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Ar. 13. 28. Jahrgang. 3. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt. Sonntag, 15. Januar 1911.

Wirtschaftlicher Wochenbericht.

-

Berlin  , 14. Januar 1911.

Wirtschaftliche Flussichten. Kursbewegung.- Steigerung der Hoheisenerzeugung. Ungünftige Wirkung der hohen Zölle. Aus fuhrzunahme, nlandsverbrauch. Benachteiligung der Berarbei­tungsindustrie und der Arbeiterschaft.

man

des industriellen Verfalls, als Wahrzeichen des Ruins avisiert, im bergangenen Jahre hat die deutsche Roheisenindustrie einen Reford aufgestellt. Es wurden produziert in 1000 Tonnen:

Roheisenerzeugung

·

Einfuhr von Eisen und Eisenlegierungen Bufammen Ausfuhr von Eisen und Eisenlegierungen Inlandsverbrauch

Ausfuhr fertiger Erzeugnisse 20 Prozent Materialverlust. Einfuhr fertiger Erzeugnisse

1909

1910

in Tonnen

Und

15 308 652

4 394 341 10 909 311

12 917 653 14 793 325 418 860 510 327 13 336 513 3 617 126 9719 387

487 180 97 426

576 506

115 301

684 556

691 807

74 261 510 295

73 383

618 424

Gewinnresultate, der Durchschnittskurs sprang um über 20 Prozent lich niedrigeren Preisen das Rohmaterial zu liefern. So hatte die hinauf. Auch dem Ledergewerbe und der Industrie der Nahrungs- deutiche Verarbeitungsindustrie, dank der volksfeindlichen Hochschutz­mittel stellt die Börse die Prognose besserer Konjunktur. Db fich zollpolitit, mit doppelt widrigen Verhältnissen zu fämpfen. alle Ertvartungen erfüllen, bleibt noch abzuwarten. Optimistische diese Verhältnisse bleiben wirtsam, solange in die Bollpolitik der Neigungen fönnten in der unerwartet und überraschend großen Bro- Agrarier und Rohmaterialienindustriellen nicht Bresche gelegt wird. duktion der Hochofenwerke eine Stüße finden. Solche Stüße ist trügerisch. Die hohe Produktionsziffer der Roheisenindustrie fönnte Ansichten Man darf nicht vergessen, daß sich die Wertmaße für die Beurteilung über die Wirtschaftslage erwecken, die durchaus falsch sind. Er zu der Konjunktur stark verändert haben. Die Produktionsausweise treffenderes Urteil als jenes, zu welchem die erzielten Erzeugungs­Die dem Baugewerbe im allgemeinen sehr günstige Witterung der Koblen und Eiſenindustrie haben andere Bedeutung erlangt. mengen verführen können, verlangt, die Ausfuhr mit zu berüc hat natürlich auch den Beschäftigungsgrad günstig beeinflußt. Man Sie find weniger als früher ein Barometer des allgemeinen sichtigen. Da für das letzte Jahr erst die Außenhandelsnachweise würde jedoch fehlgeben, wenn man aus der relativ bedeutenden Bau- Beschäftigungsgrades. Die neuen Handelsverträge haben erhebliche für die Zeit Januar/ November vorliegen, stellen wir nachfolgend, tätigkeit auf eine entsprechende Konjunkturverbesserung fchlösse. Im Qualitätsveränderung verursacht. Nicht zu unserem Vorteil. Nach um Vergleichswerte geben zu fönnen, die Ein- und Ausfuhrmengen Holzgewerbe ist die Arbeitslosigkeit außerordentlich groß und für den Argumenten der Schutzzöllner aus der Eisenindustrie müßten für die ersten 11 Monate der Jahre mit den Produktionsmengen die eigentlichen Bauarbeiter wird sich die jetzige bessere Befchäf- wir uns einer Hochkonjunktur nie erlebten Glanzes erfreuen. Bor fast der Jahre zusammen. Hier das so gewonnene Resultat: nigung durch größeren Mangel an Arbeitsgelegenheit im Frübjahr 30 Jahren wurde mangelnde Befchäftigung der Hochöfen als Zeichen bemerkbar machen, wenn auch im allgemeinen Aussichten auf eine wesentlich umfangreichere Bautätigkeit, als die letzten Jahre brachten, gerechnet werden tann. Die Hausfestimmungen, die lange Zeit die Börse beberrichten, find übrigens auch starf geschwunden. Das kann 1889 1899 1903 1906 1907 1908 1909 1910 am besten an der Bewegung der Kurse für Industrieaktien 4525 8143 10 018 12 293 12 875 11 805 12 918 14 793 fonstatieren. Gewiß, man fann fagen, die Spefulation heimste die Die Produktionsmenge des letzten Jahres ist sonach um 1875 000 Gewinne aus der besseren Konjunktur vorweg und sehr reichlich ein. Tonnen oder um fast 15 Proz. größer, als die vordem größte Das ändert nichts an der Tatsache, daß der Optimismus über die Erzeugung, die des Vorjahres, während die Steigerung gegenüber tatsächlichen Verhältnisse hinausgetrieben hatte und das jezige Niveau dem Jahre 1899 gar 6 650 000 Tonnen gleich 82 Proz. ausmacht. vielleicht auch noch von allzu rofigen Voraussetzungen getragen Die Produktion des Hochkonjunkturjabres 1906 ist um rund Busammen wird. Wie sich die Bewertungen verändert haben, veranschaulicht 2 Millionen Tonnen überholt worden. Und doch kann niemand oie folgende Tabelle, welche die Notierungen am 31. Dezember der fagen, das Jahr 1910 sei ein Jahr auch nur allgemein guter Ver­Ausfuhrüberfchug beiden letzten Jahre und zwar für die Hälfte der an der Berliner   hältnisse gewesen. Im Gegenteil: die wirtschaftliche Lage der Inlandsverbrauch nach Abzug des Aus­Börse gehandelten Papiere im Gesamtfurswerte von 11 Milliarden Arbeiter und auch die der verarbeitenden Industrien stand in fuhrüberschusses 9 209 092 10 290 887 Mart umfaßt. einem schroffen Widerspruch zu der enormen Erzeugung der Das Mehr der Erzeugung ist ganz erheblich zusammengeschrumpft. Wie erklärt sich das? Mit der Produktions  - Auch ist die Aufstellung natürlich nicht ganz genau. Der Material­Hochofenwerke. zunahme ist auch die Ausfuhr von Roheisen und von halb berluft bei dem ausgeführten Halbzeug ist nicht berücksichtigt, ferner fertigen Erzeugnissen gestiegen; die inländische Weiterverarbeitung. find nicht mit eingerechnet die nicht dem Gewicht sondern nur der Stück­der deutsche Arbeitsmarkt hatte nur einen beschränkten Vorteil von der Mehrerzeugung. Daß auch die Maschinenindustrie die Ausfuhr zahl nach statistisch erfaßten Waren. So stieg z. B. die Zahl der steigern fonnte, ist an sich natürlich erfreulich. denn in dem Export ausgeführten Wasserfahrzeuge von 523 auf 715 und zudem weiß gleichwertiger Artikel wird das in größerem Ausmaß an den Welt. man nicht, wie ſtart die Lagerbestände infolge der gesteigerten Er­markt abgegeben, worin wir in Wirklichkeit einen Ueberschuß haben: Hauptsache aus syndikatstechnischen Erwägungen; jeder Unternehmer zeugung geworden sind. Die Produktionssteigerung erfolgte in der menschliche Arbeitskraft, die in den Fertigerzeugnissen bergegen wollte bei den Verhandlungen über die Neubildung eines Roheisen­ständlicht zur Ausfuhr gelangt. In den Rohmaterialien und halb syndikats mit dem Hinweis auf seine Production hohe Beteiligungs­fertigen Eisen- und Stahlwaren führen wir dem Weltmarkt vor anteile herausschlagen. Auf jeden Fall fennzeichnet die rapide gu wiegend reine Materialiverte zu, entziehen dem Inlande die nahme der Ausfuhr von Robeifen und Halbzeug eine feineswegs dringend notwendige Arbeit und zwingen damit beschäftigungslos erfreuliche Entwickelung im industriellen Werdegang. Diese Ent­bleibende Arbeiter, auszuwandern. Die Ausfuhrsteigerung an Ma­schinen usw. im lezten Jahre spiegelt aber weniger einen wickelung darf nicht weiter gefördert werden. Sie bedeutet eine Aufschwung der Fertigindustrie auf Kosten der Ausfuhr von Rob Schwere Benachteiligung der deutschen Verarbeitungsindustrie und der materialien, als vielmehr einen Notstand. Die Forcierung des Er deutschen Arbeiterschaft. portes machte sich notwendig. weil die Aufnahmefähigkeit des In­landsmarktes versagte. Und sie versagte, fonnte nicht genügend er­Der Gesamtdurchschnitt zeigt leinen wesentlich großen Unterschied. starten, weil die Konsumkraft des deutschen Volfes unter der Riefen­Den Ausgleich für die teilweise starken Nüdgänge hat das Ber  - laft der Zoll- und Steuererhöhungen eine empfindliche Abschwächung ficherungswesen mit einer erheblichen Kurssteigerung gebracht. erfahren hatte. Die Weiterverarbeitung und die Exportindustrien Gerade in den Gruppen der Warenproduktion sind die Kurs- wurden dadurch doppelt geschädigt. Zu der verminderten Aufnahme­einbußen erheblich. Das gilt besonders von der Montanindustrie. fähigkeit   des Inlandsmarktes trat als ebenfalls dauernd wirksame Auch das Textil- und Papiergewerbe wird heute weniger günstig Hemmung die Erschwerung der Ausfuhr, indem einmal die Import beurteilt als bor einem Jahre. Das gleiche gilt von der Industrie länder ihre Eingangszölle auf fertige Industrieerzeugnisse aus Deutsch der Holz und Schnigstoffe und für das Baugewerbe. Die aus land erhöhten, als Vergeltung für die ihnen erschwerte Ausfuhr ländischen Banken erfreuen sich einer wefentlich günstigeren landwirtschaftlicher Produkte nach Deutschland  , und weiter die deut. Beurteilung, dagegen hat das deutsche Verkehrsgewerbe an Vertrauen schen Stahlwerke ihre durch Schutzölle gesicherte Monopolstellung im bei den Spekulanten verloren. Von der chemischen Industrie, die| Inlande dazu benutzten, den deutschen Abnehmern hohe Breise auf­im Rate der Scharfmacher und Antisozialpolitiker eine gewichtige zuzwingen und gleichzeitig den ausländischen Konkurrenten der Stimme hat, erwartete man eine noch weitere Steigerung der inländischen Fabrikanten weiter verarbeiteter Erzeugnisse zu erheb­

Bergbau, Hütten und Salinen.

Steine und Erden

Metalle und Maschinen

Chemische Industrie  .

Textilgewerbe

Papier  

Leder.

Holz und Schnigftoffe

Nahrungs- und Genußmittel

Baugewerbe

·

Bankaftien, deutsche.

.

Bankattien, ausländische Versicherungswesen Verkehrsgewerbe  . Sonstige Gewerbe

Kursstand

1910 201,15 198,33 198,79

1909 212,77 194,80 209,17

369,96

349,31

159,51

164,94

128,36

124,52

137,55

132,51

234,61

251,31

187,56

130,41

177,94 144,56

166,44 180,85 568,72

115,19

147,02 162,55

168,91 170,83 492,44 120,19 150 98 164,03

D.

Witterungsubericht vom 14. Januar 1911. morgens 8 lhc

Stationen

7675

Swmembe 766 2 gamburg 768 WSW Berlin  Franti.a M 769 NO Bien

Münden

Better

Il Stationen

Better

1 mollig

3 Rebel

-3

1 halb bd.- 4

-3 Haparanda 758 Tetersburg 756 N Scilly 7709

2 bebedt

-16

1 bedeckt

-9

4 bedeɗt

5

2 halb bd. 3

3 wolfen!-5

2 molfen!-8 berbeen 1765 5 768 NND

769 ND 4 bedeckt-6 Baris 768 NW 3 bededt-3 Wetterprognose für Sonntag, den 15. Jannar 1911. Etwas gelinder, veränderlich, vielfach wollig mit geringen Nieder schlägen und ziemlich lebhaften füdwestlichen Winden.

GEGRÜNDET 1867

Stiller

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