abg. Geck über die Bedeutung der nächsten Reichstagswahl wurde der Vorschlag einstimmig angenommen, den bisherigen Abg. Geck wieder als Kandidaten aufzustellen. Die Konferenz war von 37 Delegierten aüs 13 Orten, darunter IS Delegierte aus Karlsruhe  , besucht._ Gegen das ministerielle Votum der italienischen   Fraktion. Rom  , 23. Mai. In derGiustizia  " von Reggio Emilia  greift der Reformist Zibordi das ministerielle Votum der Parteifraktion an. Heber die wunderbare Einstimmigkeit der ita- lienischen Kammer schreibt er höhnisch:Keine Jnteressenkämpfe mehr, keine Parteien. Alle Menschen guten Willens sind in gc« wissen Fragen eines Sinnes. Die Wahrheit ist niemandes Monopol, die Liebe zum Volke ist nicht das Merkmal einer besonderen Partei. Wir wollen einander lieben und umarmen und jeden Strejt beenden." Dann bezeichnet der Artikel Luzzatti als das Symbol der sentimentalen Konfusion, unter der die Er- ziehung des Volkes und sein materielles Wohlsein leidet. Durch ihr Votum hätte die Fraktion den alten Zwist über Ministerialis- mus und Antiministerialismus von neuem entzündet, hätte von neuem die ganze Aufmerksamkeit der Partei auf die Kammer ge- lenkt und der Kammeraktion wieder jenes Primat verliehen, das die schlimmste Pest für die Partei und für das Proletariat dar- stelle. Das Konzentrieren der Aufmerksamkeit auf das Parla- ment bedeute Erschlaffung der übrigen Aktion. Auf diese Kritik, die von einem ganz neuen Standpunkt aus geht und nicht umsonst aus dem Zentrum deS reformistischen Nur- gewerkschaftlertumS kommt, antwortet derAvanti" in emem Leit- artikel. Hier heißt es, daß die Fraktion keineswegs ein allgemeines Liebesfest durch ihr Votum feiern, sondern den Einfluß der Gio- littischen Mehrheit paralysieren wollte. Die Erfahrung der jüngsten Kammerarbeiten gäbe dieser Erwägung recht. Ginge das Ministe- rium nach rechts, so würden die beiden radikalen Minister mit Eclat austreten. Ginge es nach links, so würden die Sozialisten im Sinne der Reformpoliti! wirken können. Was die Konzen- trierung der Aufmerksamkeit auf das Parlament betrifft, so meint derAvanti". daß hieran, wie überhaupt an der Uebcrschätzung der parlamentarischen Aktion, der Mangel einer klaren sozia- listischen Auffassung schuld sei. An dieser Antwort desAvanti" befremdet gerade diese letzte Bemerkung. Gerade derAvanti" ordnet ja immer die praktische Wirksamkeit in der Kammer ganz der propagandistischen Be. deutung über. Durch die Praxis wollte man ja das Proletariat gewinnen! Heute, wo man als Frucht dieser Praxis eine beispiel- los« Saat der Konfusion aufgehen sieht, macht man den Mangel an sozialistischer Bildung dafür verantwortlich. So scheint der ..Avanti" endlich an dem Glauben von der Wunder wirkenden Macht der Praxis irre zu werden, welcher Glauben doch die Achse des ganzen Reformismus ist.> Die Arbeiter gegen de» Zarismus. London  , 30. Mai. Eine tiefe Bewegung macht sich schon seit einiger Zeit in den englischen Arbeitcrkreison gegen den russischen Despotismus in Finnland   bemerkbar. Gestern wurden in London  und in verschiedenen großen Städten des Königreichs große Mee- tings abgehalten, in denen gegen den russisches DeSpotiK» Soziales. Die Läge der Arbeiter in der Zündholzinbustrie. Der Viermillionenfonds zur Unterstützung der Tabakarbeiter ist aufgebraucht. Die Zündholzindustrie, die. wie sich immer mehr herausstellt, durch die Reichsfinanzreform noch mehr belastet worden ist als die Tabakindustrie, und deren Arbeiter keine Unter- stützung erhalten, hat sich zurzeit mit einem Produktionsrückgang von 77 Proz. abzufinden. Aus den Kreisen der Zündholzindustrie schreibt man derA. 3  ";»Der ZundholMgrst liegt wie tot dg." Zündmittel und ihrer Einführung vier Monate. In dieser Zeit ist vom Auslande und durch Mehrproduktion der deutschen  Fabriken der Markt auf lange Zeit hinaus gesättigt würden. Jetzt wirkt natürlich noch die größere Sparsamkeit im Umgang mit Zündhölzern und das rasche Aufblühen der Ersatzzündmittel- industrie. Die Zündholzsteuer soll jährlich 25 Millionen Mark einbringen; in dem Voranschlag für das erste Jahr ist sie mit zirka 16 Millionen Mark eingestellt. Nach den Mitteilungen aus der Zündholzindustrie werden in Deutschland   jährlich etwa 22S 000 Normalkisten Zündhölzer hergestellt. Die Verbrauchseinschränkung wird mit 20 Proz. berechnet; es bleibt so für die deutschen   Fabriken ein Durchschnittsabsatz von 180 000 Kisten für das erste Jahr. Dies ist aber nur theoretisch richtig. Praktisch beträgt der Ausfall im ersten Jahre: Vom Ausland hereingekommen...... 86 000 Kisten Mehrproduktion der deutschen   Fabriken vor In- krafttreten der Steuer........ 50 000 Ausfall an Lagervorräten im Zwischenhandel 24 000 Zusammen 110 000 Kisten Danach bleibt ein tatsächlicher Absatz von nur 70 000 Kisten für das erste Jahr, oder 31 Proz. der Staatskontingente, während die Regierung für das erste Jahr mit 60 Proz. gerechnet hatte. Dies bedeutet, daß die Steuermacher sich nur um gerade 100 Proz. verrechnet haben; die Steuer wird nicht 16 Millionen, sondern nur zirka 8 Millionen einbringen. Für die Arbeiter bedeutet diese Produktionseinschränkung wir zitieren hier wieder die Mitteilungen aus der Zündholz- industrieeinen wirklichen Beschäftigungsgrad von zurzeit etwa 23 Proz.". Die Industriellen versuchen, sich durch alle mög- lichen Wünsche an die Regierung zu retten. Sie verlangen jetzt Einfuhrscheine auf ihre Rohmaterialien; des weiteren auch die UebertragungSberechtigung der Kontingente der Zündholzfabriken. Sie erklären ganz offen, daß sie bei der Verwirklichung dieses Wunsches durch größere Gesellschaften andere Fabriken ankaufen und stillegen würden, um so wenigstens für eine Anzahl Betriebe eine rentable Fabrikation zu ermöglichen. Außerdem haben sie ja jetzt eine Verenngung gebildet, die auch die Preis- und Absatz- regelung mit in die Hand genommen hat. Der Reichstag  , der den Antrag der Sozialdemokratie auf Entschädigung der durch die Gesetzgebung arbeitslos gewordenen Arbeiter abgelehnt hatte, hat bekanntlich in einer seiner letzten Sitzungen die Notwendigkeit einer Entschädigung endlich an- erkannt. Wann endlich werden die Regierungen dem Beschluß Folge geben? Nichts ist so sehr geeignet die Klassenstaatsnatur Deutschlands   zu kennzeichnen, als die Tatsache, daß das Reich, weit entfernt, eine Arbeitslosenunterstützung einzuführen, durch Gesetz Tausende von Arbeitern brotlos macht und gleichzeitig den Reichen durch dieselbe Finanzgesetzgebung Millionen jährlicher Liebesgaben" in den Schoß wirst. Eue der frauenbe�egung. Eine deutsche Gesellschaft für Mutter- und Kindesrecht ist am Sonnabend im Architektenhause gegründet worden. ES handelt sich dabei um eine Absplitterung vom Bunde für Mutter» schütz. Daß die Vereinigung sich der praktischen Arbeit für Schwangere und hilflose Kinder widmen will, dagegen ist wahrlich nichts zu sagen.. Wir können nur wünschen, daß sie auf diesem Gebiete recht viel leisten werde. Man könnte mehr Sympathie für die Gründung hegen, wenn ihrer Geburt nicht ein Makel anhaftete. Wiederholt wurde am Sonnabend ausgesprochen, daß für die von den Gründern der neuen Bereinigung im Bunde für Mutterschutz heraufbeschworenen Kämpfe und Zerwürfnisse tiefere Ursachen bestimmend gewesen seien. ES habe sich um mehr gehandelt, als um Verwaltungsfragen: die von der Mehrheit im Bunde der- trctene Ethik bilde den Stein des Anstoßes. Die Meinungs­verschiedenheiten in diesem Punkte, nicht die Verwaltung machten ein weiteres Zusammenarbeiten unmöglich. Die von Dr. H. Stöcker vertretene Ethik sei zu sehr auf das Recht des GenießenS einge- stellt, führe zum individuellen Anarchismus auf sexuellem G-' biete. Ob diese Definition richtig ist und ob eine solche Ethik Berechtigung hat oder nicht, darüber kann man natürlich streiten. Auch den Versuch, den Bund in das Fahrwasser anderer qlS den von ihm bisher vertretenen Prinzipien zu bugsieren, durfte man unternehmen, aber das mußte offener, unter Bekennung der wahren Absichten und Motive geschehen, nicht unter der falschen Flagge der rein verwaltungStechmschen Kritik. In einer Beziehung harmo- nieren übrigens die beiden Vereinigungen: in der Vermeidung der für die Arbeiterschaft freien Lokale. Die provisorrsche Leitung der neuen Vereinigung haben Frau Sklarek, Pastor Kruscmann, Stadtverordneter Waldeck-Manasse  . Rechtsanwalt Retter, Frau Dzialoszynski und Professor Cassel übernommen. Proteftverfainmlung der itädtücljeD Arbeiter. Ueber 3000 städtische Arbeiter hatten sich am Montagabend zu einer öffentlichen Versammlung in Kellers Festsälen, Koppcnstraße, eingefunden, um gegen die Gehaltsregelung durch den Berliner Magistrat zu protestieren. Nach einem Referate W u tz k h S fand eine Resolution Annahme, in der es heißt: Die versammelten Arbeiter, Handwerker und Angestellten der städtischen Betriebe Berlins   stellen auf Grund des Berichts der Vertrauensleute fest,.. daß die vom Nachrichtenamt des Magistrats am 24/ April:m Gemeindeblatt" gebrachte Mitteilung, wonach Beträge für eine Erhöhung der städtischen Arbeitcrlöhne ausgeworfen sein sollen und lvelche von den Arbeitern nur als eine allgemeine LoW:» aufbesserung aufgefaßt werden könnte, nicht den Tatsachen ent» spricht,/ daß vielmehr diese sogenannte Lohnerhöhung nur rund einem Fünftel der städtischen Arbeiter zuteil geworden ist, während die übrigen vier Fünftel ganz leer ausgegangen sind. Die Versammelten protestieren entschieden gegen eine solche jeder Gerechtigkeit hohnsprechende Maßnahme, die in keiner Be- ziehung als ein Entgegenkommen gegenüber den berechtigten For- derungen der städtischen Arbeiter aus eine grundsätzliche Regelung und allgemeine Erhöhung angesehen werden kann. Die Versammelten müssen daher unbedingt an ihren Forde- rungen, die bereits im September 1009 durch die damaligen Ar» beitcrausschüsse und die OrtSVertvaliung des Gemeindearbeiter. Verbandes übermittelt ivorden sind, festhalten und sind gewillt, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln die Durchführung der, selben energisch zu betreiben. Die neugewählten Arbeitevausschüsse sowohl als auch die ge» nännte Verbandsleitung werden beauftragt, unverzüglich die auf- gestellte« und nicht berücksichtigten Forderungen den zuständigen Stellen wieder zu unterbreiten. Ferner ist gleicherzeit cin Antrag anzufügen, welcher eine Reorganisation der Arbeiterausschüsse im Sinne Der seinerzeit im Entwurf einer allgemeinen Arbeiter- ordnung aufgestellten Grundsätze verlangt. Vor Erledigung dieser Forderung haben sich die Arbciterausschüsse jeder sonstigen Tätigkeit zu enthalten." Die Versammelten erwarten bestimmt, daß der Magistrat noch einmal in. eine genaue Prüfung ihre Wünsche eintritt und in ge, rechter Weise jinL allgemeine Erhöhung und Regelung der Löhne vornimmt.-