offenMcht, und daS ist in diw zweiten Gerichtsverfahren vom Gerichtausdrücklich festgestellt worden.(Hört! hört! bei den Sozialdemo-traten.)Die Aktenstücke über die Leipziger Ortskrankenkaste beruhen aufder Beschwerde zweier Firmen, die sich darüber beschweren, daß einAngestellter, dem Unfähigkeit gar nicht vorgeworfen wird, in seinergewerkschaftlichen Organisation geblieben istund dadurch gegen die Interessen der Unternehmer handelt. Sicschreiben wörtlich:„Der Mann, der das Brot der Unternehmer ißt, darf nicht gegenihre Interessen agitieren".In Wirklichkeit zahlen die Unternehmer nur ein Drittel der Beiträgeund auch dieses wird den Arbeitern vom Lohn ab-gezogen.(Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.)Das ist ja von Regieruiigsseite früher anerkannt worden.Der Leipziger Kassenvorstand hat sich auf den einzigkorrekten Slandpunkt gestellt und es abgelehnt, aus seinerstrengen Neutralilät in den wirtschaftlichen Kämpfen heraus-zutreten. Er überläßt es vielmehr nach wie vor seinenAngestellten, sich außerdienstlich gewerkschaftlich oder politisch zu be-täligen, wie es ihnen beliebt.(Lebhaftes Sehr richtig! bei denSozialdemokraten.) Gibt es eine neutralere und objektivere Stellung-nähme I Weiter wirst man den Kassenverwaltungen finanzielleMißwirtschaft vor. Richtig ist dagegen, daß in die finanziellenVerhältnisse erst Ordnung gekommen ist, seit die Sozialdemokraten und diegewerkschaftlich organisierten Arbeiter Einfluß aus die Kassenvcrwaltungbekamen. Früher erniedrigte man die Beiträge, um die der Unternehmerniedrig zu halten und vernachlässigte den Reservefonds.(Sehr wahr I beiden Sozialdemokraten.) Erst die organisierten Arbeiter brachtenOrdnung in die Schlamperei und Lodderwirtschast, sie bewähnensich alswahre Kasscn-Dernburgs(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten), und zum Dank will man siejetzt auch rausschmeißen. Es wird nun behauptet, die Unter-nehmer würden in den Kassen majorisiert, es bestände kein harmo-nisches Zusammenarbeiten. Dabei hat in S9 von 100 Fällen volleEinmütigkeit in den Kassenvorständen als Resultatdes praktischen Zusammenarbeitens trotz der sich gegenüberstehendenmateriellen Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer geherrscht.Als der Kommerzienrat Meyer in Pforzheim aus Aergerdarüber, daß er nicht wieder zum Vorsitzenden der Krankenkasse ge-wählt wurde, die Behauptung aufstellte, die Sozialdemokratie sucheihre Machtgelüste im Kasscnvorstand zu befriedigen, hat auf Be-schwerde des Kassenvorstandes das Großherzogliche Bezirks-a m t festgestellt, daß eine solche Behauptung jeder Begründung ent-behre.(Hört I hört I bei den Sozialdemokraten.) In dem MöllerscheuBuche werden eine Menge unwahrer Behauptungen gegen Krankenkassenerhoben. So protestiert der Tischlerinnungsobermeisterin Breslau gegen die Behauptung, daß die Tischlerkasse sozial-demokratischem Einfluß unterliege und Geld verschleudere.Die Erwerbung eines Genesungsheims für 30 000 Mark sei vielmehrein Gewinn für die Kasse.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.)Ein Beispiel, aus welchen Gründen unter Umständen Unternehmeraus Kassenvorständen austreten, will ich aus Luckenwalde an-führen. Dort beschloß der Äassenvorstand. daß die neu errichtetestädtische Badeanstalt von den Kranken zu benutzen sei. DieUnternehmer aber wollten einem privaten Badeanstalts-be sitzer die Kundschaft nicht entziehen und deshalbtraten sie aus dem Vorstand aus.(Hört! hört! bei denSozialdemokraten.) Die Amtsniederlegung von Unternehmer-Mitgliedern des Kassenvorstandes in Offenbach a. M.wurde nach Untersuchung vom Magistrat für rechtSunwirksambezeichnet. ES wurde festgestellt, daß die Herren in den Vorstands-sitzungen» in denen sie maiorisiert sein wollten, gar nicht an-wesend gewesen waren, also gar nicht versucht haben, ihrenEinfluß geltend zu machen.(Hört! hört, bei den Sozialdemo-kraten.) Die allgemeinen Verdächtigungen, daß der Vorhand derKasse politische Ziele verfolge, lehnte der Bürgern, eister mitvollem Recht ab, nachzugehen, so lange nicht positive Be-hauprungen in dieser Richtung aufgestellt würden.(Sehr gut!bei den Sozialdemokraten.)— Was die Angriffe gegen die M a g d e»burger Kasse anlangt, so hat derReichsvcrbändler Rechtsanwalt PistoriuSseinerseits erklärt, er lege nur aus Zeitmangel sein Amtnieder, er habe von bl Sitzungen nur 5 besuchen können; aberderselbe Herr schreibt an den Magistrat, die Terrorisierung durchdie Arbeiter, habe ihn zur Amtsniederlegung gezwungen.(Hört!hört! bei den Sozialdemokraten.) In Chemnitz waren es gemeine Erpresser, die angebliches Material gegen den Vor«stand der Krankenkasse für eine Broschüre lieferten.(Hört! hört!bei den Sozialdemokraten.) Auch ein Arbeitgeber aus Krefeld,der seit zehn Jahren dem Vorstand einer dortigen Krankenkasse an-gehört, protestiert energisch in einer Krefelder Zeitung gegen die Be-hauptung von dem angeblichen sozialdemokratischen Terrorismus inden Krankenkassen, der nur in den Köpfen von Leuten spuke, diekeine Ahnung davon hätten, wie in den Vor-ständen von Krankenkassen gearbeitet würde.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Auch die Behauptungenüber die DienstanstellungSverttäge beruhten, wie er sagt,aus Unkenntnis, verbunden mit ticfbcdauerlichcr Gehässigkeit.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Die angeblich sozialdemokratischen Machenschaften entspringenden Kündigungsbestimmungenin den Anftellungsverträgen entiprachen genau den An-Weisungen des preußischen Ministers für Handelund Gewerbe.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) DieAnstellungsverträge mit den Beamten sind entstanden als eineArt Notwehr angesichts der Hoffmannschen Vorschläge, die Orts-krankenkassen den Gemeindeverwaltungen anzu-gliedern, um die Beamten einigermaßen sicherzustellen. Dieunerhörte Behauptung, man habe mit diesen Verträgen ein Herrvon Verbrechern vor Entlassung schützen wollen, blieb demGrasen Westarp vorbehalten, einem Manne, der sich fürobjektiv genug hält, als Berwaltungsrichter Recht zu sprechen. Manmuß dieperverse Moral der preußischen Junkerbesitzen, um hinter solch harmlosen Verträgen solche Absichten zu ver-muten.(Lebhaste Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) DerBerliner Dezernent der sozialpolitischen Abteilung des Magistratshat die vom Grafen Westarp so scharf gerügten Bestimmungen überdie Entlassung der Kassenbeomten durchaus gebilligt. Undwarum ist denn die Aufsichtsbehörde nicht gegen die angeblicheZüchtung einer Vcrbrecherkolonie eingetreten? Graf Westarp sprachvon 750 Verträgen, er verschweigt aber, daß das nicht etwa Kassen-Verträge sind, sondern Einzelverträge.(Hört! hört! bei denSozialdemokraten.) So bricht ein Pfeiler nach dem anderen desganzen Lügengebäudes zusammen.(Sehr wahr! bei den Sozial-demokratcn.)Ich will darauf verzichten, weiteres Material vorzubringen. Ichbin hier nicht der Verteidiger der Krankenkassen, sondernAnkläger gegen die Bcrlcumduugen,die gegen die Kassen geschleudert worden sind. Ich habe ja nicht dieHoffnung, daß diese Verleumdungen nun aufhören werden. Diepolitische Gehässigkeit gegen meine Partei ist viel zu vielL c b en S-element für Sie, als daß Sie Ihre Haltung ändern könnten.Die.N a t i o n a l l i b e r a l e Parteikorrespondenz" hat auch IhreBlockmitgliedschaft dadurch zu verdienen gesucht, daß sie ebenfallsVerleumdungen gegen unsere Partei veröffentlicht. Als wirin der Presse aufforderten, Namen zu nennen, lehnte sie dasab, erklärte aber, daß ihr Material jedem zur Verfügung stehe, so-fern er einen vertrauenertveckenden Eindruck mache und die Gewährbiete, daß er die Kenntnis der Akten nicht zu Racheakten gegenüberden Einsendern ausnutze. Als ich dann Einsicht in das Materialerbat, wurde mir die Erlaubnis verweigert, einemAnhänger der Sozialdemokratie könne man sie nicht gestatten.(Hört!hört! bei den Sozigldemokrgten.) Ebeiffo verweigerte wm die Einsicht dem Vorsitzenden der Zentrale für das deutscheKranke nkassenwesen, Herrn Simanowski.(Hört! hört!bei den Sozialdemokraten.) So sieht die ganze Gesellschaft aus IGraf Westarp, der Rcichverband und die Männer der„Nationallibcralcn Korrespondenz", ein würdiges Tri»in der Bekämpfung der Ortskrankcnkasscn!Man will verleumden, man will entrechten, und da muß manScheingründe anführen, um die Entrechtung nach außen hin einiger-maßen zu rechtfertigen. Der Block der Rechtsräuber wirdseine Politik fortsetzen, auck wenn die Widerstnnigkeit und Unsinnig«keit seiner Angriffe noch so klar erwiesen wird. Ich habe ja nichtdie Hoffnung, daß Sie unsere Anträge annehmen. Wenn Sie klugsein wollen, tun Sie es. Tun Sie es nicht, so wird auch dieseSaat dereinst zu Ihrem Verderbe» sein.(Lebhafter Beifall bei denSozialdemokraten.)Vizepräsident Schultz: Sie haben vorhin von der perversenMoral der preußischen Junker gesprochen. Ich nehme an. daß Siedamit den Grafen Westarp nicht gemeint haben.(Abg. Eichharn: Doch!) Dann rufe ich Sie zur Ordnung.(Zurufebei den Sozialdeniokraten: Für die Beschimpfungen unserer Parteiist Graf Westarp nicht zur Ordnung gerufen.)ES sind drei Anträge aus namentliche Abst i m m u n g eingegangen, zwei von dem Abg. Bebel undGenossen und einer von den Polen.Staatssekretär Delbrück: Die Regierungsvorschläge sind zum Teilvon der Kommission erheblich abgeändert worden. Ich werde nach-her noch darauf eingehen. Die Regierungsvorschläge sind scharfkritisiert worden als Entrechtung der Arbeiter, der Sozialdemokratie.Prüfen wir ruhig diese Kritik. Durch Vorbringung einer Fülle vonEinzelmaterial ist die Frage des Mißbrnuchs der Kassen nicht z nlösen. Die Vorschläge der Regierung sind aufgebaut auf der jähr-zehntelangen Entwickelung der Krankenkassen. Diese EntWickelunghat zur Zentralisation der Kassen gedrängt mit einem gewissenRecht, denn je größer die Kasse ist, desto leistungsfähiger ist sie.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Kassen haben sichzusammengeschlossen und bilden jetzt eine Macht, die zweifellos auchgebraucht werden kann zu anderen Zwecken, als sie der Gesetzgebergewollt hat. Es fragt sich nun, ob die alte Organisation derKrankenkassen bei dieier Entwickelung noch ausreicht. Was ist SelbstVerwaltung? Sie ist die Befugnis öffentlich rechtlicher Korporationenihre Angelegenheiten durch selbst gewählte Organe nach allgemeinengesetzlich aufgestellten Normen zu verwalten unter möglichstem Aus'schluß überflüssiger Eingriffe der Staatsgewalt. Aber eine SelbstVerwaltung ohne Eingriffe des Staates gibt es nicht, fie ist undenkbar.Große öffentliche Organisationen, die sich des Schutzes des Staateserfreuen, bedürfen auch seiner Aufsicht, um nicht die Gefahr aus-kommen zu lassen, daß sie zu Zwecken gebraucht werden, die mitden staatlichen Zielen und ihren eigenen Ausgaben nicht vereinbarsind. In den großen Krankenkassen, die sich im Laufe der Zeit ent-wickelt haben, ist eine ganze Beamtenhierarchie ent-standen, die durch die ganze Art ihrer Tätigkeit prädestiniertist, Träger aller möglichen politischen Bewegungenzu werden, die mit ihren eigentlichen Aufgaben nichtszu tun haben. Wir müssen die Garantie haben, daß die ausöffentlichen Mitteln bezablten Leute absolut unparteiischtätig find. Dazu gehört in erster Linie eine Sicherstellung derBeamten gegen Einflüsse von innen und von außen. Wir wollenverhindern, daß nicht eintritt, was man der Regierung so häufig,meist mit Unrecht, vorwürft, daß sie Beamte entläßt, weil fie sichpolitisch mißliebig gemacht haben, daß nicht in die StellenPersönlichkeiten geschoben werde», deren Vorbildung und derenVerdienste nicht auf dem Gebiet des Kassenwesens liegen.(Zuruf bei den Sozialdemokraten I Militäranwärter I) Eshandelt sich hier nicht um die Frage der Militäranwärter. GrafWestarp hat sich nur gegen unberechtigte Vorwürfe gegen dieMilitäranwärter gewandt. Wenn die Behörde gegen gewisse Ver-träge bei Anstellung von Beamten nicht früher eingeschritten ist, sodeshalb, weil sie davon keine Kenntnis erhalten hat und weil auchnach dem geltenden Recht die Möglichkeit der Auffichts-behörde, dagegen einzuschreiten, sehr beschränkt ist.(Wider-spruch bei den Sozialdemokraten.) Jedenfalls kann uns nichtder Vorwurf schwerer Ungerechtigkeit gemacht werden, wennwir Borsorge treffen wollen, daß nicht Verträge abgeschlossen werden,die gegen die guten Sitten verstoßen, und wenn wir Sicherheit da-gegen schaffen würden, daß die Einrichtungen der Kassen für Zweckemißbraucht werden, für die sie nicht bestimmt sind. Einzelfälle vonsolchen Mißbräuchen haben Sie selbst zugeben müssen.(Zuruf beiden Sozialdemokraten: Bei Behörden kommen auch Miß-bräuche der Amtsgewalt vor!) Gewiß, aber da gibtes auch die gesetzliche Bestimmung, wonach ein solcher Be-amter versetzt oder aus dem Dienste entfernt werden kann. DieseMöglichkeit wollen wir auch in den Kassen haben. UnS sind Beschwerden zugegangen, daß Beamte, die sich in langer Arbeit be-währt haben, entlassen worden sind, um anderen Platz zu machen.deren Qualifikation durch nichts erwiesen war, von denen man aberwußte, daß sie sich im Interesse einer bestimmten Partei betätigthatten.(Zuruf b. d. Soz.: Wo denn?) Es sind Beschwerden an unsgelangt, wonach Kontrolleure ihr Amt dazu benutzt haben, um dieMitglieder zu fragen, ob sie organisiert sind.(Zuruf bei den So-zialdemokraten.) Es gibt ein altes Sprichwort: Wo viel Rauch ist,ist auch Feuer, und nach der Masse des Rauches zu schließen, derhier aufgewirbelt ist, wird man wohl nicht mit Unrecht auf ein be-trächtliches Feuer schließen müssen. Daher haben wir nur unserePflicht getan, wenn wir die nötigen Maßnahmen vom Reichstag ver-langen, um Vorsorge zu treffen, daß dies Feuer nicht beirächt-lichen Umfang annimmt. Von einer Beschränkung der politischenBetätigung der Kassenangestellten kann keine Rede sein. Esheißt vielmehr ausdrücklich im Gesetz, daß keinem Angestellten einerKasse die Stelle gekündigt werden soll mit Rücksicht auf einepolitische oder religiöse Betätigung außerhalb des Dienstes.Und wenn die Aufsichtsbehörde zu der Auffassung kommt, daßder Beamte über das Maß hinaus seine amtliche Befugnis zurAgitation für politische oder religiöse Ziele gemißbrauchthat, so soll der Mann erst verwarnt werden. Ebenso wenigist von einer Beschränkung der Selbstverwaltung die Rede.Wir haben mit vieler Ueberlegung die Kautelen, von denen ich sprach,nicht in eine verstärkte Aufsicht der Behörden gelegt, sondern in dieKassenorgane, dadurch, daß wir versucht haben, den Einfluß derArbeitgeber in der Kassenvcrwaltung zu steigcrn. Also nicht derLandrat, nicht der Bürgermeister greift zunächst ein, sondernArbeitgeber und Arbeitnehmer in der Kasse haben sich dar-über zu einigen, ob ein Beamter qualifiziert ist usw. underst, wenn eine Einigung nicht erzielt ist..tritt dieBehörde ein. DaS ist in jeder Städteordnung für den Fall bestimmt.daß sich Stadtverordnete und Magistrat nicht einigen können. Aberdies Einschreiten der Aufsichtsbehörde kommt fast nie vor, weil ebendie Beteiligten sich sagen: wir fahren besser, wenn wir uns einigen.Ich habe� als Oberbürgermeister stets diesen Standpunkt vertreten.Die Beschränkung der Selbstverwaltung ist also so milde,wie sie nur gedacht werden kann. Auch die Kautelen derKommission bewegen sich im wesentlichen in der Richtung, wiesie die Vorlage gewünscht hatte. In bezug auf die Fürsorge inKrankheitsfällen, die Kassenleistungen, also das, was die Arbeiteram meisten interessiert, bleibt eS bei den bisherigen Bestimmungen.da die Halbierung der Beiträge durch das bisherige Verhältnis 1: Sersetzt ist. Ich habe eine endgültige Entscheidung derVerbündeten Regierungen über diesen Kommisstonsbeschluß nochnicht herbeigeführt. Aber es handelt sich hier um eineFrage, über die man ein Gesetz nicht scheitern lassenkann, das so große Vorteile bringt.(Bravo! rechts.)Abg. Manz(Vp.): Wir legen den größten Wert auf die Be-stimmungen über die Dienstordnung. Ausnahmebestimmungen aberzuungunsten der Arbeitervertreter in den Kassenlehnen wir ab. Man will durch das veränderte AbslimmungS»Verhältnis eine Verständigung zwischen Arbeitgebern und Arbeiternherbeiführe, ahfl die Bestimmung«» sind vielmehr geeignet.Störuitgen und fortgescßte Schwierigkeiten in der Verwaltung de»Kassen herbeizuführen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)Geheimrat Caspar bestreitet, daß der Erlaß einer geeignetenDienstordnung ausreichen werde, um alle Schwierigkeiten zubeseitigen. Herr Eichhorn überschätzt die heutigen Befug-nisse der Aufsichtsbehörde. Sie waren vielfach nicht in der Lage.einzuschreiten, weil sie von den Verträgen gar keine Kenntniserhielten. Das bekannte Vertragsformular ist aufgestellt von denHerren Frätzdorf und Giebel, also Männern, die der Sozial-demokralie nicht fernstehen. Der Grundsatz, daß Sozialdemokratenbei der Anstellung von Kassenbeamten zu bevorzugen seien, wirdvon sozialdemokratischen Kassenvorständen nicht nur i» der Theorievertreten, sondern auch in der Praxis geübt. Redner führt einzelneFälle an, bleibt aber im Zusammenhang auf der Tribüne un«verständlich. Kündigungen von national gesinnten Kassenbeamtenkommen sicher in Massen vor, gelangen aber nichtan die Oesfentlichkeit, weil die betreffenden wirtschaftlicheSchädigung fürchten.(Abg. Heine: Wenn sie gekündigt sind, dochnicht mehr!)Abg. Becker-Arnsberg(Z.): Einer der entschiedensten Bekämpferdes politischen Mißbrauchs der Kraukenkassen war der Abg. Dr.M u g d a n. Die freisinnigen Vertreter haben in der Kam-Mission durchweg für die Mehrheitsbeschlüsse inSachen der Krankenkassenorgane gestimmt.(Lebh.Hört! hört! bei der Mehrheit.) Ich bin durchaus der Ueberzeugmig,daß ließ er treib im gen bei den Angriffen auf die Kranlenlassenvorgekommen sind.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) DieRegierung kam nun zunächst mit dem Halbierungsvorschlag. Gegendielen Vorschlag wandten sich zahlreiche Stimmen auch ausden Kreisen der Arbeitgeber. Besonders die kleinen undmittleren Arbeitgeber erklärten, die Mehrbelastung von 56 Millionennicht tragen zu können, die eine Halbierung der Beiträge statt derbisherigen Drittelung gebracht hätte. Von den Arbeitern erllärtensich mindestens S9 Prozent gegen dieHalbierung,zumal auch unter Hinweis auf die trüben Erfahrungenmit den Knappschaftskassen. Darum wandten sich auchdie Zentrums Vertreter in der Kommission mit aller Entschiedenheitgegen die vorgeschlagene Halbierung und es gelang uns, siezu Fall zu bringen. Es bleibt bei den zlvei Arbeiterdrittelnund damit bei dem ausschlaggebenden Einfluß der Arbeiterauf die Leistungen der Kasse. Und das ist doch daSWichtigste, den Sozialdemokraten aber scheint daS AnsiellungSrecht, daSRecht, jeden xbeliebigen Sozialdemokraten in der Kajsenverwaltnngunterzubringen, wichtiger zu sein, als das Recht der Arbeiter, dasMaß der Leistungen zu bestimmen.(Sehr wahr I bei der Mehrheit.)Den Versicherten kommt es auf die Höhe des Krankengeldes an,nicht darauf, ob Kunz und Klaus sie auszahlt.— Die christlicheArbeiterschaft stimmt, ohne deshalb alle Einzelheiten zu b e-grüßen, den Grundgedanken der Neuregelung des Anstellungs-rechts zu. Einmal stimmt sie zu, weil die Regierung inkeine Neuregelung des Versicherungswesens einwilligt, tvennnicht Garantien gegen politischen Mißbrauch geschaffen werden.Aber daS ist nicht der einzige Grund. Die christlichnationaleArbeiterschaft billigt auch deshalb die KommissionSbefchlüsie. weil siedie in ihnen enthaltenen Maßnahmen für notwendig hält zur Neu-trolisierung der Kassen, und diese Reutralisierung als dringend ge-boten erachtet.— Auf dem Kölner christlichnationalen Gcwcrk-schaftskongreß habe ich ausdrücklich daS Vorhandensein von Miß-brauchen konstatiert und habe hinzugefügt, man könne dieExistenz dieser Mißbräuche nicht wegleugnen, weil man sienicht auf Punkt und Komma nachweisen könne; eSläge in der Natur solcher Mißbräuche, daß ein derart mathematisch-genauer Nachweis nicht möglich i st.— Die von Dr. Möller--dessen Ausführungen ich mir keineswegs sämtlich zu eigen mache—verklagte Mannheimer„Volksstimme" schreibt:„Bei der Ge-legenheit wird ja auch herauskommen, welche Mannheimer Kassen-beamtcn Herrn Dr. Möller Material geliefert haben. Und daS wirdja immerhin ein Erfolg sein."(Hört! hört! bei der Mehrheit.)Angesichts dieser unverhüllten Drohung(Sehr wahr I beider Mehrheit) nehme ich von meiner ursprünglichen Ab-ficht Abstand, an einer Reihe von Einzelfällen nachzuweisen,daß die Auswahl von Kassenvorständen und Kassenbeamtenunter dem Gesichtspunkt sozialdemokratischer Parteiinteressenerfolgt.— Selbstredend würde ich es auf das entschiedenste ver»urteilen, wenn die Regierung versuchen sollte, Kassenbeamte zu ver-drängen, weil sie Sozialdemokraten sind. Wir vom Z e n-trum haben es stets gemißbilligt, wenn jemand seiner politischenAnschauung wegen gemaßregelt wird.(Heiterkeit links.) Was wirmißbilligen, ist die Besetzung der Kassenstellungen mit sozialdemo-kratischen Agitatoren ohne Rücksicht auf ihre Fähigkeiten. Christlichoder hirsch-dunckerisch organisierte Arbeiter werden nicht einmal alsKrankenkontrolleure angestellt. In Benrath hat der Kassen-vorstand sich bei Gemeindewahlen in politischem Sinne für dieSozialdemokratie eingesetzt.(Hört! hört! rechts und im Zentrum.)Viele christliche Arbeiter haben erfahren, was eS heißt, eine andereMeinung zu haben, als die sozialdemokratische Mehrheit. In derKommission verlangte man. ich solle Namen nennen. Ich tue dasnicht; denn solche armen Teufel würden eS zu büßen haben.(Sehrrichtig I im Zentrum.) Man braucht solche Menschen nicht zu prügelnoder gleich tot zu schlagen und kann ihn doch so peinigen.daß er sogar zum Selbstmord greift.(Lebhafte Zu-stimmung rechts und im Zentrum.) Christliche Arbeiterwerden auch im Erkrankungssalle durch schikanöse Kontrolle gepeinigt,in München wurde ein Arbeiter, der seine AuSgehzeit nur umeine Viertelstunde überschritten hatte, mit dem dreifachenKrankengelde bestraft.(Hört! hört! im Zentrum.) Erst die Auf-sichtsbehörde setzte die Strafe aus daS einfache Krankengeld herab.(Hört! hört! iin Zentrum.) Ebenso werden die christlichen Arbeiterin den Knappschaftskassen drangsaliert. In unserer Pressekönnen Sie zahlreiche solche Fälle finden. Auch auf dem Kölnerchristlichen Gewerkschastskongreß haben wir diesen Standpunkt ver-treten. Selbst bis in daS Krankenzimmer der christlichenArbeiter dringt der Haß sozialdemokratischer Krankenkassen»lontrolleure. DaS liegt an den dauernden Angriffen dersozialdemokratischen Presse gegen die Christlichen und Hirsch»Dunckerschen. Aus Aachen wird sogar berichtet, daß chnstlichsArbeiter von sozialdemokratischen Kollegen in Unfallgefahrgebracht worden sind.(Unruhe bei den Sozialdemokraten.)Ob es wahr ist, wird an anderer Stelle zu prüfen sein.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Man schildert uns in dersozialdemokratischen Presse als Verräter in einer Weise, daß keinHund ein Stück Brot von uns nehmen würde, wenn das alles wahrwäre. Man sagt, die christlichen Arbeiter werden uns wegenunserer Haltung in dieser Frage in Scharen verlassen. Aber nachmeiner Stellungnahme in der Kommission haben die christlichenGewerkschaften um 20 000 Mitglieder zugenommen, und sie werdeniveiter wachsen, weil für uns ist die Freiheit, für uns ist das Recht.(Bravo! rechts und im Zentrum.)Hierauf vertagt das Hau» die Wciterveratung auf Freitag12 Uhr._WasserstandS.Naartchte»tSaiserstandMemel, TUMBrezel, JnsterdurgWeichsel, Thor»Oder, lltattbor» Kroflen, FranksurtWarthe, Schrimm, LandsbergNetze, VordammElbe, Leiwieritz» Dresden» Nardt). Magdeburg■w»)* HM« m-* d wmm