SteiajStbee, aber ohne russisch-nationalistischen ChaWMmuSgegenüber den fremden Stämmen im Reichs �'Mrokko.AufstandLvcrsuche in Fes.Paris, 12. Mai. Die Agence Havas meldet aus Fes vomK. Mai: Die Ernennung Zerautis zum Pascha der Stadt istfür notwendig erachtet worden zur Unterdrückung der von derBevölkerung gemachten Versuche, sich zu empören, wie siesich gestern bei dem Angriff der Aufrührer gezeigt haben. MehrereBanden benutzten die Gelegenheit, um Läden zu plündern,wobei einige Personen getötet wurden. Der Wachsen hat energischeMaßregeln ergriffen und namentlich die Wachtposten verstärkt. DieAufrührer wiederholten durch Abgesandte ihre Bemühungen, dieAbdankung Mulah Hafids durchzusetzen, wobei sie dasVersprechen abgeben ließen, daß den Europäern kein Leid geschehensolle.'_Beschleunigung des Marsches nach Fes.Paris, 13. Mai. In einem unter dem Vorsitz des Präsi-denten Falliöres abgehaltenen Mini st errat machteC r u p p i Mitteilung von Meldungen, die der französischeKonsul in Fes unter dem 6. Mai abgesendet hat. Nachdiesen Meldungen ist die Lage immer bedenklicher ge-worden. Ter Angriff am 4. Mai konnte nur mit Müheabgeschlagen werden. Die Verbindungen mit dem Innerenwerden alle Tage schwieriger. Lebensmittel und M u-n i t i o n werden knapp. Der Sultan hat noch einmalin dringendster Form schriftlich um die Unterstützungder französischen Truppen gebeten. Die Nachricht von derniilitärischen Intervention Frankreichs ist in Fes von dereingeborenen Bevölkerung, die sich in ihren Interessen ernst-lich bedroht fühlt, sowie von den europäischen Kolonien undden Mitgliedern des Machsen sehr freudig(?) aufgenommenworden.Der Ministerrat war der Ansicht, daß es unter diesenUmständen angezeigt sei, die schon früher dem General Moi-nier erteilten Weisungen zu bestätigen und ihm vorzu-schreiben, den Marsch der Hilfskolonne zu be-schleunigen, um Fes zu entsetzen, das nur fürdieunbedingtnotwendigeZeitbesetztgehal-t e n werden soll.Im weiteren Verlauf des Ministerrates teilte Kriegs-minister B e r t e a u x Depeschen des Generals M o i n i e rvom 11. d. M. mit, wonach die fliegende Kolonne E l K n i t r averlassen habe und auf der Höhe von Sidi Ayach in einGefecht mit einer Reitereiabteilung der Beni Hassen ver-wickelt worden sei. Tie Kolonne habe ihren Marsch fort-gesetzt.mnerika.Militaristische Agitation.Washington, 12. Mai. Generalstabschef Generalmajor Woodbefürwortete in der Militärkommission des Repräsentantenhausesden Plan der Aufstellung ständiger Rcservekorpsaus ausgedienten Soldaten und führte aus, die Armee müsseauf einer stärkeren Kriegsbasis stehen trotz der Ab-rüstungSbewegung; eine Abrüstung der Nationen sei einTraum von Träumern.Wechsel im Kriegsministerium.Washington, 12. Mai. Der Staatssekretär des KriegesDj ck i n s o n ist zurückgetreten. In einem Brief an Präsi-dciit Taft gibt Dickinson als Grund seines Rücktritts persönlicheGeschäfte an. Taft hat das RücktrittSgesuch mit dem Ausdruck desBedauerns angenommen. Zum Siachfolger Dickinsons ist S t i m.s o n, ein fortjchrittlicher Republikaner, ausersehen, der sich voreiniger Zeit um den Gouvcrneurposten in New Jork beworbenhatte.Mexiko.Ausbreitung des Aufstandcs.Chihuahua, 12 Mai. Der ganze Distrikt von D u r a n g ound T o r r e o n mit den dazwischen gelegenen Orten befindetsich in einem an Anarchie grenzenden Zustande.Tie Aufständischen haben Torreon, Durango, Zacatecas undParral umzingelt. Zweitausend Ausständische rücken gegenChihuahua vor; eine bewaffnete Menge hat einen Vorortvon Nombre de Dios angesichts der 1500 Mann starken Besatzung geplündert._Freie Waffenzufuhr.Washington, 12. Mai. Nach einer Sitzung des Kabinetts wurdeheute Oberst Stcever, der Kommandant von El Paso, von demStaatssekretär des Krieges angewiesen, alle regelmätzigen Schiffs-ladungen, die das Zollhaus pastieren, zur Einfuhr nach Jua-rez zuzulassen. Dies bedeutet, daß das Militär die Zufuhrauch von Waffen. Munition oder Lebensmitteln, die im Zoll-Haus deklgriert werden, nicht hindern wird.Hiiö der Partei.„Die Sozialdemokratie, wie sie leibt und lebt."Die umangreich« Sammlung von Schmähschriften gegen dieSozialdemokratie ist um eine neue Rummer bereichert worden.Unter obigem Titel ist im Verlag von Otto Elsner, Berlin,eine Flugschrift erschienen, deren Verfasser sich„A r m i n i u snennt, weil er sich vermutlich schämt, sein Machwerk mit seinemwirklichen Namen zu decken. Nach der Ncichsverbcmdspresse sind inder Schrift Aussprüche sozialdemokratischer Führer und Blätterzusammengestellt, also eine Art Zitatensack. Die„Deutsche Zei-tung" meint selbst, daß diese Aussprüche meist bekannt sind: weilsie aber übersichtlich zusammengestellt wurden, können sie im Wahl-kämpf gute Dienste leisten. Die Schrift ist zur Diassenverbreitungbestimmt und vermutlich werden die Wählermassen in der nächstenZeit mit diesen aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten über-schlvcmmt werden._Eine Erbschaft der geeinigten Partei.Ein in Los Angelos in Kalifornien ansässiger französischerRestaurateur. Victor Dolle, der kürzlich unter Hinterlassungeines großen Vermögens gestorben ist. hat der gceimgten französi-schen Partei ein Legat von 75 000 Frank vermacht, das der Partei-organisation von T o u l o n zugute kommen soll. Zur Verwendungdes Legats in diesem Sinne bevollmächtigte den GenossenV a i l l a n t._polizeiliches, Ocrichtlichca ufw.Wieder ein MajestStSbeleidigungSProzeß.Vor der 4. Strafkammer des Essener Landgerichts hattensich am Freitag, den 12. Mai, die Genossen Adam Woicie-cho w s k i° Dortmund und Äiecislaus P i e rz i n s k i- Essenwegen angeblicher Masestätsbeieidigung zu verantworten. DemVerfahren gegen die Genaimtei' lim nach der Anklage sol-gendcr Borgang zugrunde. Am 20. März 1910 fand im RestaurantRauhbach in Esten eine Mitgliederversammlung der Essener Filialeder polsijch-soziqsdxWolxatifcheN stfiil» 3«dieser resericrke Genosse Woiciechotvski, der Sekretär der polnisch-sozmldemokratischen Partei im rheinisch-westfälischen Industrie-bezirk, über„Versicherungsfragen und Dynastie". Woiciechowski re-wrierte in polnischer Sprache. In seinen Ausführungen soll ersich der lNajestätsbeleidigung schuldig gemacht haben. Die Maje-stätsbeleidigung des zweiten Angeklagten wird in einem Zwischen-ruf gefunden. Das Bezeichnendste an dem Prozeß ist, wie die An-klage zustande kam. Vor der fraglichen Versammlung ließen sichzwei angebliche polnische Arbeiter in die Partei aufnehmen. Diesebeiden angeblichen Arbeiter sind heute die Kronzeu-gen des Staatsanwalts und haben sich inzwischen alsBureaubeamter Student und BureauvorsteherMischltewitz entpuppt. Der Angeklagte Woiciechowski be-streitet aufs entschiedenste, die ihm zur Last gelegte Aeußerunggetan zu haben, Pierzinski behauptet, überhaupt nicht ander fraglichen Versammlung teilgenommen zu haben. Meh-rere Versammlungsteilnehmer haben erklärt, daß die inkri-minierten Aeutzerungen nicht gefallen seien. Eigentümlich be-rührt die Behandlung der verschiedenen von dem Verteidiger R.-A.Frank I-Dortmund gestellten Anträge. Genosse Woiciechowskihatte die Ladung von 4 Zeugen beantragt, zu denen er schon vorder ftaglichen Versammlung geäußert hatte, er müsse sich in denpolnischen Versammlungen in Essen sehr in acht nehmen, da siezweifellos von Vertrauenspersonen der Polizei bespitzelt würden.Aus dieser Tatsache soll gefolgert werden, daß Woiziechowski schondeshalb in seinen Ausführungen vorsichtig war und sicherlich nichteine solch klotzige Beleidigung aussprechen würde, wie sie von denSpitzeln behauptet wird. Der Antrag, die vier Zeugen zu laden,wurde abgelehnt. Ferner beantragte die Verteidigung die La-'dung des Essener Polizeipräsidenten, der bekunden sollte, daß sichdie beiden Spitzel in die polnische Versammlung im Auftrage derPolizei eingeschlichen hatten und daß sie sich im gleichen Auftrageals Arbeiter in die polnisch-sozialdemokratische Partei aufnehmenließen. Der Polizeipräsident werde die Richtigkeit dieser Behauptung bestätigen müssen. Die Ladung des Polizeipräsidenten wurdemit der Motivierung abgelehnt, daß es ohne Bedeutung für dieGlaubwürdigkeit der Spitzel sei, auf welche Weise sie in die frag-liche Versammlung hineingekommen seien.Die Verhandlung fand unter völligem Ausschlußder Oeffentlichkeit statt. Aus der Beweisausnahme ver-dient hervorgehoben zu werden, daß im Gegensatz zu den beidenSpitzelzeugen zwölf Teilnehmer der fraglichen Versammlung eid-lich bestätigten, die inkriminierten Aeußerungen seien nicht ge-fallen. Bei Feststellung der Kenntnisse der polnischen Sprache derbeiden Kronzeugen erklärte der gerichtliche Dolmetscher, daß diebeide? Spitzel die polnische Sprache nur mangelhaft beherrschtenund daß ein Irrtum dieser Zeugen bei der Uebersetzung nicht aus-geschlossen erscheine. Es wurde ferner festgestellt, daß beide Spitzelwegen Körperverletzung, der eine einmal, der andere viermal vor-bestraft sind. Für die Bespitzelung der fraglichenVersamnilung haben die beiden Herren je 150 M.von einem Königlichen Kriminalkommissar inEssen erhalten. Die Spitzel haben sich auch im Auftrage des-selben Kommissars in die Versammlung eingeschlichen. DerStaatsanwalt Leiße meint, daß gegen die Tätigkeit derSpitzel nichts einzuwenden sei. Auch seien diese uw-bedingt glaubwürdig, wohingegen bei den Entlastungszeugen be-rücksichtigt werden müsse, daß diese sämtlich zur Partei der Ange-klagten gehören. Der Staatsanwalt beantragte gegen Woiciechowski7 Monate und gegen Pierzinski 4 Monate Gefängnis. Nach sieben-stündiger Beratungsdaucr verkündete der Vorsitzende folgendes Ur-teil: Das Gericht hat die Anwesenheit des Angeklagten Pierzinskiin der Versammlung nicht für erwiesen erachtet; auch bezüglich desAngeklagten Woiciechowski hat das Gericht nicht für erwiesen er-achtet, daß die inkriminierten Worte gefallen sind. Trotzdem glaubedas Gericht, daß die Belastungszeugen ihre Aussagen nach bestemWissen getan haben. Bei den"dialektischen Verschiedenheiten nimmtdas Gericht an, daß die Belastungszeugen in dem Dialekt der Ange-klagten nicht genügend bewandert waren. Unter den gegebenenUmständen hat das Gericht jedoch auf Freisprechung der An-geklagten erkannt und die Kosten der Staatskasse auferlegt.Der gerichtete Polizeibertcht.Als Wilhelm II. zur Zeit der Königsbcrger Gottesgnaden-Proklamation im August 1910 auch nach Danzig kam, antwortetenunsere Genossen auf das byzantinische Delirium der bürgerlichenHurrapresse mit einer Volksversammlung, in der Genosse Crispienüber„Millionen für den König, Fußtritte für das Volk" sprach.Der Verlag der freifinnigen„Danzigcr Zeitung" lehnte als Pächterder Plakatsäulen in üblicher Praxis den Anschlag von Plakatenmit der Begründung ab, daß auf dem Polizeipräsidium nicht ge-wünscht werde, daß S. M. das Thema zufällig zu lesen bekomme.Nach verhältnismäßig langer Zeit wurde Ivcgen des Referatsauf Grund des 8 110 des Strafgesetzbuches Anklage mit der Be-schuldigung erhoben, daß Crispien die Soldaten zum Ungehorsamund zum Bruch des Fahneneides aufgefordert habe. Er sollteaußerdem die Genossen aufgefordert haben, die ihnen in Quartierlegebcnen Soldaten mit dem sozialdemokratischen Gift zu infizieren,ö daß sie unzuverlässig würden. Besonders schwer rechnete ihm dieAnklage das Schlußzitat des bekannten Hcrweghschen Gedichtes„DieArbeiter an ihre Brüder" an, das mit den Worten«Wann stellt ihrSoldaten die Arbeit endlich ein?" schließt.Die Verhandlung erfolgte am 12. Mai vor der DanzigerStrafkammer. Der Poltzeikommissar Flöhr erklärte, er habe sichnur die Stichworte notiert, die ihm besonders auffällig schienen.Am nächsten Tage schrieb er dann seinen Bericht im Zusammen-hange aus dem Gedächtnis. Bei der Verlesung dieses Berichtesmachte der Vorsitzende sofort auf eine Anzahl schwerer logischerIrrtümer aufmerksam. Besonders ungünstig für den Angeklagtenwar darin die häufige Verwechselung des Begriffes Militarismusmit Militär. Der Verteidiger, Genosse H a a s e- Königsberg, be-wie» die Unmöglichkeit, in der Weise, wie es der Kommissar getanhabe, mit einigen Schlagivorten den Inhalt einer mehr als ein-stündigen Rede sinngemäß wiederzugeben. Das Gericht kam zurFreisprechung. Das Gericht konnte zu keiner Verurteilungkommen auf Grund eines Berichtes, der iu zusammengedrängterKürze sich nur auf besondere Stichworte stützte. Es müsse in solchenFällen die stenographisch« Wiedergabe der gesamten Rede verlangen.Im Interesse einer größeren Rechtssicherheit kann nur dringendgewünscht werden, daß alle Gerichte sich auf den von der DanzigerStrafkammer vertretenen Standpunkt stellen. Hoffentlich befolgtdie Polizei ebenso den ihr gegebenen Rat, wenn sie schon Berichteaufnehmen will, dies« stenographisch herstellen zu lassen. Für dieStaatsbürger würde,» damit eine Unmenge Scherereien solvic Zeit-und Geldopfer vermieden werden.Jugendbewegung.Dir Flucht ins Ausland.Ueberall regnen jetzt Strafmandate, Protokolle, Haussuchungen,Verhaftungen, Auflösungen usw. auf unsere Jugendbewegung, dieirotzalledem rüstig wester marschiert. Daß es bei diesem Polizei-kämpf auch manchmal recht humoristisch zugeht, und die jungenArbeiter oft schlauer sind wie die Polizei, zeigt wieder ein heiteresVorkommnis in Naumburg an der Saale, das ja bekanntlichauch im Bereich der preußischen Polizei liegt.Auch hier hat die heilige Hermandad schon alles versucht, umdie freie Jugendbewegung niederzuzwingen und zu vernichten, undwie fast überall, hat inan auch hier den Jugendbildungsverein„aus-gelöst". Aber mit dieser Auflösung ist die Polizei schwer herein-gefallen, denn zählte die„Arbeiter-Jugend" in der Auslösung nur34 Abonnenten, so waren es kurz nach ihr schon 127, und diese Zahlsteigt beständig.Vergangenen«onntag nun wollten unsere jungen NaumburgerFreunde eine Werbeversammlung abhalte», in der Jugend-genpsie TbMLi- LvsgÜvgSessereitte öder Freie Fugeitd" sprechen sollke. �n der gulbesuchten Versammlung erschienen kurz vor Beginn neunPolizeibeamte, darunter ein Kriminalbeamter, wovon zweiim Lokale blieben, während sich die andern sieben vor dem Eingangepostierten. Ein Polizeikommissar verlangte sofort die Entfernungaller Jugendlichen unter 18 Jahren, widrigenfalls er die Versamm-lung auflösen würde. Grund dazu hätte die Polizei„in ihrerAnschauung über die Jugendorganisation". Obwohl nun der Refe*rent ausdrücklich erklärte, daß er nicht beabsichtige, auchnur im entferntesten auf das Gebiet der Politik einzugehen, bliebder Beamte bei seinem gesetzwidrigen Verhalten und löste, als derVorsitzende schließlich einfach dem Redner das Wort erteilte, dieVersammlung unter allgemeinem Protest auf. Alle anwesender»Jugendlichen unter 18 Jahren wurden nun von den neun Polizei»beamten angehalten, um ihre Personalien festzustellen.Wenn aber die Polizei geglaubt hatte, sie hätte ihren Zweck er»reicht, so war sie ordentlich hereingefallen, denn nun veranstaltetenunsere jungen Freunde flugs einen Ausflug ins„Ausland", nachSachsen-Meiningen, wo dann die Versammlung ungestörtstattfinden sollte. Schnell marschierte die junge Schar unter Be-gleitung von drei Polizeibeamten bis an die Grenze, die man»itetwa einer Stunde erreichte. Hier mußten die Polizeibeamten wohloder übel umkehren, denn in Sachsen-Meinigen hat die preußischePolizei bekanntlich„nix to seggen".Hocherfreut über den wohlgelungenen Plan ging man»n elneschön und idyllisch gelegene Schlucht, wo dann im„Ausland", mittenin der freien Natur die Versammlung abgehalten wurde, die im„Vaterlande" durch die Polizei unmöglich gemacht worden war.Selbstverständlich fand hierbei Genosse Stoecker, der nicht nurdie Polizeiunterdrückung, sondern auch das verräterische Treibender Jünglingsvereine auf das schärfste brandmarkte, stürmischenBeifall, und begeistert beschlossen alle Jugendgenossen und-genossinnen, nun erst recht mit allen Kräften für die freie Jugend-bewegung einzutreten..Abends gings dann lustig wieder heim ins Vaterland, wo d»eliebe Polizei hoffentlich bald einsehen wird, daß der proletarischenJugenMSeguvg mit.Polizeifäusten nicht beizukommen ist.Soziales.Von der Sauberkeit in manche» Bäckereien.Als am Donnerstag, den 4. dieses Monats, der Bäcker»meister Rieseberg sich im Reichstage bitter darüber beklagte, daßdie deutschen Bäckermeister trotz ihrer peinlichen Sauberkeit durchdie Maßnahmen der Bäckereiverordnung in ihren Betrieben un-nötig drangsaliert würden und durch diese Bäckereiverordnung nur„ein Vernichtungskrieg gegen das Handwerk" geführt werde, da:hatte das am Tage vorher am 3. Mai erschienene Heft 18 des35. Jahrganges der„Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund»heitsamtes" eine Reihe gerichtlicher Urteile gebracht, durch die fest-gestellt worden war, daß die Sauberkeit und Gewissenhaftigkeitmancher Bäckermeister noch recht sehr zu wünschen läßt. Wieführen im folgenden nur drei dieser gerichtlichen Urteile an..Urteil des Landgerichts Glatz vom 11. März 1908: Der Bäcker.meister B. hat, wie er auch einräumt, wiederholt beim Backen voniPfannkuchen die Hitze des zum Backen verwendeten Fettes dadurchgeprüft, daß er zwischen den Zähnen einen kleinen TropfewSpeichel hervorstieß und auf das Fett fallen ließ, um zu hören,ob es zischen werde. Die mit diesem Fett gebackenen Genuß- bezw.Nahrungsmittel müssen als verdorben bezeichnet werden, denndas Hineinspucken in das Pfannkuchensett ist zweifellos ekel»erregend, u»»d die mit solchem Fett gebackenen Pfannkuchen sindgeeignet, Ekelvorstellungen bei den Konsumenten zu erwecken. DiaPfannkuchen sind unter Verfchwetgung der Art, wie das zumBacken benutzte Fett auf den Grad seiner Hitze geprüft worder»war, mit Wissen und Willen des Angeklagten verkauft worden-Das Berufungsgericht erachtete die vom Schöffengericht verhängteGeldstrafe nach Art und Höhe für ungenügend und erkannte aufeine Woche Gefängnis, ovdnete auch auf Grund des§ 13 desNahrungsmittelgesetzes die Bekanntmachung der Verurteilung an«(Veröffentlichungen des Kaiserl. Gesundheitsamtes, i25. Jahrg. Nr. 18 v. 3. 6. 11.) iUrteil des Landgerichts Köln vom 10. 1. 07 wid«r den Backe«meister W.— Beim Backen der Berliner Pfannkuchen und Matze.niandeln werden die Teigklöhe in einen Topf mit geschinolzenca»Fett gelegt. Dieses Fett muß die Siedehitze erreicht haben. Umfestzustellen, ob die nötige Hitze erreicht ist, wird Wasser in daSFett gespritzt. Wenn der Angeklagte die Kuchen und Mandeln buk.stand gewöhnlich ein Wasserbehälter neben dem Fetttopf auf demTische, uin Wasser zum Spritzen zu haben. Nun sagt K. mit allerBestimmtheit, er habe öfter gesehen, daß der Angeklagte, stattWasser aus dem Eimer in den Fettopf zu spritzen, in diesen ge»spuckt habe. Diese Angabe ist durch das glaubbafte Zeugnis einesSchülers, welcher bisweilen in die W.'sche Backstube kain, bestätigtund danach als festgestellt angesehen worden. Es bvaucht nichterörtert zu werden, ob etwas von dem Speichel in die Backwarengelangte. Niemand wird Backwaren essen, die in Fett gebackensind, in das jemand anders gespuckt hat. Jedermann wird solcheBacklvarcn als ekelerregend von sich weisen. Damit ist der Begriffdes Verderbens im Sinne des§ 10 des Nahrungsmittelgesetzesfestgestellt. Der Angeklagte hat diese verdorbenen Backwaren späterin seinem Laden verkaust. Er handelte aus Bequemlichkeit in einerschlechten Angewöhnung. Es wurde deshalb auf die Berufung derStaatsanwaltschaft das freisprechende Urteil des Schöffengerichtsaufgehoben und W. wegen Vergehens gegen 8 IG deS Nahrungsmittelgesetzes zu 200 M. Geldstrafe verurteilt.•Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 3. 9. 06 widefc denBäckermeister M.— Im Oktober 1905 stellte M. ein geschlossenesFaß Margarine unter eine schadhafte, den Regen uicku völlig ab»haltende lleberdachung des Hofes, kratzte darauf Ende 1006 diemit einer großen Anzahl grüner Schimmelflecke bedeckte Oberfläche der Margarine qb und tat die abgekratzte Margarine indie zum Backen von Pfannkuchen bestimmte Pfanne, in der sichschon anderes Fett befand. Nach den» Gutachten des Dr. B. unddes Dr. K. läßt sich nicht feststellen, daß die schimmeligen Marga»nneteile ranzig waren, also Buttersäure enthielten, und wärennur in diesem Falle die mit jener Margarine gebackenen Pfann»kuchen durch ihren Genuß die menschliche Gesundheit zu schädigeirgeeignet gewesen. Eine Feststellung aus 8 IG des Nahrungsmittel»gesetzes ließ sich deshalb gegen den Angeklagten nicht treffen. Wohlaber waren die mit der verschimmelten Margarine vom An»geklagten hergestellten und verkauften Pfannkuchen als verdorben!anzusprechen: denn wenn, wie die Sachverständigen begutachtethaben, die Schimmelpilze auch durch den Backprozeß abgetötetwerden, so werden sie dach dadurch nicht entfernt. Margarine mitSchimmelpilzen ist nach dem unbedenklichen Gutachten der Sach.verständigen widerlich verunreinigtes und infolgedessen zum Ge»nusse für Menschen ungeeignetes Fett,»ind das entspricht auch derallgemein herrschenden Ansicht. Ist aber die Margarine verdorben,'so sind es auch die mit ihr hergestellten Pfannkuchen; denn auchdiese weisen infolge der in sie übergegangenen verdorbenenMargarine eine Veränderung des normalen Zustandes auf, die sienach allgemeiner Ansicht zum Genüsse für Menschen ungeeignetmacht. Mit Rücksicht auf diese allgemein herrschende Ansicht wardas Wissen des Angeklagten von der verdorbenen Beschaffenheit derschimmeligen Margarine und der damit hergestellten Pfannkucheniin bedenklich festzustellen. Ebenso unbedenklich war uacki Lage derSache festzustellen, daß der Angeklagte die Pfannkuchen verkauft.hat. ohne den Käufern mitzuteilen, daß zu ibrer Herstellung ver-dorbene Margarine verwendet war. trotzdem dies äußerlich nichterkennbar war. Der Angeklagte hat also die verdorbene Beschaffen,heit verschwiege» und wurde hxhalb wegen Vergehens gegen§ 10*m NahrungMittMesetzes»u, HO W. AeldsiGk«tMtcstt.