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«IS in fast alle» anderen Vadifche'A WememZen. Fn M a n n h e i m sind von 100 Einwohnern nur 13,7 wahlberechtigt. Aber Genosse Lehmann hätte doch auch berichten müssen, daß in der gleichen Tabelle folgende prozentuale Ziffern enthalten sind: Königsberg  in Preußen mit 11,5, Posen mit 11,1, Kassel   mit 11, Kiel   mit 10,1, Aachen   mit 8,9, Altona   und Breslau   mit 7,5 und Hannover   mit '4,2. Auch einige auherpreußische Städte sind dem Genossen Leh- mann bei dem Studium dieser Uebersicht entgangen: München   mit 8,79, Nürnberg   mit 5,55, Augsburg   mit 4,99, Würzburg   mit 4,05, wozu bemerkt werden muß, daß in Bayern   nur die Bürger, in Baden die Einwohner das Wahlrecht haben. Von Inter- esse sind nach folgende sächsische Städte: Dresden   mit 7,5, Chem- Nitz mit 6,8 und Leipzig   mit 6,2. So zuverlässig wie die Zahlen des Genossen Lehmann sind auch die anderen Informationen, die -unsere novddeubschen Kameraden zu Entrüstungsresolutionen gegen die badischen«Rebellen" aufpeitschen sollen. Für die Gemeinden bis zu 4000 Einwohnern werden von jetzt ab die Gemeinderäte nach dem allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht unter Anwendung des Proporzes gewählt. In einem Lande, das nur zwei Groß- städte hat, bedeutet diese Reform einen gewaltigen Fortschritt für einen großen Teil des Volkes. Und wenn es uns auch noch nicht gelungen ist, für die großen Städte die Abschaffung der Klassen- wähl zu erreichen, so ist wenigstens eine Milderung des Un- -rechtes geschaffen. Bisher waren in die erste Klasse e i n Zwölftel, in die zweite Klasse zwei Zwölftel, in die dritte Klasse neun Zwölftel aller Wahlberechtigten(nicht des Steuerkapitals, wie beim preußischen Klassenwahlrecht) eingeteilt, künftig in die erste Klasse ein Sechstel, in die zweite Klasse zwei Sechstel, in die dritte Klasse drei Sechstel. Gleichzeitig wurde aber die Verhält- niswahl für den Magistrat(Stadtrat) eingeführt, so daß wir, ohne von der Gnade bürgerlicher Parteien abhängig zu sein, überall entsprechend unserer Stärke an der L e i t u n g der Städte beteiligt sein werden. Es ist uns durch zähe Arbeit auch möglich gewesen, wie auf die Gesetzgebung so auf die Verwaltung Einfluß zu gewinnen. Das Vereins- und Versammlungsrecht ist bei uns gesichert. Die MaidemonstrationSzüge wurden im ganzen Lande erlaubt. Ver- sammlungen unter freiem Himmel finden überall statt. ES erging ein einziges schikanöses Versammlungsverbot(von dem Bezirksamt Offenburg  ); das Ministerium hob auf unsere Beschwerde diese Ver- (füguitg auf, und der preußisch geschulte Polizeibeamte wurde ver- setzt. Das Koalitionsrecht der Eisenbahner wurde schon früher er- kämpft. Auf diesem Landtag wurde auch die gewerkschaftliche Or- ganisation der Waldarbeiter anerkannt, und die Regierung erklärte, daß sie denjenigen Arbeitern der Staatsforsten, die sich organisieren würden, nichts in den Weg legen werde. Ich erwähne diese Dinge nicht, um uns zu rühmen oder die Regierung zu loben. Man hat uns nicht Geschenke gewährt, sondern unser Recht bestätigt, und vieles bleibt noch zu erringen. Aber müssen unsere preußischen und sächsischen Genossen ehrlicherweise nicht zugeben, 'daß manche dieser Errungenschaften für sie noch in weiter Ferne schimmernde Ziele sind? Es ist ja sehr leicht, aus der Fülle eigener Unkenntnis über die«besonderen badischen Verhältnisse" zu höhnen und den Vertrauensleuten der badischen Arbeiter die Partei- genössische Ehre abzuschneiden. Schwerer und gewissenhafter wäre es, denKanton Badisch" erst kennen zu lernen und dann erst zu entscheiden, ob wirklich dieser Zweig dem Stamme der Gesamt- Partei abgeschnitten werden soll. In Berlin   und Hamburg   wurde der Vorschlag gemacht, zwei Dutzend Missionare nach Baden zu senden, die den verirrten Schäflein wieder auf den rechten Weg helfen sollen. In keiner Versammlung aber wurde dem Wunsche Gehör gegeben, einem der angeklagten Ketzer vor der Verurteilung das Wort zur Verteidigung zu geben. IV. Der Kafernengehorfam, den man uns aufzwingen will, unterscheidet sich von der freiwilligen Disziplin, die wir als unentbehrlich anerkennen, in folgendem Punkte: Der Soldat muß seinen Dienstbefehl, auch den als unsinnig erkannten, ohne Widerrede ausführen. Er hat nach dem Vollzug das Recht der Beschwerde. Genau die gleiche Stellung möchte uns Genosse Kautsky   zuweisen. Wir sollen eine Resolution befolgen, auch wenn wir unter den Umständen, unter denen wir handeln müssen, die Partei zu schädigen glauben; daüir aber gibt er uns, wie den Musketieren und Dragonern, das Mcht der nachträglichen Beschwerde an den vorgesetzten Parteitag. Ein Abgeordneter, der sich nach diesem bequemen Schema richten würde, müßte sich den Vorwurf der Pflichtverletzung gefallen lassen. Jeder Vertrauens- mann der Partei, ob er in einem Parlament oder in einem Vor- standsbureau sitzt, mutz im Rahmen des Programms nach freier Ueberzeugung wirken. Kein Parteitag kann ihm, im voraus die Verantwortung abnehmen; wir können keinem Reichskriegsrat brauchen, der von grünem Tische aus in grünem Hefte jeden Schritt unserer Bewegung vorzeichnet. Beschlüsse der Parteivertretung sind zu beachten; aber sie sind keine Dogmen, vielmehr ist ihre Zweck- Mäßigkeit und Ausführbarkeit an den Tatsachen zu messen. Muß einem Beschluß der Partei zutvidergehandelt werden, so sind dem nächsten Parteitag die Gründe darzulegen. Ueberzeugt sich dieser von der Zweckmäßigkeit der Maßregel, so spricht er seine Billigung aus, im anderen Falle beschließt er eine Rüge. Glaubt aber die Parteivertretung, daß eine parteischädigende Absicht vorlag, so sind die schuldigen Abgeordneten sofort von ihren Posten und aus der Organisation zu entfernen. V. - Noch ein Wort zur monarchischen Frage, deren Bedeutung maßlos aufgebauscht wird. Wir waren und sind uns der Pflicht bewußt, die historischen Empfindungen und Empfindlichkeiten der Parteigenossen im Reiche nicht mutwillig zu verletzen. D i e b a d i- sch e n Hofgänger sind deshalb noch nie bei Hof ge- Wesen keiner, auch nicht die Mitglieder des K a m m e r p r ä s i d i u m s. Die Wahl des Vorstandes wird dem Großherzog in der Form angezeigt, daß die Präsidenten und Sekre- täre sich gemeinsam in das Schloß begeben und in ein dort auf- liegendes Buch einzeichnen. Unsere Genossen haben sich in einer meines Erachtens zu weitgehenden Rücksicht davon ausgeschlossen, weil dieHofgänger" den unfehlbar einsetzenden Presseskandal vermeiden wollten. Die Verhandlungen des Landtags werden bei Beginn einer Session in der Regel durch den Großherzog eröffnet. Die Mitglieder beider Häuser versammeln sich in dem Sitzungs- saal der Zweiten Kammer und werden dort, nachdem-die Thronrede verlesen ist, vereidigt. DieHofgänger" sind diesem feierlichen Akte fern geblieben. Die Schließung des Landtags erfolgt in der gleichen Weise, und die Fraktion derHofgänger" beschloß, wieder fernzubleiben, wenn der Fürst selbst erscheine, dagegen die Teil- nähme freizustellen, wenn der Minister die Thronrede verlese, weil -dann das militärische und höfische Gepränge deS Vorganges weg­falle. Das sind die Gelegenheiten, bei denen wir uns«byzantinisch" oder wieSklaven" oder«hündisch" benommen haben sollen. Abe" Genosse Kautsky   tadelt auch, daß die Fraktion nicht energisch da- gegen protestiert habe, wenn die monarchisch gesinnte Kammermehr- heit dem Großherzogspaar zu einemunpolitischen Familienfest" durch das Präsidium gratulieren lassen wollte. Unser Kritiker hat doch selbst schmerzlich erfahren müssen, wie schwierig es ist, den richtigen Zeitpunkt für angeblich notwendige republikanische Propa- ganda zu bestimmen. Hat er sich nicht darauf berufen, daß im Erfurter Programm die Forderung der Republik   nicht ent- halten sei? Und trotzdem hält er sich für berechtigt, uns tyrannen- -feindliche Tugenden zu predigen. Er hat den antimonarchischen Glaubensunterricht bei Genossin Rosa Luxemburg   nicht ohne Nutzen genoffen, und mit dem schönen Eifer des Neubekehrten verlangt er von unsHofgängern" Dinge, die bisher kein Mensch in der Partei gefordert oder getan hat. Im Reichstag, im pveußischen Abgeordnetenhaus und inallen anderen deutschen  Parlamenten erbittet sich der Präsident in öffentlicher Sitzung die Eplgubnis, b.eW Geburtstag des Kaisers oder der Kaiserin oder anderer Monarchen, bei der Hochzeit des Kronprinzen oder bei ähn- lichenunpolitischen Familienfesten" die Glückwünsche der Volks- Vertretung zu überbringen. Wann und wo haben unsere berufenen Parteigenossen dagegen jeprotestiert"? Welche flammenden Reden haben die Genossen in Sachsen   und Preußen gegen diesenMiß- brauch der Geschäftsordnung zu byzantinischen Zwecken" gehalten? Wahrscheinlich wurde der richtige Moment in Dresden   und Berlin   überhört und verpaßt, so wie in früheren Jahren dort oft die Gelegenheit überhört und verpatzt wurde, durch Ablehnung des Budgets dem Klassenstaat Wunden zu schlagen. Wir gehen mit gutem Gewissen nach Magdeburg  , Achter Iuterlutiolllller Ge«osse;>schaststag in Hamburg  . Hamburg  , 6. September. In der Dienstagsitzung wurden außer dem schon mitgeteilten noch einige Referate über Die Eutwickelung des Genossenschaftswesens in Gegenwart und Zukunft" gehalten. Ueber Die landwirtschaftliche Organisationsbewegung in Irland  " sollte Anderson- Dublin   sprechen, der aber nicht erschienen ist. Dem gedruckt vorliegenden Referat entnehmen wir folgende Daten: Die Genossenschaftsbewegung in Irland   setzte im Jahre 1889 ei», die in relativ kurzer Zeit zu hoher Blüte gelangte. Irland   wird als das Land des Kleinbauerntums bezeichnet, von dessen 910 526 Familien nicht weniger als 640 931 von der Landwirtschaft leben. Der Umfang dieser landwirtschaftlichen Betriebe übersteigt im Durchschnitt nicht eine Fläche von 15 Akres, Die ersten Genossen- schaften in Irland   waren Molkereien, die ursprünglich sehr primitive Formen trugen, jetzt aber mit den besten Maschinen ausgerüstet, sind. Das Hauptresultat der Vergenossenschaftlichung der irischen Milchwirtschaft besteht in der Umwandlung der Butter- fabrikation aus einer Hausindustrie in die Fabrikindustrie, in der Verbilligung der Produktion und bis zu einem gewissen Grade in der Hervorbringung eines gleichmäßigen Produkts. Der gesamte Wert der von Irland   exportierten Butter beträgt jährlich ungefähr 80 Millionen Mark, woran die Genossenschaften mit ungefähr der älfte beteiligt sind. Die zweite Gcnosscnschaftsform, die von der rganisationsgesellschast eingeführt wurde, war die Bezugsgenosfen- schast, die in Irland   schlechthin alslandwirtschaftliche Genossen- schaft" bezeichnet wird. Die Genossenschaften haben sich zu einem Verbände der Irischen Großeinkaufsgesellschaft zusammengelan. Ferner existieren 300 Kreditgenossenschaften, die nach dem Reiffeisen- system aus Grundlage solidarischer Haftbarleit errichtet sind. In ihrer Mehrzahl befinden sich die Genossenschaften in den ärmsten Bezirken. Bei 85 939 Mitgliedern betrug 1908 der Gesamtumsatz aller Genossenschaften über 45 Millionen Mark, der in diesem Jahre auf 75 Millionen steigen wird. Ueber Das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen in Dänemark  " sprach A. Nielsen- AarhuS  . Der interessanten Schilderung ent- nehmen wir, daß in Dünemark 1800 die erste Genossenschaft errichtet wurde: der Konsumverein Thisted  (Jütlaud). Die Konsumvereine Dänemarks   wurden fast ausschließlich von den minderbemittelten Schichten der ländlichen Bevölkerung ins Leben gerufen. Mit Re- ligion, Politik oder sozialen Fragen haben die dänischen Genossen- schaften nichts zu tun. Eine Hauplschtvierigkeit bildet die Beschaffung deS Kapitals. Alle Genossenschastell bedeuten einen Kampf gegen die Macht und die Herrschaft des Kapitals, und ohne eigenes Kapital werden sie ihre Aufgabe niemals vollständig lösen können. Die Genossenschaften werden auf eine Dauer von 5, 7, 10 und noch mehr Jahren gegründet, nach deren Ablauf sie als aufgelöst gelten. Der Verkaufsprels ihreS Eigentums wird durch Taxe sestgesetzt, und alle früheren Mitglieder oder ein Teil davon zeichnen sich für einen neuen Zeitraum als Mitglieder ein und übernehmen das Eigentum der aufgelösten Gesellschaft zum festgesetzten Preise. Die Verlaufs- summe wird unter die Mitglieder verteilt nach Maßgabe des Umsatzes, den sie mit der Genossenschaft gemacht haben. Die Konsumgenossenschaften sind in Dänemark   mit der Landwirt« schaft eng verknüpft, da sich von den 1300 dänischen Konsumvereinen nur etwa 50 in Städten befinden.Dies hat seinen Grund teils in der hohen Kultur der Landbevölkerung und teil? darin, daß die sozialdemokratischen Arbeiter bisher den Konsumgenossenschaften kühl, sogar feindlich gegenüber standen." Verglichen mit denen anderer Länder, sind die dänischen Genossenschaften nur klein, denn der Jahresumsatz beträgt im Durchschnitt nur 40 000 Kronen. Der Gesamtumsatz beträgt 50 Millionen. Der dänischen Großeinkaufs- gcsellschaft(Umsatz 42 Millionen Kronen) sind 1224 Konsumvereine angeschlossen. Anfang dieses Jahres überstiege» die Aktiven die Passiven um 58/, Millionen Kronen. Außer den Bezugsgenosse«- schaften(Umsatz über 20 Millionen) existieren 1101 Molkereien, deren Anlagen einen Wert von etwa 20 Millionen haben, und diese um- faßten von den 1 089 073 Kühen deS Landes rund 900 000. Der Export von leicht gesalzenem Schweinefleisch nach England ist jetzt die Grundlage der dänischen Schweinezucht. Es gibt 34 Genossen« schaftsschlächtcreien mit 03 000 Mitgliedern: geschlachtet wurden 1908 1 549 540 Schweine, deren Wert 81 Millionen betrug, während das Anlagekapital auf 3>/z Millionen beziffert wird. ES folgt das Referat des Herrn K o r t h a u S, Direktor des Hauptverbandes deutscher gewerblicher Genossenschaften zu Berlin  , über: DaS Kredit- und gewerbliche Genossenschaftswesen in Deutschland  ." Die gewerbetreibenden Kreise tnüßtey dahin gebracht werden, immer niehr den Wert des eigenen Geldes zu erkennen. Denn im modernen Wirtschaftsleben sei nichts schwieriger, als mit eigenen Mitteln ein Geschäft zu betreiben. Täte man es aber, so sei das ungleich ersprießlicher. Und was so von dein einzelnen gelte, gelte auch il« höherein Maße für die Genossenschasten, und das Prinzip, nur mit Eigenkapital zu wirtschaften, müsse unbedingt durchgesetzt werden. Die wichtigste und bedeutendste Art der gewerblichen Gc- nossenschasten sei die Kreditgenossenschaft. In Deutichland dienen in hervorragendem Maße die Kreditgenossenschaften deS Schulze- Delitzschen Verbandes gewerbliche» Zwecken. Im'Hauptverbande deutscher gewerblicher Genossenschaften sind etwa 300 Kreditgenossen- schaften vereinigt. Im allgemeinen darf als festgestellt gelten, baß eine richtig fundierte und gut geleitete Kreditgenossenschaft allen billigen An- sprüchen ihrer Mitglieder ans Kreditgewährung genügen kann. Neben den �Kreditgenossen schaften sind noch die Zentralgcnossen- schaften zu nennen, die inr wesentlichen eine Vereinigung von Kreditgenossenschaften bilden. Dem Einwand, die Ansammlung eines genügenden eigenen Kapitals sei den Handwerkern nicht mög- lich, könne man nicht beistimmen. Selbständigen Gewerbetreibenden, die nicht imstande seien, innerhalb einiger Jahre 200300 M. ein­zuzahlen, sei auch durch den Anschluß an eine Fachgenossenschaft nicht mehr zu helfe». Neben dem mangelnden Verständnis sür die Bedeutung oes eigenen Kapitals hindert in manchen Fällen auch der Zweifel, den man im Handwerk immer noch der genossenschaftlichen Arbeit gegenüber unterhält, an der Erreichung einer guten finanziellen Grundlage. Besondere Schwierigkeiten veranlasse die Finanzierung der Werk- und Produktivgenossenschasten materielle Hilfe des Staates in Anspruch zu nehmen, sei in den meisten Fällen unbedenklich zu bejahen, wenn die Mitglieder der Genossenschaft durch eigene Leistungen den Beweis erbracht haben, daß eS ihnen wirklich ernst sei um ihre Sache. Niemals dürfen aber öffentliche Mittel in Ans- ficht gestellt werden, um dadurch die Gewerbetreibenden zu bewegen, solche Genossenschaften z» begründen. Die erziehliche Wirkung der Genossenschaft auf die Mitglieder in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht sei höher zu schätzen als der direkte materielle Vorteil. Dem Hauptverbande seien 470 der zuletzt besprochenen Arten von Genossenschaften angegliedert. DaS deutsche Mittel- und Klein- gewerbe dürfe sich den Aufgaben der Zeit nicht verschließen. WaS früher dem einzelnen strebiameu und intelligenten Manne möglich war, sei heute infolge der Eutwickelung, die unser Wirtschaftsleben einmal genommen hat, nicht mehr möglich. Andererseits sei sicher, daß in den gewerblichen Kreisen noch viel Idealismus und genossen- schaftlicher Sinn vorhanden sei, der nur geweckt zu werden brauche, um sich z» betätigen. DaS gewerbliche Genoffenschaftswescn werde auch iu Deutschland   weitere Fortschritts machen, und wenn es, durch die Ungunst der Verhältnisse beeinflußt, auch nicht an erster Stelle genannt werden könne, so sei doch mit Sicherheit zu erwarten, daß es immer mehr noch als ein wichsiger Faktor in unserer Wirtschaft erkannt und beachtet werde. Professor Dr. A l b r e ch t- Berlin hielt alsdann ein instruktives Referat über Was kann das Genossenschaftswesen zur Lösung drr Wohnnngs- frage beitragen?" Nach Schilderung der Wohnungsnot in den großen und mittleren Städten und den Versuchen zur Beseitigung derselben, betonte Redner, daß eine grundsätzliche Beseitigung der Mißstände auf diesem Ge- biete lediglich auf dem Wege tief einschneidender Verwaltnugs- maßnahmen erreicht werden könne, die der Verteuerung des Grund und Bodens ein Ende bereiten, wie sie eine durch die heutigen Ein- richtungen begünstigte künstliche Preistreiberei zum Schaden der All- gemeinheit zuwege gebracht habe. Er zählte die Erfolge und die Systeme des Baugenossenschaftswesens auf und bedauerte, daß eine zuverlässige Statistik über den Umfang desselben nicht existiert. Nach den von der preußischen Zeniralgenossenschaftskasse herausgegebenen Mitteilungen zur deutschen   Genossenschastsstatistik für 1908 wurden Anfang 1908 747 Baugenossenschaften mit 147 229 Mitgliedern gezählt. Der Buchwert der auf Grundlage des g e m e i n s ch a f t- lichen Besitzes ausgeführten Bauten beträgt 124 Millionen Mark. In bczug auf die Bauweise ob vorwiegend Mietshäuler oder Erwerbshäuser, ob Mietshäuser mit vielen Wohnungen oder Kleinhäuser oder Einfamilienhäuser von Bau- genossellschaften errichtet werden bestehen die größten Verschieden- Herten  . Im allgenteinen herrschen die Wohnungen zum Vermieten bei weitenl vor. Die bahnbrechende Tätigkeit der Baugenossen- schaften ist nicht ohne Einfluß auf die gewerbliche Wohnungs- Herstellung geblieben. Bei besserer Bauausführung, so führt Redner weiter aus, sei es möglich gewesen, die Wohnungen zu einem Preise herzustellen und zu vermieten, der meistens unter dem ortsüblichen bleibt. Nach Würdigung der sozialen und erziehlichen Momente des Baugenossenschaftswesens kommt er zu dem Resümee, daß die deutschen   Baugenosiellschaften im Kampfe gegen Wohnungsnot und Wohnungselend ihren Mann gestanden und ehrlich an der Lösung eines der bedeutsamsten wirtschaftlichen und sozialen Probleme un- serer Zeit mitgearbeitet haben. Ueber die Baugenossenschaftsdewegting in England" liegt ein gedrucktes Referat vor von V i v i a n- London, daS von einem anderen Engländer erläutert wird. Das am meisten zur An- Wendung gelangte System besteht darin, vertrauenswürdigen Leuten zwei Drittel bis vier Fünftel des Gesamtwertes der Liegenschaft gegen Sicherstelluiig durch letztere vorzustrecken und dem Besitzer es zu überlassen, den Rest aufzubringen. Die verbreitetste Forin, in der diese Art von Tätigkeit vor sich geht, ist der Bauverein(Building Society  ). Ende 1903 bestanden in England und Wales 1033 dieser Vereine mit einem Kapital von 1 341 692 780 M., das sich aus An­teilscheinen, Anleihen und Depositen zusammensetzt. Die Konsum- genossenschasten haben 250 Millionen Mark zur Förderung des Woh- nmigswesens bereitgestellt. In der D i s t« s s i o n über die Referate hebt Professor Dr. Stau ding er- Darny'tadt hervor, daß die Genossenschaften als Güterbezugsgemeinschaften ihren Wert in sich trügen. Sie dienten mit diese»! Charakter dazu, sich der wirtschafllichen Vorherrschaft der kapitalistischen   Produktion zu erwehren. Unsittlich sei eine Herrschaft von Menschen über Menschen, und es hieße sich sammeln, um in ge- meiusamer, genossenschaftlicher Arbeit aller der Früchte teilhaftig zu werden, die sonst den einzelnen Lieferanten und Produzenten zu- fielen. In lebhaften Worten trat er für eine rege Propaganda des Genossenschaftswesens ein. Nur möge man die Genossenschasten freihalten von konfessionellen und polittschen Tendenzen und das Ziel im Auge behalten: Aller Nutzen für alle I In ähnlichem Sinne äußerte sich Professor Dr. TönnieS- Kiel. PeuS- Dessau führt unter anderem aus, er könne das Referat Dr. Müllers ohne Widerspruch nicht hinnehmen. Weshalb wolle man die Genossenschasten von der Politik fernhalten? Diese seien doch geboren aus den politischen Verhältnissen unserer Zeit. Das Ziel der Genossenschasten laufe auf eigene Produktion hinaus, d. h. auf antikapitalistische Produktion. Ohne Poliktik könne man nicht auskommen, obwohl sonst für die Genossenschaften der Grundsatz der politischen und religiösen Neutralität gelten müsse. In den Zentralvorstand werden von den Deutschen   Kauf- mann, Lorenz, Nadel stock und von Elm wiedergewählt. Hamburg  , 7. September. ES ist eine Resolutton eingelaufen, welche die Genossenschaften zur Teilnahme an der.Wohnungsreform" ausfordert. Eine lange Debatte entspinnt sich über den nächsten Kongreßort. Mit 277 gegen 250 Stimmen wird Glasgow   gewählt. Der Kongreß findet 1913 statt. Der Sitz deS Zentralvorstandes ist für die nächsten drei Jahre in London  . DaS Zentralkomitee hat diese Resolution eingereicht: «Der Internationale Genosseuschaftskongreß begrüßt, ohne aus irgendwelche Fragen der Poliiik Bezug zu nehmen, den Beschluß des Internationalen Sozialistenkongresses von Kopenhagen  , durch den die Einheit und Selbständigkeit der Genossenschqftsbewegung bestätigt und der hohe Wert und die Bedeutung der Konsumenten- oraani'iation sür die Arbeiternasse anerkannt wird und die Arbeiter aufgefordert werden, tätige Mitglieder der Konsumvereine zu werden und zu bleiben. Der Internationale Genossenschaftskongreß erwartet von diesem Beschluß eine wesentliche Stärkung der Genossenschafts- bewegung." Im Gegensatz zun, Hamburger Senat  , der in den Kongreßteil- nehmern rote Revolutionäre zu erblicken scheint, weshalb er der Einladung zum Erscheinen nicht Folge gegeben hat, steht der Generalgouverneur von Kanada  , der in einem in herzlichen Worten gehaltenen Telegramm, auf die große soziale und wirtschaftliche Bc- deutung der Genossenschaften verweisend, den Arbeiten des Kongresses vollen Erfolg wünscht. DaS Bureau wird ein Dankschreiben an den Generakgouverneur richten. Es wird fortgefahren in der Debatte über die Referate. Ein deutscher Delegierter wendet sich gegen Dr. Müller, betonend, daß gerade die unleren Schichten sich mehr auf die Konsumenten- organisation stützen müßten. F l e i ß n e r- Dresden wendet sich gegen die allzu große Friedensstimmung in dem Referat des Dr. Miill-r» Zürich  . Eine Welt von Feinden steht den Konsumvereinen gegenüber. Wir, die wir die große Sache der Organisation des Massen- konsnms vertreten, müssen in Kampfbereitschaft stehen, selbst wenu wir nicht wollen. Die Kopeuhagener Resolution des Jnternatio- nalcn Sozialistenkongresses trifft das Richsige.(Lebhafter Beifall.) Ein russischer Delegierter bemerkt, von einer proletarischen Klasscnbewegung könne bei den Genossenschasten nicht gesprochen werden, da deren Gründung von bürgerlicher Seite ausgegangen sei, wie ja auch der jetzige italienische Ministerpräsident Gründer der italienischen Genossenschaften sei. Diese Leute rückten von Klgssen- kämpf und Klassenbewegung weit ab.(Lebhafter Beifall bei einem starken Teile deZ Kongresses.) Im weiteren Verlauf des Kongresses wird die Zustimmung zu der Kopenhaacner Resolution über das Genosseuschafiöivcscn mit allen gegen eine Stimme beschlossen. Ein Antrag des Führers der christlichen Genossenschaften Schlag- Mühlheim, die Zustimmung zu versagen, war vorher mit allen gegen 14 Stimmen abgelehnt. Annahme fand auch eine Resolution, zugunsten der WohimngS- reform einzutreten.