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Beifall.)' Mit dieser Wahlparole, dal glaube ich Sohl, Serbe'» Sir ein lautes Echo finden. Bethmann Hollweg   überlegt zweifellos und mit ihm die bür- gerlichen Parteien, wie man mit einer hurvapatriotischen Wahl- Parole bei den nächsten Wahlen Geschäfte machen könnte. Herr v. Bethmann Hollweg   hat allerdings einmal gesagt, dah er kein Freund der hurrapatriotischen Phrase sei, aber schließlich gibt nur ein Schelm mehr, als er hat. Eine neue Militärvorlage wird zurechtgebraut oder ist fertiggestellt und wird zweifellos dem Reichstage bei seinem Zusammentritt zugehen. Wie die höheren Militärausgaben bezahlt werden sollen, ist absolut unerfindlich. Bringen doch die neuen Steuern bei weitem nicht soviel Ertrag, wie nian in Ausstcht genommen hat. Zwar wird erklärt, daß die sogenannte Reichsfinanzreform nicht«in vollständiges Fehlergebnis ergeben habe, aber immerhin sei doch damit zu rechnen, dah der Ertrag um 120 Millionen geringer ausfällt. Der Staatssekretär hat während des letzten Winters kein Hehl daraus gemacht, daß er damals noch völlig unklar war, wie der Etat für 1911 zu balancieren sei. Auch 1910 ist der Etat nur dadurch mit Ach und Krach zur Balancierung gebracht, daß man abermals zu großen Anleihen seine Zuflucht nahim Wir sind uns darüber klar, daß wir angesichts der Geschäftigkeit unserer Gegner und der Bestrebungen der Regierung und des Kaisers die bürger- lichen Parteien zusammenführen, allen Anlaß haben, auf der Hut zu sein, und darauf zu achten, daß nicht wieder wie 1906 ein Handstreich gegen uns versucht wird. Allerdings bin ich überzeugt, daß wir uns nicht nur nicht überrumpeln lassen werden, sondern daß ganz allgemein in der Partei der Wunsch rege ist, daß der Tag d«r Abrechnung mit den bürgerlichen Parteien s o rüh al» möglich kommen möge. Ganz gleich, welcher rt die Parole ist, wir vertrauen auf die wachsende Einsicht der PolkSmafsen. Das deutsche   Volk ist seit 1907 zu sehr gebüttelt und betrogen worden. Den Wählern, die auf den Hottentotten- schwinde! hineingefallen sind, sind als Lohn Prügel aus den Magen versetzt worden wie noch nie. Man kann daher wohl annehmen, daß das Volk von jeder Besinnung verlassen sein müßte, wenn es abermals auf einen Wahlschwindel hereinfallen würde. Durch Schaden mutz doch sogar der deutsche Spießbürger klug werden. Gibt eS doch außer den Agrariern und Panzerplattenfabrikanten keine Bevölkerungsschicht, deren Erwartungen nicht auf das schmählich st e getäuscht worden sind. Keine der letzten Wahlversprechungen ist gehalten worden. Auch in der letzten Tagung deS Reichstages ist nichts geschehen, was geeignet wäre, den Unwillen der Massen über die Taten der Mehrheit zu verringern. Was ist aus den Versprechungen in bezug auf die Sozialreform, hinsichtlich der Privat- b e a m t e n. die unter der Teuerung und unter der Unsicherheit ihrer Existenz schwer zu leiden haben, geworden. Als 1907 bekannt wurde, daß die sozialdemokratische Fraktion fast auf die Hälfte zu- sammengedrückt sei, da erklärte man: nun erst recht Sozialreform, um den Arbeitern zu zeigen, daß auch ohne eine starke sozialdemo- kratische Fraktion im Reichstage etwas für die Arbeiter getan wird. 1907 und 1908 ist aber nicht? für die Arbeiter geschehen. weil man wie in einem Taumel Geld mit vollen Händen heraus- warf, das noch dazu gepumpt war. Man hat 1909 keine Zeit gehabt, andieArbeitcr zudenken, weil man die Kassen des Reiches durch de.n großen Steuerraub füllen mußte, unter dem auch die bürgerlichen Parteien zu leiden haben. 1909 wurde ein- geleitet dadurch, daß man beschloß, die Witwen- und Waisenversichcrung nicht in Kraft treten zu lassen. Besonders das Zentrum betrog die Arbeiter. Für alles andere war Geld zu haben, bloß nicht für die Witwen und Waisen. Mit den hungernden Witwen und Waisen darben die Massen deS Volkes infolge jener unheilvollen Zollgesetzgebung, und kommt die Witwen- und Waisenversicherung zustande, dann werden die Arbeiter zu der Schädigung durch die Teuerung auch noch höhere Beiträge für die Sozialgesetze zu zahlen haben. Und da stellt sich der Staatssekretär gegen Sozialreform, Delbrück  , im Reichstage hin und stöhnt darüber, daß eS leider durch die soziale Gesetz- gebung noch immer nicht gelungen sei, die Arbeitermit der bestehenden Gesellschaftsordnung auszusöhnen! Eine sonderbare Art der Versöhnungspolitik ist eS auch, daß die Regierung jetzt keinen Finger rührt, um dafür zu sorgen daß die Fleischteuerung gemildert wird, weil die Agrarier es ihr verbieten.(Sehr wahr!) iuf unsere Interpellationen hat die Regierung immer erklären lassen, die Teuerung sei eine vorübergehende Erschei- n u n g, und mit derselben faulen Redensart begründet man auch jetzt, baß Abhilfemaßregeln nicht geschaffen werden sollen. Es ist ein verteufelt schlechter Trost für die Hungernden, daß sie die Aussicht haben, in absehbarer Zeit wieder zu erträglichen Preisen Nahrungsmittel kaufen zu können, aber lebendig werden dadurch die Kinder nicht gemacht, die infolge der mangelnden Ernährung zugrunde gehen.(Sehr gut» Wieder gut gemacht werden kann nicht das Unrecht, das an denen begangen wird, die i n f ol g e der Teuerung zu Eigentumsvergehen gedrängt werden und die Gefängnisse und Zuchthäuser füllen.(Sehr gutl) Wenn der Regierung daran läge, daß dem Volke geholfen wird, dann würde jetzt der Reichstag tagen, um Maßregeln zu beraten, wie es der armen, besitzlosen Masse leichter gemacht wer­den kann, sich satt zu essen.(Lebhafte Zustimmung.) Der Reichstag müßte in dieser Zeit auch deswegen tagen, um erneut Stellung zu nehmen gegen das persönliche Regimen». Parteigenossen, der Kaiser redet wieder. Erneut rief Wilhelm II.  Beunruhigung dadurch hervor, im Jnlande sowohl wie im Aus- lande, daß er entgegen der Zusicherung, die Reichskanzler Bülow im Dezember 1908 gegeben hat, abermals einwirkt auf die politi- fchen Ereignisse durch feine Reden, daß er dadurch, wenn auch un- gewollt, Erregung und Unsicherheit hineinträgt in die deutsche  Politik. Durch seine KönigSberger GotteSgnadenrede hat der Kaiser erneut daS Bekenntnis zum Absolutismus abgelegt: unbeirrt uni die Meinung des Volkes, um die Tagesan  - sichten will Wilhelm II.   seine Wege gehen. Wir werden den Rat. den er uns vor Jahren gegeben hat, niemals befolgen, den Staub von den deutschen   Pantoffeln zu schütteln. (Bravol) Wir werden allerdings nicht unversucht lassen, um dafür Sorge zu tragen, daß den Vertretern der Gottesgnadenideen die Luft drückend wird im deutschen   Vaterlande.(Lebhaftes Bravol) Und wenn sie den Staub von den Pandtoffeln schütteln würden, würde ihnen sicher die große Masse des deutschen   Volkes keine Träne nachweinen.(Bravol) Vor 20 Jahren hat Wilhelm II.  dem deutschen   Volke zugerufen: Herrlichen Tagen führe ich Euch entgegen. Wir-haben endlich genug von dieser Sorte von Herrlichkeit, die uns beschert worden ist (Bravol) und die darin besteht, daß breite Bevölkerungskreise hungern, daß die Ausgaben für Heer und Flotte ständig wachsen, die Schuldenlast deS Reiches sich ungeheuerlich vermehrt, das Reich nahezu an den Abgrund des Bankrotts getrieben hat. Zu den schweren Verschuldungen der bürgerlichen Parteien gehört nicht zuletzt, daß sie in jenen Novcmbertagen aus Anlaß der Kaiserdebatten nur redeten, anstatt hinterher auch zu handeln. Sie haben eS versäumt, damals dem persönlichen Regiment in Deutschland   ein für allemal ein Ende zu bereiten. (Sehr wahr!) Die sozialdemokratische Fraktion hat es damals wie im letzten Winter nicht an der Forderung fehlen lassen, durch Aenderung der Verfassung endlich auch aus dem Deutschen Reiche   ein moderne? frei- Zeitliches Land zu machen. Das Bürgertum- hat dabei der- sagh. trotzdem die Regierung damals in ihrer Fina'rtzttot boll­ständig abhängig war von der Volksvertretung und alles hätte zu- gestehen müssen. Wir sind uns darüber klar, daß auch, wenn eS zu neuen Kaiserdebatten im Reichstage kommen wird, sobald der Reichstag zusammentritt, wir durch nennenswerte Unterstützung durch die bürgerlichen Parteien kaum zu rechnen haben werden. Es wird der Arbeiterklasse vorbehalten bleiben, Deutschland   zu einem freiheitlichen, einem demokratischen Lande zu machen. Dem Bekenntnis deS Kaisers zum GotteS- gnadentum und Absolutismus   setzen wir bei den kommenden Wahlen entgegen die Forderung nach der Republik  . (Lebhafter Beifall.) Wir werden bei den kommenden Wahlen das Volk dazu aufrufen, daß es nicht länger seine Geschicke den ge- krönten Instrumenten des Himmels anvertraut.(Bravo  !) DaS deutsche   Volk ist mündig geworden und muß das bei den nächsten Wahlen zum Ausdruck bringen. Das deutsche   Volk kann sich das absolutistische Regierungssystem nicht länger gefallen lassen. Die nächsten Wahlen werden wir unter der Parole führen, daß endlich in Teutschland der Wille des BolkeS höchstes Gesetz werde.(Lebhafter Beifall.) Und wir sind sicher, dah bei diesem Kampfe, bei diesem Streben auch in Zukunft die deutsche Sozial- demokratie, die deutsche Arbeiterklasse einig und geschlossen wie ein Mann den Kampf führen wird.(Stürmischer Beifall.) Mit zur Debatte stehen die Anträge 38, 39, 49 und 84"), die sämtlich unterstützt werden. Bromme-Lübcck: Mit dem Antrag 84 soll durchaus nicht gesagt sein, daß unsere Fraktion nicht zu jeder Zeit ihre Pflicht und Schuldigkeit getan hätte. Seit Jahren betrachten die Schergen des Blutzaren auch das Land innerhalb der schwarz-weiß-roten Grenz- pfähle als ihre Satrapie und häufen dort Verbrechen auf Verbrechen, sie find aber niemals von der Regierung angehalten worden, den an Leib und Leben Verletzten genügende Entschädigung oder Genugtuung zu leisten, sie sind es eben ge- wöhnt, ihre Hausknechte und Stiefelputzer mit Fußtritten zu regalieren. Es wird endlich Zeit, daß bei der nächsten Grenz- Verletzung der Regierung das Rückgrat ge st eist und sie aufgefordert wird, ihre ReichSangehörigen zu schützen. Ich bitte Sie deshalb, den Antrag der Fraktion zu überweisen. Dittmann-Solingen begründet den Antrag 40. Der Antrag spricht ja eigentlich etwas Selbstverständliches aus, und jeder von uns wird wohl annehmen, daß die Fraktion eine eingehende und gründliche Kritik an der W a h l r e ch t s j u st iz und der Streik- justiz üben wird, auch ohne daß sie dazu aufgefordert wird. Wenn trotzdem der Antrag gestellt ist, so vor allem, damit hier vor dem Parteitag aufgefordert werden kann, daß alle Parteiorte, in denen während des letzten Jahres in bezug auf Streik, und Wahl- rechtsprozcsse besonders Hahnebüchenes geleistet ist, das nötige Material an die Fraktion einsenden, um sie in den Stand zu setzen, auch wirklich gründliche Abrechnung mit der Klassenjustiz zu halten. Ich glaube es mir ersparen zu können, im einzelnen noch viel Sachliches zur Begründung zu sagen, denn die Strafprozesse, die seit Beginn dieses Jahres aus Anlaß unserer imposanten Wahlrechtsdcmonstrationen in Preußen, Braunschweig  und anderen Bundesstaaten auf unsere Genossen geradezu herab- geprasselt sind, sind Ihnen allen bekannt. Mit Gefängnis und mit G e l d st r a f e n hat man versucht, unsere Wahlrechts- bewegung zu ersticken und uns die Lust zu neuen Vor- stöhen zu nehmen. Sie kennen ja die Urteile gegen Wahlrechts- demonstranten, gegen Versammlungs. oder Organisationsleiter und gegen Redakteure. Sie werden jedenfalls auch gelesen haben, in welch flagrantem Widerspruch in diesen Prozessen meist die eidlichen Aussagen der Polizeibeamten zu den eidlichen Aussagen der Zivilzeugen gestanden haben, und wie andererseits von den Gerichten in fast allen Fällen direkt oder indirekt die eid- lichen Aussagen der Zivilzeugen für unglaubwürdig und die der Polizeizeugen ohne weiteres für absolut glaubwürdig erklärt sind. Den Richtern dabei immer den guten Glauben zuzu- erkennen, ist mir nicht möglich gewesen, und Ihnen wird eS gerade so gegangen sein.(Zustimmung.) Ich habe oft den Ein- druck, daß nach dem Grundsatz verfahren ist: Legt ihr nicht aus, so legt ihr unter. Die Justiz scheint geradezu an manchen Orten in manchen Fällen unter Polizeikommando zu stehen, und die PolizeiüberRechtundGesetz. Kein Wunder, daß da die Polizisten gegen die Wahlrechts- demonstranten vielfach gehaust haben wie die Kosaken. Ein krasses Beispiel aus der Streikjustiz will ich erwähnen. Mir ist bekannt, daß der oberste Leiter der Polizeibehörde, der Polizei- inspektor, an die Leiter des betreffenden Verbandes, in deren Hand die Leitung des Streikes lag, einen Brief schrieb, in dem es hieß:Ich werde nicht dulden, daß hundert Schritt auf. und abwärts der Fabrik Streikposten stehen." Das Recht auf Streikpoftenstehen ist also virekt außer Kraft gesetzt worden. Vor Gericht erklärte nun der Herr unter seinem Eide, er hätte keinen Befehl gegeben, Streikposten nicht zu dulden. Das war ein krasser Widerspruch, der durch keine Logik und Sophistik auS der Welt zu schaffen ist. Trotzdem erklärte das Gericht in seiner Urteilsbegründung: zwischen dem Schreiben des Polizei- inspektorS und seiner eidlichen Aussage besteht keinerlei Wider- spruch. Solche Beispiele könnten zu Hunderten aus dem Lande angeführt werden. Ich bitte Sie, derartiges Material zu sammeln und der Reichstagsfraktion zu überweisen.(Beifall.) Klara Zetkin  : ES liegt ein Antrag vor, der Reichstagsfraktion nahezulegen, nach dem Muster Italiens   einen Gesetzentwurf ein- zubringen gegen die mißbräuchliche Zuführung von Altohol an Kinder. Ich bitte Sie dringend, diesen Antrag der Fraktion zur Berücksichtigung zu überweisen. Ich weise nur auf die Berge von statistischem Material und Zahlen, auf die un- anfechtbaren wissenschaftlichen Tatsachen hin, die beweisen, daß der Alkoholgenuß durch Kinder zum körperlichen Ruin führen muß. Mit der körperlichen Gesundheit wird aber auch die g e i st i g e und sittliche Gesundheit der Jugend vernichtet. Jede Gesellschaft, die ein gesundes Geschlecht heranziehen will, mutz mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln g« g e n den Alkoholgenuß der Jugend austreten. Die rapitalistische Gesellschaft tut das ja nicht, weil sie den Prosit einiger weniger, die an der Produktion und an dem Verkauf von Alkohol inter  - essiert sind, nicht hindern will. Die Arbeiterklasse aber, die eine Klasse der Zukunft ist, kann diesen Dingen nicht ruhig zusehen. Die körperliche, geistige und sittliche Gesundung der Jugend ge- hört zu den wichtigsten Faktoren, die den Sieg des Proletariats für die Zukunft verbürgen.(Lebhafter Beifall.) Hackelbufch-Berlin  : Auch ich bitte, den Antrag als Material zu überweisen. In einem Artikel derPädagogischen Zeitung" wird die schädliche Wirkung des Schnapses auf Kinder in krasser ) 38. Berlin   4. Kreis, Genosse KulzinSki: Da eS ein Verbrechen ist, Kindern Schnaps, Wein oder Bier zu geben, beschließt der Parteitag, die Reichstagsfraktion zu beauftragen, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten, entsprechend dem neuen italie- nischen Gesetzentwurf, um die Jugend gegen den Alkoholismus zu schützen. 39. Berlin   8. Kreis, Genosse Hallbauer: Der Parteitag beauftragt die ReichstagSfraktion, einen Antrag einzubringen, in dem der Sonntag als Wahltag für den Reichstag und die Landtage gefordert wird. Im Falle der Ablehnung des Antrages beauftragt der Parteitag den Parteivorstand, mit der Generalkommission die Frage der Arbeitsruhe an den Wahltagen zu erörtern und eventuell die Arbeitsruhe zu beschließen. 49. Solingen  : Der Parteitag criucht die Reichstags- fraktion, bei der Beratung des Justizetats die Wahlrechtsjustiz und die Streikjustiz einer eingehenden und gründlichen Kritik zu unter- ziehen. 84. Lübeck  : Die Reichstagsfraktion ist zu ersuchen, die Re- gierung wegen der immer hausiger vorkommenden russischen Grenzübergriffe zu interpellieren, was sie zu tun gedenkt, um für die Zukunft die Mißgriffe der zarischen Soldateska zu verhindern. Weise geschilderk. Danach erhielten im Kreise RummelS» b u r g   in Pommern   die K i n d e r. die bei einem Gutsbesitzer arbeiteten, zum F r ü h st ü ck, zum Mittag und zur Vesper Schnaps. Jedesmal erhielt ein Kind ein kleines Matz. Das ging so vier bis sechs Wochen lang. So wird das Fundament zum späteren Säufer gelegt. Der Schnaps gilt dabei als ein Teil der Entlohnung und wird auf den Lohn angerechnet.(Hört! hört!) Solchen Mißständen muß entgegengetreten werden. (Beifall.) Engler-Freiburg: In der Schweiz   ist vor zwei Jahren ein Ab- sinthverbot erlassen worden. Das war notwendig wegen einiger grausamer Verbrechen, die nach starkem Absinthgenuß begangen wurden. Nun haben die Absinthfabriken ein großes Absatzgebiet verloren. Daher versuchen sie nun, in S ü d d e u t s ch l a n d ihr Gift abzusetzen.(Hört! hört!) Dagegen müssen wir einschreiten, ehe dieses Gift seine stetige Wirkung ausübt.(Sehr richtig!) Es ist auch unsere verdammte Pflicht, die Genossen daraus hinzu- weisen, daß Sonntags nachmittags, wenn sie im Biergarten sitzen, die lieben Kinder nicht von jedem Glase Bier oder Schnaps etwa? abhaben müssen.(Beifall.) Ollon  -Aachen  : Nehmen Sie Antrag 33 einstimmig an. Speziell in Aachen   herrschen noch Mißstände. Unsere Jugendorganisa- tionen werden vom Zentrum, der Klerisei und den Chri st lichen" aufs schärfste bekämpft. Vor drei Wochen hat sich etwas ganz Unglaubliches ereignet. Im katho- lischen Verein wurde eine Verlosung von sechs Litern Schnaps veranstaltet.(Lebhaftes Hört! hört!) Und die Mitglieder des christlichen Jünglingsvereins gingen in die Fabriken und Häuser, um die Lose an den Mann zu bringen. Es waren 200 Lose a 10 Pf. Wir kamen dabintcr und ließen in derRheinischen Zeitung" einen Artikel los, ver natür- lich erzieherisch wirkte insofern, als die Jünglinge nicht weiter mit den Losen herumgeschickt wurden, sondern daß die Verlosung in einem katholischen Verein stattfand. Das geschah in Aachen   a m Tage St. Peter.(Stürmisches Hört! hört!) So wird die katholische Jugend mißbraucht, um Lose für eine Schnapslotterie zu verkaufen. Ich möchte auch deshalb ersuchen, den§ 38 bestimmt anzunehmen.(Beifall.) Wurm-Berlin  : Im engen Zusammenhange mit unseren Be- strebungen, die Jugend gegen die alkoholische Vergiftung zu schützen, stehen die Bestrebungen, die ganze Bevölkerung überhaupt vor der Alkoholvergiftung zu bewahren. Wir wissen ja nicht genau, oder können nicht zahlenmäßig feststellen, wie der Aufruf der Partei an die Arbeiter, sich des Schnapskonsums unbe- dingt zu enthalten, sowohl aus gesundheitlichen Gründen, als auch, um den Junkern nicht die Tasche zu füllen. Wirkung getan hat. Aber wenn auch die Statistik deS Branntweinverbrauchs mit Hilfe der Spirituszentrall verschleiert wird, so ist doch zweifellos der Schnapskonsum bedeutend zurückgegangen, und daß dieser Rückgang N.cht unbeträchtlich sein muh, wird dadurch be- wiesen, daß sich die Junker und ihre Regierung anschicken, einen- heimtückischen Streich gegen die Schnapsboykottbewegung zu führen.(Hört! hörtl) Sie wissen, der Profit der Junier entsteht! dadurch, daß die Menge des trinkbaren Branntweins gesetzlich be- schränkt und kontingiert wird. Dieses Kontingent, das mit einem niedrigeren Steuersätze belegt ist, wird stets so festgesetzt, daß es den Verbrauch nicht deckt. Nun wirkt natürlich der über das Kon» tingent hinausgehende Verbrauch preisbildend auf den gesamten Spiritusabsatz. In dem Augenblick, wo der Konsum herabsinkt auß das gesetzlich festgestellte Kontingent mit dem niedrigen Steuer- sah. verschwindet der Extraprofit der Junker, die Liebesgabe. Durch unseren Aufruf an die Arbeiter ist der Schnapsverbrauch so weih zurückgegangen, daß er dieser Grenze sich offenbar nähert, so daß es möglich erscheint, das Volk von der aufreizenden Liebes- gäbe, von der Sonderabgabe an die Junker, zu befreien. In dem Augenblick, wo nun das Volk Anstalten macht, sich diese Befreiung durch die Enthaltung vom Schnaps zu verschaffen, beschäftigt sich der Bundesrat mit dem Plane, die Liebesgabe herabzusetze»(Stür- misches Hört! hört!), damit der Rückgang des Konsums den Profiti nicht schädigt und das Volk auch weiter so ausgebeutet werden kann. Das wurde ausgeplaudert von einem jener Brenner, die mit der geplanten Herabsetzung des Kontingents unzufrieden sind. Die Spirituszentrale, diese Riesenmacht von Junkern. Banken, Kapitalisten, hat längst großen Einfluß auf die Regierung und den Bundesrat. Voraussichtlich wird schon in der nächsten ReichstagSsession ein solches Vorgehen des Bundesrats zu erwarten sein. Dabei ist noch zu betonen, daß jene agrarischen VolkSvergifter und Volksausräuber den Konsum im Jnlande dadurch künstlich ver- tcuern, daß sie fast mit Schaden und unter dem Preise nach dem Auslände verkaufen. Dieselben Herren, die sich nicht genug tun können in Beleucrungen ihres Patriotismus, sorgen so mit Unterstützung der für die Volksgesundheit verantwortlichen Re- gierung für ihre Tasche, indem sie den Markt von dem Schnaps be- freien, den die Arbeiter nicht mehr trinken, um den Preis noch weiter hinauftreiben zu können. In dreifacher Weise plündern sie die Elendesten und Aermften, und wir protestieren hier auf da? energischste dagegen, daß dieser Wucher, diese Ausbeutung mit Zustimmung aller einzelstaatlichen Regierungen in Nord und Süd fortgeführt wird(Lebhafter Beifall), und wir ersuchen die Fraktion. diese Angelegenheit im Auge zu behalten.(Allseitiger lebhafter Bei. fall.) Geck: Der Reichstag hat sich bereits mit der Frage der Gefahr des erhöhten Absinthgenusses beschäftigt, allerdings nur in der Petitionstommission. Ich kann im Augenblick nicht bestimmt sagen. welches das Resultat der Beratungen war. Ich weiß nur, daß es uns nicht gelungen ist. die Angelegenheit vor das Plenum zu bringen. So viel ich weiß, ist die Kommission über die Petition zur Tagesordnung übergegangen, weil eine Mehrheit der bürgerlichen Abgeordneten gegen die Absinthindustrie nicht Stellung nehmen wollte und,� wenn ich mich recht erinnere, auch die Regie- rungSvertreter� erklärt haben, daß die Gefahren noch nicht hin» reichend festgestellt seien. WaS die Vergiftung- durch Alkohol be- trifft, so bekommen in bäuerlichen Gegenden bereits Kinder zu ihrer angeblichen Beruhigung Schnaps. Ich weiß auch, daß Kirschwasser in sogenannten Schnullern von Hebammen zu diesem Zwecke verordnet wird.(Hörtl hörtl) ES mutz also dahin gewirkt werden, daß in den Lehrkursen der Heb- ammen die Gefahr geschildert und ein Verbot der Verabreichung von Schnaps an Kinder herbeigeführt wird.(Bravol) Katzenstrin-Stralsund: Die Bekämpfung des Alkoholgenusses der Jugend mutz durch verschiedene Mittel geschehen. Die Jugend muß planmäßig durch die Schule aufgeklärt werden, und im übrigen werden Maßnahmen zu treffen sein, die im Rahmen der Gewerbeordnung liegen. Daß hier eine besondere Notwendig- kcit besteht, das beweist da? reiche Material über die ungeheure Ausdehnung des Alkoholzcnusses in der Jugend. ES sind darüber in einer ganzen Reihe von Schulen Erhebungen veranstaltet worden. In dem Buch von Hirsch überVerbrechen und Prosti- tution" finden Sie derartiges Material aus Braunschwcig und einer Reihe anderer Städte. Daraus ersehen wir. daß in geradezu ungeahntem Umfange den Kindern bis herab zum jüngsten Bier, Wein und sogar Branntwein zu trinken ge- geben wird, und daß das in körperlicher und geistiger Hinsicht auf die Kinder von allerschlimmstem Einfluß ist. In einer Reihe von Städten, wie z. B. in W i e n, ist der Zusammenhang zwiMn Alkoholismus   und Betragen der Kinder untersucht, und es hat sich gezeigt, daß in demselben Maße, wie den Kindern Alkohol gegeben wird, ihre Leistungen herabgesetzt werden und ihr Betragen sich verschlechtert. Es handelt sich also um eine ganz be- sonders wichtige Frage; ich möcbtc die Aufforderung von Engler unterstreichen. ES ist eine wichtige Pflicht jedes Parteigenossen und jeder parteigenössischen Mutter, nicht selbst zur Vergiftung der Kinder beizutragen.(Sehr richtigl) WaS nun die Frage des Absinthverbotes anbetrifft, so liegen so schlagende Erfahrungen aus dem Ausland, auS Frankreich  und der Schweiz   vor, daß wir nicht nötig haben, erst noch die gleichen schlimmen Erfahrungen zu sammeln. Wir warten ja auch nicht ab. bis die Cholera Hunderttausende von Opfern bei uns ge-