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deshalb dringend gefordert werden, daß sich die G a st w i r t e einmütig an den bevor st ehe n den Reichstags- Wahlen beteiligen, damit endlich ein Reichstag zusammen- kommt, der seine Beschlüsse nach dem Grundsatz: Gleiche Rechte, gleiche Pflichten faßt."_ Die Neuwahlen zum neuen elsah-lothringischen Landtage werden voraussichtlich im Oktober d. I. stattfinden. Nachdem das neue VerfassungS- und Wahlrechtsgesetz für Elsaß-Lothringen   am 31. Mai in Kraft getreten ist, sind die Arbeiten für die Ausarbeitung der neuen Wahlordnung für den elsaß  -lothringischen Landtag von der Straßburger Regierung unverzüglich in Angriff genommen, so daß sie in nächster Zeit veröffentlicht werden können. Im ganzen handelt es sich um nenn verschiedene Wahlordnungen für die erste und für die zweite Kammer. Der elsaß  -lothringische Landtag wird im Herbst zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen werden, um die Steuergesetze zu verabschieden. Zur Etatsberatung wird der Landtag alsdann erst nach den ReichstagSwahlen im Februar ein- berufen werden._ Hohe Einquartierung auf der KaiserjachtHohenzollern  ". Man schreibt unS aus Kiel  : ES ist sonst zwar streng verboten, Arbeiter von Privatunter- nehmern, die auf Kriegsschiffen Arbeit verrichten, dort zu verpflegen. Auf der Kaiserjacht.Hohenzollern" wird davon jetzt jedoch eine Aus- nähme gemacht. Es handelt sich allerdings um eine Person, die zu den Menschenkindern gehört, über deren Ehre Polizei, Staatsanwälte und Richter fast genau so eifrig wachen, wie über die Ehre der Majestät. Die.Hohenzollern  " wird nämlich renoviert. Die Arbeiten führt die Hoflieferautenfirma Nebendahl-Kiel aus. In Kiel   streiken aber die Tapezierer und die Firma Nebendahl arbeitet mit Streik- blechern. Um nun dem Arbeitswilligen, der die Tapezierarbeiten auf der.Hohenzollern' ausführt, den nötigen Schutz zu gewähren, logiert er auf der Kaiserjacht in der Kammer, die sonst für die Kammerjungfer der Kaiserin reserviert ist und wird auch auf dem Schiffe verpflegt. Es wäre interesiant zu erfahren, ob die Ver- pflegung auf Kosten der Steuerzahler erfolgt. Die Min-erunruken. Aus Paris   wird uns geschrieben: Die Schwierigkeiten in der Champagne   sind noch nicht beseitigt. Die Bewohner des Aube geben sich begreif- licherweise damit nicht zufrieden, daß sie. weil sie im Vergleich mit der Marne   die Schwächeren sind und weniger groß- kapitalistische Interessen für sie wirken, die Opfer der Staats- raison sein sollen. Daß sich in ihrer Revolte Züge der modernen revolutionären Arbeiterbewegung mit stockreaktionären Elementen mischen, darf nicht wundernehmen. Eine Vendee  sieht einer Jacquerie immer ähnlich. Aber die roten Fahnen, dieInternationale", derAntimilitarismus", der bis zur Weigerung geht, an Soldaten Lebensmittel zu verkaufen, werden außer bei den oberflächlichen Beurteilern. die hier- zulande selbst die türkische Revolution alsantimilitaristisch" bejubelt haben, schwerlich Illusionen wecken. Im Grunde beweisen diese Erscheinungen nur, wie recht diejenigen hatten, die seinerzeit in den Erfolgen der hervsistischen Agitation des älteren antimilitaristischen Stils in der Ionne nur eine Aeußerung des alten, lokalbornierten und dem modernen Nationalstaat noch verständnislos gegenüber stehenden Bauernegoismus gesehen haben. Dazu gehören denn auch dieantipatriotischen" Albernheiten der Anbe-Bauem, die ja wohl zum großen Teil überhaupt nur dem Wunsch, die Behörden möglichst zu ärgern, entsprungen sind. Man wird also gut tun, ihren roten Fahnen auf den Rathaustürmen und Kirchen nicht mehr Bedeutung zu geben als ihrer Widmung der Champagne   an Wilhelm II.  Entrüstete Worte. Paris  , 18. Juni. Die Deputierten des Aube  -Departements er- ließen einen Aufruf an die republikanischen Winzer. in dem sie ihre Entrüstung über die baterlandsfeindlichen Kundgebungen ausdrücken und erklären, daß deren Urheber die ärgsten Feinde der Sache der Winzer feien. Oesterreich. Genosse Liebknecht in Asch. Deutsche   bürgerliche Blätter verbreiten über Zusammenstöße im Anschluß an die Versammlungen, die Genosse Liebknecht   in Böhmen  abhielt, die abenteuerlichsten Meldungen. Diese sind frei erfunden. Liebknecht sprach am Sonnabendabend in Asch, am Sonntag, morgens, mittags und abends in drei anderen Orten des Ascher Wahlkreises in öffentlichen politischen Versammlungen über das Thema:Die Sozialdemokratie und ihre Gegner". Trotz aller Hetze wurden diese Versammlungen gestattet, die überall einen ganz vortrefflichen Besuch und eine glänzende Stimmung aufwiesen. Sie wurden von dem Adjunkten Dr. Schwarz als Regierungsvertreter überwacht. Die Bersammlung in Asch verfiel der Auslösung, als Liebknecht den letzten Satz einer eineinhalbstündigcn Rede aussprach; diejenige in Neuberg   brachte zwar mehrere Unter- brechungen durch den Regierungsvertreter, die Auflösung erfolgte jedoch erst, als nach Liebknecht der Kandidat Genosse Hillebrand die Regierung heftig angriff. Die anderen Versammlungen verliefen völlig ungestört. Bon gewaltsamen Zusammenstößen unserer Genossen mit der Gendarmerie, die aller- dingS in Asch mit große m Aufgebote angerückt war. ist keine Rede. UebrigenS konnten die Auflösungen unsere Genossen nicht hindern, b Minuten nach Räumung der Säle die auf den Straßen harrende Menge zur Abhaltung einer W ä h l e r Versammlung wieder hineinzuberufen.tund so ganz auss Haar all-sjdaS zu Ende zu führen. was geplant war. Solche Wählerversammlungen bedürfen in Oesterreich   keiner Anmeldung, sie dürfen nicht überwacht und nicht aufgelöst werden. Schwe»?. Die Krankenversicherung« Bern  , 13. Juni. Das Gesetz betreffend dieKranken-und Unfallversicherung der Arbeiter ist vom Nationalrat mit 13« gegen lg Stimmen, vom Ständerat«instimmig angenommen worden. Frankreich  . Ein gewonnenes Mandat. PanS, 12. Juni.  (Eig. Ber.) Im Wahlkreise von N i o m iDep. Puy de Donie) wurde gestern im zweiten Wahlgange Genosse Dr. C l a u s s a t mit 12 345 Stimmen zum Deputierten gewählt. Der Bezirk war ehedem von einem Radikalen ver- treten. Claussat hatte im ersten Wahlgang 9166 Stimmen erhalten. Seine beiden Gegenkandidaten ein Radikaler und ein unabhängiger Sozialist traten wegen ihrer Aussichts- losigkcit zurück. ßelgieii. Das neue Ministerium. Brüssel, 13. Juni. DoS neue Kabinett wird sich morgen AjjijixS lpnstitjtijjrW Es bchcht gul jolge�ev RitgliMs*51 alten Kabinctis: Präsidium und Ministerium ScS Innern d e Broqueville, Justiz B e r r y e r, Auswärtige Angelegen- heilen D a v i g n o n, Kolonien R e n k i n, Industrie und Arbeit Hubert, Krieg General Hellebaut, und aus folgenden neuen Mitgliedern: Finanzen Levie, Kunst und Unterricht Poullet, Verkehr Carton de ZFiartj Ackerbau und öffentliche Arbeite!! vavdeVyoere,~ Cürkeu Der Aufstand in Albanien  . Konstantiuopel, 12. Juni. Zuständige Stellen im Ministerium des Aeußern erklärten, die Pforte habe von Anfang an nicht die Vernichtung, sondern die Unschädlichmachung der Aufständischen geplant. Nachdem dies erreicht sei, werde sie einen letzten Versuch machen, mit Milde vorzugehen. Wahrschein- lich werde der Oberkommandant von Albanien   morgen einen Aufruf erlassen, in welchem den Ausständischen eine zehntägige Frist zur endgültigen Unterwerfung gegen das Versprechen der Amnestie zugestanden werde. Nach Informationen der Pforte ist ein montenegrinischer General an der Grenze eingetroffen, um die flüchtigen M a- l i s s o r e n aufzufordern, sich den türkischen   Behörden zu unter- werfen._ Reformen statt Kanonen. T o r g h u t Pascha soll den Befehl erhalten haben, die B e- kämpfung der Aufständischen einzustellen und die Häupter der verschiedenen Stämme zu sich zu laden, um über ihre Forderungen zu verhandeln. Gegenwärtig finden rege Vec- Handlungen zwischen der Regierung und Torghut jtqtt, um sofort Reformen im Vilajet Skutari   einzuführen. MroKKo. Deutsche   Marokkohetze. Angesichts des Konflikts zwischen Frankreich   und Spanien  kann natürlich dieRheinisch-We st sälische Zeitung" ihr Hetzbedürfnis nicht verkneifen. Sie versucht die deutsche  Regierung scharf zu machen und schreibt in dem ihr eigenen Naturburschenstil, der Algecirasvertrag bestehe, wie guter Schweizerkäse, überhaupt nur noch aus Löchern. In Berlin   aber sehe man noch immer das schöne Blatt Papier  . Man habe ein- mal erklärt, e i n Loch würde genügen, um für Deutschland   die völlige AktionSfreiheit wieder gewinnen zu lassen. Aber vor dieser Aktionsfreiheit fürchte man sich offenbar. Für die Herren in der Berliner   Wilhelmstraße lasse sich kaum eine größere Qual denken. Spanien  , das in der Reihe der Großmächte schon lange nicht mehr zähle, habe den Mut, den Franzosen einfach durch die Tat zu beweisen, daß man ebenso gewandt wie sie sei, Löcher in den Fetzen Papier   zu machen. Und dann schwingt sich dieRheinisch- Westfälische Zeitung" zu folgenden pathetischen Wendungen auf: Mut, ihr Herren in der Berliner   Wilhelmstraße! Frankreich  wird Spanien  , dem kleinen Spanien  , gewiß nicht den Krieg er- klären, weil es seinevöllige Aktionsfreiheit" auszunutzen weiß! Ihr erzittert feststellen zu müssen, daß Ihr die Aktionsfreiheit wiedergewonnen habt. Wird in Zukunft noch ein deutsches Wort als ein Wort hingenommen werden? Die Politik ver- langt auch einmal eine Tat!" Die französischen   Zelte vor den Mauern von Fez würden zum traurigen Symbol werden, für die Art,wie die deutsche   Regierung deutsche   Volks belange (deutsch  -national verderbtes Wort für Volksangelegenheiten d. Red. d. V.) vertritt, wie die deutsche   Regierung die mufige Tat, den Entschluß zur Tat flieht!"> Eine diplomatische Aktion Frankreichs  . Paris  , 12. Juni. Nach einer als offiziös angesehenen Meldung hat die französische   Regierung die Signatarmächte der Algeciras- alt» davon verständigt, daß sie den Maßnahmen Spaniens  in der Gegend von Elksar ihre Zustimmung ver- weigere._ Das Verhalten Spaniens  . Madrid  , 12. Juni. Deputiertenkammer. Auf Anfrage erkläre Ministerpräsident Canalejas  , von den zurzeit über Marokko  verbreiteten Nachrichten widersprächen sich die einen, während die anderen unrichtig seien. Mit Ausnahme der in Tanger   erhobenen Reklaination, auf die bereits eine Antwort gegeben sei, sei alles andere unrichtig. Der Ministerpräsident fügte hinzu, Spanien   ver- folge den geraden Weg der Verträge und erfülle genau seine Pflichten. Die Haltung Spaniens   könne seiner Meinung nach keinen ernstlichen Konflikt motivieren, sie sei nur die natürliche An- Wendung der Verträge.   Der Finanzminister hat einen Gesetzent- Wurf eingebracht, in dem 14 Millionen für den Ankauf von Material für die Armee und Marine gefordert werden. Paris  , 13. Juni. Die Agenee Havas meldet aus Larrasch vom 12. Juni: Infolge des Protestes RäisuliS, der versicherte, daß die Stadt und ihre Umgebung ruhig sei, haben die Spanier auf eine Landung in Arzila verzichtet. Aus Elksar wird vom 11. Juni gemeldet: Als die Spanier in die Stadt einziehen wollten, machte ihnen der Pascha den Vorhalt, daß er über eine genügende Garnison verfüge, um den Polizeidienst versehen zu können. Pari», 13. Juni. AuS Tanger   wird gemeldet, daß der von El Gebba» gegen die Besetzung von Larrasch durch Spanten erhobene Einspruch zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Spanien   und Marokko   führen würde, falls die Madrider   Regierung die gleiche unversöhnliche Haltung beobachten sollte Wie ihr Ge- sandter in Tanger  . Einnahme pon Mekincs durch die Franzosen. Pari«, 13. Juni. Aus Mekines wird der Agence Havas unter dem 8. Juni gemeldet: Die Truppen langten um 1 Uhr 30 Minuten nachts nach einem Tagemarich, der durch Gelände- schwierigkeiten und unaufhörliche heftige Angriffe der Feinde sehr erschwert worden war, unter den Mauern von Mekines an. Der Kampf begann früh ß'/i Uhr und dauerte bis gegen 1 Uhr. Nach­dem die Truppen den Fluh passiert hatten, marschierten sis gegen Agedal. In der Nähe dieses Ortes zerstreuten sie die letzten feind- licheu Gruppen und betraten endlich die Gärten deS Sultans. Kurz darauf trafen eine Abordnung von Natabeln und der Machsen des Prätendenten Mulay Zin ein, um ihre Unterwerfung anzu- bieten. Ter General versprach, daß das Leben Mulay ZinS ge- schont werden solle. Am Abend erschien Mulay Zin zu einer Ae- sprechung mit General Mo inier. Bei dem Kampfe fiel auf Seite der Franzosen   ein Mann, fürs Mann Wurden verwundet. Die Feinde sollen fünfzig Tote haben. Hm der partel* Macdonald und Wilhelm II.  Die Begegnung MacdonaldS. de« Sekretärs der englischen   Ar- beiterpartei, mit Wilhelm II.   hat sicher beiden Persönlichkeiten eine gewisse Befriedigung gewährt. Denn beide scheinen eS nicht un- gern zu sehen, wenn in der Oeffentlichkeit manchmal von ihnen die Rede ist. Und für Macdonald wurde die Pikanterie noch dadurch er- höht, daß ihm ja vor einiger Zeit von der deutschen   Polizei das Reden in Kiel   verboten worden war. Und jetzt konnte er mit Wilhelm II.   reden ganz ohne polizeiliche Ueberwachung! Während aber die nüchternen Deutschen   mit einem Lächeln über diese Begegnung hinweggegangen sind, beschäftigen sich die Engländer die eine Schwäche für jeden höfischen Schnickschnack haben, damit ziemlich eingehend. Unsere Genossen von der Unabhängigen Lr» beiterpartei finden eS etwas abgeschmackt, daß Macdonald sich gerade mit dem Monarchen zu schaffen gemacht hat, der gegen das organi- sserte und klassenbewußte deutsche Proletariat so harte Reden zu führen gewohnt ist, und verschiedene Mitgliedschaften der I. L. P. haben deswegen in Resolutionen gegen Macdonald Stellung ge- nommen. DerLabour Leader' veröffentlicht nun einen etwas mysteriösen Brief eines Eingeweihten(1), den man in Deutschland  nicht ohne ungetrübte Heiterkeit genießen wird. So heißt es: Aber er(Macdonald) ist nicht einmal in der Lage, sich zu verteidigen, denn er kann nicht in Anbetracht der Natur der Sache(I) vor der Oeffentlichkeit diskutieren, wie er das Für und Gegen erwog, auch kann er nicht erklären, ob ihn die Neugierde, die hohe Politik oder sonst etwas hingehen hieß. Man braucht einem Menschen. der die Etikette dieser Zusammenkünfte kennt, nicht zu sagen, daß die Einladung nicht von Lord Haldane kam; der K a i s e r muß es selbst kund gegeben haben(und wenn schon?), daß er Herrn Macdonald zu sehen wünschte. Als die Arbeiterparteiler vor einigen Jahren in Deutschland   waren, machte eine Rede über den Frieden und die englisch  -deutschen   Be- z i e h u n g e n, die Herr Macdonald im Reichstage hielt, auk den damaligen Minister des Innern einen großen Eindruck. Dieser Minister ist jetzt Reichskanzler. Man muß(?) annehmen, daß diese Tatsache etwas mit dem Essen und der Zusammenkunft zu tun hatte.... Natürlich muß Herr Macdonald außer im Privatgespräch schweigen, aber da ich zufälligerweise etwas über die Umstände weiß, glaubte ich, daß etwas gesagt werden müsse, um anzudeuten, daß die Tatsachen nicht alle an ber Oberfläche liegen.' Man wird zugeben, der Eingeweihte versteht sich auf Reklame. Er meint zwar zunächst bescheiden, daß esNeugierde" gewesen sein kann. Aber diese Bescheidenheit hält nicht lange vor. Da war eine FriedenSrede, von der wir jetzt auf einem Umwege und mit einiger Verspätung erfahren, daß sie großen Eindruck gemacht habe, wenigstens auf Herrn v. Bethmann. Hoffen wir nur, daß nicht gerade diese Rede den Herrn Reichskanzler zu seiner brüsken Ablehnung der Schiedsgerichts- und Abrüstungsvorschläge veranlaßt hat. Und dann gibt eS noch allerhand Unsagbares, alles natürlichhohe Politik', die Wilhelm II.   und Herr Macdonald miteinander traltiert haben. Wir fürchten nur, auch die mysteriösen Andeutungen von Dingen, die nicht an der Oberfläche liegen, wird in Deutschland   und namein- lich bei den deutschen   Arbeitern ein unehrerbietiges Gelächter wecken. Denn die deutschen   Arbeiter verlassen sich lieber auf ihre politische und gewerschaftliche Organisation und glauben nicht, daß auch nur die kleinste Entscheidung im Klassenkampf durch UeberredungS- künste bei monarchichen Festessen beeinflußt werden kann. Macdonald ist kein Marquis Posa und Wilhelm II.   kein Philipp, und was bei Schiller   noch Stoff eines Trauerspiels war, wirkt im 20. Jahrhundert nur noch als Burleske. Da ist's doch für alle Teile am besten, wir bleiben bei der Annahme der»Reu» g i e r d e_ Oldenburgische Landeskonferenz.* Am Sonntag fand im Oldenburger   Gewerkschaftshause eine Landeskonferenz der sozialdemokratischen Partei Oldenburgs statt, aus der zu den im Herbst stattfindenden Landtagswahlen Stellung genommen wurde. Vertreten waren 20 Orte, die Bezirks- und Kreisvorstände und die sozialdemokratische Landtagsfrakticm. In seinem Refemie wies Parteisekretär S ch u l z- Rüstringen darauf hin, daß die bevorstehende Wahl die erste nach dem neuen Wahl- gesetz mit direkter Wahl sei. Die Aussichten unserer Partei seien, abgesehen von Rüstringen  , wo die Wiederwahl der vier sozialdemo- kratischen Vertreter sicher sei, schwer im voraus abzuschätzen, erst recht, da durch die Bestimmungen des neuen Wahlgesetzes jeder Ver- gleich mit früheren Wahlen ausgeschlossen sei. Beschlossen wurde, Möglichst in allen 22 Wahlkreisen, die im ganzen 36 Abgeordnete zu wählen haben, Kandidaten aufzustellen und den Wahlkainpf mit voller Kraftcntfaltung aufzunehmen. Bon ber Parteipresse. An Stelle des Genossen S t r o i n s k i, der am 1. Juli die politische Redaktion deS ZeitzerVolksboten" übernimmt, wurde Genosse Mitzkat aus Mägdebtzrg zum Re­dakteur derBrandenburger Zeitung" gewählt. Jugendbewegung. Di«aufgelöste" Kölner   Jugendbewegung hat durch eine äußerst imposante Protestkundgebung, die Saal und Galerien des Kölner Volkshause» vollständig füllte, dem Kölner Polizeipräsidenten, der denVerein Freie Jugendbewegung Köln" auflöste und dem RegiernngSpräfidenten, der die Auflösung bestätigte, bewiesen, daß sie trotz der bebördlichen Maßnahmen weiter zu existieren sich erlaubt. Der Borsitzende des Kölner   Jugend- ausschusseS, Redakteur W. S o l l m a n n, nahm sich das in der Sonntagsnummer deSVorwärts" bereits skizzierte Schreiben des Regierungspräsidenten vor. Er bezeichnete eS als ein starkes Stück, aus den Verhandlungen des Nürnberger Parteitages den politischen Charakter der Jugendbewegung herleiten zu wollen; denn dort sei ebenso wie aus dem Hamburger Gewerkschaftskongreß die Jugendfrage gerade deshalb behandelt worden, um die Entstehung politischer Jugendorganisationen zu verhindern. Der BereinScharalter der Jugendbewegung sei auf das entschiedenste zu bestreiten. Die Be» hauptung des Polizeipräsidenten, daß die freie Jugend mit polt» tischen Kundgebungen hervorgetreten sei. habe der RegierungS- Präsident fallen lassen müssen, weil ihm dafür jeder Beweis fehlt. Um diese beiden Herren zur Vorlegung ihrerBeweise" zu zwingen. habe der Jugendausschuß Klageveim OberverwaltungS- e r i ch t gegen die AuflösungSverfügung erhoben. Wie auch iese« entscheiden werde: keinen Augenblick lasse der Jugendausschuß sich in der Arbeit hindern- denn durch einen etwaigen gerichtlichen Fehlspruch könne daS RetchSveroinSgesetz nicht außer Kraft gesetzt werden. Der Redner unterbreitete ein auSgiebiges Material, wonach daS, was der freien Jugend fälschlich nachgesagt wird, in den bürgerlichen Jugendorganisationen tatsächlich in großem Umfange ge- schieht: sie treiben in Wirklichkeit Politik; ohne aufgelöst zu werden. Statt der unberechtigten Bekämpfung der freien Jugend sollte die Polizei sich um eine energische Durchführung der vunr Unternehmertum mit Füßen getretenen Jugendschutzgesctze bemühen. Nach der Versammlung bewegten sich die jungen Teilnehmer in endlosem Spaziergange außerhalb der Stadt. Sie erregten in den stark belebten Straßen allgemein sympathische Aufmerksamkeit. ES kam zu keinerlei Zwischenfällen, da die Polizei sich reserviert verhielt. Soziales* Ueberstundenverweigerufts als Entlassungsursache. Der Arbeiter Sch. war von der Firma Wagner u. Co., Buch- druckerei, fristlos entlassen worden, weil er sich eines Abends, an dem«r das Theater besuchen wollte, weigerte, Ueberstunden zu leisten. Da achttägige Kündigungsfrist vereinbart worden war, klagte er beim Gewerbegericht auf Zahlung einer Entschädigung pon 22 M. Die Beklagte ist der Ansicht, daß das Verhatten des Klägers einer beharrlichen Arbeitsverweigerung gleichkomme und somit zur fristlosen Entlassung berechtige, denn der Kläger sei am fraglichen Abend extra aufgefordert worden, die Ueberstunden zu leiste». Auch sei ihm beim Engagement gleich gesagt worden, daß er fast täglich Neberstunden leiste» müsse. Das Gericht vermochte jedoch in der einmaligen Verweigerung der Ueberstunden keinen Grund zur so- sortigen Entlassung zu erblicken und verurteilte die Firma ent. sprechen� dem Klageantrage.,-