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«Mi. Die bürgerliche Welt hat eine neue Sensaiion: Leonida Bissolati , sozialdemokratischer Abgeordneter der italienischen Kammer, Mitglied des Internationalen sozialistischen Bureaus, war beim König, um über seinen Eintritt in das neue Ministerium zu verhandeln, und setzt diese Verhandlungen mit dem künftigen Ministerpräsidenten G i o l i t t i fort. Nach glaubwürdigen, wenn auch nicht sicher verbürgten Mitteilungen ist Bissolati zum Eintritt in die Negierung bereit, falls das neue Ministerium eine konsequent antiklerikale Politik verfolgen und die Einführung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts mit AuSschluh der Analphabeten verbürgen wolle. In diesem Falle würde Bissolati das Land- wirtschaftsministerium übernehmen und zwei andere sozialistische Deputierte als Unterstaatssekretäre üi die Regierung ein- treten. Für den, der die EntWickelung der Strömungen inner- halb der italienischen Partei verfolgt hat, hat diese EntWicke- Jung nichts Ueberraschendes. Schon in dem Artikel desVor­wärts" über den letzten Parteitag in Mailand wurde voraus- gesagt, daß der systematische Ministerialismus die letzte Konsc- quenz der Ergebnisse dieses Parteitages sein werde. Seit Jahren beherrscht der Reformismus die Partei und Bissolati, der frühere Chefredakteur desAvanti", stand auf dem äußersten rechten Flügel. Das Fazit der Politik, an der Bissolati selbst die Hauptverantwortung trägt, hat er am Mailänder Parteitag gezogen, als er die Partei einen dürren Ast" nannte, nachdem er schon früher imAvanti" eine Diskussion darüber hatte führen lassen, ob� nicht die Partei überhaupt überflüssig wäre und ihre Funktionen von einer unmittelbar mit den Gewerkschaften zusammenhängeil- den Arbeiterpartei übernommen werden könnten. Was Wunder, daß ein solcher Mann, der innerlich wohl längst resigniert haben muß, sich nun von dem dürren Ast in einen Ministersessel rettet, vielleicht im guten Glauben, daß er so der Arbeiterklasse noch eher nützen könne wie als Führer einer Arbeiterpartei. Man wird die weitere EntWickelung abwarten müssen, um ein ausführlicheres Urteil begründen zu können. Ist doch der Eintritt Bissolatis selbst noch nickst sicher. Es heißt, daß Giolitti die Bewilligung des Budgets und der Militärausgaben zur Bedingung stelle und ob Bissolati sich wirklich auf diese Forderungen einläßt, deren Erfüllung ihn und die ihm folgen, außerhalb der Reihen der proletarischen Internationale stellen würde, ist ungewiß. Ebensowenig hat die Partei bisher zur Frage Stellung genommen. Der Parteivorstand wird erst am Montag zu- samnientreten. Wenn derAvanti" die Meinung der leiten- den Organe wiederspiegelt, dann muß man annehmen,� daß die Partei als solche sich mit Bissolati nicht identifizieren würde. Bissolati würde dann aus der Partei austreten und nur für seine Person die Verantwortung als Minister zu tragen haben. Es würde dann von der weiteren Haltung der Partei im Parlament und im Lande abhängen, wie weit die schädlichen Folgen dieses Experimentes reichen werden. Dieser neueste Fall von Ministerialismus ist für Sozial- demokraten kein Problem. Als M i l l e r a n d seinerzeit in die Regierung eintrat und ein Teil der französischen Sozial- demokraten zum großen Schaden der Bewegung ein Glied der Regierungspartei wurde, da betonten sie. daß außer- ordentliche Umstände vorlagen, daß die Republik in Gefahr fei, daß die Mitwirkung des Proletariats, die nur eine außer- gewöhnliche und vorübergehende sein solle, unter diesen Um- ständen unumgänglich sei. In Italien ist davon gar keine Rede. Der Einfluß der Sozialisten ist ein geringer. Die Aufforderung Bissolatis entspringt aus der persönlichen Initiative Giolittis. Schrieb doch derAvanti" selbst vor zwei Tagen erst, daß Giolitti die Wahl habe, sich an die Klerikalen oder an die Sozialisten zu wenden. Nicht der eigenen Kraft, sondern der Ungefährlichkeit und Schwäche der Partei ist es zuzuschreiben, daß einem bürger- lichen Minister solche Wahl offen steht, daß dem Zufall der persönlichen Entscheidung solcher Spielraum gewährt ist. Aber eben deswegen können nur Politiker, die ganz in den engsten parlamentarischen Anschauungen befangen sind, der Meinung sein, daß das, was nur im harten Klassenkampf errungen werden, dem Proletariat durch ein Geschenk von oben in den Schoß fallen kann. Die rauhe Wirklichkeit macht diesen Illusionen ja rasch ein Ende. Aber solche Enttäu« schung wirkt verderblich auf das Proletariat, zerrüttet seine Einigkeit und bietet anarchosozialistischen Angriffen günstige Gelegenheit. Noch ist der Fall Bissolati nur ein personliches Vor- kommnis. Noch hat die italienische Partei die Verantwortung für ein so gefährliches Experiment nicht übernommen. Wir dürfen vielleicht hoffen, daß sie die schlimmen Erfahrungen des französischen Ministerialismus, die selbst von einem so zurückhaltenden Politiker wie Vandervelde klar hervor- gehoben worden sind, nützen werde, hoffen, daß jene taktischen Grundsätze, die die Internationale in Paris und Amsterdam festgelegt hat. nicht außer acht gelassen werden. Stärker als je erhebt der Imperialismus sein Haupt. Den Gefahren, die daraus entstehen, kann nur eine einheitliche und geschlossene Aktion des Proletariats vor- beugen. Wenige Tage trennen unsere italienischen Genossen von der Zusammenkunft mit den österreichischen Sozialdemo- kraten, die mit ihnen gemeinsam Protest gegen die neuen Rüstungsausgaben erheben wollen. Sollen ihnen die italienischen Genossen mit dem Geständnis entgegenkommen. daß diese Aktion jeden Sinn verloren, daß daS italienische Proletariat sich außerhalb der ernsthaften Be- kämpfer des Militarismus gestellt hat und mit dem Im- perialismus zusammen dieselbe Regierung unterstützt? Man sollte meinen, bloß diese Frage aufwerfen, hieße jedem neuen ministerialistischen Experiment heute ein schroffeSNein entgegensetzm. Rom . 25. März.(29, H.) Die Mimsterliste ist zwar immer «och nicht offiziell bekannt, doch steht bereits soviel fest, daß das neue Kabinett in erster Linie die Wahlreform durchführen wird, und zwar unter Einführung des allgemeinen gleichen Stimm- rechts für alle diejenigen Personen,»velche Militärdienste geleistet, sowie ferner«m alle diejenigen, die ein gewisses Alter erreicht haben. Sollte die Kammer diese Vorschläge ab» lehnen, so würde sie aufgelöst wenden. Es heißt, der Sozialist Bissolati verlange energische Maßregeln gegen die Kongrega- tionen, sowie ferner eine friedliche äußere Politik im Sinne der Einführung des Schiedsverfahrens. Weiter heißt es, die Regierung werde ein Altersrentengesctz, sowie ferner die Unfallversicherung und die Errichtung von Krankenkassen, end- llch eine Fiskalreform in Vorschlag bringen, welche sich auf die KinkoMmensteuer erstrecken würde. EinPe Soziglisten fordern eine größere Anteilnahme ihrer Partei an den StaatZgeschästen. Das neue Kabinett dürfte am nächsten Donnerstag gebildet sein und am 31. Wärz oder 2. April sein Amt überpehmeo._ politische Qcberficbt. Berlin , den 25. März 1911. Der reumütige Kanzler. Als sich am Donnerstag Herr v. Bethniann Hollweg im Abgeordnetenhause auf die provokatorischen, scharfen Aus- führungcn des Herrn v. Heydcbrand einige zurückweisende laumilde Erwiderungen gestattete, fand er nicht nur bei den Nationallibcralcn und Fortschrittlern dröhnenden Beifall, sou- dem er wurde hinterher auch noch in der liberalen Presse alsliberaler" Staatsmann gefeiert, von dem vielleicht doch noch große Taten zu erwarten seien. Lächerliche Hoffnungen! In dem Wochenrückblick der letzten Nummer derNordd. Allg. Ztg." kehrt Herr v. Beth- mann Hollweg reumüttg in die gottgegebene Abhängigkeit zurück und läßt verkünden, daß er es bereut, in der Auf- regnng einige halbenergische Worte gegen die konservative Diktatur gefunden zu haben. Ganze 9'/z Zeilen weiß das Kanzlerblatt über die betreffenden Verhandlungen zu sagen, und diese 9Vs Zeilen lauten: Am Donnerstag kam bis elsaß -lothringische Frage im Mgeordnetenhause zur Sprache. Gegenüber Bedenken, die von konservativer und freikonservativer Seite geäußert wurden, antwortete der Ministerpräsident in längeren Ausführungen. Er hob hervor, daß die elsaß -lothringische Frage in deutschem Geiste gelöst werden muß. und daß jeder Schritt, den Preußen in dieser Frage uniernommen hat. von diesem Geiste diktiert ist. Kollisionen mit preußischen Jnteresien seien nicht möglich, weil preußische und deutsche Interessen, richtig aufgefaßt, zusammenfließen." Die Sätze klingen fast, als wollte Herr v. Bethmann noch nachträglich um Verzeihung dafür nachsuchen, daß er überhaupt geboren ist._ Nationalliberale Träume. Seit sich die nationalliberale Partei von der ehemaligen Fort- schrittspartei abgezweigt hat. krankt sie vornehmlich an den Fehlerne Prinzipienlosigkeit, naive Selbstüberschätzung und kind- licheS Vertrauen zu jeder Ankündigung und Maßnahme eines Ministers, die ein wenig liberal schillert. So hat denn auch wieder die milde Abwehr, die der Reichskanzler dem Herrn v. Heydebrand in seiner Antwort im preußischen Dreiklassenhause zuteil werden ließ, dieNationalzeitung" in stürmische Frühlingsgefühle versetzt. Sie wittert nationalliberales Morgenrot! In einem Artilel: Doch endlich drückt des Joches Schwere..." wird ausgeführt: Es gebe nur ein Mittel, den Radikalismus, der über die Ufer treten wolle,noch vor Beginn der großen Wahlbewegung einzudämmen. Die Regierung müsse mit starker Entschlußkraft und durch eindeutige Taten die Behauptung zerstören, daß sie nur ein willenloses Werkzeug des schwarzblauen Blocks und Herr v. Bethmann Hollweg der Gefangene des Herrn v. Heydebrand sei. Nichts sei so gefährlich,wie dieses Gerede und Geraune im ganzen Reich". 2Verde es rechtzeitig widerlegt, so werde daseine viel tiefere Wirkung auf die gesamte Bevölkerung üben als die be- rcdtesten Ausrufe und die spitzfindigste Wahlparole". Die Verärgerung und die Verbitterung hat sich in dem Volkskörper zwar schon weit hineingesreffen. Dennoch wird dafür birgt der gesunde realpolitische Sinn des deutschen Volkes die Oeffentlichkeit sich nicht taub und blind stellen, wenn der Reichskanzler unwiderlegliche Beweise dafür erbringt, daß er den Uebermut der jetzt so fest verbündeten, macht- berauschten Reaktion zu begegnen entschlossen ist und seine Re- gierungsakte vom Gesamtwohl, nicht aber von den Weisungen herrschwütiger Parteihäuptlinge abhängig macht." Bereits sieht die..Nationalzeitung an allen Ecken und Enden Zeichen, die sie frohen Herzens so deutet, als nahe eine schönere Zeit nationalliberaler Erfüllungen. Bethmanns Rede über den Antimodernisteneid habeFormeln von einer erfrischenden Prä- zision" gebracht, und im preußischen Abgeordnetenhause habe er dem überhitzten Preußeneifer des Gutsherrn von Klein- Tschunkave, hinter dem der Hochmut einer verhätschelten Partei und persönlicher Machthunger lauerten, daS klare Prinzip entgegen- gesetzt, Preußen dürfe keine kleinliche Politik im Bundesrate treiben, und die elsaß -lothringische Berfaffungssrage dürfe nicht im überlebten partikularistischen Sinne, sondern im deutschen Geiste gelöst werden". Solchen Worten schalle auS unzähligen Herzen ein frohe? Echo entgegen, das sich nur noch nichtmit voller Herzlichkeit" her- vortraue. Erst allmählich werde sich das Mißtrauen gegen Beth- mann besiegen lassen.Aber wenn sich die Anzeichen dafür der- stärken, daß Herr v. Bethmann Hollweg schon heute alö kluger Staatsmann nicht an die jetzige Majorität, die nach den Ergeb- nissen der Nachwahlen kaum mehr eine solche genannt zu werden verdient und bald zur Minderheit herabsinken muß, sondern an die ZukunstSmajorität denkt, die der neue Reichstag bringen wird, dann wird manche schwere Wolke des Mißtrauens und Unbehagens weichen." Es gibt doch gar seltsame große Kinder unter denStaats- männern" des Nationalliberalismus. Um von dem bureaukratisch- pedantischen Philosophen von Hohenfinow die Begründung einer neuen liberalen Aera zu erwarten, muß man entschieden schon ein Wasser- oder Kindskopf sein._ Snnm cniqttc. S. M. hat den Reichskanzler Dr. v. Bethmann Hollweg bei Gelegenheit des StapellaufeS des LinienschiffesKaiser " in Kiel zum Generalmajor ernannt. Wahrscheinlich, weil der Kanzler ein so prächtiges Beispiel strengster Disziplin gibt, indem er stets willig in gottergebener Abhängigkeit sich den Befehlen des Herrn v. Heydc­brand unterwirft. Eine heilige Union . Nicht nur im rheinisch-westfälischen Jndustrkerevier werden bei der nächsten Reichstagswahl die Zentrumspartei und die nationalliberale Partei zusammen marschieren, um die dortigen Wahlkreise vor einer Vertretung durch sogenannte sozialdemo- demokrattsche Hetzer zu bewahren, auch in anderen West- deutschen Wahlkreisen wird zwischen beiden Parteien hinter den Kulissen steißig geschachert. In Bingen - Alzey . dem achten hessischen Wahlkreise, ist der Handel bereits perfekt. Dort haben sich die Zentrnmsparteiler verpflichtet, bei der nächsten Reichstagswahl keinen eigenen Kandidaten aufzustellen, sondern gleich im ersten Wahlgang für den bekannten nationalliberale» Rcichver- bändler Dr. Becker(Sprendlingen) zu stimmen. Ein Liebes- dienst, der natürlich nicht umsonst vom Zentrum geleistet wird. Es hat sich vielmehr als Entgelt ausbedungen, daß dafür bei der übernächsten Reichstagswahl die nationalliberalen Lokal- größen ihre Gefolgschaft zur Unterstützung des Zentrums- kandidaten kommandieren. So heißt es im klerikalenMainzer Journal": »Ja der heute stattgefundenen außerordentlich stark besuchten Vcrttauensmäimerversammlung der Zentrumspartei Alzeh-Bingen wurde einstimmig beschlossen, auf die Aufftellung.eines eigenen Kandidaten zu verzichten und den Kandidaten der»ational« liberalen Partei, Herrn Dr. Becker(Sprendlingen), be« dingnngSloS zu unterstützen. Am Schlüsse der von einmütiger Begeisterung getragenen Beratungen hielt Herr Weingutsbefitzer Biermann(Bingerbrück ) einen interessanten Vortrag über das vierzigjährige Jubiläumsfest der deutschen Zentrumspartei , der mit großem Beifall ausgenommen wurde. Mit begeisternden Worten des Herrn Pfarrers Metzger-Alzey über die seitherige Tätigkeit unseres verehrten Herrn Reichstagsabgeordneten Ucbel wurde die glänzend verlaufene Versammlung mit einem Hoch auf denselben geschlossen." Und das schönste ist die nationalliberale Parteileitung, in der zurzeit dieentschieden liberale" Richtung Bassermann überwiegt, billigt durchaus diesen schmählichen Wahlschacher. Auf die Anfrage, ob sie mit der Schachermacherei ein- verstanden sei, läßt sie in derNationallib. Korr." erklären: »Im Wahlkreise Alzeh-Bingen ist der frühere Reichstags« abgeordnete Dr. Becker(Sprendlingen) endgültig a&S Reichstags» abgeordneter aufgestellt worden. Durch die Presse geht die Mit- teilung, daß die Parteileitung die Kandidatur mißbillige und ihr die Unterstützung zu versagen beschlossen habe. DvL ist un» richtig. Die Parteileitung hat keinen Anlaß gehabt, sich zu der Frage dieser Kandidatur zu äußern." Wir finden diesen Kuhhandel dernach Bildung und Besitz maßgebenden Partei" durchaus begreiflich: Verwandte Seelen finden sich zu Wasser und zu Land. Amtliches Resultat der Stichwahl in Gieheu-Nkdda. Bei der NeichStagSersatz-Stichwahl am 21. März im 1. hessischen Wahlkreise wurden insgesamt 24197 Stimmen abgegeben. Davon erhielt Oberlehrer Dr. Werner- Butzbach(Wirtsch. Vg.) 12 673 und Krankenkasicnkontrolleur Beckmann-Gießen 11 619 Stimmen. Wem» ist somit gewählt._ Revolution gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbach» Bekanntlich hat der. R e i ch s b o t e" nichts weniger als die Gefangennahme des Parteivorstondes verlangt, da das Aussetzen einer Belohnung für die NamhaftmaÄuug der Mörder Herrmanns der Beginn der Revolution sei. Beim.Reichsboten" ersetzt eben die Frömmigkeit das Wissen. Es müßte ihm sonst bekannt sein, daß solcheRevolution" ausdrücklich vorgesehen ist im Bürgerlichen Gesetzbuch. Der§ 657 dieser revolutionären Schrift lautet nämlich: Auslobung. Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vor« genommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die AuZ» lobung gehandelt hat." Das nächste Mal. unwissenderReichsbote', sei also mit Deinen christlichen Denunziationen vorsichtiger. Wird er kneifen? Herr Dr. Heim, der König der bayerischen ZentrumSbauem. liebt es zwar, den Bullenbeißer und unerschrockenen Volkskämpen zu spielen, wie so oft steckt aber auch hinter seiner absichtlichen Schnoddrigkeit eine recht ansehnliche Portion Feigheit. Obgleich er ganz genau weiß, daß die in einer Reihe Zentrumsblätter gegen ihn geschleuderten Verleumdungen und Verdächtigungen von der ZentrutnS-Parlam.-Äorresp.", der sogen. ,C. P. C". ausgehen und diese von dem Vorstand der Zentrumsfraktion deS Reichstages inspiriert und versorgt wird, hat er doch nicht den Mut, sich direkt gegen die ihm bekannten Vorstandsmitglieder zu wenden, sonder» tut so, als handle cS sich um Angriffe einzelner Zentrumsblätter. Der Fraktionsvorstand hat für diese Taktik jedoch kein Ver« ständiiiS. Er würde es allem Anscheine nach recht gerne sehen. wenn der zum Bouernkönig avancierte Schullehrer aus Ansbach gegen die Leitung der Zentrumsfraktion selbst vom Leder zöge, da sich dann Gelegenheit böte, den lästig gewordenen Großmogul los zu werden. So schreibt denn dieKöln . VolkSztg." mit nicht miß- zuverstehettder Deurlichkeit: Der jetzige Fall Heim ist ein Streit zwischen ihm und der Zentrumsfraktion des Reichstages. Wir wollen ihn nicht durch eine Polemik gegen Dr. Heim und seine Aeutzerungcn im Parlament zu einem Streit Dr. HeimS mit der Zentrumspresse machen. Die beiden von unS veröffentlichten Erklärungen wurden uns im Auftrage einer matzgebenden Stelle in der Fraktion durch die OLL übersandt und von uns als varteioffizielle Erklärung dc» Parteivorstandes veröffentlicht. Wir wiffen auch, daß die Erklärungen von einem Mitglieds des Partei» Vorstandes einem Nichtprenßen im Einverständnis bezw. im Auftrage des Fraktionsvorstandes ver« faßt und der Presse zur Veröffentlichung übergeben worden sind. Dr. Heim möge also seine Lorwürfe und Beschwerden an die richtige Stelle richten, wenn er sich dazu für berechtigt Wie wir Herrn Dr. Heim kennen, wird er kneifen, da» heißt sich mit einigen schnoddrigen �VerlegenheitSausreden aus der Sache zu ziehen suchen und dierichtige Stelle" nicht bemühen. Bayern gerettet! In der Kgl. Eiienbahnzentralwerkstätte Weiden(Oberpfolz) wurden drei Arbeiter entlassen, weil sie in der Werkstätte während des Faschings eine FaschingSzeitung verteilt hatten, in der angeblich nicht nur die StaatSamornät, sondern auch die Religion und mehrere ZentrumSabgeordnete verhöhnt worden sind. Amilich wird die Maß- regelung der dreiVerbrecher" damit gerech fertigt, daß man die Schuld auf die sozialdemokratische Presse schiebt,die. als die drei Arbeiter zuerst mit einem Verweis bestraft wurden, die Sache inL Lächerliche gezogen habe.. Keine Pest in Kiantschou. Wie das Gouvernement Kiantschou aus Tfingtau meldet, nimmt die Zahl der Pestfälle in der Mandschurei stetig ab. Das Schutz» gebiet Kiautschou ist bisher jeuchenfrei geblieben. frankreick. Die Altersversicherung. Baris, 23. März. Im heutigen Ministerrat unterzeichnete Präsident Falliereö ein Dekret zur Durchführung deS Gesetzes über die Altersversicherung für Industrie und land, liche Arbeiter. Der Ministerrat stimmte Pen Ausjührungs, bestimmungen für das Gesetz zu. foivlaticl. Stolypin bleibt. Petersburg, 25. März. Die Krisis ist beendet. S t o l y p i n b l e i b t auf seinem Posten. In seinem Haus fanix gestern abend ein Ministerrat statt. Durch zwei kaiserliche Er« lasse an den Senat wird befohlen, daß R e i ch s r a t unÄ R e i ch s d u m a die Session vom 25. bis 28. März unter, h r e ch e y, Die Erlasse smd von Stslypin gegengezeichnet,