Skreiks fön 1907 einzugreifen und' die syndikalistische Orffanisaiionzum Anschluß an den N. V. V.(zentralistischer allgemeiner Ge-Werkschaftsbund) gewissermaßen zu zwingen, unbegründet sei.Lochade und der Zentralrat haben sich durchaus neutral verhalten.Andersen(Dänemark) hält die Frage der nationalen Or-ganisation der Seeleute für die wichtigste, die den Kongreß be-schäftigt. Die internationale Organisation sei nötig, um Streik-brechcr fernzuhalten, und überhaupt um die Interessen der See-Heute genügend vertreten zu können.Furuseth(Nordamerika) erklärt, Laß die Meinung, dieSeeleute der Vereinigten Staaten hätten die Absicht, die I. T.-F.zu sprengen, falsch sei. Der Plan einer internationalen Organi-Kation der Seeleute entspringe dem Wunsche, eine größere Stärkungder Organisation herbeizuiühren. Es sollen nationale Organisa--tioncn sein, die miteinander in Verbindung stehen und gemeinsamihre Interessen vertreten. Das stehe den Interessen der I. T.-F.nicht entgeaen. Daß die Beiträge an die I. T.-F. nicht bezahltworden sind, habe mit dieser Sache nichts zu tun. Er wünsche, daßes möglich sein wird, hier eine Verständigung herbeizuführen.Sollte der Kongreß der Meinung sein, die Gründung der inter-nationalen Organisation der Seeleute stehe im Widerspruch mitden Interessen der I. T.-F., dann bliebe den Seeleuten nichtsanderes übrig, als aus der I. T.-F. auszutreten.In seinem Schlußwort erklärt I o ch a d e- Berlin, daß er sichalle Mühe gegeben habe, allen an ihn gelangten Wünschen gerechtzu werden. Was den italienischen Antrag betrifft, so ist es eineFrage der Finanzierung. Die llebersetzungen und Druckkosten ver-Ursachen uns sehr hohe Ausgaben. Wenn aber die Eisenbahnerbereit sind, denselben Beitrag an die I. T.-F. zu zahlen, wie dieübrigen angeschlossenen Organisationen, also anstatt 4 Pf. 6 Pf.zu zahlen, dann könne der Zentralrat die Frage in Erwägungziehen. Bisher versuchten wir. den Wünschen der Organisationenentgegenzukommen, indem wir den Wochenbericht schon in fünfSprachen Herausgaben. Bezüglich der Frage des Kollegen van derBergh habe er zu bemerken, daß es nicht angängig sei, in die innerenOrganisationsstreitigkeiten eines Landes hineinzureden..DieStreitigkeiten müssen die Organisationen selbst auskämpfen. DieN. V. V. sei die anerkannte Landesorganisation der holländischenGewerkschaften und deshalb wünsche er, daß sich die von van derBergh vertretene Organisation dort anschließen solle. Der Berichtkonnte leider nicht früher erscheinen. Die Fragebogen sind frühgenug versandt worden, leider bekamen wir die Berichte der Organi-Rationen nicht rechtzeitig. Es ist sehr zu wünschen, daß die natio-nalen Organisationen sich einer präziseren Berichterstattung be-fleißigen, dann wird es auch uns möglich sein, in Zukunft den anuns gestellten Anforderungen besser Rechnung zu tragen.Damit ist die Diskussion geschlossen. B r u n n e r- Berlin be-antragt im Namen der Revisoren, dem Sekretär Decharge zu er-teilen. Der Antrag wird angenommen.Es folgt das Referat von Paul Müller- Berlin über„Die Aktionen der Unternchmerverbände".Die Frage, die uns jetzt beschäftigt, beschäftigte bereits denInternationalen Transportarbeiterkongreß in Wien. Es handeltjsich nicht darum, das, was auf dem Kongreß in Wien beschlossenwurde, heute zu erneuern, neue Resolutionen zu fassen und schöneReden zu halten, sondern es ist unsere Aufgabe, Matznahmen zutreffen, die geeignet sind, sich der seit Wien veränderten Lage an-zupassen. Es haben sich in der letzten Zeit Dinge ereignet, die unsveranlassen, die Frage erneut zu prüfen. Es ist vorweg festzustellen,baß die Unternehmer in der letzten Zeit planmäßig und in der bru-talsten Weise sich gegen unsere Organisationen wenden. Im Augen-blick, wo sie sich weniger in der Abwehr befinden, rüsten die Unter-ixehmer zum Angriff. In allen Ländern haben sie Versuche ge-macht, mit Hilfe der Gesetzgebung die Organisationen der Arbeiterzu vernichten. Das ist ihnen mit einer einzigen Ausnahme—bei den Eisenbahnern in Holland— nicht gelungen. Sie versuchenjhr Ziel auf andere Weise zu erreichen, und zwar auf ökonomischemGebiet. Wir sind deshalb verpflichtet, die Aktionen der Unter-nehmer genau zu verfolgen und sie zu studieren, um daraus zulernen. Sie haben zuerst von uns gelernt. Wir können das tun,ohne Preisgabe unserer Grundsätze. Seit dem Jahre 1906 sinddie Unternehmer des Transportgewerbes daran, ihre Organisa-tionen auszubauen und sich zu rüsten. Sie haben die Krise benutztzur Einrichtung straffer Organisationen. Sie wählen die Organi-isationen in der verschiedensten Form. Die Trusts, Ringe, Syndi-iate sind nicht nur im kommerziellen Interesse geschaffen, sondernsie dienen ganz besonders dem Kampf gegen unsere Forderungenund unsere Organisationen. Wir haben also unser Augenmerknicht nur auf die Shipping Federation zu richten, sondern auf alleOrganisationen der Unternehmer. Nicht nur Berufsorganisationensind heute die Organisationen dep Unternehmer, sie gehen schondazu über, gemischte Organisationen zu schaffen, die alle Berufedes Transportgewerbes, Handel und Gewerbe umfassen, nationalwie international. Es ist auch falsch, zu glauben, daß die Inter-essengegensätze der Unternehmer einem gemeinsamen Kampfegegen uns entgegenständen. So scharf auch der Konkurrenzkampfunter ihnen ist, in der Bekämpfung unserer Bestrebungen undunserer Organisationen sind sie sich stets emig. Auch die Organeder Staaten werden von den Unternehmern gegen uns mobil ge-macht, und der Staat selbst macht da, wo er als Unternehmer auf-tritt, gemeinsame Sache mit den Privatunternehmern. Die Ge-richte und deren Rechtsprechung, Behörden und die Presse, alles stehtheute im Dienst des Unternehmertums, und sogar die Kirche wirdin den Dienst desselben zu stellen gesucht. Der Kampf um die Ver-besserung der Lage der Arbeiter ist ein Naturkampf. Und geradesind jetzt die Unternehmer im Transportgewerbe besonders nervösgegen uns. Es besteht kein Zweifel, daß die wirtschaftliche Kriseüberwunden ist, das Transportgewerbe befindet sich im Stadiumeines wirtschaftlichen Aufschwungs, und da ist es unsere Pflicht,unsere Forderungen geltend zu machen. Mit der Rücksichtslosigkeit,mit der die Unternehmer besonders in England und Deutschlandunsere Bestrebungen bekämpfen, forcieren sie den Kampf um dieHebung der ökonomischen Lage der Arbeiterklasse, forcieren sie denKlassenkampf. Daß diese Erscheinung sich gerade im Transport-gewerbe bemerkbar macht, liegt in der Eigenart des Gewerbes.Wir sind auf diesem Kongreß verpflichtet, uns zu orientieren überden Stand unserer Organisationen. Nicht zuletzt stützt sich das»Unternehmertum auf die Schwäche der Organisationen der Arbeiter.Ich weiß, daß eS nun manchem unter uns nicht angenehm sein wird,was ich hier ausspreche. Das soll mich aber nicht hindern, zu sagen,was nötig ist. Ich scheue nicht die Oeffentlichkeit. In keinemanderen Gewerbe hat in den letzten Jahren eine solche technischeRevolution sich vollzogen wie im Transportgewerbc. und seit 1908hat sich die Situation für uns sehr verschoben. Was hat nun zugeschehen, wie können wir unsere Kämpfe in der Zukunft erfolgreichgestalten? Worte haben keinen Zweck mehr. Ein Haupterfordernisjist eine straffe Organisation auf nationaler wie auf internationalerGrundlage und eine strenge Disziplin. Ferner müssen wir unsmit guten Kampffonds versehen. In allen Ländern fehlt es auchan der intellektuellen Erziehung der Massen. Unsere ist leider indieser Beziehung noch sehr lückenhaft. In England besonders istiErfordernis die Schaffung einer gewerkschaftlichen Presse.In dem Augenblick, da wir die Disziplin verlassen, begebenHir uns der>sten Waffe gegen die Unternehmer.Wir haben Gewicht darauf zu legen, daß wir uns als TranS-Portarbeiter fühlen. Nicht Eisenbahner, nicht Seeleute, sondernTransportarbeiter. Keine konfessionellen oder Rassenunterschiededürfen uns trennen. Im Kampfe muh auch eine hinreichende Klug-heit Platz areifen. Vor allem zu verhüten ist eine Verzettelungunserer Kräfte. Wie die Aktion von den Seeleuten in Englandeingeleitet wurde, muß entschieden verurteilt werden. Die bürger-Ziehe Presse wurde mit Nachrichten über einen bevorstehendenStreik versehen. Resolutionen wurden beschlossen, doch die Organi-Kationen waren nicht über die Pläne Wilsons und seiner Freundeunterrichtet. Ein solches Verhalten muß jeden Rest von Anseheneiner Organisation vernichten. Die Situation ist ernst und unsereZiele groß und schön. Nicht auf Augenblickserfolge, sondern aufdie endgültige Entscheidung im Kampfe haben wir hinzuwirken.Unsere Feinde find mächtig und wohl auf ihrer Hut. Weshalb hatWilson nicht die Organisationen von seinen Plänen unterrichtet�bevor er die Welt mit den Streiknachrichten in Aufregung hersetzte?Wir hätten uns verständigen können. War es nicht in diesemJahre möglich, dann im nächsten. Eine Resolution zu beschließen,erscheint überflüssig. Wir müssen die Massen zusammenführen undsie nicht zersplittern.Ben T i l l e t(England) ist überrascht von dem Referat desGenossen Müller. Er vermißt darin die Angabe von Tatsachen.Das Referat sei in einem Tone gehalten worden, wie er auf Kon-gressen nicht üblich ist. Nicht welche Organisation die beste sei, wärezu untersuchen. Die Rede Müllers sei für eine Volksversammlung,wo es sich darum handle, die Massen anzufeuern, aber nicht füreinen Kongreß, wo durch Angabe von Tatsachen sich die Vertreterder Organisationen gegenseitig unterstützen sollen. Nur in demstimme er dem Referenten zu, daß es nötig gewesen wäre und injedem Falle nötig ist, die Organisationen von geplanten Aktionenrechtzeitig zu unterrichten.W e st p h a l(England) wendet sich gegen Müller, der mit seinenArtikeln im„Seemann" den englischen Seeleuten großen Schadenzugefügt habe.In längerer Rede wendet sich Wilson(England) entschiedengegen Müller. Er ist der Meinung, daß niemals die Einigkeit derTransportarbeiter mehr erforderlich gewesen sei, als jetzt. Müllerhabe dazu nicht beigetragen. Dagegen habe er selbst nichts unter-nommen, was verurteilt werden könnte. Wenn Müller ihn sobekämpfe, so finde er den Grund nur darin, daß Müller Sozial-demokrat sei und Wilson nicht. Er stehe seit 21 Jahren im Kampfeund, ohne Müller zunahe treten zu wollen, müsse er doch sagen, das,was Paul Müller für die Organisation getan habe, stehe in keinemVergleich zu seinen Leistungen im Kampfe gegen die Unternehmer.Paul Müller sei nicht der Mann, Ratschläge hinsichtlich desKampfes zu erteilen. Müller habe versucht, den Genossen Jochadeüber die Verhältnisse in England aufzuklären. Jochade sei einGentleman in jeder Beziehung, mit ihm sei zu arbeiten. Wasseine Reise nach Amerika betreffe, so sei diese im Interesse der Or-ganisation erfolgt. Er habe in kurzer Zeit über 2000 Mitgliedergewonnen. Das konnte nicht geschehen, wenn er in Liverpool ge-blieben wäre. Die Seeleute warten auf den Kampf. Die Ver-Hältnisse seien günstig, ihn zu beginnen. Was Müller geschriebenhabe, lasse den Glauben aufkommen, als hätten nur geheimeKonserenzen stattgefunden, die gegen die I. T.-F. komplottierten.Müller hat nicht gehandelt, wie er als Gewerkschaftsführer hättehandeln müssen. Was zu geschehen habe, sei, daß die InternationalShipping Federation bekämpft werden müsse. Zum Kampf sei auchGeld nötig. Wenn man jedoch warten wolle, bis genügend Geldvorhanden sei, dann könne man noch 1000 Jahre warten. Einestramme Organisation sei die Hauptsache, und die Seeleute fangenan, den Wert der Organisation zu erkennen. Er betone nochmals,daß er nichts getan habe, was das Vorgehen des.Genossen Müllergegen ihn veranlassen konnte.Schluß 6 Uhr.Geileralvtrsmmlnng des Verbandes der Ftthographev,Steindrucker nnd verwandteu Gewerbe.Hamburg, 24. August.NachmittagSfltzuug.In der weiteren Debatte über den Geschäftsberichtwurde von einem Redner die Haltung des Verbandsorgans zurMaifeier und zur Budgetbewilligung kritisiert.Redakteur B a r t h e l erwidert, daß er hinsichtlich der Maifeier dieAnsicht vertrete, daß sie hochgehalten werden müsse, daß sie aber auchin anderer Form als durch Arbeitöruhe begangen werden könne, dadiese in vielen Fällen eine schädigende Wirkung auf die GeWerk«schaften hervorgerufen habe. In der Frage der Budgetbewilligunggingen die Meinungen auseinander. Er habe im Blatte zum AuS-druck gebracht, daß dadurch die Einheit der Partei nicht in Fragegestellt werden dürfe. Redakteur Hansen von der technischen Bei«läge„Graphische Rundschau' erklärt, daß er sich die Ausgestaltungder Beilage stets angelegen sein lassen werde.Von den vorliegenden Anträgen wurden einige zurückgezogen,andere abgelehnt.Dem Vorstand zur Berücksichtigung überwiesen wird derAntrag:„Die„Graphische Presse' ist mehr mit lehrenden Artikelnauszugestalten.'Zur Annahme gelangt der Antrag:»Im Inseratenteil der„Graphischen Presse' dürfen nur Annoncen aufgenommen werden.die im Zusammenhang mit dem fachlichen Interesse stehen'.Beschlossen wird, daß die Extra st euer nur für ei«Jahr erhoben werden darf.Ueber die Stellungnahme zu den Gewerkschafts«kongressen referiert Hiekmann- Dresden. Er skizziert kurzdie Beschlüsse des Hamburger Gewerkschaftskongresses und vertrittdie Ansicht, daß bei größeren Aussperrungen, bei denen die General«kommission ein Eingreifen für nötig hält, eine wöchentliche Kopf-steuer für sämtliche organisierte Arbeiter ausgeschrieben werdenmüsse. Der Hamburger Kongreß habe zwar einen ähnlichen Antragabgelehnt, aber es müsse eine Regelung in diesem Sinne erfolgen.Im Anschluß hieran referiert Mü l l e r- Berlin über dieReichsversicherungsordnung. Er ersucht um die An-nähme einer Resolution, welche vom Reichstage erwartet, daß dieArbeiterversicherung im Sinne der Beschlüsse des Gewerkschafts«kvngresseS ausgestattet werde, und welche gegen die geplante Ver-nichtung der Selbstverwaltung energisch Protest einlegt.Die Resolution wird einstimmig angenommen.Die zu den Gewerkschaftskongressen vorliegenden Anträge werdendem Vorstande zur Berücksichtigung überwiesen.Ferner gelangt dieser Antrag zur Annahme:„Der Verband hatdie ihm zustehenden Vertretungsrechte auf den Gewerkschafts«kongressen in bezug aus die Zahl der Vertreter voll auszunutzen.Bei der Wahl der Vertreter sind neben dem Vorsitzenden undRedakteur des Verbandes auch befähigte Kollegen aus den Kreisender Mitglieder zu berücksichtigen. Die Wahl erfolgt nicht durch dieGeneralversammlung, sondern direkt durch die Mitglieder des Ver-bandeS. Zu diesem Zwecke find, entsprechend der zu entsendendenZahl der Vertreter. Wahlkreise einzurichten.'Ueber den Internationalen Kongreß der Lithographen, Stein-drucker usw. in Amsterdam referiert S i l l i e r. Der vor drei Jahrenin Kopenhagen stattgefundene internationale Kongreß der Berufs-genossen habe den Sitz des internationalen Sekretariats nach Deutsch-land verlegt. Als Sekretär fungiere er. als Kassierer Brall und alsSchriftführer Barthel. Redner schildert eingehend die Bedeutungdieser Kongresse und ersucht, daß neben den Sekretariatsmitgliederndrei andere Berufsgenossen nach Amsterdam entsandt werden. Rednergeißelt das internationale Streikbrechertum und bedauert, daßDeutsche als Streikbrecher nach Oesterreich gegangen sind.Mühlberger- Wien bestätigt, daß jedes Land ein Streik-brecherkontingent stelle. Den Deutschen könne man daher keinenbesonderen Vorwurf machen, weil eben auch österreichische Streik-breche?, die er nur als Lumpen bezeichnen könne, über die Grenzegingen.Neben den Sekretariatsmitgliedern Sillier und Brall sollen dreiweitere Delegierte nach Amsterdam geschickt werden.Die Wahl fällt auf Haß-Berlin, Barth el«BerIK undBauknecht- Köln.Die Anträge auf Anstellung von Gaubeamten in Süddeutschlandrufen eine lebhafte Debatte hervor, weicuf sie mit großer Mehrheitabgelehnt werden.Am Donnerstag findet keine Sitzung statt, da die Delegiertenzu einer Danipferfahrt nach Cuxhaven eingeladen sind.Hua der Partei.Das Wunderkräutlein. Unter' diesem Titel schreibt die„Franks. VolkSst.":„Im Munde unseres GenossenDr. David und in seiner Verteidigung der Badener auf derhessischen Landeskonferenz ist die Budget«bewilligung für unS Sozialdemokraten zu einem Wunder«kräutlein geworden, mit dem wir überall tu den Parlamenten dieTüre zum politischen Fortschritt öffnen und unsere Gegner mattsetzen. Weit über den badischen Fall hinaus sieht er die Mög-lichkeit kommen, mit der Budgetbewilligung die geschlossenenReihen unserer bürgerlichen und junkerlichen_ Gegner zu„sprengen". Wir genehmigen an Stelle der reaktionärsten bürger-lichen Partei dem Klassenstaate die Mittel, die er zum Fort«bestehen braucht; dann haben wir einen staatsmännischen Meister-streich gemacht, die bürgerlichen Parteien getrennt, die Reaktionausgeschaltet und eine Machtstellung im Klassenstaate erobert, vonder aus wir„Schritt für Schritt",„ohne Fliegen nnd Sprittgen"i nun er weiter vordringen werden. Und solcher politischenKinderei haben auf der hessischen Landeskonferenz improletarischen Kamvke ergraute Männer ruhig zugehört und dannfür die Davidsche Resolution gestimmt, die über dan ganzenbadischen Vorgang mit bezeichnendem Schweigen hin-weggeht, als wäre tx gar nicht in der Welt, und sich auf die for-melle Forderung der Freigabe der Budgetabstimmung beschränkt,obgleich doch ihr Urheber vorher mit der gleichen Virtuosität, wieer politisch zauberte, nachgewiesen hatte, daß der Nürnberger Be-schluß nicht einmal der badischen Budgetbewilligung entgegenstehe.Wozu dann die Aufhebung? Wir halten bekanntlich auch dieNürnberger Resolution schon seit ihrer Geburt nicht für der Weis-heit letzten Schluß. Aber solche logische Purzelbäume, wie David,sollte ein Genosse nicht schlagen, der die Dinge kennt. Der gleich-zeitige Verlauf des badischen Parteitags hat ja auch gezeigt, wiesehr sich die badischen Genossen bewußt waren, gegen den Partei-beschluß zu handeln.Die Wunderkraft, welche Genosse Dr. David der Budget-bewilligung durch die Sozialdemokratte für die freiheitliche Ent-Wicklung der deutschen Verhältnisse zuschreibt, ist zunächst schondeshalb eine Phantasie, weil wir in Deutschland gar keinebürgerlichen Parteien mehr haben, die jemals ernstlich an dieBudgetverweigerung dächten und an deren Stelle wir uns deshalbals Budgetbewilliger setzen könnten. Weder in dem allen GothaerFall, wo unsere dortigen Genossen durch ihre Zustimmung zumStaatshaushalt ebenfalls einen fortgeschrittenen Minister vordem Sturz bewahren wollten, noch in der neuesten badi scheuAffäre wäre es wohl dazu gekommen, daß die Reaktionäre wirklichgegen die Regierung und ihren Finanzabschluß stimmten. Siesind ja durch ihr Klasseninteresse viel zu eng an die Regierunggebunden und zu stark bemüht, diese nicht aus ihren Fängen zulassen, als daß sie es darauf arttommen ließen, das Tischtuchzwischen sich und ihren Regierungsbedienten zu zerschneiden. Manbraucht nur daran zu denken, was alles schon aus den Gehei-mver-Handlungen der Großindustriellen über ihren Geheimverkehr mitden Ministern bekannt geworden ist, um den Gedanken einfachgrotesk zu finden, daß selbst politisch linksstehende Kapitalifteneiner deutschen Regierung das Budget verweigern könnten....Die Budgetverweigerung ist eben für bürgerliche Parteien inDeutschland, und geschweige denn für reaktionäre, längst alsWaffe aus der politischen Rüstkammer ausgeschieden, seitdem diepreußischen Liberalen in den sechziger Jahren den letzten lahmenAnlauf gegen Bismarck genommen und nachher desto gründlichernachgegeben haben. Und deshalb schwebt jede Spekulationvöllig in der Luft, die auf solches Versagen bürgerlicherParteien rechnen und die Sozialdemokratie dorthin zur Budget«bewilligung führen will, wo dann angeblich irgend ein politischerFortschritt zu erzielen wäre.Nein— wo wir in Deutschland jetzt oder zukünftig einerRegierung das Budget bewilligen, bewilligen wir cs in der Rege!mit einer bürgerlichen Partei zusammen, die neben der Regierungihre Hauptrechnung dabei findet. Wir werden dann lediglichausgespielt und benutzt in dem parlamentarischenKampfe um Macht und Einfluß, den die Regierungen und diebürgerlichen Parteien untereinander führen. Wir helfen inBaden das Zentrum mattsetzen, damit sich der National-liberaliSmus satt essen tom, und was für uns abfällt, ist sehrmager, wie der praktische Fall zeigt. Wir sichern unS durch dieTeilnahme an solchen Händeln aber nicht einmal die freiheitlicheEntwicklung, denn wir schaffen ja keine Gewähr für einkonstitutionelles Regime. Im Geyente, l, wir er-leichtern sogar der R egi er ungSb u r ea uk rat i eund dem Junkertum das bewährte Manöver, dasin der Ausspielung der Bürger« und der Arbeiter-klaffe gegeneinander besteht und das schon so alt ist,als es diese Klassen gibt und als sie sich zum höheren Ruhme desherrschenden Feudalismus gerade in Deutschland haben miß-brauchen lassen. Bisher glaubten wir immer, es gehöre zu denRuhmestiteln der Sozialdemokratie, daß sie nebendie alten besitzenden Parteien eine neue Klafsenorgani»s a t i o n der unbestechlichen Arbeit gestellt habe, die ihren Wegabseits von der G e schä ftsge me in schaf t der aus-beutenden Klassen gehen und durch ihre Stärke undReinheit dem ganzen politischen Leben allmählich gesündere Grund-lagen geben werde. Jetzt werden wir belehrt, daß in der Teil-nähme an den Tauschgeschäften zwischen Bürgertum und Re-gierung die neueste politische Weisheit und das Wunderrezept förallmählichen Erlösung für die kämpfende Arbeiterklasse bestehensoll. Als wenn eine soziale Klasse jemals dadurch gewinnenkönnte, daß sie ihrem Gegner, wenn auch nur zeitweise und nurunter gewissen Bedingungen, die ihm aber offenbar nicht wehetun, wirtschaftliche und politische Machtmittel in die Hand gibt,die er ganz sicher vorläufig gegen den Geber und Bewilligerausnutzt IDie Empfehlung politischer Wunderkräutlein, wie sie auf derhessischen Landeskonferenz mit Erfolg versucht worden ist, kannnur zur Verwirrung, nicht zur Klärung unserer Meinung?-Verschiedenheiten in der Budgetfrage beitragen. Hoffentlich führtder gesunde Klasseninstinkt die Arbeiter wieder auSdem N ebelparlamentarischer GeschäftShuberei herausund zurück zur klaren sozialistischen Gefecht?»stellung gegen die bürgerliche Gesellschaft."Pommerscher Parteitag.In Stettin tagte am Sonntag und Montag der Parteitagder pommerschen Genossen.ES hatten Delegierte entsandt die Wahlkreise Anklam-Demmin 8,Ueckermiinde-Wollin S, Randow-Greifenhagen 23, Stettin 13, Pyritz-Saatzig 2, Naugard-Regenwalde 3, Greifenberg-Kammin 3, Stolp-Lauenburg 3, Kolberg-Köslin 2, Biitow-Schlatve-Rummelsburg 3.Belgard-Dramburg-Schivelbein 2. Neustettin 3, Stralsund-Rügen 2und Greisswald-Grimmen 3. Der Parteivorstand war durch denGenossen W. Pfanntuch- Berlin vertreten. Redaktion und Ge-sellschafter des„Volksboten' sowie die Preßkommission waren durchje ein Mitglied, die Kontrollkommission durch ihre vier, dieAgitationskommission durch ihre neun Mitglieder vertreten. ZurTeilnahme sind außerdem noch erschienen Genossen S. Katzen-stein- Charlottenburg und G. Schmidt- Berlin als Referentensowie die Genossen C r i S p i e n- Danzig als Parteisekretär für West-Preußen. Botzenhardt- Neubrandenburg als Gauleiter des Land-arbeiterverbandes und A. K ö r st e n- Berlin als ReichStagSkandidatfür Randow-Greifenhagen.Den Bericht der Agitationskommission erstattete Gen. Horn-Stettin. Er konnte eine zwar langsame, aber nicht ganz unerheb-liche Zunahme der organisierten Genossen feststellen. In den KreisenStettin und Randow-Greifenhagen sind 2014 Neuaufnahmen erzieltworden, in den übrigen überwiegend ländlichen Kreisen S74 nzfolgte eine eingehende Debatte über Organisation und Agitation.Zum Punkt„Presse" wurde beschlossen, daß die männlichen Mit-glieder der Kreiswahlvereine einen JahreSbeittag von 80 Pf. fürden Preßfonds aufzubringen haben. Ueber den MagdeburgerParteitag referierte Genosse K a tz e n st e i n, der zur badischenBudgetbewilligung folgende Resolution vorlegte:Der Parteitag der sozialdemokratischen Partei der ProvinzPommern verurteilt die den Parteigrundsätzen und Parteitags-beschlüssen widerstreitende Bewilligung des Staatsbudgets durchdie sozialdemokratische Fraktion- de? badischen Landtage». Er pro-