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Wenn übrigens auf die Erhöhung der Ertragnisse der Domänen hingewiesen wird, sollte man doch auch nicht vergessen, daß die Krone gesteigerte Einnahmen aus dein Hausfideikommiß bezieht, daS riesige Waldungen, dazu 84 Güter und Pachtvorwerke umfaßt. Die agrarische Zollpolitik hat die Einkünfte aus diesen Besitztmnern derartig gesteigert, daß man sich doch lieber' die Berufung auf die allgemeine Verteuerung der Lebensmittel verkneifen sollte- Im übrigen aber könnte vielleicht dem kaiserlichen Hau?« halt eine gewisse.Einschränkung" nichts schaden. Erst kürz- lich ging eine Notiz über die Zahl der Automobile des Kaisers durch die Presse allein auf Korfu   sollten deren ständig drei slationicrt sein, die jedenfalls so viel beweist, daß die Lakaien nicht um ihre Gehaltszulage betrogen zu werden brauchen, wenn man sich nur sonst ein wenig nach der Decke streckt. Bei einer Zivilliste von rund IS Millionen braucht man's sich' wahrhaftig noch nicht vom Munde abzudarben! Die liberale Presse wenigstens will denn auch eine Notlage keineswegs anerkennen. Sogar die Tante Voß feiert die Sparsam« keil als monarchische Tugend. Trotzdem ist auf die liberalen Par- lainentaricr nicht der mindest« Verlaß. Je rascher man die Borlage durchpeitschen wird und je skrupel- loser unsere Dreillassenmänner mit den Staatsgeldern um« springen, desto schlimmer für sie! Eine Erhöhung der Zivilliste in einem Moment, wo das Reich kein Geld mehr hat, um die durch unsere Steuerpolitik erwerbslos gewordenen Tabakarbeiter vor dem Hunger zu schützen, würde Wunder wirken I ... Zum Vergleich seien hier noch die fürstlichen Gehälter in einigen anderen Staaten aufgeführt: Die größte Zivilliste bezieht der russische Zar: 27 000 000 M. Nach Nußland kommt O e si e r r e i ch. Die Zivilliste Kaiser Franz Josephs beträgt 13 900 000 M. An dritter Stelle steht Preußen mit 13 179 200 M. Kaiser Wilhelm IL   erhält, wie bekannt, die Zivilliste nur als König von Preußen: als deutscher Kaiser bezieht er nichts. König Georg von England muß sich mit 10 860 000 M. begnügen, während König Viktor Emanuel II.  von Italien   12 800000 M. jährlich zu verzehren hat. Monsieur Fallisres, der Präsident der französischen   Republik  , hat ein Jahresgehalt von 1 Million Frank. Außerdem erhält er noch für Reisen und Repräsentationskosten 700 000 Frank. Hingegen dürfen verzehren: der König von Spanien   7 400 000 M., der Mikado von Japan 6 300 000 M., der König von Bayern 4 231 000 M, der König von Sachsen 3 410 373 M., der König der Belgier   2 800 000 M., der König von Portugal   2 400 000 M., der König von Württemberg 2 017189 M. und die Königin der Niederlande   1330 000 M. Griechenland  zahlt seinen, König nur 323 000 M. Der Großherzog von Baden erhält 389 983 M, die anderen deutschen   Bundesfürsten, mit Aus- nähme der Großherzöge von Hessen   und Sachs en-Weimar. haben überhaupt keine Zivilliste. Ihr Einkommen resultiert aus den Erträgnissen ihrer Domänen. Zum Schluß sei noch Fürst Albert von Monaco erwähnt, dessen Haushalt von der Spielbank in Monte Carlo   subventioniert wird. Seine so- genannte Apanage belauft sich auf 2 Millionen Frank jährlich. Sie Solinger Polizdattaclte vor Gericht. Aus Solingen   wird uns geschrieben: Der armselige�preußische Polizeigeist erlitt am Dienstag und Mittwoch vor der Strafkammer in Elberfeld   wieder ein- mal eine Niederlage. Die Solinger Polizeimenschen fühlten sich durch eine Kritik ihrer Heldentaten in unserem Solinger Bruder- hlatt ig ihrer Ehre getränkt und stellten Strafantrag gegen unsere �MnUsttz�iit t man Nz S.ckrst.a l, und W e.n d e m uth« Äußer« dem war der bürgerliche Redakteur G e h r k e vom SolingerGen.- Anz." angeklagt. .y. Hanpelle sich bekanntlich uyl die Polizeiattacke nach Schluß der wirkungsvollen Wahlrechtskundgebung am 6. März d. I., die sich vor dem Rathanse in Solingen   abspielte und über die der Vorwärts" in seiner Nr. 37 ausführlich berichtete. Deshalb schwebt ja auch gegen denVorwärts" ein Verfahren. Der Solinger Polizei wurde von den Angeklagten der nach unserer Meinung berechtigte Vorwurf gemacht, daß sie am 6. März nach Schluß der Versammlung sich in einen vor das Rat- Haus ziehenden Demonstrationszug hineingedrängt habe, um einige rote Fahnen", die in demselben getragen wurden, herauszuholen und als ihr das nicht ohne weiteres gelang, habe sie blank g e- zogen und rücksichtslos auf Männer, Frauen und Kinder eingeschlagen; auch der Rücken der Fliehenden habe den Polizeisäbel zu kosten bekommen und selbst auf zur Erde gefallene Menschen habe die Polizei e r- barninngsloö eingeschlagen. DieBergische Ärbeiterstimme" kritisierte das Vorgehen der Polizei in mehreren aufeinanderfolgenden Nummern in schärfster Weise und in einer Protest-Versammlung am 8. März kamen die Vorgänge noch einmal zur Sprache, wobei der Solinger Polizei und ihrer Leitung nichts geschenkt wurde. Die Beweisaufnahme in der Verhandlung hat aber unzweifel- Haft ergeben, daß nicht zu viel behauptet worden war. Am ersten Verhandlungstage kamen hauptsächlich die Polizeizeugen zur Ver- nehmung, die die Vorgänge am 6. März natürlich so darzustellen versuchten, als seien sie zu ihrem Vorgehen provoziert und ange- griffen worden. Bei der Vernehmung verwickelten sich verschiedene Beamte in unlösbare Widersprüche, die aber aufgeklärt wurden, nachdem die von den Angeklagten geladenen Zeugen vernommen waren. Eine unerhörte Beleidigung der Solinger Arbeiterschaft gegenüber leistete sich der Polizeiwachtmeister T e r st e g e n, der bekundete, daß er den Säbel nur gezogen habe, weil er fürchtete, daß er mit Messern angegriffen werden könne! Von Polizei- Inspektor Kircher wurde bekundet, daß die Polizeibcamten von ihm den Befehl erhalten hätten, die Fahnen aus dem Zuge zu holen; sie hätten die Menge aufgefordert, die Fahnen her- zugeben, seien aber ohne weiteres angegriffen und geschlagen -worden. In diesem Sinne sagten beinahe sämtliche Polizeizeugen aus., Sämtliche von den Angeklagten geladenen Zeugen, soweit sie vernommen wurden, bekundeten das gerade Gegenteil wie die Polizeizeugen. Keiner von ihnen selbst diejenigen nicht, die sich um die Fahnen geschart hatten hat etwa» von einer Aufforde- rung, die Fahnen herzugeben, gehört. Keiner von ihnen hat ge-, sehen, daß die Polizeibeamten bedroht oder geschlagen wurden. Die Demonstranten seien von dem Vorgehen der Polizeibeamten überrascht gewesen und hätten gar keine Zeit gehabt, sich zur Wehr zu setzen. Die Polizei habe blindlings auf die Menge losge- schlagen. Zu einem bemerkenswerten Zwischenfall kam �s aiü ersten Verhandlungstage, kurz nachdem die Polizeizeugen vernommen waren, als der Zeuge T ü m m e r s deponierte, daß der Polizei- seraeant Freitag noch einem Fliehenden nachgelaufen und einen Säbelhieb nach diesem geführt habe. Freitag hatte kurz vorher bei seiner Vernehmung in Abrede gestellt, auf Fliehende eingeschlagen zu haben, mußte dann aber diese Tatsache bei einer Gegenüber. stcllung mit dem Zeugen zugeben. Der Zeuge Tümmers be» hauptcte lveiter, kurz nach dem Vorfall ein Gespräch zwischen Freitag und einem anderen Manne angehört zu haben, wobei eben- derselbe Polizeisergeant Freitag gesagt habe:Ich haue zu, ganz gleich, wen nnd was ich treffe!" Freitag stellte in Abrede, diesen Ausdruck gebraucht zu haben. Der Zeuge blieb aber bei seiner Behauptung. Aehnlich erging es einer Reihe anderer Polizeiö zeugen, die unter dem Druck der anderen Aussagen die ihrige«» einer Revision unterziehen muhten. Wie schon am Schlüsse des ersten Verhandlungstages, so trat am zweiten Tage in ununterbrochener Reihenfolge Zeuge auf Zcpge vor und belasteten durch ihre Aussagen die Polizei a«s das schwerste. Zahlreiche Zeugen haben den Posizeibeamten auf l den Kopf zugesagk.dah sie Fliehende geschlagen haben, zum Teil Frauen, auch Kinder, auch Personen» welche über Menschenknäuel gefallen waren., Die Angeklagten machten den Polizeiinspektor Kircher für die Borgänge verantwortlich und Genosse Dittmann erinnerte den Inspektor an ein Gespräch, das dieser mit ihm gelegentlich einer Eisenbahnfahrt gehabt hat. Kircher habe damals gesagt, daß er sehr nervös geworden und manchmal wie von Sinne» sei. Das er- kläre wohl manches, meinte der Angeklagte Dittmann, und jeden- falls habe sich Kircher auch an dem verhängnisvollen 6. März m einem ähnlichen Zustande befunden. Polizeiinspektor Kircher konnte dieses Gespräch mit Dittmann nicht in Abrede stellen. Trotz der glänzenden Beweisaufnahme hielt der Staatsanwalt den Wahrheitsbeweis nicht für erbracht und beantragte gegen Wendemuth als Verantwortlichen derArbeiterstimme" drei Wochen und gegen Dittmann zwei Wochen Gefängnis, gegen S ch a a l 309 M. und gegen den bürgerlichen Redakteur G e h r k e 50 M. Geldstrafe. Der Anivalt der Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Brück- Elberfeld, hielt in einer glänzenden Verteidigungsrede den Wahr- heitsbeweis für die aufgestellten Behauptungen für voll erbracht und beantragte Freisprechung seiner Klienten. Die Angeklagten S ch a a l und Dittmann zerpflückten die staatSanwaltschastlichen Argumente; letzterer bemerkte, daß nach der Beweisaufnahme die Polizisten wie die Kosaken gehaust hätten, und deshalb sei eine scharfe Abwehr sowohl in der Presse wie in der Protestversamm- lung angebracht gewesen. Nach IZ-�stündiger Beratung verkündete das Gericht das schon in der Donnerstagnummer mitgeteilte Urteil und führte in der Begründung aus,daß eine Beleidigung aus Z 186 vorliege. Die Aussagen ständen sich zwar gegenüber, aber nach den Aussagen zweier unbeteiligter Zeugen(?) sei das Gericht zu der Ansicht ge- langt, daß die Artikelbehauptungen nicht ganz erwiesen seien. Wenn wirklich einzelne Handlungen von Polrzeibeamten vorgekommen� die über das nötige Maß hinausgegangen sind, so liege eine straf-' lose lleberschrritung der Notwehr vor." Der Prozeß sollte dazu dienen, die Solinger Polizei reinzu- waschen von der Schuld an den Vorfällen des 6. März. Er hat aber die gegenteilige Wirkung erzielt. Wer bis heute noch an der Schuld dei� Polizei gezweifelt Istiben mochte, dem muß durch die für die Polizei geradezu niederschmetternden Ergebnisse der Beweis- aufnähme jeder Zweifel genommen sein. Ein moralischer Zusammenbruch, das ist für die Solinger Polizei und ihre Leitung das Ergebnis dieses Prozesses. Das ist auch mit aller Deutlichkeit in den Verteidigungsreden gesagt worden. Schlag auf Schlag sausten in diesen Reden die durch die Beweisaufnahme ge- lieferten Waffen auf die Köpfe der Polizisten nieder, und sie dürften trotz der formalen Verurteilung der Angeklagten schwer- lich mit Sieges- und Triumpfgefühlen nach Solingen   zurück- gefahren sein._ politifcbe ClcbcrHcbt. Berlin  , den 3. Juni 1910. Parlamentarische Kleinarbeit. Man merkt es, daß die Session des preußischen Landtages sich ihrem Ende nähert. Die Tagesordnungen zeichnen sich durch eine bandwurmartige Länge aus, alle möglichen Punkte, kleinere Vor- lagen der Regierung. Initiativanträge' aus dem Haufe, Petitionen werden auf die Tagesordnung gesetzt, obwohl man von vornherein weiß, daß eine Erledigung in einer einzigen Sitzung völlig aus- geschlossen ist. So nahm daS Abgeordnetenhaus am Freitag in dritter Lesung die Gesetzentwürfe betreffend das Höferecht im Kreise Grafschaft Schaumburg   und betr. die Aenderung der Landgerichts- bezirke Krefeld  ,- Kleve   und M.-Gladbach, und in zweiter Lesung den Gesetzentwurf betreffend die Reisekosten der Staatsbeamten an. Gleichfalls seine Zustimmung erteilte das Haus einem Antrage Dr. R e w o l d t(fk.) auf Annahme eines Gesetzentwurfs betr. die Schulverfäumnisse im Gebiete des ehe- maligen Herzogtums Pommern   und Fürstentums Rügen  . Ein An- trag Dr. v. S a V i g n y(Z.) betr. Umwandlung deS Extra- ordinariatS für Kolonialrecht an der Universität Berlin in ein Ordinariat wurde einer Kommission überwiesen. Bei der Beratung eines Antrages betreffend die Beschränkung des bedingten BorschleuserechtS suchten die Konservativen nach bekannter Manier unserem Redner das Wort abzuschneiden, aber diesmal hatten sie kein Glück, sie blieben in der Minderheit, da nur wenige von ihnen im Saal waren, und so war es unserem Fraktionsredner Leinert möglich, sich für den Antrag auszusprechen und sich dabei in warmherziger Weise der kleinen Schiffer anzunehmen. Der Antrag selbst gelangte einstimmig zur Annahme. Auch die Sozial. demokratcn stimmten dafür, obwohl er ihnen nicht weit genug geht. Am Sonnabend stehen wieder Initiativanträge und Petitionen auf der Tagesordnung. Dasgebrochene Königstvort". DieK r e u z z t g." veröffentlicht ohne Kommentar die Zuschrift eines Herrenhäuslers, namens Graf v. Hohen- t h a l, in der über die Ankündigung ein�r Wahlreform durch die preußische Thronrede wörtlich folgendes gesagt wird: In aller Loyalpität, aber Wahrhaftigkeit muß gesagt werden, daß die Worte in der Thronrede vom Herbst 1903ES ist Mein Wille" streng kvnstitutivncll nicht gedacht sind, denn sie enthalten eine Vorschrift; diese ist natürlich für die Minister ver- kindlich, die Thronrede ist aber an den Landtag gerichtet, und dessen Mitglieder sind nach der Verfassung nurihrerUeber- zeugung zu folgen verpflichtet." Als Republikaner können wir einer solchen Ansicht natürlich zustimmen; im Munde eines Konservativen klingen sie zunächst etwas eigenartig. Die Ansichten eines Moiwrchen haben also für Parlamentarier keine Bedeutung: sie folgen nur ihrer eigenen Ueberzcugung. Da die Ansichten der Regierung, wie sich oft genug gezeigt hat, schon gar keinen Einfluß auf die Haltung der konservativen Abgeordneten ausüben können in Preußen war auch stets nur das u m- gekehrte der Fall, so verstehen wir wirklich nicht recht, warum die Konservativen gelegentlich solch Rühmens von demstarken preußischen Königtum" machen. Die Stellung, die sie da dem Königtum anweisen, hat ja niit der des englischenSchattenkönigtums" verflucht viel Aehnlichkeit. Nur ist dann erst recht nicht ersichtlich, wozu denn diese ganze überflüssige kostspielige Institution da ist. Die berühmten Repräsentationspflichten werden doch von republikanischen Präsidenten ebenso tadellos, aber bedeutend billiger erfüllt. In Wirklichkeit bekommen natürlich unsere Junker nur dann konstitutionelle Anwandlungen, wenn sie befürchten, die Krone könnte einmal eine andere Politik machen als die von ihnen gewollte. Würde die Thronrede nicht eine Wahl- reform, sondern eine Junkerliebesgabe versprochen haben. die Herren würden an dasKönigswort" schon weniger deuteln. So aber gilt all ihr Sinnen demgebrochenen Königswort"._ Der Scharfmacher als nationalliberaler Kandidat. In Frankfurt   a. O. haben die NationaMberalen den satt- sinn bekannten Herrn Dr. Leidig ausgestellt. Bevor Herr Leidig yatipngllihexgler Mrteisekictär voi g Ott Zekcetgr des I ZenkrakberbanLeS deutscher Industrieller Koklege des Herrn B u e ck. Er ist gleich diesem ein berüchtigter Scharf- macher, Feind jeder Sozialpolitik und Anhänger der Ver- schlechterung selbst des Dreiklassenwahlrechts. Er war ein fanatischer Vorkämpfer für den Umfall der Nationalliberalen in der Wahlrechtsfrage. Herr Leidig ist übrigens an Wahldurchfälle gewöhnt, und unsere Genossen werden hoffentlich dafür zu sorgen wissen, daß er auch diesmal nicht aus der Uebung kommt, Langhammer und Merkel. Der Gesamtvorstand des nationalliberalen Vereins in Dresden   beschloß in seiner Sitzung vom Mittwoch den Aus- schluß des Abgeordneten Langhammer aus der Partei zu beantragen. In einer Erklärung, die der Vorstand des nationalliberalen Landesvereins für das Königreich Sachsen er- läßt, wird ausgeführt, daß die nationalliberale Fraktion der zweiten sächsischen Kammer das ihr von Herrn Langhammer vor- gelegte Material gewissenhaft geprüft habe und daß sie zu der Ileberzeugung gekommen ist, daß das Verhalten Langhammers in der Tiag-Sache alsnicht einwandfrei" zu bezeichnen sei. Deshalb halte es der Vorstand des Landesvereins für selbstverständ- lich, daß Herr Langhammer die Konsequenzen ziehen werde. Der Vorstand stelle fest, daß eine politische Parteikrisis" durchaus nicht vorliege, vielmehr nur der allgemeine Wunsch bestehe, an der gemeinsamen Arbeit durch eine einzelne, einenFall" nach dem anderen provozierende Persönlichkeit nicht länger behindert zu werden. Gegen den Abg. Merkel liegt gleichfalls ein Ausschluß- a n t r a g vor._ Moloch versteht keinen Spast! Ein eigenarnger Fall militärischer AchtungSver» l e tz u n g gelangte am Donnerstag vor dem Kriegsgericht der königst Landwehrinspektion in Berlin   zur Aburteilung. Unter der Anklage der groben AchtungSverletzung sowie des Ungehorsams hatte sich der in Haft befindliche Land- wehrmann Fietzke vom Landwehrbezirl I zu verantworten. F. hatte im Frühjahr die Kontrollversammlung verabsäumt und er stellte sich nachträglich auf dem Bezirkskommando ein. um sich zu melden. Sein Militärpaß war zerrissen und es wurde ihm vom Feldwebel befohlen, den Paß in Ordnung zu bringen und ans BezirkSkommando einzuschicken. Daheim klebte nun der An« geklagte auf die defekte Rückseite des Passes den Kopf des .Vorwärts". Er legte dann noch ein Blatt, das er aus dem Wahren Jacob" entnommen hatte, inS Kuvert und sandte es samt dem Paß an die Bebörde ab. DaS Blatt zeigte ein Bild. daS den Fürsten Bülow in Offiziersuniform darstellt. Der Abgeordnete v. Heydebrand ruft Bülow die Worte zu:Herr Major, wenn Sie die Attacken gegen das sozialdemokratische Lager nicht schärfer reiten, dann werden Sie bald zum Zylinder greifen müssen!" Der Angeklagte behauptete, er habe sich bei Absendung des Briefes nichts weiter gedacht, doch wurde ihm das vom Gericht nicht geglaubt. Bei der Verurteilung zog das Gericht einer- seitS strafschärfend in Betracht, daß der Angeklagte durch sein Vorgehen den preußischen Offizier in recht schwerer Weis« brüskiert habe, andererseits glaubte eS aber, den Landwehr- mann nicht allzu lange seinem Zivilberuf entziehen zu müssen. ES ging infolge dessen weit unter daS beantragte Strafmaß von sechs Monaten Gefängnis herunter und erkannte auf vier Wochen strengem Arrest. Strenger Arrest ist Dunkelarrest mit hartem Lager bei Wasser und Brot nur an wenigen Ausnahmetagen wird weiches Lager und warme Kost gewährt. Und vier Wochen dieser barbtristSen Strafe verhängt dasmilde" Militärgericht über einen Landwehrmann, der sich einen unangebrachten, dummen Scherz geleistet hat I Die Banner Korpsstudenten erhielten für ihre skandalösen Ausschreitungen Geldjtraf»n, die für sie bezw. ihre Väter Bagatellen find. Aber sie haben auch keine sozialdemokratische Ge- sinnung verraten, wie der gefährlich« Lani>wehrmann. der der Militärbehörde verriet, daß ihm derVorwärts" undDer wahre Jacob" gefallen!_ Postenspiel. Dem deutschen   Volke wird jetzt zugemutet einer Komödie zuzu- schauen, die eS mit Gleichmut genießen könnte, wäre die Zeit nicht zu ernst und die Frechheit der Schwindelinszenierung nicht zu auf- reizend. Dieselben Konservativen, die von der Ausübung des infamsten Terrorismus, der niederträchtigsten Verfemung aller Andersdenkenden, der Unterdrückung der MeimtngSsteiheit ihr poli­tisches Dasein fristen, diese Reaktionäre, deren Haß gegen Geistes« steiheit höchstens noch von den Echtrussen llbertroffen wird, ver» mummen sich auf einnial als Streiter für evangelische GeisteSfreiheitI Gegen päpstliche Unduldsamkeit, gegen römische Amnaßung ziehen sie zu Felde und schlagen fast 400 Jahre zu spät nochmals die Schlachten der Re» fonnatton aus geduldigem Holzpapier. Und ihre Bundes- genossen von gestern und morgen, die Herren vom Zentrum, geben sich gern zur Partnerschaft her. Da ihre Schwerter hölzern und ihre Schilde von Blech. gibt'S ein gewaltiges Getöse und in dem Lärm der Schlacht müssen die schüchternen Fragen nach den Folgen der ReichSfinanzreform, nach dem Verrat am Wahlrecht mählich verstummen. Oder doch nicht? Kommt den Herren nicht selbst begründeter Zweifel, daß man die Absicht merke und daS rasch arrangierte Spiel mit verteilten Rollen durchschaue? Daß der Zweck deS frommen Betruges doch allzu rasch offenbar werde? Dieevangelischen Streiter" tun ja fürchterlich entrüstet, daß der Papst Pius X  . über die Reformation geschimpft hat. Derkonfessionelle Friede" sei be- droht. Du lieber Himmel, wenn die Pfaffen beider Konfessionen Ruhe halten, wird derkonfessionelle Friede" sehr rasch wieder- hergestellt sein. Dafür bürgt die weiverbreitete und stetig zunehmende völlige kirchliche Jndiffe» r e n z des deutschen   Volkes. Und die bürgt auch dafür. daß das Geschrei der Orthodoxen in beiden Lagern recht bald verstummen wird, trotz der flammenden Austufe hüben und Proteste drüben. Der Papst bat geschimpft, die Evange- tischen schimpfen wieder und die Klerikalen schimpfen zurück. Auf dem Gebiete haben wir ja erfreulicherweise Preßfreiheit. Daß aber diesmal nicht Mönch und Rabbi, sondern Gescheitelte und Geschorene die Streitenden sind, kann das deutsche Boll nicht hindern, sich der Vermutung Heines anzuschließen und den Geruch mindestens muffig zu finden. Wie wäre eS übrigens, Ihr Herren, mit der Trennung der Kirche vom Staat? Der preußische Gesandte beim Vatikan  würde ja dann von selbst verschwinden und Ihr hättet die ge» ivünschte Genugtuung. Im übrigen aber, reden wir doch lieber von den Sünden des schwarzblauen Block», die sind denn doch etwas aktueller als Pius X  .. fein heiliger BorromaeuS und derEvange- lisch« Bund"._ ZentrnmSparole für die Stichwahl im Kreise Landeshut  . Eine am Donnerstag in Bolkenhain   abgehaltene Vertrauens- männerversammlung der Zentrumspartei   beschloß einstimmig, den Zentrumswählern bei der Stichwahl im ReichStagSwahlkreise La ndcshut«. Bolkenhajn«Jaue x Wahlevthaltuog Sit emichses.,