auch die Parteien den guten Willen hallen, nach Möglichkeit noch borden Neuwahlen recht viel positive Arbeit zu leisten, ist doch sehrungewiß, ob das gesteckte Ziel erreicht werden kann. Nimmt manan, daß die Zeit bis Ostern mit der Etatsberawng ausgefülltwerden wird, so würde nach den vorläufigen Dispositionen vonOstern bis Pfingsten die zweite und dritte Lesung der Straf-Prozeßreform stattzufinden haben, die diese Zeit in Anspruchnehmen wird, zumal einige kleine Gesetze< Kurpfuschereigesetz, Ab-deckereigesetz usw.) nebenbei noch erledigt werden sollen. Der Er-ledigung harren also um Pfingsten noch die ReichsversicherungS-Ordnung, das Schiffahrtsabgabengesetz, die elsaß-lothringische Ver-fassungSfrage und die Privatbeamtenpensionsgesetze. Diesevier Materien lassen sich aber in einer Herbstsession, die zwei Monatenicht überschreiten dürfte, nur zum Abschluß bringen, wenn vor derVertagung über die Hauptpunkte eine Einigung erfolgt ist.Den Parteien wäre eine Herbstsession nicht sehr angenehm, da sieden im Sonimer einsetzenden Wahlkampf unterbrechen würde. DieAbsicht, den Wahlkampf durch eine Herbstsession abzukürzen, würde auchkaum zu erreichen sein. In einer Herbstsession würden aber folgen-schwere Entschlüsse zu fassen sein, die man nicht Zufallsmehrheitenüberlassen kann. Wird also eine Herbstsession gewünscht, so kann sienur von kurzer Dauer sein, und ihre Hauptarbeit wird die endgültigeGestallung der Reichsvcrficherungsordnung sein. Ob die genanntenanderen Entwürfe sich erledigen lassen, ist zurzeit noch ganz un-gewiß.Für die Abhaltung einer Herbstsesflon des Reichstags spricht dieTatsache, daß die Regierung eventuell bereit wäre, auch denpreußischen Landtag zu einer Herbsttagung ein«zuberufen, um ihm die W a s s e r g e s e tz e zur Beschlußfassung vor-zulegen. Beschlüsse sind allerdings in dieser Richtung noch nichtgefaßt._Ei» Schlauberger.DaS Mitglied des Herrenhauses Graf v. Mirbach-Sor«quitten hat im Herrenhause den Antrag gestellt,die königliche StaatSregierung zu ersuchen, in geeigneten, insbesonderekleinere» Organen eine offizielle, gemeinverständlicheDarstellung des Inhaltes der Reichsfinanzreformvon 1l>l)S zu gebe» sowie der durch die Steuersätze bedingten Preis-erhöhtmgen im Gebiete der Konsumsteuern. Der Antrag wirdwie folgt begründet:.Obwohl der reelle Handel hinsichtlichder von der Reichsfinanzreform von 190g betroffenen Warenzweifellos nur die durch die Steuersätze bedingten Preiserhöhungenzuzüglich eines berechtigten geringen Zuschlages für erhöhteGeldanlagen beim Einkaufe, hat eintreten lassen, so bestehenim Gegensatze dazu doch noch lebhaste und berechiigteKlagen darüber, daß vielfach auch ganz unberechtigte Preis-zuschlüge gefordert werden. Wenn im Gegensatze zu dieserTatsache früher angenommen worden ist, die Konkurrenz würde Ab-Hilfe schaffen, so ist diese Erwartung leider nicht in Erfüllung ge«gangen. ES darf ferner nicht übersehen werden, daß das Publikumnicht selten auch über den Umfang der von der Reichsfinanzreformbetroffenen Waren getäuscht wird. Eine gemeinverständliche Auf-klärung seitens der staatlichen Organe liegt im berechtigten Jnterefiesowohl des Publikums wie der königlichen Staatsregierung.-Ter Zweck des Antrages ist durchsichtig genug. Die HerrenAgrarkonservativen möchten den Unwillen, den ihre Reichsfinanz-reform in den breiten Volksschichten hervorgerufen hat, gern von sichablenken und dem Handel in die Schuhe schieben. Dazu gebrauchensie eine durch die Autorität der Regierung gedeckte PreiSsteigcrungS-Berechnung, aus Grund welcher sie ihren Wählern vorreden können,daß die Preise für Tabak, Bier. Schnaps, Kaffee usw. durch dieletzte Reichsfinanzreform uur ganz minimal erhöht worden sindund die eigentliche Schuld an der ganzen Preissteigerung der Handelträgt._Konservativ-nationalliberaler Mandatsstreit.Nationalliberale und Konservative richten zurzeit in ihrenBlättern heftige Anklagen gegen einander, in denen der eine demanderen vorwirft, er trachte ohne Rücksicht aus die notwendigeSammlung der staatserhaltenden Parteien gegen die rote Flut sichihnen nicht gebührende Mandate zu verschaffen. In Wirklichkeithaben beide Parteien recht. Wie die Konservativen in West-elbien und in Süddeutschland, so suchen die National-liberalen in Ostelbien vorzudringen und neue Mandatezu ergattern. So haben die Nationalliberalen in einer ganzen Reihevon Wahlkreisen, die zurzeir konservativ im Reichstag vertretensind und in denen sie bei den letzlen Blockwahlen auf eigene Kandi-daturen zugunsten der Konservativen verzichteten, bereits eigeneKandidaten für die nächsten ReichstagSwahlen aufgestellt, z. B. in:1. Jnsterburg-Gumbinnen, 2. Lötzen-Angerburg, 3. Schlochau-Flatow.4. Landsberg- Soldin, ö. Kala»-Luckau, 6. Anklam- Demmin,7. Randow-Greifenhagen. 8. Kyritz-Saatzig. 9. Grcisenberg-Kammi».19. Bütow-Schlawc-Rummelsburg, 11. Belgard-Dramburg-Schivel-bein, 12. Neufietnn, 13. Kolberg-Köslin-Bublitz, 14. Guhrau-Steinau-Wohlau. 13. Militsch-Trebniy und 16. Ohlau-Nimptsch-Strehlen.Daß darüber die Konservativen, die den Osten als ihre Domänebetraanen, entrüstet sind, ist begreiflich. Dennoch werden sich biszur nächsten Wahl beide Parteien in nicht wenigen Kreisen weiterzu sogen, nationaler Arbeit zusammenfinden, den» Pack schlägt sich,Pack vertrögt sich._Ter Wahlkreis des„Ungekrönten".Nach einer BreSlauer Meldung der.Schlesischcn VolkSzeitung-beabsichtigt das Zentrum, im Wahlkreise Militsch- Trebnitz demkonservativen Führer v. Hehdebranü keinen Gegenkandidaten ent-gegenzuslellen. sondern sofort im ersten Wahlgange für ihn zustimmen. Der Liberalismus, der den Kreis schon als sein Eigentumbetrachte, habe«eine Rechnung ohne daS Zentrum gemacht.— MitAusnahme der Wahlen von 18<4 hat das Zentrum dort stets eineneigenen Kandidaten anfgestellt. 1907 wurde v. Hcydebrand mit10 977 gegen 2723 sreisinn'ge, 2641 Zentrums� und>243 sozial-demokratische Stimmen gewählt. Für die nächsten Wahlen be-sürchlelen die Konservativen.Ueberraschungen-. Der schwarze Block-bruder beeilt sich deshalb, dem blauen zu Diensten zu sein.Ten Sack schlagt mau und den Esel meint man.Der Zentrumsabgeordnete Graf von Oppersdorff lGlay) hatvom Vorstand der Zentrumsfraktion des Reichstages eine Rüge er-halten, weil er seinen Fraktionskollegen, den Grafen von Praschma,beleidigt haben soll und die bekannte Broschüre«Ist MartinSpahn ein Zentrums mann?- geschrieben hat. Die«Schles.BolkSztg.- berichtet darüber:«Graf Oppersdorff. Mitglied deS Reichstages, hat vor längererZeit scharfe Angriffe gegen einen Fraktionskollegen, den GrafenPraschma, gerichiet und durch eine parlamentarische Korrespondenzverbreitet. Der Vorstand der Fraktion des Reichstages hat, wiedie«Reißer Ztg.- zu melden weiß, dem Graten Oppersdorffwegen seines Borgehens die schärfste Mißbilligungschriftlich und mündlich ausgesprochen, weil seinePolemik die schuldige Rücksicht gegen einen Kollegen verletzte.Auch mit seinen neueren Angriffen gegen Professor Dr. MartinSpahn, ReichStagSabgeordnelen für Höxter- Warburg. ins-besondere mit der Art der Verbreitung derbekannten Broschüre, hat sich der Borstand der Fraktionbeschäftigt und unbeschadet der Stellung zu dem abgeordnetenProf. Spahn selber in derselben Weise scharf gerügt.*Graf v. Oppersdorff hat in seiner Schrift nur jene Vorwürfetviederholt, die in noch schärferer Form von dem hohen Klerus, be-sonders vom schlesischen, gegen Herrn Peter Spahns Sprößling er-hoben worden sind. Aber gegen hohe lirchliche Würdenträger auf-zutreten, hat der Vorstand der Zentrumsfraktion nicht den Mut—so läßt er seinen Aerger an dem Sack aus.Zur liberalen Einigung.In Saarbrücken hat eine fortschrittliche Vertrauensmänner-konferenz beschlossen, Bassermann eine forlschrittliche Kandidaturgegenüberzustellen. Die rechtsnationalliberale«Magdeburger Zeitung"begleitet die Nachricht mit heftigen Worten des Tadels; das Blattschreibt:„Man begreift eS einfach nickt, daß Parteileidenschaftund Parteifanatismus sich soweit vergessen können, ingegenwärtiger Zeit den ersten Führern der befreu n-beten und absolut aufeinander angewiesenenliberalen Parteien Sonderkandidaturcn entgegenzustellen.Kann denn auch nur einer ernsthast wünschen, Männer wie Basser-mann und Wiemer(in Nordhausen wurde Wiemer eine national-liberale Kandidatur entgegengestellt)— man mag persönlich übersie denken, was man will— müßten bei den nächsten Wahlen aufder Strecke bleiben?...Wer glaubt noch ernsthaft an eine Einigung beider Parteien,wenn in dieser Weise die ersten Führer mit Sonderkandidaturenbekämpf: werden? Das muß auf die Siegeszuversicht wirken, wieMaienfrost auf Frühlingsflora."Sehr schön poetisch ausgedrückt; aber nicht recht paffend, dennim Stadium der Frühlingsflora befindet sich der National-liberalismus sicherlich nicht. Besser wäre:«Wie ein Tritt auf denHintern"._Aus einer kleinen Republik.Nach einer Meldung der«Vossischen Zeitung" auS Lübeck hatder dortige Senat die Absicht, es zu einem Zerwürfnis mit derBürgerschaft kommen zu lassen. Zum zweiten Male habe eS derSenat abgelehnt, einigen Abänderungen des BeamtenbesoldungS-etats beizutreten. Der Senat wollte z. B. den Lehrern nur einGehalt von 2100 bis 4400 M. bei Zulagen in der Höhe von ein-mal 300 M. und achtmal 250 M. zubilligen, während die Bürger-schaft daS Gehalt von 2100 bis 4500 M. unter Erhöhung der erstenAlterSzuloge auf 400 M. steigen lassen wolle. Für den Staat be-deute das eine weitere Mehrbelastung von 20 000 M.. so daß dieGesamtmehrbelastung durch die Besoldungsvorlage 470 000 M. be«tragen würde. Am Montag werde sich die Bürgerschaft zum drittenMale mit der Besoldungsvorloge beschäftigen. Bleibe sie bei ihremBeschlüsse, sei das Zerwürfnis da. daS nach den früheren Er-fahrungen eine Entscheidungskommission schlichten müffe.Die Folge würde sein, daß dann kaum an eine Auszahlung der biszun, 1. April 1910 zurückdatierten Zulage zum kommenden 1. Aprilzu denken sein werde._OcfternKh.Die passive Resistenz.Wien, 21. Februar. Nach den bis heute mittag borliegendenMeldungen über die passive Resistenz der Staatsbeamtenerfolgte der Briefverkehr regelmäßig, in den übrigen Postzweigentraten Verzögerungen bis zu 30 Minuten ein. Im Tete-grammverkehr nach Wien waren die Rückstände biz 3Z�. Uhrmorgens aufgearbeitet.SnglancLDie Einbringung der Vetobill.London, 21. Februar. Unterhaus. Der Premier-m i n i st e r wurde von den Mitgliedern der Regierungsparteiund den Nationalisten mit enthusiastischem Beifallempfangen, als er sich erhob, um die V e t o b i l l e i n z u»bringen. Die Bill ist genau dieselbe, wie die in der letztenSession eingebrachte Vorlage. Asquith zog die Behaup-tung ins Läckserliche, daß die Regierung darauf ausgehe, einedespotische Einzelkammer zu errichten. Er betonte dieDringlichkeit der Vetovorlage, damit nicht alle fort-schrittliche Gesetzgebung ins Stocken gerate, während deslangen, mühseligen Verfahrens, die Zweite Kammer auf einevolkstümliche Basis zu stellen.Der Premierminister machte keine Andeutungüber die Politik, welche die Regierung befolgen wollte, fallsdas Oberhaus die Vetobill nicht annehmen sollte.— B a l-four unterzog die Bill einer scharfen Kritik; so sehr er denFrieden wünsche, es seien doch einige Fragen von so großerBedeutung, daß kein Kompromiß möglich sei.(Beifall beider Opposition.)_Es bleibt beim Wettrüsten.London, 21. Februar.«Daily Chronicle" führt ineinem Leitartikel zu der jüngsten Marinedebatte imDeutschen Reichstag aus, daß diese Debatte ein gut Teil zurReinigung der Atmosphäre beitrage und dazu diene,die Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zwischen beidenLändern zu erleichtern. Die Ausführungen des StaatssekretärsTirpitz zeigten England ganz genau, was Deutschland be-absichtige und was es nicht beabsichtige, und folglich, was er vonEngland erwarte und was seiner Ansicht nach Englands gutesRecht sei. Jeder Grund zu gegenseitigen Beschuldigungen sei da-durch beseitigt. Das Blatt fährt fort, daß daS deutscheFlottenprogramm, wenn eS auch defensiven Charakterhabe, England zwinge, eine mächtigere Flotte zu bauen, alSDeutschland. ES bestehe für keines der beiden Länder irgendeinGrund, über das Vorgehen des anderen zu klagen oder ihm feinv-selige Beweggründe beizumessen. England habe einerseits auchnicht die geringste Veranlassung zu einer Panik, andererseitsaber auch keinen vernünftige» Grund, die Regierung leicht-fertiger Uebertreibungen zu zeihen.Die Geschäftsführung des Sprechers.London, 20. Februar. Das Mitglied des Unterhauses Ginnell(Unabhäna. Nationalist) hatte vor einiger Zeit in einer irischenZeitung einen von einem anderen Mitglied des Unterhauses an ihngerichteten Privatbrief veröffentlicht, in dem dem Sprecher desUnterhauses Lowther Parteilichkeit vorgeworfen wurde.Ginnell hielt in der heutigen Sitzung eine längere Rede, um seinVorgehen zu rechtfertigen. Darauf erklärte Asquith, die Ange-legenheit berühre die Würde des Hauses und sprach sein Bedauerndarüber aus, daß der Abgeordnete sich nichtentschuldigt habe.Er beantragte, Ginnell für eine Woche seiner Befugnisse alsMitglied des Unterhauses für v e r I u st i g zu erklären. Der Antragwurde mij 211 gegen 84 Stimmen angenommen.foilZlanci.Der Universitätsstreik.Moskau, 20. Februar. 130 Studierende der hiesigen Universität sind heute festgenommen worden.Fünfundfünfzig wurden aus der Stadt a u s g e-wiesen._Die politische Stellung der Studenten.Nach Jahren des politischen Schweigens erwachte die russischeStudentenschaft wieder zum offenen Protest. Der entfachte Kampfwird txotz allen Repreffalie» mit großer Zähigkeit geführt ttüdzeugt davon, Laß die jahrelange Passivität Ler StuLenlenschastnur erzwungen war, Laß in Wirklichkeit die politischen Ge-sinnungen der Studenten auch während der Reaktion im gc-Heimen revolutionär geblieben sind.Ueber die geheimen Sympal lhien der russischenStudentenschaft erfahren wir manches Interessante aus den Er-gebnissen der unlängst stattgefundenen, vom Privatdozenten Ber».n a tz k y redigierten studentischen Enquete in Petersburg.Zwar ist diese Enquete nur im Petersburger TechnologischenInstitut durchgeführt worden, doch sind ihre Ergebnisse als typischzu betrachten: das Petersburger Technologische Institut ist eineder bedeutendsten russischen Hochschulen und die Zusammen-sctzung der Studentenschaft eine sehr mannigfache.Die Enquete berichtet über die Stellung zur Politik, zuJuden und zur Fraucnfrage.In bezug auf die Stellung zu politischen Parteien ergaben sichfolgende Resultate:Sozialdemokraten 25,3 Proz., konstitutionelleDemokraten 20.7 Proz., Sozialrevolutionäre 12,4 Proz..Linke 10,1 Proz., Anarchisten 3 Proz., Oktobristen 2,3 Proz.,Rechte 1,9 Proz.,«Echt Russische" 1,0 Proz., Volkssozialisten 0,8Prozent, Arbeitspartei 0,7 Proz. Anderen Parteien gehören nurkleine Gruppen an. Parteilos waren 2 0,6 Proz. Im allge-meinen bekennen sich: zur Linken 73.9 Proz., zur Rechtennur 6,5 Proz.Der größte Prozentsatz gehört den Sozialdemokraten an:25,3 Proz.IAuf die Frage der Beziehung zur Religion antworteten 39,9Prozent, daß sie religiös sind. 46,2 Proz. der Antworten äußerneine negative Stellung zur Religion.Die Stellung zur Judenfrage zeigt große Verworrenheit.Trotzdem sich 73,9 Proz. als„Linksstehende" bezeichnen, erklärtensich nur 59 Proz. für die Judenemanzipation!Die Stellung zur Frauenfrage ergab günstigere Resultate.AuS den Ziffern, die das Alter der Anhänger der ver-schiedenen Parteien angebe!,, folgt, daß gerade die reifereJugend der Linken angehört.Wenn wir nun die Ergebnisse im allgemeinen betrachten, sosehen wir, daß die Reaktion doch nicht so tief die Studentenschaftbeeinflußt hat, wie man es annehmen konnte. Nur ist dieserevolutionäre Studentenschaft während der Reaktion passiv.Kein Wunder: die Studentenschaft bildet auch in Rußland keinesoziale Klasse und kann keinen selbständigen politischen Kampfführen: die russisch« Studentenschast hat sich während desrevolutionären Aufschwunges zum großen Teil dem Proletariatangeschlossen eben deshalb, weil das Proletariat in Rußland dieeinzige Klasse war, die konsequent und aktiv für die auch denIntellektuellen so notwendige politische Befreiung kämpfte.Während der Reaktion trat ein Stillstand im proletarischenKampfe und somit in dem der Studentenschaft ein.Wenn wir jetzt wieder studentische Unruhen erleben, so müssenwir auch hier den engen Zusammenhang mit den allgemeinenökonomischen und politischen Verhältnissen nicht übersehen. Auchdiese Bewegung ist nicht spontan, sie steht vielmehr im Zusammen-hang mit der beginnenden Belebung des Arbeiter»kampfeS in Rußland, der mit dem Eintreten günstigererökonomischer Verhältnisse im Lande wieder festen Boden gewinnt.Orkei.Abdul Hamid.Saloniki, 20. Februar. Die Villa, in der der frühere SultanAbdul Hamid untergebracht ist, war bisher von 40 Gendarmenunter Aussicht einiger Offiziere bewacht. Infolge einiger Un-regelmäßigkeiten im Wachdienste ist jetzt die Bewachungdes Gefangenen durch 100 ausgewählte Soldatenunter dem Kommando zweier ganz erprobter Offiziere an-geordnet worden, die die volle Verantwortung für alle Vor-kommnisse tragen werden.Chfaa.Der Konflikt mit Rußland.Peking, 21. Februar.(Meldung der Petersburger Tele-graphenagentur.) Die Antwort des Waiwupu auf die russischeNote ist in allerversöhnlichstem und nachgiebig-stem Tone gehalten und beweist den Wunsch der chinesischenRegierung, alle russischen Forderungen zu befriedigen.Einige Einzelfragen werden weitere Verhandlungen nötig machen,die wahrscheinlich zu einer baldigen Beseitigung aller Schwierig-kciten führen werden.Von anderer Seite wird gemeldet, daß das Vorgehen Ruß-landö in China, wo das nationale Gefühl in den letzten Jahrensehr erstarkt ist. große Beunruhigung und Erbitterunghervorgerufen hat. AuS dieser Stimmung erwuchsen auch Ge-rüchte, die von einem Einmarsch russischer und eng-lischer Truppen in Tibet zu berichten wußten. Diese ansich unwahrscheinliche Nachricht wird von russischer Seite energischdementiert.Die chinesische Antwort läßt erkennen, daß China, waS angesichts seiner Schwäche unvermeidlich ist, sich den russischen Forde-rungen zunächst bedingungslos unterwerfen wird. Aberdiese Nachgiebigkeit wird die Kraft der chinesischen Reformer ver-mehren und der Agitation auf Einführung einer modernen Ver-fassung und einer Reorganisation der Staatsmacht im europäisch-militärischen Sinne aufs neue stärken.Hmcriha.Eine Kundgebung der Schutzzöllner.Washington, 21. Februar. Der republikanische Vorsitzendeder Finanzkommission des Senats A l d r i ch hat an den PräsidentenTaft, der für die Bestätigung des Gegenseitigkeits-abkommens mit Kanada eintritt, ein Schreiben gerichtet,in dem er erklärt, die Mitteilung von der Haltung Tafts in dieserFrage sei im Senat mit Erstaunen aufgenommen worden,insbesondere unter den alten Republikanern, von deneneinige nicht glauben wollten, daß ein Mann, der immer für denSchutz jeder Industrie gewesen sei, ein Programm desFreihandels mit Kanada unterschreiben werde.Eue der Partei.Eine verpuffte Staatsaktion.DaS gegen den Genossen Münsinger in Rathenow eingeleiteteStrafverfahren wegen Majestätsbcleidigung ist aus Verfügung desErsten Staatsanwalts vom Stendaler Landgericht eingestellt worden.Aus den Organisationen.Der Sozialdemokratische Verein für den RcichstagswahlkreisHerford-Halle hielt am Sonntag, den 19. Februar, seineGeneralversammlung ab. Der Verein vereinnahmte im zweitenHalbjahr 1910 an Beiträgen 3034,05 M., in Summa mit einemKassenbestand von 163,73 M. 3654,19 M. Dem stand gegenübereine Ausgabe von 3073.59 M.. so daß ein Kassenbcstand von580,60 M. verblieb. Die Zahl der Mitglieder stieg um 49, von1913 auf 1962(darunter 48 weibliche). Die Abonnentenzahl der.Volkswacht" hat um 200 zugenommen und beträgt fast 3000. In1? Gemeinde» habe» vir 22 sazialdemolrgtifche Gemeindsvertreter.