fittfc« SSetlrelet ttt die Gemeindeverwaltung einziehen, die er«probte und fähige Parteigenossen sind. Die Partei tritt in allenGemeinden, wo die Möglichkeit dazu gegeben ist. selbständig inden Wahlkampf ein.lieber alle von vorstehend niedergelegten Grundsätzen taktischabweichenden Maßnahmen ist der Gauvorstand als Zentralwahl-vorstand vorher zu verständigen und dessen Genehmigung ein-zuholen. Dem Gauvorstand ist auch rechtzeitig die Liste unsererKandidaten vorzulegen, damit er die Durchführung der in dieserResolution aufgestellten Forderungen überwachen kann."Der nächste Punkt betraf„Die kommenden Reichs�ags Wahlen", worüber Genosse Dr. Südekum ein längeresReferat hielt, in dem er die politische Lage scharf beleuchtete undein Bild unserer Wahlaussichten entwarf. In eine Diskussion überdiesen Punkt wurde nicht eingetreten.Nach Erledigung einiger auf das Organisationsstatut bezüa-lichen Anträge wurde folgender Antrag des Genossen Dr. Süß-heim behandelt:„Der sozialdemokratische Gautag NordbaYemS erblickt indem preußisch. bayerischen Lotterievertrag einneues Mittel des Staates, für seine unsoziale Politik die Taschender ärmeren Polkskreise zu leeren. Die bayerische Regierung be-absichtigt, die Spielleidenschaft zu fördern und auszunützen, ob«wohl ihr die schweren schädlichen Folgen des Lotteriewesens ganzgenau bekannt sind. Demgegenüber erklärt der Gautag, daß nurdurch politischen, gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Zu-sammenschluß eine wirtschaftliche Besserung de? einzelnen undder Gesamtheit erfolgen kann. Der Gautag ersucht die sozial-demokratische LandtagSfraktion, den Lotterievertrag abzulehnenund fordert die Arbeiterschaft auf, die Lotterie von Anfang anaufS strengste zu meiden."Fn der Diskussion bemerkte G r ä f- Frankfurt a. M.. der vomWahlkreis Aschaffenburg delegiert ist, damit sei eine Frage auf-gerollt, die für das ganze Reich akut sei. Man solle den Antragnicht auf Bayern beschränken, sondern auch die anderen Bundes-staaten, namentlich Preußen, einbeziehen. Er verlangt dann, daßder Antrag auch dem Jenaer Parteitag übermittelt werde. Hier-gegen wendete sich Pfannkuch mit dem Bemerken, daß eS sichhier um einen Boykott gegen das Lotteriespiel handle, und dannmüsse erst gesagt weoden, wie er durchgeführt werde solle. Wennder Gautag sich gegen die Einführung der Lotterie wendet, so seidas etwas ganz anderes als was Graf verlange. Schließlich wird,da von Aräf kein schriftlicher Antrag vorliegt, die Sache für erledigterklärt und der Antrag Süßheim angenommen.ES folgten dann die Wahlen, aus denen die bisherige Borstand-schaft wieder hervorging. Als Ort des nächsten Gautages wurdeRothenburg o. o. T. bestimmt. Darauf schloß der Vorsitzende Simonden Gautag mit einem Hoch auf die internationale Sozial-demokratie._AuS den Organisationen.Die Genossen von Leipzig beschäftigten sicki in zweiVersammlungen<12. und 13. Kreis) mit der bevorsteyenden Landes-konferenz für Sachsen und dem Parteitag in Jena. In beidenVersammlungen wurde ein Antrag an die Landeskonferenz an-genommen, der da bezweckt, daß nicht mehr sämtliche Landtags-und ReichStagSabgeordnete ohne weiteres das Recht aus Eitzund Stimme auf der Landeskonferenz haben, sondern nurein Füitftel der sächsischen LandtagSfraktion und ebensoein Fünftel der sächsischen Vertreter im Reichstage. ZurBegründung dieses Antrages wurde: u. a. angeführt, daß. wenn wirbei den nächsten Wahlen schließlich wieder ein.rotes Königreich"bekommen, auf der sächsischen Landeskonferenz allein ein halbesHundert Parlamentarier mit Titz und Stimme anwesend seinwürden. Den Abgeordneten stände aber nichts im Wege, sichvon den von ihiicir vertretenen Kreisen als Delegiertewählen zu lassen. Zinn Parteitag in Jena wurden inbeiden Versammlungen reine neuen Anträge gestellt: doch drücktenbeide Bersammlungeit ihr Einverständnis mit den Referenten aus.die an der mangelnden Initiative de» Parteivorstandes in derMarokkoangelegcnheit scharfe Kritik übten. Als Delegierte zumParteitag wählte der 12. Kreiö die Genossen Buhl, Dr. Lenschund S e e g e r; der 13. Kreis die Genossen Hilpert. Ryssel,Scheid,'Schiebel, Teubert und die Genossin Hennig.»In Eisfeld fand der von 06 Delegierten besuchte L an de S-Parteitag für Sachs en-Meiningen statt. Die Zahl derParteimitglieder ist klein: sie stieg von 2700 auf 2793. Sozial-demokratiiche Ortsverein» bestanden im 1. Meininger Wahlkreis 18,im 2. Wahlkreis 49, die Freie Jligendorgaiijsation hat in acht OrtenBereine. Die Einnahmen beliefen sich für das Geschäftsjahr1919/1911 inklusive eines KasseubeftaitdeS von 1ü3,ü9 M. auf insgesamt 5905,98 M., während die Ausgaben 4345,91 M. betrugen,so daß ein Kaisenbestand von 1SIZ0.07 M. verbleibt. Flugblätter,Broschüren, Kalender usw. wurden in einer Auflage von 59 900Exemplaren verteilt. Auch die Parteiprcsse bewegt sich, wenn auchmäßig, ober doch ständig und sicher vorwärts. Die Auflagedes„Volksblatt" in Sa alfeld betrug am 1. Januar 1910 5540und stieg bis 31. Dezember 1910 auf 9050, während im Februar dieAnflage bereits aus 9350 gewachsen war. Der„Thüringer Volks-freiuid" in So» neberg konnte cbenfolls Erfreuliches berichten.Die Auflage betrug 1910 5700, a», Schluß des BerichislahreS aber«500. In finanzieller Beziehung prosperierte daS GonnebergerParteiunternehmcn vorzüglich, so daß im letzten Jahre 12015 N. anden Einrichtiingen abgeschrieben werde» konnten. Ein Antrag, diebeidei, ReickstagSwahlkreise zu trennen, soll ans einer späterenKonferenz erledigt werden. Als LandeSparteivorstand wurde GenosseSeige-Pößneck wiedergewählt.Der diesjährige Bezirks-Parteitag fürOlden-burg-OstfrieSland fand am Sonntag in Oldenburgstatt. Außer den Wahltreisvorständen, den oldcnburgischen Landtags-abgeordneten und Reichsragskandidaten waren 26 Delegierte an-tvcsend: vom Parteivorsland die Genossin Z i e tz- Berlin.Der vom Parteiselretär Schulz erstattete Jahresbericht zeigtin jeder Htnficht ein recht erfreuliches Bild; trotz der allerlei An-feindungen der Gegner war die Agitation erfolgreicher als in denPorjahren. Reben einer regen mündlichen Agitation<e« wurdenallein 109 öffentliche Versammlungen abgehalten) wurden112 500 Exemplare Broschüren, Flugblatter usw. verbreitet. Miteinem Zugang von 1073 männlichen und 195 weiblichen Mitgliedembeträgt die Mitgliedcrzahl jetzt 6560 männliche und 1380 weibliche,denen 18 000 organisierte GewerkschaslSmitglieder gegenüberstehen.Die F r a u e n b e w e g u n g hat wieder gute Fortschritte gemacht.In Delmenhorst, Oldenburg und Rüstringen sind die Genossinnenauch auf kommunalem Gebiete alS Waisen- und Armenpflegerinnentätig. Neben der Frauenbewegung hat die Jugendbewegungeine erfreuliche Entwickeluiig genommen. Jugendausschüsse bestehenin 10 Orten, in 9 Orten freie Jugeiidorganiialionen mit 540 Mit-gliedern. Die„Arbeiterjugend" wird in 625 Exemplaren gelesen,gegen 465 im Vorjahre. Von den am Jahresschluß vorhandenen31 Orlevereinen verfügten 25 über eigene Bibliotheken, vondenen 18 durch den Landesvorstand geliefert wurden. DaS Kassen-Wesen zeigt ein sehr günstiges Resultat. Insgesamt betrugen dieEinnahmee» 11 837,67 M„ die Ausgaben 5597,15 M., sodaß ein Bestand von 9258,52 M. verbleibt. Die Agitation für die Landarbeiter«organisation und die Binnenschiffer war leider wenig erfolgreich. DiePresleverhältnisse haben sich besonder? in finanzieller Hinsicht ge-bessert, so daß die„Rene Welt" demnächst wieder dem Bezirksorgan.dem„Norddeutschen BolkSblatt" beigegeben werden kann. Ein Referatde« Genossen M e y e r- Rüstrin a e n über den Parteitag in Jenagab der Genossin Zietz Gelegenheit. die Stellung desParteivorftandea zur Marokkofrage darznlegen unddie Anzapfungen einzelner Parteiblätter zurückzuweisen. DerParteitag erklärte sich mit der Haltung de» Parteivorstande» ein-verstanden.— Der BildungSauS, chuß de» Vorortes wurde braus-tragt, sich zum Zlvccke der Dnrchsnhrung der Zentralisation mit denörtlichen BildungSauSschüffen in Verbindung zu setzen. AlS Vorortwurde Rüstringen, als Vorsitzender des Bezirksvorstandes GenosseHug einstimmig wiedergewählt.Aus dem finnischen Parteileben.Unser sinnländischer Mitarbeiter schreibt uns:Als das finnische wissenschaftliche Organ„Sozialist inenAikakauslehti"— Sozialistische Zeitschrift— Ende 1908einging, wurde es erst klar, wie wichtig ein solches Organ für diePartei ist. Seitdem ist die Frage wiederholt behandelt worden.wie das Organ wieder ins Leben zu rufen ist. Dem diesjährigenKongreß wird ein diesbezüglicher Antrag zur Beschlußfassung vor-gelegt werden, und es steht zu erwarten, daß der Kongreß dieHerausgabe eines wissenschaftlichen Organs beschließen wird.Ein Sozialist als Leiter des neapolitanischen Findelhauses.Man schreibt uns aus Rom:Das neapolitanische Findelhaus der Annunziata, das einstwegen seiner ungeheuren Kindersterblichkeit von sich reden machte— von 290 Kindern starben in einem Jahre 230— ist jetzt derVerwaltung eines Sozialisten, des Rechtsanwalts Genossen L u c c i,anvertraut worden. Das Findelkinderwesen wie die Jrrenfürsorgesind in Italien Sache der Provinz. Der Provinzialrat, in demnur ein einziger Sozialist, eben Genosse Lucci, Sitz hat� muß doch zuder Ueberzeugung gekommen sein, daß bei der bisherigen Vettern-Wirtschaft das Institut ganz auf den Hund kommen würde. Erhat sich daher ganz gegen die bisherige Gewohnheit entschlossen,einen Sozialisten mit der Verwaltung zu betrauen. Lucci ist dererste Parteigenosse, dem ein Amt in den neapolitanischen Wohl-tätigkeitsanstalten zugefallen ist.Sozialistische Blindenliteratur. Soeben ist die Nr. 9 des2. Jahrganges der..Neuen Zeit". Organ zur Pflege sozialistischerWeltanschauung unter den Blinden deutscher Zunge, erschienen. DaSHeft hat folgenden Inhalt: Frauenfrage und Sozialismus. VonRoma. /Schluß.) Unser Wissen vom Ursprung des Menschen./Schluß.) Die neue Reichsversicherungsordnung. Bon P. R. DieWahlen in Oesterreich. Weib!(Gedicht.) Blindenwesen. Notizen.Die Sonderbeilage enthält den Schluß der Kautsky-Schönlankschen„Grundsätze und Forderungen der Sozialdemokratie". Der Be-zugSpreis der Zeitschrift beträgt bei sechsmaligem Erscheinen jähr»lich 3,60 M. für Teutschland und Oesterreich-Ungarn und 4,50 M.für die übrigen Staaten. Die Parteigenossen werden gebeten, dieihnen etwa bekannten Blinden auf daS Organ aufmerksam zumachen. Da» Blatt wird nicht durch den Buchhandel vertrieben,sondern ist allein von A. Mendt, Berlin N. 39, Sprengelstr. 1, zubeziehen. Dorthin sind auch alle Anfragen und Bestellungen zurichten.____Jugendbewegung.AuS der österreichischen Jugendbewegung.Ein alter, aber bis vor kurzem unerfüllbarer Wunsch der öfter.reichischen Jugendgenossen konnte jetzt verwirklicht werden: die An-ftellung eines von Erwerbsarbeit völlig freien Geschäftsführers fürden Verband jugendlicher Arbeiter Oesterreichs. Genosse AntonI e n s ch i k, der seit vielen Jahren, schon als Buchdruckerlchrling,für die Jugendbewegung in Wien und der Provinz mit vielemErfolge tätig war,'st als VerbandSobmann angestellt worden.Außerdem ist schon länger« Zeit Genosse Switaniz als Zeitung».administrator halbtägig angestellt.Huö Industrie und Rande!.Der Kampf in der Metallindustrie.Man schreibt UNS:Die Vorgänge in der Metallindustrie haben, wie voraus«zusehen war, auch die Spekulation irritiert. An der Börse spieltedie Frage, ob der verband der Metallindustriellen hinter den Maßnahmen der Unternehmer in den einzelnen Bezirken stehe, ob diesegar nach einem geheime» Plane handelten,«ine größere Rolle. Boneiner Persönlichkeit, die wohl als informiert gelten darf, hörten wiraber, daß an den Bezirksvcrband irgend welche Anregungen indieser Beziehung nicht ergangen seien und daß in maßgebenden Kreisenauch kein» Neigung bestehe,«ine geplante allgemeine Aussperrungzu unterstützen. Man halte e» auch nicht für zweckdienlich, die Ar«heiter ganz unnötigerweise auszuregen.Wir geben der Zuschrift Raum, können aber doch nicht unter«lassen, nochmals zu betonen, daß die Unt:rnehmer wie auf»inKommando Luisperrungen vornehmen. Daß die Berliner Metall»industriellen nicht mitmachen wollen, kann ja stimmen, auffälligbleibt auf jeden Fall da» zeitlich einheitliche Losschlagen der Unter«nehmer und die Anordnung von Aussperrungen dort, wo gar kein«Differenzen bestehen._Fleischpreise.Wie stark der Zwischen« und Kleinhandel die Preise erhöht,zeigt sich gerade am Fleischverlauf mit schärfster Deutlichkeit.den nachfolgenden Durchschnittspreisen sind die bezahlten Wertedie verschiedensten Fleischsorten, so wie sie im zweiten Vierteljähr 1911 an die Jndentanturen vonKöuiaioerg, Danzig, Stettin.Bromberg. Posen, Breslau, Berlin(Gardekorps), Frankfurt a. O-,Brandenburg a. H., Magdeburg. Halle a. S-, Altona, Schleswig,Hannover, Münster i. Düffeldorf. Köln-Deutz. Koblenz, Wie»-baden. Frankfurt a. M. und Kassel geliefert wurden, zusammen-gestillt. Ihnen sind in einer zweiten Reihe die entsprechendenPreise der gleichen Fleischsorten im Detailhandel der Großstadtgegenübergestellt. Es ergibt sich da da» folgend« Bild:Preis« pro Kilogrammmilitärischer großstädtischerMittelpreis DetailpreisII. Quartal 19111. Ochienfleisch...... 1,36 M. 1,80 M.2. Kuhfleisch....... 1,31, 1,60,8. Rinderschmorbraten... 1,46. L.40„4. Roulade....... 1,00, 8,00.5. Gehacktes Rindfleisch.... 1.45„ 2.20„6. Rindsleber...... 1,50, 8,00,7. Kalbfleisch....... 1.35. 2.00.8. Kalbsbraten...... 1,56, 2,00,9. Kalbskoteletts..... 1,60, 2,40,10. Kalbsschnitzel..... 2.30, 2,80.11. Hammelfleisch..... 1.42, 1.80„12. Hammelbraien..... 1,50, 2,00„13, Schweinefleisch..... 1,23„ 1.80,14, Karbonade...... 1,62, 2,40»15. Gehackte» Schweinefleisch. 1,54. 2.00,16, Scbwetneleber..... 1,55. 2.40„17. Frische Blutwurst.... 1,06„ 1,00„18. Frische Leberwurst.... 1,25. 1,00„19. Roher Schinken..... 3,00, 8.60„20. Gekochter Schinken... 8.25. 2,80,Mögen die Preise militärischer Lieferungen auch nur dadurchmöglich geworden sein, daß verhältnismäßig groß« Posten geliesertwurden, eS mutz dafür beachtet werden, daß die scharfen und sehreingehenden Lieferungsbedingungen eine Qualität garantiert,.wiesie besser durchschnittlich in den Fleischerläden nicht geführt wird"—so erklärt die Zentralstelle der preutzischen LandlvirtichaftSkammer.Wenn die Detailhandelspretse. ganz gleich welcher Art. diesen Preisender Militärverwaltung gegenübergestellt werden, zeigt sich erst recht,um wieviel der Kleinhandel und der Zwischenhandel die Ware der-tenert. Die Konsumgenossenschaft bleibt auch hier die beste Rettung.Ernteausfall.Die„Stasistische Korrespondenz" veröffentlicht die dorläuflgenErnteschätzungen für die wichtigsten Körnerfrüchte in Preußen nachdem Stande von Anfang August 1911 wie folgt(eingeklammert finddie im Dezember vor. Js. bekanntgegebenen Ernteergebnisse Von1910 beigefügt):Winterweizen.. 2 092 398(2 181 112) Tonne«Sommerweizen.. 255 354( 300 890)„Winlerroggen.. 8 122 332(7 974 673)„Sommerroggen, 61 946( 66 575)„Sommergerste.. 1 561 145(1 688 743)„Hafer..... 4 902448(5 291 618)„Demnach wurden in diesem Jahre 147 659 To. Winterroggenmehr geerntet, dagegen ergeben sich folgende Ausfälle: Winterweizen89 714 To., Sommerweizen 45 506 To., Sommerroggen 4629 To.»Sommergerste 127 598 To. und Hafer 339 170 To. Unter Berück«sichtigung der Mehrernte würde die Minderernte rund 509000 To.betragen.__Soziales.Neutralität in den Genossenschafteu.Auf dem allgemeinen Genossenschaftstag. der unter Vorsitz deSLandrats Berthold seit einigen Tagen in Stettin abgehalten wird,entspann sich gestern eine Debatte, in der unter Hätz gegen dieSozialdemokratie für scheinbare„Neutralität" der Genossenschafteneingetreten wurde. ES geht uns darüber folgender Berichi zu:Verbandsdirektor Dr. A l b e r t i» Wiesbaden begründete fol«genden Antrag des Gesamtausschusses:„Die Genossenschaf-tcn als Mittel im Klassenkampf zu verwenden.verstößt gegen ihre wirtschaftlichen und sozialenAufgaben. Den Genossenschaften ist den politi-schen Parteien gegenüber strengste Neutralität'ur Pflicht zu machen." Der Berichterstatter verwies aufen Beschluß des Internationalen SozialistenlongresseS in Kopen-Hagen und deS sozialdemokratischen ParteüageS in Magdeburg. Dadie Konsumvereine zum größten Teil sozialdemokratische Mitgliederhaben, werden sie sich sicherlich diesen Beschlüssen fügen. Aberauch unsere Vereine haben sehr viele sozialdemokratische Mit-glieder. und bei der straffen Di»ziplin d'eser Partei ist zu der«muten, daß auch diese unsere Mitglieder bestrebt sein werden, jenenBeschlüssen nachzukommen. Nach einer Erörterung der Stellungder Konsumvereine in den einzelnen Staaten zur Sozialdemo-kratie führte der Redner auS: In der deutschen Sozialdemokratiestehen sich zwei Meinungen über die Stellung der Arbeiterkonsum-vereine zur Partei gegenüber. Während eine Richtung bemüht ist,die Neutralität der Genossenschaften gegenüber den politischen Par-ieien aufrechtzuerhalten, erklärt eine andere Richtung diese Bc-strebungen für Uebcrneutralität, die zu bekämpfen sei. Sie stellenden Grundsatz aus, daß die Genossenschaften als Mittel im Klassen-kämpf zu verwenden seien. Insbesondere verlangen sie Unter-stützung der Partei bei Boykotts und Aussperrungen. Sie ver-langen auch, daß die Beamten der Genossenschaften mit Rücksichtauf ihre Abhängigkeit die Geschäfte der Sozialdemokratie besorgenund unumwunden erklären sie, daß dort, wo die Sozialdemokratiedie Mehrheit in einer Genossenschaft hat. sie auch die Plätze imVorstand und im Aufsichttrat besetzen muß. Die Arbeiterkonsum-vereine seien mit sozialdemolratischem Geiste zu erfüllen, um alsMittel im Klassenkampf verwendet zu werdxn.Polittsche Bestrebungen sind mit den wirtschaftlichen Aufgabender Genossenschaften unverträglich. Die Geschäftsführung mußnotwendig leiden, wenn nicht die Würdigsten die Geschäfte führen,sondern diejenigen, welch« der Partei am besten zu dienen wissen.Würden nach diesen Grundsätzen auch die Wahlen vorgenommen,so würden die verschwinden, welche jetzt noch die Neutralität wahrenwollen. Dabei muß auch die Partei schlecht fahren; denn für jedenMißerfolg wird sie verantwortlich gemacht werden. An solchenMißerfolgen aber wird es nicht fehlen, wenn die Geschäfte nichtnach wirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden, sondern mitRücksicht auf die oben erwähnten Bestrebungen einer Partei.(Leb-hafter Beifall.)Magistratsbeamter Wege-Berlin: Die Konsumvereine sin!»ein Schaden de» Handwerk». Das geht daraus hervor, daß diemeisten Vereine sich schon in den Händen der Sozialdemokratenbefinden.(Ohorufe.) Die Konsumverein« führen bedingungslosin den Zukunstsstaat hinein.(Lebhafter Widerspruch.) DaS istder rote Faden, an dem ich hier hängen bleibe.(Große Heiterkeit.)Lediglich die Handwerker müssen vor den Konsumvereinen geschütztwerden. Wohm sollen die Gewerbetreibenden kommen, wenn jederbeim Konsumverein seine Bedürfnisse deckt. Ich erkläre hier alsBeamter, daß wir nicht daS Recht haben, das Geld de» Steuer»zahler» dazu zu benutzen, um uns Vorteile durch Einkäufe beiGenossenschaften zu verschaffe». Wir können in Berlin nicht der-stehen, daß Beamte die Erringung eines WohnungSgcldzuschusseSdazu benutzen, auf genossenschaftlichem Wege billige Wohnungenzu bekommen.(Lebhafter Widerspruch.) Der Mittelstand inStettin blüht, weil nicht so viel Warenhäuser hier sind wie inBerlin. Der Referent hat zwar seine Stellung zurSozialdemokratie dargelegt, wie verhält sichaber seine Stellungnahme zu den anderen Par-t e i e n? Wir stehen unmittelbar vor den Reichstagswahlen...(Vorsitzender unterbricht den Redner; der Genossenschaftstag habemit der Politik nicht» zu tun. Lebhafter Beifall.) Wenn mauhier von der Sozialdemolratie spricht, so kannman wohl auch von den anderen Parteiensprechen.(Gelächter und Zischen.)-- Baumeister Schlegel.Köln: Ich bin über die Ausführungen des Vorredner» erstaunt,denn gcnau so. wie man die Konsumvereine alt miitelstandafeiird-lich bezeichnen kann, kann man auch alle Genossenschaften als mittel-standsfeindlich bezeichnen. Ich bin der Meinung, daß durch dieResolution nichts erreicht wird; denn die Sozialdemokraten werdenihre Konsumvereine nach wie vor beherrschen. Ich bitte Sie. denersten Satz der Resolution zu streichen, da er nur ganz un-nötigerweise gehässig gegen die Sozialdemo»kratie ausgelegt werden kann.— Verbands«a n w a l t C r ü g e r: Herr Wege hat wohl noch nicht viel All«gemeine Genossenschaststage mitgemacht: das entschuldigt aberseine Ausführungen nicht. Er hätte sich vorher erkundigen müssen,in welchen» Tone auf unserem Verbandstage gesprochen wird. Hierwerden nur ehrlickie genossenschaftliche Grundsätze nach allen Rich-tungen hin vertreten. Wer sich hier als Politiker fühlt, hat sichals Genossenschaftler ausgeschaltet. Heute ist SchwarzblauTrumpf, morgen vielleicht schon Schwarzrot.(Heiterkeit und Beifall.) Sollten vielleicht alle Genossenschaftler immer mit diesenStrömungen mitschwenken, da würden wir aus den Schwenkungennicht herauskommen.(Lebhastcr Beifall.) Gerade nach den Aus-führungen WegeS möchte ich bitten, den Antrag so anzunehmen.wie ex vorliegt. Er richtet sich nicht nur gegen die Sozialdemo»kratie. sondern gegcn jede andere Parte nichtung, die sich in derGenosscnschaftsbewcgung breit machen will.(Lebhafter Beifall.)—Verbandsdirektor P l o n z- Lichtenberg: Wir treten dochan die Wahlurne nicht als Genossenschaftler, sondern als Staat».bürger. Ich sehe nicht ein. ivie die Stellungnahnie der Genossenschaften irgendwie die ReichstagSwahlen beeinflussen soll.(Bravo!)Äerbandsdirektor Kurz. Stettin: Wir habe« wohl einengesunden Mittelstand hier in«tettin, aber wenn Herr Wege dieAugen ordentlich aufgetan hätte, dann hätte er sehen müssen, daßwir hier in Stettin 6 Warenhäuser haben.(Große Heiterkeit.)Justizrat Dr. Alberti erklärte in seinem Schlußwort: Ichlwbc nichts von sozialdemokratischen Konsumvereinen gesprochen.Ich wüßte keinen Verein, der als solcher zu bezeichnen wäre. Wirbaden e» hier auch nicht mit einzelnen Vereinen zu tun. Schulze-Delitzsch schrieb schon 1878 an Parisiu». daß die Genossenschaftennicht in den Parteikampf gezogen werden dürfen,»vie da» leidermit den GewerkschastSvereinen geschehen sei. Die Genossenschaftendürfen keine Parte» bilden und ihre Mitglieder gehören ver-