Sozialrefofm in Cngland.. London, 10. April 1911.(Eig. SSet.)Seit einiger Zeit regt sich wieder das sozialpolitische Gewissender konservativen Partei. Schon nach den ersten Wahlen desJahres 1910 drangen die jüngeren Führer dieser Partei darauf,daß sich die Opposition ein sozialpolitisches Programm zulege, dassie als die unerläßliche Vorbedingung eines künftigen Wahlsiegesansahen. Seit einigen Wochen wird diese Forderung wieder mitWärme von einigen der einflußreichsten konservativen Führer undZeitungen vertreten und jetzt bat sich sogar ein aus achtzig kon-servativen Parlamentariern bestehendes Komitee zun» Studiumsozialpolitischer Probleme gebildet. Unter den Fragen, mit denensich der Ausschuß zu beschäftigen gedenkt, werden genannt: Um-gestaltung der Armengesetzgebung, Sozialversicherung, Wohnungs-und Gesundheitswesen, Schulwesen, Einwanderung, Arbeitslosig-keit, Schwitzsystem, Ausländerfragc. Ein ziemlich umfangreichesProgramm, in dem nur der letzte Punkt, der der Ausländerhetzcentspringt, spezifisch konservativ ist.Es klingt sonderbar, zu vernehmen, daß sich eine konservativePartei mit Problemen beschäftigt, die in anderen Ländern gewöhn-lich nicht zu den Sorgen konservativer Politiker gehören. Weraber die Geschichte der englischen konservativen Partei verfolgt,wird finden, daß es gerade diese Partei war, die auf diesem Ge-biete der Politik Bahn gebrochen hat. Ihre Gegnerschaft zu derliberalen Partei ließ sie an die Masse der Industriearbeiterappellieren und gab diesen eine Reihe Arbeiterschutzgesetze, dienoch heute teils unverändert und im ganzen sehr veraltet inWirkung sind. Die konservativen Führer verstanden es gut, dieMassen gegen die reaktionären Manchcsterleute auszuspielen. DieErweiterung des Wahlrechts und der Schulzwang hatten Elementein die englische Politik gebracht, deren Interessen mit denen derAnhänger des„Laissez-faire" nicht zu vereinbaren Ivaren. Vorallem verstand es DiSraeli, der Reorganisator der konservativenPartei, diese Elemente gegen den Liberalismus auszuspielen.Ehamberlain führte diese Politik später in seinem Unfall-entschädigungsgesetz fort. Seit der Annahme dieses Gesetzes istaber der Quell der konservativen Sozialreform vertrocknet. Inden neun Jahren, während der die konservative Partei nach diesemZeitpunkt noch am Ruder war, lebte sie nur von dem vom Süd-afrikanischen Kriege erzeugten Chauvinismus.Heute sind nun mit dem Chauvinismus keine parteipolitischenGeschäfte zu machen. Die Liberalen kommen den Flottenpatriotenbereitwilligst entgegen und nehmen ihnen den Wind aus denSegeln. Churchill und Lloyd George kokettieren sogar mit demchauvinistischen Gedanken einer Flottenanleihe. Man kann esdaher wohl verstehen, wenn jetzt in den konservativen Reihen derRuf erschallt: Zurück auf Disraelil und wenn man sich anschickt,der konservativen Partei bei der Jndustriearbeitcrschaft wiederZugkraft zu verleihen. Nichts hindert die konservativen Rednerin ihrer Agitation unter dem Volke mehr als die Tatsache, daßdie Liberalen das Alterspensionsgesetz durchgeführt haben. Ueberallwerden ihnen vom Gegner die Worte entgegengeschleudert: Ihrhabt die Alterspensionen nur versprochen, wir aber haben sie ver-wirklicht.Ein Kampf zwischen Konservativen und Liberalen um denVorrang auf dem Gebiete der Sozialpolitik dürfte einen erhebendenEindruck machen. Ob aber die Arbeiterschaft aus dieser bürgerlichenSozialpolitik, die stets mit großen Worten anfängt und mit kleinenTaten aufhört, großen Nutzen ziehen wird, ist sehr fraglich. Dazudarf man nicht übersehen, daß in manchen der von den Liberalengeschaffenen sozialen Gesetzen ein Hintergedanke steckt. Man sehesich zum Beispiel nur die staatlichen Arbeitsnachweise an. diekeiner wirksamen Kontrolle der Gewerkschaften unterstehen und diesich, wie die Erfahrung schon bewiesen hat, leicht als Kampfmittelgegen die organisierte Arbeiterschaft benützen lassen. Deutlichertritt dieser Hintergedanke bei der vorgeschlagenen Sozialversichc-rung zutage. Bekanntlich sollen die Gewerkschaften als Ver-ficherungsorgane herangezogen werden, was natürlich die staatlicheKontrolle der Gewerkschaftsfinanzen und die Schwächung der Ge-werkschaften als Kampforganisationen zur Folge haben würde.Die Arbeiterschaft steht diesen Plänen sehr skeptisch gegenüber undsie hat auch nach dem Osborne-Urteil, das die Law Lords, dieseVertrauensmänner der liberalen und konservativen Partei, gefällthaben, alle Ursache, mißtrauisch zu sein. Nicht allein die fozia-listisch denkenden Arbeiter, sondern auch die mehr rechts stehendenArbeiterführer können sich des Argwohns nicht erwehren. Einangesehener und sehr tätiger Gewerkschaftsbeamter, den ich vorkurzem fragte, ob er die allgemeine Ansicht, daß man bewußtdarauf hinarbeite, die Gewerkschaften zu schröpfen, teile, erwidertemir freimütig, daß auch er diese Auffassung habe.— Die Geschenkedes Feindes sind sprichwörtlich sehr verdächtig und die englischenArbeiter werden sich die hölzernen Pferde, die man ihnen anbietet,zwei- und dreimal besehen müssen, wenn sie der Gefahr entgehenwollen, mit dein.Geschenk auch den Feind in den Mauern auf»zunehmen.poUtifcbe üeberficbt.Berlin, den 18. April 1911.Wieder Lücken!- Die Forderung der in der neuen Militärvorlage de-tvilliaten Mvschinenaewehrkoinpagnien ist u. a. auch damitbegründet worden, daß jede Jnfantentzbrigade eine solchehcckeni müsse. Die neuen Kompagnien sind nun als 13. Kom-pagnie je einem Regiment angegliedert worden und diedeutsche Ärtnee hat jetzt Regimenter zu 13. zu 12 und zu8 Kompagnien. Damit hat die Heeresverwaltung, die angeb-lich bestrebt ist, Lücken zu schließeu, in Wirklichkeckneue Lücken geschaffen. Sie wird also das eifrige Be-streben haben, sobald wie irgend tunlich, die Lücken wieder zuschließen und gleichzeitig wieder neue zu schaffen. Die neuenKonipagnien sind zudem nicht einmal gleichmäßig verteiltworden: denn das Garde- und das 16. Korps haben mehr,das ostpreußische, daS badische und das 13. Korps wenigerMaschinengewehr erhalten. Die neuen Kompagnien könnenüberdies bei größeren Uebungen an jene Regimenter ver-liehen werden, die keine Masckinengeivehrkompagnien haben.Auf diese Weise kann wieder das tollste Durcheinander ein-treten. Das Ende vom Liede ist, daß schließlich für jedesInfanterieregiment eine Mrrschincngewehrkompagnie verlangtwerden wird. Die vom Reichstag angenommene Militärvor-läge ist nur der Vorläufer einererheblichgrößeren.Sind erst die Wahlen vorbei, dann wird die Heeresverwaltungnicht damit zögern, dem Reichstag zu„beweisen", daß diejetzige„H a l b h e i t" unmöglich weiter bestehen bleibendürfe, falls nickt d,e deutsche Armee in ihrer Schlagfertigkeitden schwersten Schaden erleiden solle. So zeitigt diese sonder-bare Art der Ausfüllung vorhandener Lücken sietZ m,ie Forde-Dinge» au öen der SteaLpMiex,Die politischen Umtriebe in den Kriegervereinen.Nack« der Versicherung aktiver und inaktiver Generäle wie dergroßen Staatsmänner, die an der Spitze der Regiernng stehen, sinddie Kriegervereine durchaus„unpolitische" Vereine. DaZhindert natürlich nicht, daß in den Kriegervereinen ungeniert gegendie Sozialdemokratie und die freien Gewerkschaften gehetzt wird.denn die politische Agitation gegen die sogenannten„landes-verräterischen" Bestrebmigen der Sozialdemokratie gehörennach der kuriosen Auffassung der obengenannten Kreisenicht zum Begriff der Politik. Auch gegen bürgerlich-radikale Parteien, Demokraten und Fortschrittler, wird nichtselten in den Kriegervereinen ein bissel agitiert— doch auchdas stempelt natürlich die Kriegervereine nicht zu politischen Vereinen,sondern dient lediglich der Ausklärung der Krieger in patriotischerHinsicht.Ein neues Beispiel dafür, was die Leiter der Kriegervereinealles unter„politischer Abstinenz" verstehen, bietet folgende Meldungder„Voss. Ztg." aus Gotha:Der ehemalige Ehrenvorsitzende des KriegsveteranenverbandcZfür Thüringen. Kommerzienrat Gräbel in Gotha, hat»euerdingSden Ehrcnvorsitz deS Verbandes wieder übernommen. In einembesonderen Schreiben teilt er den Mitgliedern deS Verbandes dieUebernahme des Ehrenvorsitzes mit dem Bemerken mit, daß erkeine Sozialdemokraten in den Kriegervereinen dulden werde. Fernerlegt er ein Flugblatt bei. das die Rede des preußischen Minister»v. Dallwitz über die Vorgänge in Moabit wiedergibt. Für dieim Wahlkreise Gotha wohnenden Mitglieder deS Kriegerverbandeslegt er außerdem noch einen Flugzettel bei. der folgenden Wort-laut hat:„Wahlkreis Gotha. Unser Kandidat sür die nächsteReichStagswahl ist LandtagSabgeordnetcr AmtSgerichtsrat Dr.Wilhelm Stall, Friedrichswerth. Bitte, sorge» Sie dafür, daßHerr Stall gewählt wird. Da? Wahlbureau der rechtsstehendenParteien. Hotel Rosenau, Karl Gräbel i. V."Polizeirecht vor ReichSrecht!In Halle a. d. Saale werden bekanntlich die Partei- und dieGelverlschaftSversaminlungen polizeilich überwacht. Aus eine Be-schwerde bei dem Regierungspräsidenten in Merseburg erklärte diesermerkwürdigerweise die Ueberwachung für gesetzlich gerechtfertigt.Darauf wandte sich der Reichstagsabgeordnete Albrccht als Vor-sitzender deS sozialdemokratischen Vereins für Halle undden Saalekreis an den Lberpräsidenten in Magdeburg. Auchdieser hat jetzt erklären lassen, er betrachte die lieber-lvachmig der Versammlungen des sozialdemokratischen Vereins durchdie Polizei als rechtmäßig. MS„Begründung" wird angegeben,„daß der Verein nach der sehr erheblichen räumlichen Ausdehnungdes Gebietes, daS er umsaßt und nach seiner bedeutende» Mitglieder-zahl so groß und die Verbindung unter den einzelnen Mitgliederndaher eine so lose ist, daß die VereinSversammlungen nicht als ge-schlossene, sondern als öffentliche Versammlungen anzusehen sind."Nun wird daS Oberverwaltungsgericht zu entscheiden haben, obdas Reichsvereinsgesetz in Halle endgültig durch preußisches Polizei-recht ersetzt werden kann._Fleischnot.Nach den von: NeichSstatistischen Amt veröffentlichten Ausweis überdie»Zahl der beschauten Schlachttiere" im letzten Quartal desJahres 1910 ist gegen das Borjahr 1909 abermals ein sehr erheb-licher Rückgang der Schlachwngen zu verzeichnen. Die Zahl derTiere, an denen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vorgenommenwurde, betrug:im letzten Viertel« im letzten Viertel«jähr 1910 jähr 1909Pferde.... 48823 31509Ochsen.... 152962 166812Bullen.... 99 647 113 028Kühe.... 439330 302652Jungrinder.. 269 087 833 397Kälber.... 963437 1 180396Schafe.... 609200 721597Ziegen.... 116 333 133 336Hunde.... 2368 2 443Gegen diese Rückgänge ist nur eine geringe Steigerung derSchwcineschlachtungen von 4278 294 auf 4 690891 Stück zu ver-zeichnen. Damit ist aber die Zahl von 4 343 370 Stück aus den,letzten Vierteljahr 1907 noch nicht einmal erreicht. Trotz diesergeradezu niederschmetternden Zahlen bestreiten natürlich Agrarierund Regierung nach wie vor jede Fleischnot.Rachen.Köln...Koblenz..Düsseldorf.Trier..Münster.Minden.Arnsberg1. Dezember 191036 46448 49717 616103 37912 16336 19517 55971106I. April 191136 9434893317 32408 002980931 64016 68168 634Der entlarvte offiziöse Wahlschwindel.In einem alldeutschen Blatte war letzthin die Behauptung auf-gestellt worden, daß Fürst Bülow die Absicht hatte, dem Block-reichstag gleich bei seinem Zusammentreten die Finanzreform vor-zulegen, und daß er nur auf Zureden einflußreicher Blockführerdavon Abstand genommen habe. Fürst Bülow hatte es aus Anfrageabgelehnt, fich'zu diesen Behauptungen zu äußern, und in dieserWeigerung erblickte daS alldeutsche Blatt eine Bestätigung seiner Be-hauptung. DaS durste die Regierung natürlich nicht unividersprochenlasten und deshalb muß die„Neue Gesellschaftl. Korrespondenzverkünden, daß eö sich um«inen Irrtum handle. WaS dem Reichetagesofort vorgelegt werden sollte, das sei eine Teilreform desdamaligen SchatzsekretärS Freiherrn v. Stengel gewesen, die nurden Tabak und den Branntwein schärfer fassen sollte. Gegen dieVorlage diese« Stückwerkes habe sich Fürst Bülow gewehrt, erwollte ganze Arbeit haben.Diese„Klarstellung" verdient, festgehalten zu werden. Gegenda« Ende des Wahlkampfes von 1907 zu, hatte unser« Presse be«hauptet,> daß neue Steuern kommen iverden und daß die Vorlagenbereit» six und fertig seien. Von der gesamten offiziösenPresse ist die Nachricht al« sozialdemokratischerSchwindel bezeichnet worden, und nun auf einmalerfährt man, daß damals in der Tat Vorlagen vor-Händen waren, die auf eine Erhöhung der Tabak«und der Branntweinsteuer hinausliefen. DieOffiziösen haben also damals gelogen, und sie haben bewußtgelogen, um die Wählermassen irre zu führen.Wenn schließlich noch versichert wird, daß Fürst Bülow sich inseinen Entschließungen von nationalliberalen Politikern nicht habebeeinflussen lassen, so mag daS stimmen, ist aber völlig belanglosfür die Tatsache, daß der Steuerraubzug bereit» während de» Wahl-kampfeS beschlossene Sache war. Der Wert offiziöser Versicherungenwird damit wieder einmal hell beleuchtet.Der Rückgang des katholischen VoltSvereinS in Rhein-land und Westfalenmacht den Schwarzen arge Kopfschmerzen. 1910 entfielen von632 645 Mitgliedern 336 818 auf Rheinland und Westfalen. Seit-dem ist aber ein erheblicher Rückgang zu verzeichnen. Die Volks«vercinsleiwng berichtet, das Mitglieder zu verzeichnen waren in denRegierungsdezirken:Die VolkSvereinSleitung stellt ausdrücklich fest, daß nicht überall,sondern nur in einzelnen Gegenden, ja in einzelnen Orten einRückgang zu verzeichnen sei, der das Gesamtbild ungünstig beein-flusse, während es in manchen Orten vorwärts gehe. Schlachten-bummler könne man aber bei den bevorstehenden Entscheidung--kämpfen mit den Gegnern jeder christlichen Gesellschaftsordnung.vor allem der Sozialdemokratie, nicht brauchen, deshalb seisystematische Arbeit notwendig.An Mitgliedern zugenommen haben nach der Aufftellimgnur die Regierungsbezirke Aachen und Köln, alle ande*n sind zurückgegangen und zlvar Koblenz um 292. Düsseldorf um 5377, Trierum 2334. Münster um 3353. Minden um 878 und Arnsbergum 2152.___Landtagsnachwahl in Baden.Der Führer der bürgerlichen Demokraten in Baden, Realschul-direktor Dr. Heiinburger. ist geisteskrank geworden. Seine Wieder-genesung erscheint ausgeschlossen. Es wird deshalb die Frage auf-geworfen, ob das Mandat de» fortschrittlichen Abgeordneten undzweiten Vizepräsidenten der badischcn Volkskammer durch die Er-krankuug erloschen sei. Nach der badischen Verfassung erlischtdie K a m m e r- M i t g l i e d s ch a f t„durch Wegfall einer der fürdie Wählbarkeit maßgebenden Voraussetzungen". Daß unter diesenVoraussetzungen auch die geistige Gesundheit zu verstehen ist. dünktunS zweisellos.Durch diese Erkrankung wird also im Kreise Lahr-Land eineNachwahl nötig. Bei der Wahl 1909 wurden dort 2091 konservative,1840 demokratische und 1037 sozialdemokratische Stiimnen ab-gegeben. In der Stichwahl siegte der Demokrat durch sozial-demokratische Unterstützung mit 2947 gegen Lö7ö konservativeStimmen.Der konservative Landtagsabgeordnete. Landratv. Negelrinist am Osiersonutag in Marburg a. L. tödlich verunglückt. SeinWagen stieß in der Nähe des Marburger Bahnhofes mit einen»Automobil zusammen. Negelcin erlitt einen Schädelbruch, an dessenFolgen er starb; seine Gattin und der Kutscher wurden schwer, diebeiden anderen Insassen leicht verletzt.Herr v. Negelein loar neben dem Abgeordneten v. Dithsurthder einzige Landrat, der als konservativer Landtagsabgeordneter fürdie Kanalvorlage stimmte._Republikanische Gastfreundschaft.Am Sonnabend, am Tage vor dem christlichen AuferstehungS-feste, erhielt in der christlichen Republik Hamburg der österreichischeBauarbeiter Alösch den Ausweisungsbefehl zugestellt, wonach erbinnen 24 Stunden das Staatsgebiet verlassen mußt«. Zur Er-läuterung sei bemerkt, daß A. kein LrbeitSivilliger ist, sondern erwar tätiges Mitglied de» BauarbeiterverbandeS und hatte sich beider vorjährigen Aussperrung wegen Vergehens gegen den ominöse»§ 153 der Gewerbeordnung eine fünftägige Gefängnisstrafe zu-gezogen, die vom Reichsgericht bestätigt wurde. Am Freitag hatteer die Strafe verbüßt, am Sonnabend wurde ihm die LuSweisungS-order zugestellt. Die republikanische Polizei arbeitet, wie man sieht,recht prompt._franhmcb.Die Winzerunruheu.Reim», 18. April. In E p e r n a y und Umgegend herrschtegestern Ruhe. Nach einer vorläufigen Aufstellung desbisher angerichteten Schadens beträgt dieser mindestens20 Millionen. Mehrere Verhaftungen sind gestern Wiedervorgenommen Worden. Einer Blättcrmeldung zufolge sind dieEreignisse der letzten Tage das Werk eines Geheim-k o m i t e e s, dessen Hauptquartier sich in Bois le Roi in derNähe von Ventcuil befand. Die Weinbauern gehorchten denBefehlen dieses Geheirnkomitees. Sie versammelten und zer-streuten sich entsprechend gewissen Signalen, die ihnen die zubefolgende Taktik vorschrieb. Die Plünderungen und Angriffegegen daS Privateigentuin sollen auf die Anordnungen diesesK omiteeS zurückzuführen sein. Die Zahl der Verhaftetenbclänft sich bisher ans 120.__Ein neuer Skandal.Die Pariser Polizei verhaftete Sonntag den RechtsanwaltV a l e n s i, den Neffen eines GenerelS, der seit längerer Zeit einenumfangreichen Handel mit Orden und Diplomen betrieb.Man fand bei ihm mehrere Diplome für die akademischen Palmen.die er zu verkaufen versuchte. Valensi behauptete, die Diplome vondem früheren Untenichtsminister Doumergue erhalten zu haben.Er habe sich diese Diplome durch Bermittelung einer intimenFr eund in dcö Ministers verschafft. Ein Pariser Kausinann halte füreineö der Diplome 6000 Fr. gezahlt. Die Polizei glaubt, in Valensi dasHaupt einer internationalen Agentur für den Handel in i t O r d e ngefaßt zu haben. In der Tat hat die Untersuchung auch ergeben, daßValensi und sein mit ihm verhafteter Freund Clementi, derGründer einer.Nationalen HumanstStSltga". nicht nur Diplomebestehender Orden gefälscht, sondern auch vollständig erfundeveDekorationen unter dem Rainen„Goldener Halbmond von Marokko"und„Goldenes Kreuz von Italien' verkauft haben. Die letztereOrdenSauSzeichming hat Valtnft u. a. einen, Poltzeikommisjarvon Lille verkaust._Die Unterschleife im Ministerium de» Aeußern.Paris, 13. April. Wie verlautet, hat die Untersuchung gegenden verhafteten K a s s e n d i r e k t o r deS Ministeriums de» AeußeruH a in o n bereits zahlreiche Fälle von Betrug und Vernn-r r e u u n g e„ ergebe». So soll festgestellt sein, daß Homon ausdem Geheimfonds deS Ministeriums 73000 Frank entwendet habeSin Maler, der sür die Gebäude der Wiener Botschaft Arbeiten inHöhe von 17 000 Frank ausgeführt hatte, erhielt die Suinme erstnach mehrjährigem Drängen, mußte aber eine Empfanz'bsicheiniguugüber 30000 Frauk ausstellen.Snglanck.Anölandische Verbrecher.London, 13. April. DaS Unterhaus ist heute nach Be-endignug der Osterfcricn wieder zusanimengetreten. MinisterChurchill legte ein Gesetz vor betreffend eine wirksamereUeberwachung ausländischer Verbrecher und zurBerhütimg der Berübung von Verbrechen durch Ausländer. DerMivister hgb hervor» daß in vielen Füllen Fremd«, ine«ige» Ogp