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die Sozialdemokraten seine Widerspruchsbollen Offenherzigleiten. Als er abtreten wollte, wurde er vonsozialdemolratischerSeite dringend ersucht, seine interessanten Ausführungen fortzusetzen. Geschmeichelt machte er kehrt, um die Rednertribüne wieder zu erklimmen, wurde aber leider von seinen entsetzten Freunden an den Nockschöben zurück- gehalten. In scharfer Weise wandte sich dann Genosse Hoch gegen die kläglichen Beschönigungsversuche der Herren Caspar und Arn- st a d t, deren Ausführungen jeder Logik und jeder Gerechtigkeit ins Gesicht geschlagen hätten. An der Geschichte unserer WirtschaftS- Politik wies Hoch nach, wie die Agrarier für die Landarbeiter immer nur Worte und keine Taten gehabt hätten, leere Versprechungen und tückischen RechtSraub; wie ferner die Handlanger des Agrarier- tumS in der Negierung jederzeit bereit seien, ihren arbeiterfeindlichen Pläne» zur Durchführung zu verhelfen. Genosse Molkenbuh r ergänzte diese Darlegungen noch durch den Hinweis darauf, daß die Aus- schaltung der Arbeiter auS den Wahlen bei den Landkrankenkassen auch den Einflub der gesamten Arbeiter auf die Zusamniensetzung der höheren Versicherungsinstanzen schwer beeinträchtigt. Genoffe Lehmann- Wiesbaden nagelte dann das Zentrum auf seine Trappistentaktik fest. Ebenso schwiegen aber auch die National- liberalen und die Antisemiten, alles Parteien, die sich als Freunde der Landarbeiter aufspielen. Die wohlverdienten Strafen werden bei den kommenden Wahlen diesem Verrat, der Arbeitermaffen nach- folgen. Bei der Abstimmung wurden dann alle die E n t r e ch t u n g S- Paragraphen durch den Block von Westarp bis Bassermann wiederum a n g e n o nnn e n. Gegen andere Bestimmungen der Kassenorganisation wandten sich wiederum vergeblich die Genoffen Busold, Büchner, Sachse. Schlieblich trat Genosse Geck auch für einen Antrag der Sozialdemokraten ein, die Ausbeutung der Krankenkassen durch die Apotheken zu hindern, wobei er an Einzelfällen nachwies, welchen enormen Nutzen die Apotheken beim Verkauf von Arznei- Mitteln jetzt nachweisen. Bei der Abstimmung über diesen Antrag blieb die Sozialdemokratie allein in der Minderheit. Ilm 4>/, Uhr wurde die Sitzung dann auf Montag vertagt. Alis dem albanischen Aufstandsgebiet. UeSknb, 10. Mai 1911.(Eig. Ber.) Uesküb ist in fieberhafter Aufregung. So könnte man es im deutschen   Reporterstil bezeichnen, wenn überhaupt der Orientale jemals der fieberhaften Aufregung fähig wäre. �Gegen Ende Mai soll der Sultan   auf seiner längst ge- Planten Reise in die europäische   Türkei   hier anlangen und linn werden überall mit großer Regiekunst Potemkinsche Dörfer hervorgezaubert. Tic alte Römerbrücke über den Wardar   ziert ein eisernes Geländer, eine Hauptstraße ist für den großhcrrlichen Besuch eigens geschaffen worden und wird fleißig beschottert und überall wachsen Triumphbogen aus dem Boden. Aber im Grunde genommen weiß eigentlich kein Mensch. lob diese Herrlichkeit an den Mann gebracht werden kann. Denn drei, vier Tagereisen weiter nach Nordwesten brodelt es lebhafter, als sich die Jungtürken   noch vor ganz kurzen! -träumen ließen.Ein neuer Aufstand", hatte vor acht Wochen der Kriegsministcr Mehmud Schewket Pascha in der Kammer stolz erklärt,ist vollständig ausgeschlossen", und drei Tage darauf flammte es um Skutari aus. Heute müssen die Dinge schlecht stehen, denn man erfährt über ihren Ber- lauf hier weniger als etwa in Wien   und Verlin, denn die etwas wissen könnten, die Offiziere, schweigen sich gründlich aus und den Zeitungen schließt die Zensur für unangenehme Dinge vielleicht noch energischer den Mund als in den Tagen des würdigen Abdul Hamid  . So ist man lediglich auf den Küstenklatsch" angewiesen, der im Orient besonders üppig ins Kraut schießt, und der weiß allerdings zu berichten, daß die Aufstandsbetoegung sich mit jedem Tage weiter ausbreitet und bald aus dein Wilajet Skutari in das Wilajet Kossovo übergetreten sein wird. Was diese Auffassung zum mindesten sehr stark unter- stützt und nicht in den Bereich desKüstenklatsches" gehört, sind die Militärzüge, die, was von Truppen in Saloniki ge- landet wird, nach Albanien   werfen. Für den Güterverkehr war Tage lang die Strecke Saloniki-Mitrowiza gesperrt und lediglich Truppen, Munition und Geschütze, Geschütze, Muni- tion und Truppen rollten in endloser Reihenfolge vorbei. Jreilich geben die Jungtürkcn als Zweck der Hebung die große Parade an. die bei der Anwesenheit des Sultans in Prischtina   auf dem Amselfelde, dem Schauplatz der berühmten Schlacht, stattfinden soll. Zu dieser harmlosen Tätigkeit sind bis jetzt siebzigtausend Mann in diesen Teil Al» baniens geworfen worden, und rechnet man die Truppen hin- zu, die sich nördlich von Skutari mit den Rebellen herum- schlagen, so kommt man bald auf die Zahl von hundert- 'Kaufend Mann, die im Sommer des Vorjahres die Türkei   in Albanien   konzentriert hatte. Ueberlegt man, welche Summen die Unterhaltung solcher Massen in diesem unwirtlichen Lande verschlingt, so bekommt man dadurch allein schon einen Begriff davon, wie sehr Albanien   zu den faulen Punkten der jungen Türkei   gehört, die übrigens ihren reaktionären Cha- rakter von Tag zu Ta� mehr hervorkehrt. Und eigentlich ist man sich in den intelligenten Kreisen Mazedoniens   darüber einig, daß der albanische Ausstand nur eines von den An- zeichen für die kommende Loslösung der europäischen   Türkei  von dem ottomanischen Reich ist. Ohne Eisenbahnen ist Al- Hamen selbst nicht zu halten, und jeder Versuch Eisenbahnen zu bauen, treibt die Arnauten von neuem in Aufstände hinein, ganz abgesehen davon, daß die türkische Regierung angesichts der ungeheuren Schwierigkeiten und bei ihrem notorischen Mangel an flüssigem Gelds diesen Versuch sobald nicht machen wird. Inzwischen wird an den Triumphbogen weiter gebaut und Waggon um Waggon mit scharfer Munition rollt nach 'Rordm zu Paradczweckenl poUtifchc CUberlicht. Berlin  , den 13. Mai 1311. Zweckverband und Wohnnngselend. Am Ssnnavend hat im DreiNassenhause die zweite Lesung des Groß-Berliner gweckverbenbSgesetze» begonnen. Wir haben das Gesetz nach Beendigung der so umfangreichen KommissionSberatnng ausführlich gewürdigt und können seinen Inhalt im allgemeinen wie seine bureaukratisch-reakiionären Instanzen im besonderen als unseren Lesern bekannt voraussetzen. Genoffe Dr. Liebknecht übte nochmals gründliche, aber bei dieser Mehrheit natürlich vergebliche Kritik, in der er auch die Erwähnung kmnmuiialsreisianiger Kurzsichtigkei't nicht vergoß. Sehr intereffant war die Ausführlichkeit, mit der sich die Redner «t» den bürgerlichen Fraktionen gegen den großzügigen Antrag der Sozialdemokraten äuf Ausdehmttig der Verbandszwecks auf das Volksschulwesen, die Armen-, Kranken- und Waisenpflege und die Regelung des Steuerwesens wendeten. Sogar der Polizeiminister v. Dallwitz bequemte sich zu eingehender Erwiderung auf den Antrag derHerren Sozialdemokraten" und ein Rip van Winkle  , der die neudeutsche EntWickelung des Parlamentarismus und ministeriellen Beredsamleit verschlafen und erst zur Zweckverbands- debatte wieder aufgewacht wäre, hätte nimmermehr annehmen können, daß dieser sachliche Debatter ei in schönen Moabiter   Tagen auch verstanden hat, Gerichtsurteilen vorzugreifen und Gerichtsurteile au den Kopf zu stellen.. Nur des Oberpräsidenten v. Zedlitz und Neukirch Exzellenz brauchte sich nicht erst lange mit dem Antrag der Sozial- demokraten abzugeben, denn, wie er anerkennend meinte, Freund Cassel hatte ihn schon völlig totgeschlagen I Sehr interessant war die Blamage der Konservativen mit: hrem von den Herren v. Brandenstein und Dr. v. KrieS eingebrachten Antrag, dem Zweckverband den Bau von Kleinwohnungen nicht zu übertragen. Als Berichterstatter der Kommission, die diesen Volks- freundlichen Antrag abgelehnt hat, hätte Herr v. KrieS seinen Antrag bekämpfen müssen, woran ihn auch der Zentrnmsabgeordnete W ü r m e l i n g zart mahnte. Dieser Redner machte übrigens eine sehr treffende Bemerkung über das Wohnungselend und die Unfähig- keit unsozialer Gemeindeverwaltungen, sie wirksam zu bekämpfen. Aber er vergaß hinzuzufügen, daß dos unsoziale Gebaren gewisser Groß-Berliner   Gemeinden durch das Hausbesitzer- Privileg bedingt ist und daß die löbliche Zentrums- Partei durch ihr unentwegtes Eintreten für uferlose Rüstungen, für Wucherzölle und indirekte Steuern konsequent den Anteil des VollscinkommenS schmälert, der für Wohnung ausgegeben werden kann. Ein Vortrag über die Wohnungsfrage, den Unlversitätsprofcffor E b e r st a d t den Dreiklaffenmännern Freitag abend gehalten hatte, scheint nicht ohne Wirkung gewesen zu sein, denn der für die Konservativen äußerst kennzeichnende Antrag wurde abgelehnt. Die Beratung gedieh bis zum§ 7. Montag wird sie fort- gesetzt._ Konservative Lügen. DieNationalliberale Korresp." hat gestern den ge- meinen, niederträchtigen Ton gerügt, in dem der konservative Abgeordnete Graf v. Westarp im Reichstage seine aus den Lügen und Fälschungen der konservativen Presse zusammen- geholten Reden vorzutragen pflegt, und den Herrn Grafen be- schuldigt, durch seine provozierenden Manieren jüngst die Tumultszenen" im Reichstage hervorgerufen zu haben. Diese durchaus richtige Ansicht hat den Zorn der Konserv. Korrespondenz" herausgefordert. In einerDie fehlende Di stanz" überschriebenen Notiz erklärt sie:I Die unerquicklichen Szenen, die sich bei der Beratung des die Kaffenorgane und Kassenangestellten betreffenden Abschnittes der ReichsversicherungSordnung während der Rede des konservativen Abg. v. Westarp im Reichstage abgespielt haben, sind ein Beweis dafür, wie sehr die Sozialdemokratie um ihren Einfluß in den Krankenkaffen besorgt ist. Daß ein Abgeordneter mutvoll und furchtlos den Finger auf eine schwere Wunde in unserem öffentlichen Leben legt, daß er dem Gebrüll, den Schimpf- und Wutausbrüchen der Sozialdemokraten tapfer standhält, sollte ihm von allen bürgerlichen Parteien gedankt werden; ein Vergnügen, solche Dinge vorzubringen und sie beim rechten Namen zu nennen, ist eS wahrlich nicht. Die.Nationalliberalef Korrespondenz", daS parteioffiziöse Organ der nationalliberalen Partei, fühlt sich nicht berufen, daS Verhalten des Grafen Westarp irgend« wie anzuerkennen. Sie übt vielmehr an der Rede eine abfällige Kritik, in der sie ihren.provokatorischen Charakter besonders kennzeichnen zu muffen glaubt. Die .Korrespondenz" schreibt weiter:.Graf Westarp   führte die jeder- mann geläufigen Nachweise der sozialdemokratischen Kassen- Mißwirtschaft an, wußte in diese Aufzählung aber derart auf- reizende Anmerkungen einzuflechten, daß man ihn zum mindesten von der Mitschuld an den späteren Skandal- szenen nicht freisprechen kann.... Diese Art der Polemik muhte notwendig zu den Tumultszenen führen, die sich dann auS dem Folgenden entwickelten." Wir können uns nicht helfen, wir vermissen wieder an dieser Auslassung des offiziösen Organs der angeblich berufenen Mittel- Partei die nötige Distanz zu der Sozialdemo- kratie. was umso unbegreiflicher ist, als seinerzeit die .Nationalliberale Korrespondenz" selbst Material zur Mißwirtschaft in den sozialdemokratischen Krankenkassen beigetragen hat. DieKonservatwe Korrespondenz" erblickt also in den provokatorischen Redeleistungen des Grafen v. Westarp ein hoch einzuschätzendes politisches Verdienst. Wir sind in diesem Fall mit dem journalistischen Kommis des Herrn von Heydebrand gänzlich einverstanden wenn auch aus anderen Gründen, als die ehrsame.Konservative Kor- respondenz". Die Reden des Herrn Grafen rufen nicht nur in der Volksmasse die schärfste Erbitterung hervor und wirken dadurch für uns agitatorisch, sondern sie bieten auch unserer Presse eine günstige Gelegenheit an einzelnen Aussprüchen nachzuweisen, in welcher schamlosen Weise auf konservativer Seite gefälscht, gelogen und entstellt wird. Die ohnehin in weiteren Volkskreisen verbreitete Ueberzeugung, daß in den konservativen Reihen vielfach das innerlich verlogendste Gesindel zu finden ist, wird dadurch wesentlich gestärkt und das ist ganjj nützlich. Wir haben erst in gestriger Nummer gezeigt, wie skrupellos der die hehre konservative Moral vertretende Graf v. Westarp die Verbreitung kon- servativer Fälschungen besorgt. Universität und Kriminalpolizei. Wie wir gestern mitgeteilt haben, hat die Fortschritts- Partei des Abgeordnetenhauses ihre Unterschriften für die Ein- bringung einer Interpellation über den Fall Dubrowsky verweigert; offenbar war ihr der Wortlaut der Interpellation zu radikal. Immerhin hat sie sich entschlossen, selbst zu inter  - pellieren. Die Anfrage hat folgenden Wortlaut: »Ist der königlichen Staatsregierung bekannt, daß dem rufst- scheu Studenten Demetrius D u b r o w s k h das Studium an der hiesigen Universität versagt worden ist? Durch welche Organe und nach welchen Grund- sähen wurden in diesem Falle und werden im allgemeinen die politische Zuverlässigkeit und der Besitz der erforderten Subsistenz- mittel bei ausländischen, insbesondere russischen Studenten geprüft?" Man sieht, der Erwähnung der schmählichen Beihilfe, die die Universität der Kriminalpolizei gewähren muß, ist sorgsam aus dem Wege gegangen._ JubiläumSsihuug des Tentschen Handelstages. In der Aula des neuen KolleqiengebiiudeS am Ludwigsplatz fand heute vormittag 11 Uhr die Festsitzung des Deutschen HandelstageS aus Anlaß der Feier seines övjährigen Bestehens statt. Eine große Zahl von Ehrcitgäftcn au» allen Teilen des Reiches waren erschienen. Namentlich hatte» die Deutschen   HvldelZlammttu vollzählig Depu- tationen entsauht.,-L J:, v. Präsident Kasmpf begrüßte den Großherzog, den Reichskanzleti die übrigen Ehrengäste und die ganze Versammlung mit einer Er« öffnupgsrede. Der Großherzog von Baden und der Reichslanzter antworteten in längeren Ansprachen. Ihre Reden wurden mit rauschendem Beifall aufgenommen, ebenso dos Danktelegramm des Kaisers auf die gestrige Huldigungsdcpesche. Großen Beifall fanden auch die Begrüßung des Prorektors, Geheimrats Professor Dr. v. Duhn, des badischen Finanzministers Rheinboldt, des preußischen Handelsministers Sydow, des Eisenbahntaris- kommissionspräsidenten Rüdlin, des Honsabnndpräsidenten, Ge- Heimen Jnstizrats Rießer, des Ausschußmitgliedes des deutschen  LandwirtschasrsrateS Saenger-Diersheim und des Vorsitzenden der Deutschen Handwerks- und Gewerbekammer, Ober- meisters Plate-Hannover, sowie der Vertreter der auswärtige» Handelskammern, des Präsidenten Olesen-Kopenhagen, des Präsi- denten Legrnnd-Paris, des Präsidenten Tomalin-London und des Präsidenten Ruoff-Rottcrdam. Die Festreden hielten der Präsident Kämpf und der General« sekretär Dr. Soetbcer. Beide schilderten in langen Ausführungen die gewaltige Entwickelung von Industrie und Handel in dem ver- flossenen halben Jahrhundert._ Zur elsast-lothringischen Verfafsungsfrage. DieNordd. Allgcm. Ztg." kommt in ihrem Wochenrückblick auf die Kommiisionsverhandlungen über die elsaß  - lothringische Ler- faffungsreform zurück und schildert die augenblickliche Situation folgendermaßen: Die Verhandlimgen der Kommission für die elsaß  -lothringische Verfassungsreform sind am Donnerstag zum Stillstand gekommen. Ob sie mit Aussicht auf Erfolg wieder aufge- nommen werde» können, ist heute nock nicht zu übersehen. Nach den Aeußernngen der Parteiprcsse besteht, wie es scheint, nach wie vor bei einer Mehrheit des Reichstages der Wunsch und der Wille, die Reform zustande zu bringen. Zu- gunsten einer optimistischen Auffassung der Lage wird angeführt, daß die Abstimmungen am Donnerstag mehr von Zu- fälligkeiten abhingen, als von der Absicht getragen waren, das Gesetz scheitern zu lassen. Auch hätten sie keine Kar- dinalpunkte der Vorlage betroffen, über alle» Wesentliche sei viel- mehr eine Einigung vorhanden geivesen. Vielfach wird daher der Standpunkt vertreten, daß es im Plenum gelingen werde, über die strittigen Fragen, da sie nicht von prinzipieller Be- deutung seien, eine Verständigung herbeizuführen. Ob diese Hoffnung berechtigt ist, muß abgewartet werden. Vomguten Ton" in der Politik. Die.Kölnische VolkSzeitung" wendet sich gegen die in deutschen   Blättern vielfach erhobene Klage über die Verwil» derung des Tones in der politischen Diskussion. In den Parlamenten anderer Länder gehe es im Vergleich zu Deutschland   sehr erregt und derbe, unter Umständen auch handgreif- lich zu, und waS die Presse betreffe, so sei der Ton in Deutschland  vergleichsweise immer noch höflicher und anständiger als anderswo. Außerdem könne festgestellt werden, daß in Deutschland   der Ton in der Presse sich seit Begründung des Deutschen Reiches ganz be- deutend gehoben habe. Damals habe der Parteikamps oft pöbelhafte Formen angenommen, Bismarck   sei der Meinung gewesen, daß nur die Artikel, die recht derb geschrieben waren, entsprechende Wirkung hätten. Der Artikel de« ZentrumSblattes schließt: Wirkliche Roheiten wollen wir natürlich keineswegs beschönigen, und daß im Wahlkampfe solche auch vorkommen, ist ja unbestreit- bar. Man muß aber bedenken, daß der politische Kampf wie wenig andere Ursachen geeignet ist, die menschlichen Leidenschaften zu er- Hitzen, und nicht jedermann hat sich so in der Gewalt, um ihrer Herr zu werden. Wer dergleichen nickt ertragen kann, wer zu ästhetisch veranlagt oder zu nervös ist, um eine ihm entgegenfliegende drastische Redensart zu ertragen, der tut am sichersten, dem politischen Kampfe fernzubleiben. EH wird ja keiner dazu gezwungen. Wir können eben die Natur der Menschen nicht ändern, und wo Holz gehauen wird, fallen Späne. Leidenschaftslose Menschen schimpfen nicht, aber er» sahrnngSgemäß interessieren sie sich auch selten für Politik Die politischen Reiter sind in der Regel lohende Temperamentsmenschen, die sich nicht einmal durch Anlegung eines Maulkorbes zähmen lasten, denn sie beißen ihn durch. Die sensibelen Naturen, die gerne eine politische Rolle spielen möchten, aber empfindlich find wie ein rohes Si, sollen sich einer anderen Beschäftigung widmen." Veteranenfürsorge. In den konservativen Versammlungen wird zurzeit in allen Tonarten daS Lied von der Fürsorge für die Veteranen gesungen. Besonders wird hervorgehoben, daß es gelungen sei, durch da» ReichSwertzuwachSstcuergesetz für die Veteranen noch 5 Millionen ilüsfig zu machen, so daß jetzt der Reichsregierung zu diesem Zwecke 26 Millionen zur Verfügung ständen. Wie aber die Verteilung dieser 26 Millionen unter den Kriegsinvaliden entfolgt, daS verschweigen die Junker. Hier wie überall wird nach Gunst verfahren. ES steht meist ganz im Belieben des Landrats, wer die Beteranenbeihilfe er- halten soll. Hierfür ein Beispiel. Der 69 Jahre alte Landarbeiter Schröder au? Bahn ist von dem Kreisarzt als Invalide erklärt worden, darauf beantragte er die Beteranenbeihilfe, erhielt aber olgenden Bescheid: . G r e i f e n h a g e n, den 22. März 1911. Ich lehne es ab. für Sie die Veteranenbeihilfe zu beantragen, weil Sie nach den angestellten Ermittelungen wegen Jagdvergehens vorbestraft smd. Der Landrat. I. A.: Schwenke, Regierungsassessor." DaS hier angeführte Jagdvergehen bestand darin, daß Schröder vot 20 Jahren mit einem Jagdgewehr über ein Jagdrevier gegangen war und dafür 20 M. Geldstrafe bezahlt hat, außerdem ist er nie bestraft worden. Interessant ist, daß in demselben Bahn zwei Personen wohnen, die mit ö00 M. Geldstrafe wegen Jagdvergehen« bestraft sind, die aber trotzdem ihre Beteranenbeihilfe erhalten, allerdings sind diese beiden stramm patriotisch._ Lelgien. Ein Schachzug der Klerikale«. Brüssel, 12. Mai. Da die Ausschüsse der Kammer, denen da» Schulgesetz der Regierung zur Beratung vorliegt, wegen de» Ueberwiegens der Opposition zu keinem Resultat ge» langen, haben die Mitglieder der katholischen Partei in der Heu, tigen Sitzung der Kammer da» Schulgesetz als Initiativ, a n t r a g nochmals eingebracht. Die Durchberatung dieses An, trageS ist gewährleistet, da die für den Monat Mai auS- gelosten Ausschüsse eine Mehrheit für big Katholiken ergebe» habe». Spanien  . DaS Attentat auf Maur  ». Barcelona  , 12. Mai. Manuel Posa, der atn SS. Jultz 1910 den früheren Ministerpräsidenten M a u r a auf dem Bahn, Hof in Barcelona   durch einen Revolverschuß verwundet hatte, wurde heute zu drei Jahren und siebe» Monate» Ge» sängnis verurteilt. Rußland. Eine neue Partei. Petersburg, 13. Mai. Etwa zwanzig Mitglieder der Duma, darunter der Vizepräsident WolronSki, sind aus der Na- t-onalistenpartei ausgetreten, um eine neue Fraktion z» bilden. Diese nennt sich Parte, der unabhängigen Ratio, nqllstcn und sieht zwischen den Nationalisten und den Okto, ÄfftWü DA MMPgutt ifccl Programms zjt Äartwg fea