Kr. 194. 37. IahrMg. 1 SkilM des JjriDärfs" Klllim WIdsdlM. Zonaabead, 29. Angust 1910. Soziales. Konferenz der Gewerbegerichts-Beisitzer(Arbeitnehmer) Deutschlands in Köln a. Rh. den 13. und 14. September 1910. Tagesordnung: 1. Bericht der Zentralkommission. 2. Bericht der Ausschußmitglieder des Verbandes. 3. Uebernahme der Tätigkeit der Zentralkommission durch die Sozialpolitische Abteilung der Generalkommission. 4. Antrag von Fürth : Die Rechtsprechung über das Arbeits- zeugnis. S. Antrag Stettin : Die Aufrechnung gegen den Lohn§ 394 B. G.-B. 6. Anträge von verschiedenen Gewerbegerichten: Ausdehnung der Zuständigkeit der Getverbegerichte. Sind Prozetzkosten zulässig bei Unzuständigkeits- erklärung. 7. Beratung eines Musterstatutes. 8. Beschlußsassung von Satzungen für die Zentralkommission und die Obmänner. 9. Stellungnahme zur Tagesordnung des.Verbandstages. 19. Die Rechtsprechung an den Gewerbegerichten. Die auf zwei Tage anberaumte Konferenz der Gewerbe- gericktsbeisitzer wird Dienstag, den 13. September, vormittags 9 Uhr, im Gewcrkschaftshaus, Severinstraße, in Köln a. Rh. er- öffnet. Im großen Saale des Volkshauses wird Montag, den 12. Sep- tember, abends von 3 Uhr an, eine zwanglose Zusammenkunft der Delegierten stattfinden. Die Kölner Genossen werden in Ver- bindung damit einen Begrüßungsabend veranstalten. Die Dele- gierten werden gebeten, sich alle einzufinden. Das Empfangslokal befindet sich ebenfalls im Volkshaus, Severinstratze, wo daS Lokalkomitee vom Sonntagmittag, den 11. September, an tagen wird, so daß etwaige Auskünfte daselbst jederzeit eingeholt werden können. Von Sonntag, den 11. September, mittags, an. werden am Hauptbahichof Führer, erkennbar an weiß-roten Rosetten, die Teilnehmer nach dem Logis oder nach dem Empfangslokal geleiten. Die Delegierten werden gebeten, bei ihrer Ankunft den Bahn- Hof durch das Hauptportal zu verlassen, damit die Führer, welche auf den Bahnsteigen nicht in Verbindung mit den Delegierten treten konnten, am Hauptportal in Empfang nehmen können. Die per Schiff in Köln ankommenden Genossen können nur abgeholt werden, wenn die Zeit der Ankunft besonders gemeldet wird. Um die Arbeit des Lokalkomitees zu erleichtern und allen An- fcrderungen zu entsprechen, werden die Delegierten dringend er- sucht, sich um Beschaffung von LogiS und den damit verbundenen WÄnschen sofort nach ihrer Wahl an den Vorsitzenden des Lokal- komiteeS Franz Schildgen in Köln , Brüsseler Straße 9b, zu wenden. Die Namen der gewählten Delegierten sowie deren Adressen mit Angabe, ob die Beschickung von der Gemeinde oder dem Kartell bezw. mit einer Beihilfe von letzterem erfolgt und womöglich, welche Mittel den Beisitzern von der einen oder der anderen Seite bewilligt werden, sind nur an den Unterzeichneten zu melden. Alle Partei- und Gewerkschaftszeitungen werden um Abdruck dieser Bekanntmachung gebeten. Dir Zentralkommission der GewerbegerichtSbeisitzer fArbeitnehmer) Deutschlands . A«.! Richard Holz . Dresden -A.. Am See 33. Da» Stellenvermittlergesetz und die Behörden. Mit dem 1. Oktober tritt das neue Stellenvermittlergesetz in Zkraft, daS der Ausbeutung der Stellensuchenden durch das ge- wissenlose Agentum ein Ziel setzen will. Das Gesetz bestimmt im Z 5, daß in Zukunft die Polizeibehörden nach Anhörung der be- teiligten Kreise(auch der Arbeitnehmer) die Höhe der Taxen fest- zusetzen haben. Bedauerlicherweise ziehen sich die Behörden zur Abgabe von Gutachten zum Teil Leute heran, die von den Dingen herzlich wenig verstehen. So wurden in Berlin unter anderem beftagt: Der Berein zur Besserung entlassener Strafgefangener, kleines feuilleton. Fünf Minuten im Wright-Apparat. Es dämmert. DaS TageS licht fliegt als durchsichtiger Vogel mit hellblauen Schwingen über daS Feld und verschwindet hinter dem Gehölz jenseits der Bahn. Zwei Monteure in blauem Arbeitsanzug werfen die aus drei dicken aufeinandergeleimten Bohlen geschnittenen, aluminiumtarben gestrichenen Holzpropeller der Flugmaschine herum; aus dem kleinen. schwarzen Motor, der mit seinen 36 Pferdekräften wie eine geballte Faust lauert, kommt ein ärgerliches Husten und Zischen; durch den offenen, schachtelförmigen Leib des Apparates läuft ein Schwirren und Zittern— alles still... Auch das zweite.Anwerfen' der Propeller ist umsonst. Beim drittenmal gibt eS einen Ruck; die Explosionen im Motor beginnen; Treibketten laufen; mit gewaltigem Summen und Surren be- schreiben die Holzschrauben ihren Flimmerkreis; die Lust wird nach allen Seiten gespritzt; die Hosen der Monteure flattern. Mützen fliegen, Staub wirbelt auf. Der Sitz neben dem Führer ist nicht bequem. Man kriecht durch das Gewirr von schwanken Holzrippen und Drahtsehnen und nimmt auf der hartgepolsterten Stuhlplatte mit niedriger, schmaler Rückenlehne Platz. Die Füße werden auf das Gestänge aus amerikanischem Fichtenholz gestellt; die rechte Hand umklammert eine der Nippen, die die untere und obere Tragflache verbinden. Ingenieur Theten wirst den Kopf in den Nacken; Hände und Schultern der Monteure weichen und in demselben Augenblick sausen wir. von hinten gedrängt, mit Eilzuggeschwindigkeit über die Start- bahn durch das hohe GraS. Rollen? Fliegen? Gleiten? Schweben? Für den Zuschauer ist cS ein seltsame» Schauspiel, wenn sich— nachdem genügend.Luftpolster' unter den leinenen Tragfläche» ge- bildet und das Höhcnsteuer aufwärts gerichtet ist— der Apparat plötzlich vom Boden hebt und wie auf unsichtbaren Schienen in den Himmel rollt..... � � Der Insasse merkt nichts von diesem.erhebenden' Moment. Berührt man»och den Boden, oder fliegt man bereits? ES ist nicht zu unterscheiden. Eine rasend schnelle, gleitende, schleifende Be- wcgung auf, oder dicht über dem Erdboden hin; gewaltige Kraft. die von hinten drängt; Sisenfaust, die ein Kartenhaus vorwärts schleudert.. �„ Das markig tiefe, brausende Surren und Summen der Propeller macht jede Unterhaltung unmöglich. Der steife, kühle, in der stillen. warmen Abendluft doppelt seltsame Zugwind reißt die Worte un- gehört vom Munde....„, Allmählich wird die Bewegung, am Boden gemessen, langsamer. Wir steigen. Wie in klarem tiefen Gewässer die Gegenstände aus dem Grunde greifbar nahe erscheinen, so scheint auch der Erdboden unter uns in ganz geringer Entfernung. Grasbedeckte und kahle Flächen, Sandwege. Gräben ziehen langsam dahin.. Zwei auf- geschreckte Hasen schießen wie toll ip kurzem Zickzack hin und her. ZaS die wohl denken? Wir nähern uns dem ersten Richtungturm. Eine kaum merkliche Bewegung am linken Hebel vor dem Führersitz verstellt das hinten befindliche Seitensteuer. Die Maschine legt sich nach innen; wir. Verband katholischer Vereine erwerbstätiger Frauen und Mädchen usw.— Tagegen hat man hier alle diejenigen Organisationen, wie die d er Gastwirtsgehilfen, Bäcker, Schlächter, Handlungs- gehilfen, Landarbeiter und Dienstboten, die besonders unter der Ausbeutung der Stellenvermittler zu leiden haben, gänzlich um- gangen. In einigen anderen Städten allerdings hat man das Gewerkschastskartell oder den Verband der Gastwirtsgehilfen mit herangezogen. Im ganzen macht sich aber eine große Planlosigkeit und Hilflosigkeit bei den Behörden bemerkbar, so daß man gespannt sein darf, wie die polizeilichen Gebühren schließlich aussehen wer- den.— Mittlerweile rüsten sich die Stellenvermittler und suchen sich darauf einzurichten, das Gesetz möglichst illusorisch zu machen. So haben die Stcllenvermittler in Köln eine Liste aufgestellt, die nicht weniger als 73 verschiedene Berufsgruppen umfaßt. Hier nur ein Beispiel, wie weit dort die Differenzierung durchgeführt ist. Die Liste unterscheidet: Burschen, Diener, Hausburschen, Haus- diener, Hotcldiener, Hausknecht. Wird ein Stellensuchender als Hausb u r s ch e vermittelt, zahlt er 3 bis 19 M.» als Haus- diener kostet ihm die Stellung 3 bis 25 Mk. Das Obige könnte noch durch verschiedene Beispiele vermehrt werden. Die Polizei merkt das Manöver nicht, sie beschränkt sich darauf, die Taxen etwas zu reduzieren, beläßt aber die vielen Gruppen sowie den Mindest- und Höchsttarif. Mit Absicht haben die©tellenvermittler in ihren Vorschlägen so viele Bezeichnungen gewählt. Je größer die Liste, je mehr Spielraum zwischen Mindest- und Höchsttaxe, je unklarer und verschwommener die Bezeichnung, desto besser gelingt es den Stellenvermittlern, nach wie vor im Trüben zu fischen, die Stellesuchenden zu schröpfen.— Noch raffinierter haben es die Hamburger Stellenvermittler gemacht, um dem Gesetz ein Schnippchen zu schlagen. Das Gesetz legt bekanntlich fest, daß die Stellenvermittelungsgcbühren von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern je zur Hälfte zu zahlen sind. Ein Regierungsver- trcter hat auf Anfrage in dieser Beziehung erklärt, daß der Ver. zicht des Stcllenvermittlers auf die Hälfte der Gebühren angängig ist. Selbstverständlich glaubte man, diese Auslegung zugunsten der Arbeitnehmer vornehmen zu sollen. Vor allen Dingen sollte die Möglichkeit offen bleiben, die Landarbeiter, die heute bekanntlich zu den Gebühren nichts beitragen, auch in Zukunft von der Zahlungspslicht zu befreien. Die Hamburger Stellenvermittler benutzen dies aber, um den Unternehmern einen Vorteil zuzu- schanzen. Sie haben sehr hohe Tarife aufgesetzt(doppelt so hoch als früher) und lassen den Arbeitgebern jetzt schon wissen, daß sie auf ihre Hälfte verzichten wollen. Die Stellenvermittler kal- kulieren ganz richtig so, daß, wenn die Unternehmer, namentlich die gastwirtschaftlichen, für die Vermittlung bezahlen müssen, werden sie nicht mehr zu den gewerbsmäßigen Stellenvcrmittlcrn gehen, sie werden dann die gemeinnützigen Arbeitsnachweise auf- suchen. Das letztere soll ja aber gerade durch das Gesetz erreicht wer den; es ist die ausgesprochene Absicht des Gesetzgebers, das Tätig keitsgebiet der Stellenvermittler überhaupt einzuschränken. Wer- den die oben angeführten Manipulationen der Vermittler von den Behörden durchgelassen, dann wird daS Gesetz zum großen Teil illusorisch gemacht. Lon den Hütten nnd Walzwerke». Kurz und knapp fällt immer der Bericht der Großindustrie im deutschen Mctallgewerbe aus. Große, mächtige Zahlen bringt all- jährlich der Bericht der Hütten- und WalzwerkS-BerufSgenossenschaft und keinen erklärenden Text hierzu. Nur 221 Betriebe umfaßt diese große BerufSgenossenschaft, die allein 165 479 Arbeiter be- schäftigt. Gegen daS Vorjahr hat sich die Zahl der versicherten Arbeiter nur um ganze 192 vermehrt. In den Sektionen Oberhausen , Koblenz , Aachen , Dortmund und Bochum ist die Zahl der Arbeiter um 2—599 zurückgegangen, während den stärksten Zuwachs die Sektion Esten(Krupp ) mrt 1368 Arbeiter hatte. Bezeichnend ist es auch, daß trotz ungeheurer Erhöhung der Lebensmittelpreise der Durchschnittslohn der Hüttenarbeiter nur um ganze 2 M. sich gegen das Borjahr erhöht hat.... In den Sekttonen Oberhausen ist der Lohn gar noch um 4 M., in Koblenz um 9 M-, in Dortmund um 8 M. und in Siegen um 4 M. zurückgegangen. Nur Settion Essen weist eine Steigerung von 26 M., Düsseldorf um 13 M., Aachen um 9 M. mld Hagen um 6 M. umfliegen den Turm. Ich beobachte den Führer. Kopf vorgestreckt, Augen starr geradeaus gerichtet, sitzt er, beide Hände an den Hebeln. unbeweglich wie— mit einer Dynamitbombe am Kaffeetisch. Der sonderbare GesichtSausdruck, die schmalen Backen, glänzenden Augen verraten die ungeheure Spannung. Alle Muskeln sind straff; alle Sinne lauern. Ich glaube, diese Leute leben in permanentem Fieber. Jede Sekunde kann etwas bringen. Die tiefe Stirnwunde vom letzten Absturz juckt noch unter der Wollmütze; und der Farman- fahrer, der vor einer halben Stunde beim Aufstieg gequält scherzte: Ich werde langsam hochgehen, aber schnell wieder herunter« kommen— wurde bald darauf unter den rauchenden Trümmern seines Apparate» hervorgezogen. Dieser Sport geht an die Nerven. Und gibt— Ruhe. Wir machen die zweite Runde. Unten brauen milchige Nebel- schwaden wie ein wallendes Tischtuch. Der Lichtpunkt deutet das Wirtshaus an. Gleichmäßig, wie auf hoher See. umspült der elastische Zugwind Gesicht und Hände. Der sonore Brustgesang der Propeller deutet auf gleichmäßigen Herzschlag im Vergaser. Wieder ein Ruck am Hebel: es geht schräg abwärt». Die milchigen Schwaden zerfließen; welkes GraS wird mit rasender Geschwindigkeit unter uns weggerissen. Käme jetzt ein vor- zeitiges Aufstoßen in einer Vertiefung— Apparat und Knochen lvären zum Teufel. Ein Gefühl, wie auf einer bretterncn Lokomotive... Der Führer zupft an der Stellschnur. Der Motor setzt plötzlich aus; hustet, pufft noch ein paar Mal; die Propeller drehen sich lang- sam, zittern, wie nach angestrengter Arbeit, und stehen still. Wir gleiten wie ein Vogel dicht über, auf dem Erdboden hin; ein paar graziöse Sprünge— der Apparat hält. Fünf Kilometer in fünf Minuten!« d o l f H e ß. Moderner Aberglaube. Daß Spiritismus, Okkultismus und ähnliche menschliche Verirrungen von Jahr zu Jahr mehr aufblühen und gerade in den Kreisen der sogenannten Gebildeten unserer Großstädte die meisten Anhänger finden, ist zur Genüge bekannt. Wir haben auch in Deutschland eine ganze Zahl spiritistischer und ähnlicher Vereine, spiritistische und okkultistische Zeitschriften, und in vielen Städten werden von diesen Vereinen öffentliche Vorträge ver- anstaltet, um neue Mitglieder zu gewinnen und für den Spiritismus Propaganda zu machen. Weniger bekannt dürste es fein, daß auch die alten mittelalterlichen Geheimwisscnschaften der Alchemie und Astrologie in unseren Tagen wieder ausblühen. Wie Sir William Ramsay in seinem Buche»Vergangenes und Künftiges aus der Chemie' mitteilt, bestehen in Frankreich geheime Gesellschaften, wie der»Orden der Rosenkreuzer ' und die»Alchimistische Gesellschaft von Frankreich ', die als Nachfolgerin der alten»Hermetischen Gesellschaft' betrachtet sein will. Theodore Tifferand behauptete 1896, Kohlenstoffverbindungen, zum Beispiel Aether- und Essig« säure, erhalten zu haben, als er metallisches Aluminium in Glasröhren mit Salpetersäure eingeschlossen und zwei Monate lang den Sonnenstrahlen ausgesetzt hatte. August Sttind- berg, dessen phantastische Ansichten über naturwissenschaftliche Dinge ja bekannt sind, will»unvollkommenes' Gold aus Amnionium- ferroiulfat gemacht haben, und ein anderer moderner Alchimist, Emmens, hat nach seiner Angabe mexikanische Silberdollars in Gold umgewandelt. Auch die Sterndeuterei, die Astrologie, ist wieder auf. Den höchsten Durchschnittslohn hat wieder Sektion Essen mit 1644 M., den niedrigsten Siegen und Koblenz mit 1327 M. Der Durchschnittslohn pro Kops der Arbeiter betrug 1525 M. Und welches Risiko haben diese Arbeiter für diese anscheinend hohen Löhne zu tragen? Der Bericht erwähnt, daß im Jahre 1999 allein 27 895 Unfälle gemeldet worden sind. Das sind pro 1999 Ver- sicherte durchschnittlich 169 Unfälle. Welche Mengen Blut sind da wieder in den Großbetrieben geflossen... Zahlt Krupp den höchsten Durchschnittslohn, so hat sein Betrieb aber auch die höchsten Unfallziffern aufzuweisen. Laut Bericht wurden in Sektion Essen pro 1999 Versicherte 199 Unfälle gemeldet. Nach Essen folgt Oberharzsen mit 193 Unfälle pro 1999 Versicherte, während in Sektion Siegen nur 82 Unfälle aus 1999 Arbeiter entfielen. Da« für hat aber Sektion Essen nur ganze 7 Betriebe mit 32 294 Arbeiter und Siegen dagegen 48 Betriebe mit nur 6155 Arbeiter. Je größer der Betrieb, desto größer die Unfallziffer. Entschädigt wurden jedoch nur 2524 Unfälle. WaS die Vertrauensärzte nicht alles können... Getötet wurden von den ent« schädigten Fällen 183 Arbeiter, teilweise Erwerbsunfähigkeit konsta» tiertcn die Wcrksärzte noch in 1639 Fällen, in 198 Fällen völlige und in 513 Fällen vorübergehende Erwerbsunfähigkeit. Und der Rechtsweg? In 1249 Fällen haben die Schieds- gerichte die Berufungen der Verletzten abgewiesen und nur in 219 Fällen entsprochen. Die Berufsgenossenschaft hatte von eigenen Rekursen noch 4 Erfolge und 14 Mißerfolge, während die Verletzten und deren Hinterbliebene in 176 Fällen abgewiesen wurden und nur in 33 Fällen siegten. Unter Titel„Unfallverhütung' finden wir einen AuSgabeposten: „Arbeilerreise" mit 7226 M. Da der Bericht hierzu kein erklärendes Wort hat, so nehmen wir an, daß eS sich hier nur um die Reise- entschädigungen der Arbeiter bei den Beratungen der Unfall- verhütungsvorschriften handelt, die, wie die ungeheuren Unfallziffern ja beweisen, doch nur auf dem Papier zu stehen scheinen. Folgen einer Neckerei als Betriebsunfall. Eine bemerkenswerte und langwierige Rentcnklage ist jetzt vom Dresdener Schiedsgericht für Arbeitervcrsicherung zugunsten des Verletzten entschieden worden. Im vorliegenden Falle handelt es sich um die Frage, ob die Folgen einer auf der Arbeitsstätte stattgefundenen Neckerei als Betriebsunfall anzusehen und von der Berufsgenossenschaft zu entschädigen sind. Im Dezember 1993 neckten sich die jüngeren Arbeiter in einer Metallwarenfabrik in Freiberg , indem sie sich gegenseitig mit Tuchstücken bewarfen. Einer der Arbeiter hob mit einem an der Erde liegenden Tuchstück unbewußt ein Stück Stahl auf, wie sie in der Schleiferei Ver- Wendung finden, warf damit nach dem Schleifer K. und traf diesen mit dem Stahlstück in das linke Auge. K. trug eine erhebliche Ver- letzung des linken Auges davon, mußte sofort die Arbeit einstellen und sich in ärztliche Behandlung begeben. Die Verletzungen hatten schließlich den fast völligen Verlust des Sehvermögens am linken Auge zur Folge. K., der nach dem ärztlichen Gutachten um 25 Proz. in der Erwcrbsfähigkeit beschränkt ist, wendete sich mit einem Antrag auf Gewährung von Unfallrente an die Norddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft. Letztere lehnte indessen eine Ent- schädigung ab, weil die Folge dieser Neckerei nicht als Betriebs- Unfall anzusehen sei. Der Verletzte wendete sich darauf mit einer Berufung an das Schiedsgericht. Da von Anfang an von einem Messer die Rede war, wodurch die Verletzung entstanden sein sollte, wurden nunmehr umfangreiche Erörterungen angestellt. Von der Berufsgenossenschaft wurde dann bestritten, daß sich der Unfall, wie geschildert, abgespielt habe. Auch in der entscheidenden VerHand» lung lehnte der Vertreter der Berufsgenossenschaft die Gewährung einer Entschädigung ab. Das Schiedsgericht hat aber die Augen- Verletzung als Betriebsunfall angesehen und die Beklagte verurteilt, dem Verletzten vom Beginn der 13. Woche an eine 25prozentige Rente zu gewähren. Nach anderthalbjährigem Rentenkampf er» hält K. nun endlich die ihm zustehende Unterstützung. In der Rheinisch-Wcstfälischen Bau-Berufsgcnosscnschaft, nach der Zahl der versicherten Arbeiter die zweitgrößte in ganz Deutsch- land, waren im Jahre 1999 in 39 273 Betrieben 214 444(39121 Betriebe und 212 873 im Jahre 1998) Arbeiter beschäftigt. Ge- meldet wurden im Berichtsjahre 7253 Unfälle, so daß auf 1999 Versicherte durchschnittlich 34,7 Unfälle entfielen. Hiervon wurden 1515 Fälle entschädigt, darunter 123 Todesfälle. aufgelebt. Wie die englische Zeitschrift.Knowledge' schreibt, gibt es in England sejt einiger Zeit„astrologische Gesellschaften', die also einen Einfluß der Sterne und ihrer gegenseitigen Stellung zu ein- ander auf daS Leben und die Schicksale des einzelnen Menschen behaupten. Auch in Deutschland existiert unter dem Namen.KoSmoS' ein „Verein deutscher Astrologen'. Sodann findet man in Jnseratbeilagen, die der»Neuen Metaphysischen Rundschau' beigeheftet sind, An- kündigungen, aus denen hervorgeht, daß sich auch bei uns Leute mit Sterndeuterei und noch dazu berufsmäßig, befassen. In einer dieser Anzeigen empfiehlt sich ein Doktor der Mathematik in Jena -Unter- ziegenhain folgendennaßen: „Horoskope nach inäqualer Manier für Personen und Unternehmungen. Genaueste Berechnung und sorgf. Divinazion. Preis 129 M., Anzahlung 89 M.. Rest bei Empfang der Nachnahme. Angabe des Geburtsorte» und Datums unerläßlich.(Wenn bekannt, auch Stunde und Minute.) Mit- teilung von wichtigen stattgefundenen Ereignissen(schwere Un- fälle, größere Reisen, Heirat, Erbschaften, Zahl der Kinder, schwierige oder gar Fehlgeburten. Todestag der Eltern usw.) behuf» Korrekzion erwünscht und empfehlenswert. Brieflicher Unterricht in Horoskopie 129 M.(zirka 59 Briefe mit ausgiebigen praktischen Bei« spielen), mündlicher Unterricht für meine Pensionäre gratis, Pension (nur Rohkost) 75 M. monatlich.' Man sieht, die Sache ist durchaus nicht billig, und wenn sich genug Dumme finden, die auf den Schwindel hineinfallen, macht der„Astrolog ' zedenfalls ein glänzendes Geschäft. Auch in Ham- bürg und anderen Städten leben solche Astrologen. Siotizen. — SSuglingSshphilis und Ehrlich» Heilmittel. In der Universitätsklinik für Hautkranke in Freiburg i. Br. wurde kürzlich eine Schwangere mit allen Zeichen der Syphilis eingeliefert. Man begann sie aber erst 19 Tage nach der Niederkunst mit Ehrlichs Präparat 696 zu behandeln. Das neugeborene Kind zeigte zunächst ebenfalls deutlich die ererbte Syphilis. Erst als bei der Mutter, die das Kind säugte, die Symptome verschwunden waren, hörten sie auch beim Kinde auf. Das Kind war nicht direkt behandelt worden, offenbar waren in der Mutter Schutzstoffe und Gegengifte gebildet worden, die mit der Milch übertragen wurden und zur Heilung führten. — Die Volkszählung der Indianer. Die vor kurzem veranstaltete Volkszählung der Rothäute in den Vereinigten Staaten wird wahrscheinlich die letzte sein, denn eS ist anzunehmen, daß nach Ablauf eines weiteren Jahrzehnt» kaum noch Indianer vorhanden sein werden, die nicht Staatsbürger geworden sind. In den letzten zehn Jahren hat die Zahl der Indianer von 273 696 auf 266 769, d. h. um 2,5 Proz. abgenommen. Die Fürsorge für die Indianer verursacht einen immer höheren Aufwand für die Vereinigten Staaten . Im Jahre 1889 kosteten die Indianer der Regierung über 29 Millionen Mark und im Jahre 1999 sind die Kosten auf 79 Millionen an- gewachsen. Die Erziehung der Indianer macht rasche Fortschritte und mit ihr ihre gewerbliche Betätigung. Bei der letzten Zählung ergab sich, daß in den Schulen, die von der Regierung oder der Mission unterhalten werde», insgesamt 25777 indianische Kinder am Unterricht teilnehmen.