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Ar. 185. 27. Zahrgang. 1. KnlM Ks Lmärls" Srrliin WIKsM Mtvoch. W. August 1910. 21. Juteruationaler Dkrgurbkitcrkongreß. Brüssel  , 8. August 1910. Der dieSjäTjrige Internationale Bergarb eiter- Zo ng re ß wurde am Montag vormittag in der Maison du Peuple eröffnet. Zum ersten Male beteiligt sich auch eine Vertretung der holländischen Bergleute an einem Internationalen Berg. arbeiterkongreß und zwar handelt es sich um eine Vertretung der Bargleute aus dem erst kürzlich erschlossenen, dem Aachener Revier benachbarten Bergwerksdistrikt der Provinz Limburg  , der in rascher Entwicklung begriffen ist und in dem bereits etwa 7999 Bergleute Beschäftigung finden. Dagegen fehlt Oesterreich   diesmal voll- ständig. Deutschland  , in dessen Hauptstadt der Kongreß im vorigen Jahre abgehalten wurde, hat nur eine kleine Delegation senden können. Sie besteht aus den Genoffen Schröder, Huse mann und P o k o r n y- Bochum. Sämtliche Kräfte werden gegenwärtig in Anspruch genommen durch die Agitation für die bevorstehenden Wahlen der Sicherheitsmänner und Kirappschafts ältesten. Für die Polnische Berufsvereinigung ist R h m e r aus dem Ruhrrevier anwesend. Die N.-H.-D.-B e r g l e u t e haben von einer Delegation Abstand genommen, wünschen aber dem Kongreß den besten Erfolg. Am stärksten ist wiederum England vertreten, dessen Delegation die überwiegende Mehr. heit des Kongresses darstellt. Die Tagesordnung enthält die seit vielen Jahren von den Bergarbeitern aller Länder erhobenen Forderungen auf dem Gebiet des gesetzlichen Bergarbeiterschutzes. Der englische   Abgeordnete Edwards, Mitglied der Arbeiter- Partei, hieß in seiner Eigenschaft als Präsident der Internationalen Bergarbeitcrunion die Delegierten auf das herzlichste willkommen. Die Internationale Bergarbeiterunion vollendet in diesem Jahre ihr 21. Lebensjahr und hat damit das Alter ihrer Großjährigkeit «reicht. In einem kleinen Bergarbeiterdorf Belgiens   trat der Internationale Bergarbeiterkongrctz zum ersten Male zusammen. In den 21 Jahren seines Bestehens ist manches für die Berg- arbeiter erreicht worden. Noch sind einige Veteranen aus der alten Zeit vorhanden. Sie und die Jungen arbeiten gemeinsam, um mit aller Hartnäckigkeit die Besserung der Lebenshaltung, die Verringerung der Arbeitszeit, die größere Sicherheit der Arbeiter in den Gruben und eine auskömmliche Pension für die Veteranen der Industrie zu erreichen. In dem kleinen neutralen Lande, wo sich alle großen Nationen jetzt treffen, ist der Wunsch besonders am Platze, den Frieden zu erhalten, der allein den Fortschritt der Menschheit ermöglicht.(Lebhafter Beifall.) M a ro i l l e- Belgien heißt die Delegierten im Namen der belgischen Bergarbeiter willkommen. Vor 21 Jahren waren wir nichts, heute haben wir Fortschritte erreicht, denen sich niemand verschließen kann. Nach langer Mühe ist in Belgien   ein Gesetz zustande gekommen, das die Arbeitszeit auf 9� Stunden vom nächsten Jahre ab festgesetzt. Im Jahre 1912 wird ie Arbeitszeit in den Gruben ganz allgemein auf 9 Stunden herabgesetzt werden. In den Neunstundentag sind Ein. und Ausfahrt mit eingeschloffen. Noch immer aber bleibt das Ziel, den Achtstundentag zu erobern. Eine andere Vorlage, die die gesetzliche Alters, und Invaliden- Pension einführt, steht in Aussicht. Geht man durch die Welt- ausstellung und sieht die Werke, die die Arbeiter aller Länder geschaffen haben, dann fragt man sich, weshalb die Arbeiter noch immer nicht die Früchte ihrer Arbeit selber genießen. Wenn erst di« Bergarbeiter einig sind, dann könnten sie durch einen Streik von einigen Wochen die bürgerliche Gesellschaft zur Kapitulation zwingen. Nicht Kaiser und Könige, wir Bergarbeiter sind die Herren der Erde.(Stürmischer Beifall.) G o n i a u x- Pas de Calais   hebt hervor, daß die Bergarbeiter nicht nur. um ihre Berufsintereffen zu wahren, international sich vereinigt haben, sondern auch um die Idee der internationalen Brüderlichkeit zu pflegen. Wir wissen, daß in der kapitalistischen  Gesellschaft ein Stück nach dem andern von unseren Forderungen erobert werden muß. Wir nehmen alles, wir verzichten aber nicht auf unsere weiteren Ziele. England hat den gesetzlichen Acht- siundentag errungen. Aber die Antwort der Kapitalisten war der Versuch, die Löhne herabzusetzen. So müssen wir immer gerüstet sein. England, Frankreich   und Deutschland   geben Milliarden für Heer und Flotte aus und der Wahnsinn des Wettrüstens greift immer weiter um sich. Der Moloch des Marinismus und Milita- rismus saugt die Quellen trocken, die für das Volk bestimmt sind. Wir müssen mit aller Kraft unsere Regierungen zu beeinflussen versuchen, die allgemeine Abrüstung zu proklamieren.(Lebhafter Beifall.) S ch r öde r- Bochum schließt sich diesem Gedanken an und freist auf die schweren Kämpfe hin, die gerade die deutschen   Berg- Kleines feiiilletcm. Das Ende der Morgue. Die Morgue, der finstere Bau mit dem düster klingenden Namen, wird verschwinden. Noch ein kurzes und emsige Arbeiter werden hinter der Notre-Dame-Kirche, am letzten Ausläufer der altehrwürdigen Pariser   Stadtinsel, das Ge» bäude abtragen, das im Jahre 18S4 der Architekt Gilbert gesckmffen hatte. Kein Pariser   und kaum ein Fremder, der die französische  Metropole durchschlendert, wird die gedrungene, breithingelagerte, niedere Silhouette des unheimlichen Baukörpers vergessen, in dessen Inneren der Tod und das Entsetzen zu Hause sind und wo so viele tragische Schicksale ein trauriges Ende gefunden haben. Immer waren die kleinen, engen Fenster verhüllt, waren geschlossen wie Augen, über die die Lider sich hinabsenken, um nicht die Seine zu sehen, die der Morgue so oft einen grausigen Inhalt schenkte. Nun wird dies Heim des Grauens verschwinden, an der Stelle, wo einst die entstellten Leichen der Lebensmüden und der Opfer der Verbrecherwelt und des Zufalls eine kurze Ruhestätte fanden, wird ein blumengeschmückter, freundlicher Platz entstehen, auf dem fröhliche Kinder ihr Spiel treiben und sorglose Spaziergänger lustwandeln werden. Doch es waren, leider, keine ästhetischen Rücksichten, die das Schicksal der Pariser Morgue besiegelten. Hier ist es das Böse, das das Gute schafft: die Verbrechertaten der Apachen sind von Jahr zu Jahr gewachsen, die Straßenunglücke häufen sich, die Zahl der Selbstmörder nimmt zu, und die beschränkten Räume der alten Morgue sind dem Andränge nicht mehr gewachsen. Die Kiihlapparate reichen nicht mehr aus, der Autopsiesaal genügt nicht mehr den Ansprüchen. Die Pläne zu dem neuen Heim des Schreckens, zu der neuen Morgue, sind bereits in Arbeit. Au der Place MazaS wird sich ein stattlicher Bau erheben. Aber eines wird doch bleiben: auch die neue Morgue wird bei aller Ver- größerung den niedrigen, gedrückten Charakter behalten. Das Ge- väude wird nur eine Etage haben, in der das gerichtsärztliche Institut seine Räume aufschlagen soll. Seit dem Jahre 1877, in dem Prof. Brouardel seine ersten Kurse für Gerichtsmedizin in der alten Morgue abhielt, ist die Zahl der Schüler gewachsen, und in dem neuen Hause werden ihnen große, weite Räume zur Verfügung gestellt, um diese düsteren Studien fortzusetzen. Im Untergeschoß aber werden die Kühlapparate, die VorratSräume, die Beamten- zimmer und der Schausaal mit seinen Glaskästen ein neues Heim finden. Musik. Die diesjährige Salzburger   Mozartfeier, in den Tagen vom 29. Juli bis zum 6. August, erhielt ihre besondere Bedeutung durch die Grundsteinlegung des neuen Mozarteums. dieser Sainmelstätte alles sich auf den Salzburger Meister Be- ziehenden, die seit etwa einem halben Jahrhundert besteht. Die Mozartfeier hat mit dem sonstigen Rusikfestrummel unserer Zeit arbeiter zu führen haben. Jetzt sind alle Kräfte tätig, um die Wahlen der Sicherheitsmänner, die am 2. September nach dem Gesetz vorgenommen werden, vorzubereiten und ebenso die Wahlen der Knappschaftsältesten. Für nächsten Sonntag sind allein 199 Versammlungen im Ruhrrevier vorgesehen. Freiwillig wird den Arbeitern nichts geschenkt, sie müssen sich alles erkämpfen. Wir sind noch lange nicht über den Berg hinweg. Aber wir haben die Sicherheit, daß wir unsere Ziele zum Wohl der gesamten Mensch- heit siegreich durchsetzen werden.(Stürmischer Beifall.) Nachdem die Wahlen für eine Redaktions- und eine Wahl- Prüfungskommission vorgenommen waren, werden die weiteren Verhandlungen auf Dienstag vertagt. Zehnter Nerliandstag des Zenlllllverbnudes der Fflhniwbeiter AeuWands. Halle, 8. August. Am Sonntagabend trat der Verbandstag der Fabrikarbeiter Deutschlands   im großen Saale des schönen Halleschen ArbeiterheimS zu seiner Konstituierung zusammen. Es waren 117 Delegierte er- schienen, 18 Gauvorsitzende, der Agitationsleiter für die auf Ziege- leien beschäftigten Arbeiter, Vorstand, Redakteur und ein Vertreter des Ausschusses und der schwedischen und dänischen Bruderorgani sation. Am Montagmorgen erstattete der Verbandsvorsitzende Reichstagsabgeordneter Brey, den mündlichen Geschäftsbericht. Er wertete den schon in unserem Vorbericht geschilderten ziffern- mätzigen Aufschwung des Verbandes, den auch Redner als den Ver- Hältnissen gemäß zufriedenstellend bezeichnete. Der Vorstand nehme für sich in Anspruch, seine Pflicht und Schuldigkeit getan, vor allem die Agitation in jeder denkbaren Weise unterstützt zu haben. Es sind aus dem Zentralburcau 34ö 999 Beitrittserklärungen hinaus gegangen, 149 999 Weckrufe für Kollegen, 39 999 Weckrufe für Arbeiterinnen, 137 999 Flugblätter für die Arbeiter in der chemi schen Industrie. Außerdem ist die Broschüre, welche sich über die Lage der chemischen Arbeiter verbreitet und ein Referat enthält, das der Redakteur Schneider auf der Konserenz der chemischen Ar- beiter in Frankfurt   gehalten, in 39 999 Exemplaren versandt wor- den. Ferner noch 117 999 Flugblätter für Ziegeleiarbeiter, 39 999 Flugblätter für die Arbeiter in der Papierindustrie und in 79 999 Exemplaren eine allgemeine Broschüre, die über die Ursachen und Bedeutung der Wirtschaftskrisen das nötige Wissen unter den Kol- legen verbreitet. Und wie in der schriftlichen so sei auch an der mündlichen Agitation nicht gespart worden. Die Gauleiter haben in 1191 öffentlichen und in 1276 Mitgliederversammlungen Referate ge- halten; weiter sind sie in 1667 Betriebsversammlungen anwesend gewesen. Neben dieser Agitation sei natürlich auch eine rührige Agl tation von den Zahlstellen geleistet worden. Alles zusammen hat den agitatorischen Erfolg herbeigeführt, der außer in dem Mit- gliederaufschwung auch darin besteht, daß die Zahl derDurch- läufer" sich etwas gemindert hat. Je mehr der Grundsatz, nur bei zuständigen Kollegen zu werben, umsichgreift, desto kleiner die Fluktuation, desto größer aber auch die Möglichkeit, die Lohn- und Arbeitsverhältnisse der Kollegen zu bessern. Warm zu empfehlen seien auch die Aufsuchekommissionen und Erinnerungsbriefe, die den Zweck haben, abgesprungene Kollegen auf die moralischen und materiellen Schäden ihres Austritts aufmerksam zu machen. Die genannten Einrichtungen sind geeignet, manchen unüberlegt han- delnden Kollegen zur Fahne der Organisation zurückzuführen. In bezug auf die Leistungen des Verbandes sei zu sagen, daß die Etats aller Unterstützungen und Ausgaben heraufgegangen sind, mit Ausnahme der Ausgaben für die Lohnbewegungen. In dem Maße aber, wie wieder eine flotte Beschäftigungsperiode eintritt, werde auch dieser Posten, und zwar sehr wahrscheinlich wie nie vorher, in die Höhe schnellen. Eine relativ viel zu große Ausdeh- nung habe die Erwerbslosenunter st ützung angenommen. Der Verband erzielte in der verflossenen Geschäftsperiode eine Mehreinnahme von 11,2 Proz., bei einer Mehrausgabe von 23,2 Proz. Sowohl die fortlaufenden und auf die Dauer sich steigern- den Ausgaben für Erwerbslosenunterstützung wie die mit Sicher- heit eintretende Steigerung der Streikausgaben machen eine Er- höhung der Beiträge zur unbedingten Notwendigkeit. Man dürfe dem Vorstande zutrauen, daß er ohne große Not den Vorschlag der Beitragserhöhung nicht vertritt, aber jeder Eingeweihte müsse zu- geben, daß die Anforderungen an die Organisation sich mit den gegenwärtigen Beiträgen nicht mehr vereinigen lassen. nicht das mindeste gemein: hier gilt es nicht, die internationalen Snobs zu rupfen, sondern hier gilt und galt es stets einzig und allein: de» Manen des göttlichen, melodienfrohen Meislers zu opfern aus freiester innerlichster Ueberzeugung heraus I Mit den Leitern des Mozarteums verband sich Lilr Lehmann, die Altmeisterin klassischer Musikinterpretasion zu reinstem idealistischen Tun. Aus aller Herren Ländern eilten Ge- sangs- und Jnstrumcntalkünstler herbei, und so kamen im kleinen, entzückend rokokostilechteu Theater und in der altehrwürdigen Aula der alten Universität Theater- und Konzertauffiihrungen zustande, die einheitlicher, stilvoller kaum gedacht werden können. Die große Masse des Publikums hielt sich natürlich vor allem an die beiden Theaterfestspiele, an die italienische Musteranffllhrung des»Don Giovanni  " und an die deutsche Aufführung derZauber- flöte". In der Tat bedeutete die Vorstellung desDon Giovanni  " eines der unvergeßlichen Erlebnisse dieses Festes. Die beiden italieni  - schen Darsteller, S cotti als Don Giovanni   und de Segurola als Leporello, hatten auch nicht die mindeste Star-Unmanier an sich. Was Segurola aus der Leporellopartie machte, grenzt ans Wunder- bare. Frl. Geraldine Farrar   stellte uns eine wahrhaft zur Ent- sührung verführende, geradezu ideale Zerline   dar. So weit die romanischen Darsteller. Die deutschen   Partner, an der Spitze L i l i Lehmann als, zumal darstellerisch, noch immer mustergültige Donna Anna, Frau GadSky-Tau scher(als Elvira), sowie die Herren W. Paul(Hannover  ), M a i k l und S t e h m a n n(Wien  ) fügten sich dem Ensemble mit vollendeter Stiltreue ein. Das Musterorchester der Wiener Philharmoniker   spielte unter Dr. Karl Mucks straffer Führung ganz wundervoll. DieZ a u b e r f I ö t e" unter der Leitung des in letzter Stunde eingesprungenen Kapellmeisters M i k o r e y(Dessau  ) erklang nicht ganz ebenso rein inidersreulich. Die intimsten Genüsse wurden uns in den sechs Festkonzerten zu teil, die eine herrliche Auslese aus der Orchester-, Vokal- und Kammermusik des Meisters boten. Da hörte man unter anderem Mozards erschütternden, teilweise nur im Entwurf beendeten Schwanengesang, das.Requiem", einige der bedeutendsten Sinfonien, darunter die mächtige.Jupiter"-Sinfonie, erklangen unter der Meisterleitung Dr. Mucks und von den Wiener Philharmonikern  wahrhaft ergreifend nacherlebt; auch von den Streich- und Klavier- quartetten vermittelte uns das allein gespielte, in Deutschland   noch viel zu wenig bekannte Wiener   Fitzncrquartett der bedeutendsten etliche. Aparte Reize strömen die Bläserserenaden aus, die uns die Wiener   philharmonischen Bläser interpretierten. Als willkommene Unterbrechung dienten Arien- und Duettvorträge. Die Weihe des ganzen Festes aber bildete die Grundsteinlegung des Mozarteums. ea. Humor und Satire. DieKulturträger" in der Oper. Es war im.Tristan". Vor mir saßen zwei behäbige, ältere Herren. Sie hatten schon wiederholt ihrem Mißbehagen unverhohlen Redner besprach dann die von uns ebenfalls im Vorbericht ge- schilderten Wirkungen der Lohnbewegungen. Es haben in diesem Jahre bereits 165 Bewegungen in 276 Betrieben mit 18 651 Be- schäftigtcn stattgefunden. Und das Resultat dieser Bewegungen waren 3317 Stunden Arbeitszeitverkürzung und 23 763 M. Lohn- erhöhung pro Woche. Das bekräftige aber aufs neue die Auf- fassung, daß mit fortschreitender Besserung der wirtschaftliche,> Verhältnisse die Ausgaben für Lohnkämpfe gewaltig in die Höhe gehen. Redner trat dann warm dafür ein, dem Vorstande bei allen Bewegungen das unumgänglich notwendige Vertrauen entgegenzubringen. Er wies, ohne indes auf Einzelheiten einzu- gehen, auf ein paar bedauernswerte Fälle mangelnden Vertrauens hin, die zu schlimmen Folgen für die Kollegen und zu ebenso nach- teilig wirkenden Eindrücken auf die breite Oeffentlichkeit geführt haben. Die Schlußerörterungen der mit Beifall aufgenommenen Aus« führungen des Redners waren der Besprechung einer Anzahl der vorliegenden Anträge gewidmet. In bezug auf den darauf folgenden Bericht des Kassierers Bruns können wir der Kürze halber auf die Ausführungen in unserem Vorbericht verweisen, wo alle nötigen Angaben bereits gemacht sind. Mertens- Harburg erklärte im Auftrage der Revisoren, Kasse und Buchführung stets in bester Ordnung befunden zu haben. Der Ausschußbericht des Kollegen K a s ch- Hamburg be- traf nur interne Verbandsangelegenheitcn. Redakteur Schneider konnte konstatieren, daß nennenswerte Beschwerden über die Haltung der Redaktion nicht eingegangen seien, auch aus den Anträgen sei nicht ersichtlich, daß die Gesamt« heit irgendwie unzufrieden mit der Haltung des Blattes sei. Redner ging dann sofort auf die Besprechung der zum Fachblatt vorliegenden Anträge über, wobei das geforderte achtseitige Er» scheinen desProletariers  " durchaus seinen Beifall fand(doch seine Verwirklichung sei abhängig von der zukünftigen Beitragsgestal« tung). Dagegen wurden die Vorschläge auf Schaffung einer Frauenecke" und Herausgabe desProletariers  " in tchechischer Sprache von ihm unbedingt verworfen. Längere Ausführungen machte er dann über die Absichten, die er bei der Abfassung ver- schiedener Artikel verfolgt, die den Widerspruch einiger Mitglieder hervorgerufen haben. Es handelt sich um Artikel über das Kartell- Wesen und verschiedene Verhältnisse unter 1>en Unternehmern der Papierindustrie, KautskhsWeg zur Macht und einen Artikel der Leipziger Volkszeitung" über Gewerkschaftsbeamte und Maifeier. Zu den Artikeln gegen denWeg zur Macht" habe Redner sich ver- pflichtet gefühlt, als ihm bekannt wurde, daß die Parteiorgani- sationen auf alle Weise versuchten, diese Broschüre in die Hände der Gewerkschaftsmitglieder zu bringen Auf den Artikel derLeip- ziger Volkszeitung" mußte umso eher erwidert werden, als es ohne» hin früher schwer war, im Verbreitungsgebiet derLeipziger Volks- zeitung" gute gewerkschaftliche Arbeit zu leisten. Sachbich wäre jedoch auf diesen Artikel überhaupt nicht zu antworten gewesen, eS mutzte einfach erwidert werden nach der Devise: Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil. In der darauf«insetzenden Diskussion erklärte zunächst Schu- mann- Leipzig, daß Schneiders Darstellungen über die Leipziger  Verhältnisse nicht in allen Dingen richtig seien. Er konstatierte ausdrücklich, daß durch dieLeipziger Volkszeitung  " in ihrem Be- reich die gewerkschaftliche Tätigkeit nicht erschwert, sondern in jeder Art und Weise gefördert werde. Das erkennen selbst solche Gewerk- schaften an, die schon über gelegentlich zu scharfe Ausdrücke bei der Redaktion derLeipziger Volkszeitung" Beschwerde führten. Die Stellung Kautskhs zur Gewerkschaftsbewegung wurde von einem Hannoveraner Delegierten H a r t l e i b sehr temperament- voll in dem Sinne erörtert, daß Kautsky   in keiner Richtung ein Feind der Gewerkschaftsbewegung sei und seine Verdienste um die Arbeiterbewegung nicht abzuleugnen seien. Was Kautsky   mit seinen prinzipiellen Auseinandersetzungen bezweckte, sei, die Ge- werkschaftcn vor einer Ueberschätzung der Gewerkschaftsmacht, den Verfall in Nurgewerkschaftlerei, zu warnen und ihnen zu zeigen, daß die kapitalistische Gesellschaft selbst der Gewerksck�fts- macht ihre Grenzen zieht. Ein anderer Redner, der auf die Sache einging, bezeichnete die Polemik desProletariers  " gegen Kautsky  als zwar scharf aber sachgemäß.- Im übrigen fanden aber fast alle Diskussionsredner an der" Haltung des Fachorgans wie der Tätigkeit des Vorstandes nichts wesentliches auszusetzen. Eine Aussprache pro und contra zwischen einem Delegierten der Waltershausener Filiale und einem Mit- glied des Zentralvorstandes sowie dem zuständigen Gauleiter zeitigte eine im Mai dieses Jahres sehr unerquicklich verlaufene Lohnbewegung in Waltershauscn. Die Debatte wurde nicht zu Ende gebracht ufid die Fortsetzung auf Dienstag vertagt. Ausdruck gegeben, daß ihnen das Stück zu lange dauere. Inzwischen war die Vorstellung bis zum dritten Akt vorgeschritten. Tristan ringt mit seiner Sehnsucht nach Isolde und dem Tode, ringt. ringt... Tief Atem holend und mit einer Kopfbewegung nach der Bühne fragte der eine der beiden Herren den anderen:Ob der wohl noch stirbt?' Und der Gefragte erwiderte:Ich gäb's uff. An der gleichen Stelle es war auch in einer Aufführung von Tristan und Isolde" hörte ich einmal während des dritten Aktes meinen Nachbar zu seiner Frau sagen:Jetzt haben mer noch für Pfennig." Der Herr Staatsanwalt T. wohnt einer Vorstellung derWalküre  " bei. Nach dem Schluß des ersten Aktes, da Sigmund mit seiner bräutlichen Schwester Siglinde in die monddurchgläuzte Frühlings« nacht hinausgeflohen ist, wendet er sich entrüstet zu seiner neben ihm sitzenden Gattin:Daß sich mein Vorgänger Anno 86 diese Gelegen- heit entgehen lietz l" In Musik gesetzter Inzest in idealer Kon« kurrenz mit Ehebrnch l Heutzutage- sollte mir einmal einer solche Schweinereien auf die Bühne bringen!" Das Pferd Grane, daS hervorragendste Mitglied dcS Wagner- schen zoologischen Gartens, muß bekanntlich in derGötterdämme- rung" mit Brnnnhilde ins Feuer springen. Bevor eS sich aber zu dieser Glanzleistung entschließt, pflegt es regelmäßig vor Angst auf offener Bühne den unterirdischen Göttern zu opfern. Als bei der letzten Vorstellung derGötterdämmerung" wieder dies Ereignis eintrat, sagte die Frau Kommerzienrat Lilienthal, wie selbst erleichtert, zu ihrer Freundin:Jetzt ist's. Gott   sei Dank, bald zu Ende."Woran merkst Du das?" fragte diese, die zum erstenmal denRing" hörte. Da deutete die Frau Kommerzienrat niit dem feinbehandschubtcn Zeigefinger nach einem braunen Häuflein, daS vorn an der Rampe neben dem Souffleurkasten lag, und sprach mit Kennermiene:Grane hat bereits das Zeichen zum Fallen des Vor« Hanges gegeben."<SimplicissimuS".> Notizen. Gegen die Polizeizensur. Die jüngste Verfügung deS Polizeipräsidenten an die Theaterdireltionen betrifft nicht nur dieFreie Volksbühne", sondern auch dieNeue Freie Volks« b ü h n e". Die Verwaltungen beider Vereine werden in den nächsten Tagen zusammentreten, um über gemeinsame Maßnahn«» in dieser Angelegenheit Beschlüsse zu fassen. Es wird voraussichtlich eine Feststellungsklage beim Oberverwaltungsgericht eingeleitet werden. Der Beitritt Hollands zur Bern er Kon. V e n t i o n. Auf dem internationalen Verlegerkongreß, der in Amsterdam   stattfand, wurde von Regierungsseite bestätigt, daß die Niederlande dem von der Berner Konvention organisierten inter  » ngtiogalen Literaturschutz beizutreten gedeaken.