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Eisenbahnschmerzen. Vor fast lette»» Hause die große Mehrzahl der preußischen »Volksvertreter" war zur Bündlerparade abkommandiert begann dos Abgeordnetenhaus am- Montag die Beratung des Etats der Eifenbahnverwaltung. Die Debatte erstreckte sich vorläufig nur au die fiuanztcchnischr und die wirtschaftliche Seite des Etats, die Bahn« arbeiterfragen kommen erst spater an die Reihe. Das finanzielle Ergebnis der Verwaltung ist vom Standpunkt der Ueberschußwirtschaft aus ein erfreuliches zu nennen: Der Ueberschuß beträgt 252 Millionen Mark, doch wird dies Geld nicht zur Ausgestaltung der Bahnen oder zur Verbesserung der Arbeiterlöhne und Beamtengehälter verwendet. sondern eS fließt in die allgemeine Kafie. deren Rückgrat bekanntlich die Eisenbahneinnahmen bilden. Eine reinliche Scheidung zwischen dem Etat der Eisenbahnverwaltung und den sonstigen Etats ist bei der Zusammensetzung deS Hanfes und dem Widerstreben der Ver- waltung nicht zu erreichen und die Folge davon ist. daß jede groß- zügige Reform im Eisenbahnwesen unterbleibt. Vor allem will man von einer Reform der Personentarife nichts wissen. Das gilt so- wohl für den Finanzminister als auch für den Eisenbahnminister. Herr Lentze unterscheidet sich in diesem Punkte durchaus nicht von seinen Vorgängern, den Miguel und Rheinbaben. Auch für ihn gilt in allererster Linie der Grundsatz, daß die Eisenbahnen zunächst er- giebige Einnahmequellen für den Staat und erst in zweiter Linie Verkehrsinstitute sind. Am Dienstag wird der Eisenbahnetat weiter beraten. Hessische Finanzen. Am nächsten Mittwoch tritt der hessische Landtag wieder zusammen. Er hat für Hessen   bedeutungsvolle Aufgabe» zu erfüllen. Zunächst hat er endgültig das Wahlreformwerk zu erledigen. Die Herren- kammer hat die reaktionäre Vorlage, die die bisherigen politischen Rechte des arbeitenden Volkes in Hessen   erheblich verschlechtert, daö Pluralwahlrecht einführt, den mindestens einjährigen Besitz der Staatsangehörigkeit(neben dem dreijährigen Wohnsitz) vom Wähler fordert und die Steuerrückstandsklanseln verschärft, noch mehr ver- hunzt. Und bei der, Zusammensetzung der Zweiten Kammer ist leider mit der Annahme der Vorlage zu rechneu. Biel mehr Sorgen wird den Herren die Gestaltung des Staats- budgetS für IStl machen. Während im letzten EtatSjahre trotz der Verwendung fast deS ganzen vorhandenen Ausgleichsfonds noch eine löprozentige Steuererhöhung notwendig war, um den Etat balancieren zu können, kommt der neue Finanzminister nicht nur ohne weitere Steuerhöhung ouS, trotzdem er verstärkte Schulden- tilgung vorsieht, er will auch noch einen Einnahmeüberschub von 1 316 600 M. zur Wiederausfüllung deS schwindsüchtigen AuS- gleichSfondS erzielen. In Wahrheit ist das freilich eitel Spiegel- fcchterei, der neue Finanzkünstler kann so wenig wie der alte aus dem, was gar nicht vorhanden ist, hübsche Sachen schaffen. Während die Staatsschuld Hessens   von Jahr zu Jahr um mindestens 3 Millionen Mark wächst Heffen ist längst der meist ver- schuldetste der deutschen   Bundesstaaten leiden die wichtigsten Aufgaben deS Staates bittere Rot. Zu den dringendsten Ver- pflichtungen deS hessischen Staates gehört seit langem eine Reform der Beamtenbesoldungen. Gilt doch in Heffen noch die Be- foldungsordnung vom Jahre 1863, die natürlich die mittlerweile eingetretene gewaltige Verteuerung der Lebensbedürfniffe ganz unberücksichtigt läßt. Eine auch nur 16 Prozent betragende Erhöhung der Besoldung der Beamten und Anwärter mit einem Höchstgehalt bis 2000 M. würde eine halbe Million Mark Mehrausgaben jährlich verursachen. DaS hessische Finanzelend hat seine Ursache allein in der preußisch-hessisch en Eisenbahngemeinschaft. Nach der Auslieferung der hessischen Bahnen an PSreußen wurden für die Berechnung des an Heffen fallenden ErtragSteileS die Ziffern zu- gründe gelegt, die sich aus der künstlich niedergehaltenen Frequenz der vorhergegangenen Jahre ergaben. So wurde Hessen   um jährlich 67 Millionen Mark geschädigt. Auf der anderen Seite aber hat Hessen   alle durch den nunmehr nach dem.Friadensschluß" ganz be- deutend erhöhten Verkehr erforderlich werdenden Aufwendungen allein zu tragen und hat in den letzten 13 Jahren deshalb seine Eisenbahnschuld um jährlich durchschnittlich 10 Millionen Mark ver- mehren müssen, ohne davon auch nur einen Pfennig amortisieren zu können. So gibt das kleine Hessen   das Kapital her, während sich Preußen daraus die Rente zu Gemüte führt. Eine Aenderung dieser Hessen   finanziell ruinierenden Verhält- niffe kann nur eine Revision deS preußisch-hvssischen Eisenbahn  - vertrage» bringen. Dazu hat aber weder die hessische Regierung. die immer mehr verpreußt, noch die kleriLol» nationalliberal- antisemitische LandtagSmehrheit, die ebenfalls a»S Angst vor der Sozialdemokratie sich immer mehr der preußischen Reaktion in die Arme wirft, das Zeug. An Gelegenheit zum erfolgreichen Wider- stand hätte es gewiß nicht gefehlt, hat doch jüngst erst die Frage der Schiffahrtsabgaben Hessen eine günstige, leider verpaßte Ge» legenheit, sich Preußen unbequem zu machen, geboten. Und so wird auch der nun zusammentretende Landtag nicht den einzig möglichen Weg der Rettung Hessens   einschlagen, sondern fortwursteln und zu vertuschen suchen, bis das Ende, der finanzielle Zusammenbruch HeffenS, gekommen ist._ Schtvarzblaue Verbrüderung. Im Wahlkreis L a n d e S h u t- I a u e r. den der fortschrittliche Abg. Bücktemann im Reichstage vertritt, hat daS Zentrum für die kommende Wahl auf eine eigene Kandidatur verzichtet und will sofort im ersten Wahlgang für den Konservativen eintreten. Bei der Ersatzwahl im Juni 1910 wurden 6483 sozialdemokratische, 6429 frei­sinnige. 3879 konservative und 3823 Zentrumsstimmen abgegeben. Der fortschrittliche Kandidat würde also voraussichtlich nicht mehr in die Stichwahl kommen, vielmehr wäre die engere Entscheidung zwischen dem sozialdemokratischen und dem konservativen Kandidaten zu treffen. Zur Charakteristik vo» Polizeizeuge». In der dieser Tage gegen Frau v. G e r l a ch verhandelten Anklage war der Hauptzcuge der Anklage der Poligeileutnant (5 r ü g e r   L Die Lieber-Kammer hat auf das Zeugnis dieses Polizeibeamten hin die Angeklagte zu einer nicht unerheblichen Geldstrafe verurteilt. Jetzt werden Umstände bekannt, die die Wahrheitsliebe des Polizeileutnants arg herabsetzen. Danach schwebte gegen den Leutnant Crüger seit Monaten ein Disziplinarverfahren, das zunächst Suspendierung vom Amt und schließlich Amtsentsetzung zur Folge hatte. Der Grund dieser Maßnahmen soll darin liegen, daß Crüger l seinen Vorgesetzten über seine Vermögensverhälwisse unwahre Angaben gemacht und somit dieselben belogen hat. Als er vor zwei Jahren das Revier in der Pvenzlauer Straße übernehmen sollte, gab er der Behörde, dem Polizei­major Feist, die dienstliche Erklärung ab. daß er keinerlei Schulden habe. Ende vorigen Jahres stellte eL sich aber heraus, daß diese Erklärung den Tatsachen nicht entsprach. Es wurde daraufhin ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein- geleitet, das zur Amtsentlassung Crügers führte. WaS das Zeugnis eines solchen Mannes»vert ist, bedarf keiner Worte. Aber noch immer genügt vielen Richtern die Aussage eines Polizeizeugen, um zur Verurteilung eines Angeklagten zu führen, wenn mich mehrere Zivilzeugen gegen- teilig aussagen.( Gegen die Pest. DerReichSanzetger" veröffentlicht folgende Äekantttmachung des Ministers Delbrück   als Vertreters des ReichSkanzerS: . Zur Verhütung der Einschleppung der Pest bestimme ich unter Hinweis auf die Vorschriften des Bundesrats über die gesund- heitliche Behandlung der Seeschiffe in den deutschen   Häfen vom 29. August 1907(Reichsgesetzblatt S. S63) auf Grund des§ 2S des Gesetzes, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krank- heiten, vom 30. Juni 1900(Reichsgesetzblatt S. 803): Alle aus chinesischen Häfen nach einem deutschen   Hafen kommen- den Schiffe und ihre Insassen sind bis auf weiteres vor der Zu- lassung zum freien Verkehr ärztlich zu untersuchen. Die Fleischnot in Baden. Die badische Regierung hat die Anregung erhalten, beim Bundesrat vorstellig zu werden, damit er die Einfuhr des vor- züglichen Schlachtviehes aus Argentinien   und Schweden   nach Baden   gestattet. Der Vorschlag rührt vom Stadtrat zu Karlsruhe   her, der durch ein Gutachten der städtischen Schlachthofverwaltung zur Befürwortung dieses in der Schweiz  sehr geschätzte» Aushilfsmittels gekommen ist. Es wird von der Karlsruher   Schlachthauödirektion berechnet, daß das Fleisch erster Qualität noch 10 bis 15 Pf billiger zu stehen kommt, als daS ge­ringere Fleisch von einheimischem Bich. Da die Stadt Karlsruhe   im Herbst die Vergünstigung französischer Vieheinsuhr durchsetzte. so hofft sie auch auf einen Erfolg für die neueste Forderung. Der Bericht der Karlsruher   Schlachthofdirektion weist daraü hin, daß die günstige Wirkung des Viehimports aus Frankreich   au die Preisreduktion des Fleisches aufhörte wegen der rasch an- wachsenden Biehpreise in Frankreich  . Es werde der Karlsruher Fleischpreiserhöhung vom Anfang Februar eine weitere in nach st er Zeit folgen. Die Direktion empfiehlt, indem sie die Stationierung deutscher   Tierärzte(z. B. eines badischen im Baseler Schlachthof) zur Beschau des einzuführenden AuSlandsviehes vorschlägt, folgende Maßnahmen: 1. Erleichterung der Vieheinfuhr auS Schweden   und Däne- mark durch Aufhebung der Quarantäne und Impflings- Vorschriften; 2. Zulassung der Einfuhr argentinischen Schlachtviehes wie in der Schweiz  ; 3. Milderung der Fleischbeschauborschriften für ausländisches Vieh; 4. Herabsetzung der Einfuhrzölle für Lieh und Fleisch. Zur Geschäftsführung des AerzteverbandcS. Der Generalsekretär des Aerzteverbandes Dr. Kuhns in Leipzig  hatte gegen die Mitglieder deS Vorstandes deS KrantenlaffenverbandeS in Bocholt   Klage erhoben. Der Vorstand des Krankenkassenverbandes hatte behauptet, die Leitung des AerzteverbondeS kämpfe mit un- lauteren Mitteln. Dieser Vorwurf gründete sich auf ein Telephon- gespräch, worin Dr. Kuhns am 6. Januar v. I. bei den Vergleichs» Verhandlungen in Bocholt   einem der Aerztevertreier angerate» hatte, nur scheinbar entgegenzukommen, später ließe sich die Sache nach Geschmack drehen. Man müsse mit der Stimmung der Be- völkerung rechnen. Dieses Telephougespräch wurde von vier Zeugen bestätigt. Demgemäß hielt das Gericht den Wahrheitsbeweis für erbracht und sprach den Angeklagten frei. OeftemicK. Gegen die Fletschteuerang. DaS argentinische Fleisch findet allgemein solch gute Aufnahme, daß sich eine große Zahl österreichischer Städte zu einer Gesellschaft m. b. H. zusammengeschlossen haben, um das Fleisch unter Ausschaltung des österreichischen Zwischenhandels einzuführen und zu verlaufen. Die Gesellschaft hat an die Regierung daS Ver­langen gerichtet, nicht mehr Schiffahrtsgesellschaften usw., sondern nur ihr die Einfuhrbewilligung zu erteilen. Portugal  . Ausweisungen. Liffado», 10. Februar. Die früheren Minister Josü Azevedo und Joao Coutinho sowie der I o u r n a l i st Alvaro Chagas sind aus politischen Gründen aus Portugal   au». gewiesen wotden. Die beiden Minister werden nach Brasilien  und Chagas wird nach Frankreich   gehen. KuLlanä. Der Kampf ans de« Hochschnke». Petersburg, 20. Februar. Laut Befehl deS Handels- Ministers sind 54 Studenten des Petersburger Poly- technikums relegiert worden. Infolge der Obstruktion der Studenten kam auch heute fast k e i n e V o r l e s u tt g zustande, trotzdem die Hör- läle von der Polizei scharf betvacht waren. Auch in den höheren Fra.uenkursen sind fast alle Vorlesungen unterbrochen. Odeffa, 20. Febmar. Odessa   muß 15 000 Rubel Steuer zahlen zur Erhaltung der Universttätspoltzei. Die treikenden Studenten werden sehr streng behandelt, einige kamen ins Gefängnis aus drei Monate, andere wurden aus­gewiesen. Die noch streikenden Studenten wurden sämtlich vom weiteren Besuch der Hochschule ausgeschlossen. Der Konflikt mit China  . Peking  , 19. Februar. Die chinesische Regierung wird morgen formell die sechs Punkte der russischen Note be- antworten. Wie verlautet, erkennt China   die Klagen über die an- gebliche Beschränkung der russischen Tarifautonomie an der chinesi- scheu Grenze nicht als berechtigt an. Das Recht der Exterritorialität der russischen Untertanen in China   gibt China   zu. ebenso daß der russische Handel in der Mongolei   keiner indirekten, sondern nur direkter Besteuerung unterliegen dürfe. Weiter räumt China   der russischen Regierung das Recht ein, Konsulate in Kobdo. Hann und Gutschen einzurichten, sobald sie kommerziell gerechtfertigt seien, waS jetzt noch nicht der Fall sei. Für un- berechtigt erklärt wird die Klage über die Haltung der chinesischen Behörden gegenüber den russischen Konsuln und zügestauden endlich das Recht der russischen Untertanen, in den Städten der Mongolei  , in denen die nissische Regierung berechtigt ist, Konsulate zu errichten, Grundstücke zu erwerben und Bauten aufzuführen. Die Antwort schließt mit der Schilderung, daß China   an den Grundsätzen des Vertrages 'esthalten. aber einer Erweiterung nicht zustimmen werde. China   werde eine versähnliche Haltung bewahren und bedaure tief den Wandel in der russischen Politik, der nicht im Einklang stehe mit den bisherigen freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Mächten, die eine Revision des unklaren Ver- wageS willkommen heißen sollten, insbesondere hinsichtlich der wesentlichen Veränderungen, wie sie zum Beispiel der Bau der russischen Eisenbahnen und die Entwickelung auf anderen Gebieten eit 1831 mit sich gebracht hätten. CUrbei. Die Bagdadbahn  . Koustantinopel, 20. Februar. Wie mitgeteilt wird, haben »ie Unterhandlungen wegen der Bagdadbahn   offiziell zwischen dem englischen Gesandten Lowfter und Rifaat Pascha begonnen. Man glaubt, daß die Basis der Unterhandlungen die Jnternationalisierung des letzten Abschnittes der Bagdadbahn   nach dem persischen Golfe sein wird._ General-VerfamiDluna des Bundes der Candwirte. (Originalbericht desVorwärts'.) Berlin  , den 20. Februar 1911. Eine ungeheuere Menschenmenge strömte heute mittag nach dem am Ende der Potsdamerstraße belegenen Sportpalast. Viele Land- Wirte hatten ihre Gattinnen und Töchter mitgebracht. Die weiten Räume des Sportpalastes waren ziemlich gefüllt. Der vor Beginn der Versammlung verteilte Geschäftsbericht äußert sich ungemein zuversichtlich:Der künstlich mit den bedenklichsten politischen Mitteln angefachte Sturm ans Anlaß der abgelehnten Erbschaftssteuer hat den Bund der Landwirte nur gefestigt. Ueber die Tätigkeit der Wahlabteilung ist insofern wenig zu sagen, als die Reichstagsersatzwahle« unter dem Zeichen der mit ungemeisenen Geldmitteln inszenierten liberalen Hetze standen, deren Endergebnis mit wenig Ausnahmen lediglich zum Siege der Sozialdemolratie führte. Der Bund der Landwirte hat in 11 ReichStagswahlkreisen die Kandidaten unter- stützt, doch ist eS ihm bei der wüsten Hetze nicht gelungen, einen dieser Kandidaten durchzubringen. In zwei ReichStagswahlkreisen (Usedom- Wollin   und Friedberg  - Büdingen  ), in welchem der Bund der Landwirte mit der Sozialdemokratie in die Stichwahl kam, haben die Liberalen beziehungsweise Freisinnigen den sozialdemolratischen Kandidaten unterstützt, so daß die Wahlkreise in die Hände der Sozialdemokraten fielen. Sodann bat der Bund bei den allgemeinen Landtagswahlen, vor allem in Sachsen-Alten- bürg eigene Kandidaten aufgestellt. Bon 18 Kandidaten find 14 ge- wählt worden, ein Resultat, welches trotz der Quertreibereien der Linksliberalen und trotz des Anwachsens der Sozialdemokratie ein sehr günstiges ist. Bei den Ersatzwahlen zum Landtage hat der Bund in Weimar  , Bayern  , Reuß, Lippe- Detmold, Königreich Sachsen und Württemberg   Kandidaten unterstützt, die zum größten Teile ge- wählt wurpen. Im vorigen Jahre hat die Abteilung Organisation 10 840 Versammlungen vorbereitet, davon waren 930 Wahlversamm- lungen. Die Beamten der Abteilung Organisation, die in dauernder Berührung mit den Landwirten stehen, haben am besten wahr- nehmen können, wie rege und lebhaft die Landwirte durch die liberale BerhetzungStäligkeit geworden sind und wie erheblich das Bedürfnis nach Aufklärung und Verständnis dadurch gewachsen ist mid der Wunsch, selbsttätig einzngreisen und teilzunehmen sowohl in den Abwehr- als in den Liigriffskämpfen. Wir haben für die Wahlkämpfe unsere Massen also auch nach dieser Richtung hin geschärst. Die Mitgliederzahl deS Bundes ist wiederum um viele Taufende gestiegen." Gegen 12'/4 Uhr mittag? eröffnete der Vorsitzende, Freiherr  ». Wangcnheim(Kl.-Spiegel) die Versammlung: Wenn noch immer ein Mangel an Fleisch und Vieh vorhanden sei, so sei das nicht Schuld der Landwirte, sondern der unzweckmäßigen Einrichtung der Schlacht- Höfe und vieler gewissenloser Händler, die die Maul- und Klauen- seuche nach Deutschland   einschleppen. Der Reichslanzler habe auf dem Festmahle des LaudmirtschaftsrateS der Landwirte gesagt:Sie brauchen des Schutze?, Sie sollen ihn haben". Es sei nur zu wünschen, daß überall in Deutschland   die Erkenntnis Platz greise. daß durch Oeffnung der Grenzen die Fleischlalamität noch größer werden würde. Der Appell des Reichskanzlers, dem sich der Kaiser angeschloffen, die Viehhaltung in Deutschland  zu vermehren, sei sehr dankbar aufgenommen worden. Es habe aber dieses Appell» kaum bedurft. Die deutschen   Landwirte seien sämtlich bemüht, ihren Viebestand zu vermehren. Der Redner be- zeichnete eS im weiteren als notwendig, alle konfessionellen Streitig- leiten außer acht zu laffen und für einen wiriichaftlich starken Mittelstand in Stadt und Land zu sorgen, da? sei die beste und sicherste Abwehr gegen die immer mehr anschwellende rote Flut- Je mehr selbständige Existenzen, desto besser für Thron, Altar und daS deutsche   Volk, um so kräftiger könne die Umsturzpqrtei bekämpft werden. Der Redner schloß mit dem üblichen Hoch auf den Kaiser und schlug die Lbjenduitg eineS HuldigungS- telegrammS vor. Wangenhein begrüßte hierauf zwei österreichische RelchSratS« abgeordnete und den Ritter v. Hohenlohe  . Vorsitzender deS öfter- reichischen Landwirtschaftsrats. Letzterer brachte Grüße von den österreichischen Agrariern". Abg. Dr. Rösicke» GörSdorf   führte darauf näher auf: Die Wirkung der Reichsfinanzresorm hat sich vollständig bewährt und da» Verhalten deS Bundes der Landwirte vollständig gerechtfertigt, Bei den Wahlen werde ein heftiger Kampf gegen die ganze Linke, anch gegen die Nationallibcralen, geführt werden müffen.(Rufe: Sehr wahr I) Die Nationalliberaken nähern sich jetzt den Freisinnigen und schaffen Organisationen gegen den Bund der Landwirte. Ter Redner erwähnte im weiteren, daß der Bund der Landwirte dem Bauernbund nur dankbar sein könne. Seit Begründung des Deutsiben Bauernbundes habe der Bund der Landwirte ganz außerordentlich an Mitglieder zugenommen. Wir kämpfen durch die Wahrheit für die Wahrheit.(Stürmischer Beifall.) Abg. Dr. Dicderich Hahn bemerkte darauf bei der Er- stattung deS Geschäftsberichts: Die Mitgliederzahl deS Bundes sei im letzten Jahre um 11 000 gestiegen. ES sei mitgeteilt worden, daß Landwirte bei Wertheim   kaufen. Ich kann mir das nicht denken. Es ist Pflicht jeden Landwirtes, den Mittel- stand, ganz besonders das Handwerk zu unterstützen und weder in Warenhäusern noch bei Hausierern zu kaufen. Der Redner empfahl alsdann ebenfalls, die Nationalliberalen zu be- kämpfen, wenn sie nicht da? Heidelberger Programm annehmen. ES sei eine Unwahrheit, daß. wie Paasch? behauptet, er(Hahn) bemüht gewesen sei, den letzten Nationalliberalen aus Hannover   zn ver- weiden. Die Gelder des BauenibundeS feien zweifellos nicht von Landwirten gegeben.(Rufe: Von Juden!) Die Juden find nicht so dumm, offen als Geldgeber deS Bauernbundes aufzutreten. Es gibt ja Strohmänner genug. Es gibt keine jüdischen Landwirte.(Rufe: Becker!) Becker ist aller- ding? Jude, aber kein Agrarier. Der Bauerubund und der Hansabund kämpfen gemeinsam gegen den Bund der Landwirte und indirekt für die Sozialdemokratie. Wir sind die festesten Stützen des Staates. Wir haben alle Militär- und Flottenvorlagen sofort ohne Gegenleistung bewilligt. Und wenn unser Kaiser ruft, dann sind wir, die Mitglieder des Bunde« der Landwirte, die ersten, die dem Rufe Folge leisten werden.(Stürmischer Beifall.) Geheimrat Paasche agte am 12. Juni 1910 in Krefeld  : Wir werden bei den nächsten Wahlen genötigt sein, für die Sozialdemokraten zu stimmen.(Rufe: Hört l hört!) Der rote Bruderluß, den die Linie austauschen will, wird zum Giftkutz werden. Die Nationalliberalen werden ihr Pro- gramm ungesäumt reformieren müssen, denn wenn selbst die Notivvslliveralev mit den Sozialdemokrgteo zusammengehen, dann