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f.«». 28. mm. 2. Keiltze des Lmiirls" Serliner NsIIlsdlllH. s-«".?«. s-Mw m Die ßerllDer Genolfen und der Parteitag. Aus den Versammlungen in den Bororten Berlins   erhalten wir noch folgende Berichte: Tchöneberg. Ueber den Parteitag erstattete Genosse Horlitz in der Wahl- Vereinsversammlung Bericht. Das Wachsen unserer Mitgliedszahl und die LI Tageszeitungen, so betonte der Referent, lassen die Aus- wetzung der Mandatsverluste von 1907 als sicher erscheinen. Alle Debatten seien mehr oder weniger von den kommenden Reichstags- Wahlen beeinflußt gewesen. Die Kritik an den Maßnahmen des Parteivorstandes betr. die Marolkodemonstrationen empfinde er als ungerecht und zum Teil persönlich. Die Veröffentlichung von Privatbriefen sei bisher nicht Brauch gewesen. Die Mehrzahl der Delegierten habe sich mit der Handlungsweise der Genossin Luxem- bürg nicht befreunden können. Die Verstärkung des Vorstandes um jjlwei Sekretäre und die Einsetzung der Reorganisations- kommission halte er für angebracht. Bebels Ausführungen über den Generalstreik könnten nur so verstanden werden, daß im Kriegsfalle der Ruf nach Brot alles andere übertönen werde. Der PunktReichstag�vahl" gab dem Redner Gelegenheit, beson- derS die Frontstellung gegen das Zentrum und diese Partei an sich zu kennzeichnen. Die Stichwahlbcstimmungen bewegen sich wohl in richtigen Grenzen, da nicht allein die Grundsätzlichkeit derselben, sondern die Einhaltung durch die Kandidaten Hauptsache sei. Der Nürnberger Beschluß zum Moifeierfonds sei beibehalten wor- den. Und Recht, wenn man in Betracht ziehe, daß Angestellt« in Parteigeschäften usw. nicht den Maßregelungen von in Privat- betrieben Beschäftigten ausgesetzt find. Der Referent bedauerte noch, daß die Resolution zur Konsumgenossenschaft zurückgezogen worden sei und der Parteitag so keine Stellung zu der Neutrali- tätsauffassung in der Grotz-Einkaufsgeselljchaft nehmen konnte. Der Gesamteindruck des Parteitages sei ein erfreulicher gewesen. In allen entscheidenden Fragen herrschte Einigkeit. Genosse Molkenbuh' unterstrich in der Diskussion seine in Jena   gemähten Ausführungen über die Veröffentlichung seines Briefes. Ter durch den Parteitag gewissermaßen eröffnete Wahl- kämpf werde sich diesmal schärfer gegen das Zentrum wenden und überhaupt abe bisherigen Kämpfe an Ausdehnung und Schärfe in Schatten stellen. Genosse U n g e r war der Meinung, daß die Demonstrationen Nicht früher hätten einsetzen können. Das Zirkular des Vorstandes über..den guten Ton" hätte man auch in den Debatten mit der Genossin Luxemburg   als Richtschnur nehmen sollen. Unerklärlich erscheine ihm, daß man der Genossin Luxemburg   als Mitglied des I. S. B. die Berichte sperren könne. Genosse Mvlkenbuhr hielt seine AuSfÄhrungen aufrecht, daß der Parteivorstand rechtzeitig eingegriffen habe. Mit der Sper­rung der Berichte sollte nach Aufklärung durch den Genossen Huysmans   die»Leipziger Volkszeitung" getroffen werden. Friedenau  . Den Bericht vom Parteitag erstattete in der Mitgliederver- sammluna des Wahlvereins Genosse Eduard Bern st ein. Einleitend bemerkte der Redner, daß man wohl bald daran denken müsse, die Zusammensetzung des Parteitages anders zu organi- sieren, da durch das stetige Wachstum der Partei die Zahl oer Delegierten immer größer werde, tvas naturgemäß die Verhand- lvngen immer schwieriger gestalte. Mit dem Ausgange der Tagung könne man sehr zufrieden sein. Wenn auch die Schärfe der Aus- einandersetzungen an den beiden ersten Tagen hätten vermieden werden können, so hätten sie doch den außerordentlich guten Ein- druck der gesamten Beratungen nicht getrübt. Die Aufnahme, die die glänzenden Referate unsere» alten Bebel fanden, hätten ge- zeigt, daß, wenn es den Kampf gegen den gemeinsamen Feind der Arbeiterklasse zu führen gelte, alle Meinungsverschiedenheiten zu- rückgestellt und die Welt nur ein« schlagfertige einige Sozialdemo- kratische Partei vorfände. Ob die Genossin Luxemburg   durch die Veröffentlichung des bekannten Briefes sich einer Indiskretion schuldig gemacht habe, wolle er nicht beurteilen; es sei diese Frage auch ganz unwesentlich. Doch sei die 5tritik, d«e von der Genossin Luxemburg   an dem Kautskqschen Flugblatt, das ein mifklärendes fein sollte, und dem er<Bernstein  > bis auf einige Punkte ohne weitere» zustinime, erstens in eine wenig fdhöne Form gekleidet habe, zweitens sei auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung derselben der denkbar verkehrteste gewesen. Die Mehrheit der Delegierten war davon überzeugt, daß der Parteivorstand feine Schuldigkeit, soweit es in seinen Kräften stand, getan habe, was ja auch die weitere Enttvickelung der Maroktofrage bestätigt habe. In der Angelegenheit deS sogenannten Geheimzirkulars habe der Partei- vorstand seine Kompetenz durchaus nicht überschritten. Es sei das Recht und sogar die Pflicht des Parteivorstandes, wenn in der Hitze des Gefechts von einigen Parteiorganen die Grenzen des unter Genossen zulässigen Tones überschritten werden, die be- treffenden Redaktionen in kameradschaftlicher Weise auf die schädi- genden Wirkungen ihres Tuns aufmerksam zu machen. Was natür. lich auch für die andere Seite gelte. Die Resolution des Genossen Bebel betr. der Stichwahlen verlange von dem bürgerlichen Kandi- daten ja herzlich tvenig, doch müsse man, da unser Bürgertum politisch total verlumpt sei, sckwn fvoh sein, wenn diese For- derungen schriftlich akzeptiert werden. Bedenklich halt« er den Passus in der Resolution, der besage, daß, wenn beide Kandidaten unter- kleines Feuilleton. Deutsche DichtergedSchtnis-Stiftung. Eine große Bücherver- teilung an ländliche Vollsbibliotheken hat, wie alljährlich, auch in diesem Jahre die Deutsch  « Dichtergedächtnis-Stiftung in Angriff genommen. Diese Sammlung besteht aus je 87 Bänden, di« an di- stattliche Agzahl von 1750VolkSbüchereien vergeben werden soll. Insgesamt werden also 64 750 Bände im Gesamtladen- preis von 94L7ö M. verteilt werden. Unter diesen Büchern befinden sich neben den neuesten Bänden derHausbücherei" und derVolksbücher" der Deutschen   Dichtergedächtnis-Stiftung zahl- reiche Werke, die von anderen Verlagsbuchhandlungen zu diesem Zweck angekauft wurden, die also wie alle Bücher der Verteilungen der Stiftung völlig neue, tadellose Exemplare sind. Neben schönen älteren Dichterwerken, wie z. B. Eichendorffs»Aus dem Leben eines Taugenichts" oder den Dickensschen.Weihnachtserzählungen" sowie HauffsLichtenstein" befindet sich darunter auch eine große Anzahl von Werken neuerer und neuester Dichter. Hat sich die Stiftung doch zum besonderen Ziel gesetzt, junge dichterische Talente in der geschilderten Weise zu ehren und zu fördern. Infolgedessen sind auch in die diesjährige Bücherverteilung an kleine Vol.sbiblw- theken mehrere Werke lebender junger Dichter aufgenommen. Bewerbungen von kleinen Vollsbibliotheken� um Zuwendung eine? Exemplars dieser Sammlung von 87 Bänden, die einem Ladenpreis von 64,10 M. entspricht, sind an die Bibliotheksabteilung der Deutschen   Dichtergedächtnis-Stiftung in Hamburg  -Großborstel zu richten. Theater. Kleines Theater:»Papa'. Lustspiel bon deFlerS und de Caillavet. Die Firma, von'welcher der weiland im Lessing-Theater gespielte.König", der lustigste Pariser   Schwank des letzten Jahrzehnts, stammt, hat auf französischen   Bühnen auch mit dieser ihrer letzten Novität großen Erfolg gehabt. Die Aufmachung ist bedeutend anspruchsvoller, statt eines Wirrwarrs toller Ueber- raschungen soll eS so etwas wie eine lustspielmäßige, aus dem fhreiben, der Liberale vorzuziehen ist. Hier müsse man es doch en örtlichen Organisationen überlassen, die Entscheidung zu treffen, da bei aller Gemeinheit des Zentrums die Wahl eines Zentrums- mannes, der eines nationalliberalen Scharfmachers aus Rheinland- Westfalen vorzuziehen sei, sofern die Person desselben die ge- nügende Garantie nach dieser Richtung hin biete. Die Stimmen- Zersplitterung gelegentlich der Wahl des Genossen Haase zum zweiten Vorsitzenden wurde irrtümlicherweise von verschiedenen Seiten als Protest des Revisionismus gegen die Radikalen aus- gefaßt; er glaubt, daß dieser Vorgang nur auf persönliche Ver- ärgerung einzelner infolge der Vorgänge in Magdeburg   zurück- zuführen ist. Die bisherige Tätigkeit des Genossen Haase bürge dafür, daß er das ihm übertragene Amt gewissenhaft ausüben werde. Trotzdem der von Lipinski begründete Antrag betr. der Maifeier abgelehnt worden sei, sei diese Frage noch einmal ein-- gehend zu prüfen, da zu befürchten ist, daß, da sich eine ganze Anzahl von Genossen weigern, dem Nürnberger Beschluß Folge zu leisten, es fortwährend zu Zank und Streit kommen würde. Alles in allem könne behauptet werden, daß der diesjährige Parteitag eine würdige und eindrucksvolle Einleitung des Wahlkampfes dar- gestellt habe. In der Diskussion tadelte als erster Redner Genosse Richter das Verhalten des Parteivorstandes, der, um seine eigene schwache Position zu verdecken, einen Fall Luxemburg   konstruiert habe. Der Genossin Luxemburg   gebühre unzweifelhaft das Ver- dienst, den Parteivorstand vorwärts getrieben zu haben. Auch in der Geheimzirkularangelegenheit habe der Parteivorstand ein zu großes Entgegenkommen der Generalkommission gegenüber gezeigt, die sich zum Wächter des guten Tones in der Parteipresse aufspielt, während sie über die Niederträchtigkeiten des Organs der Buch- drucker während der ganzen Jahre geschwiegen haben. Daß die Berliner   Resolution, das Genossenschaftswesen betreffend, zurück- gezogen worden sei. bedaure er außerordentlich. Das Verhalten des Genossen Wels dem Genossen Ledebour gegenüber grenze stark an Selbstüberhebung und werde wohl von den Berliner   Genossen nicht gebilligt werden. Genosse Eulert schließt sich im wesentlichen den Ausführungen Richters cm. Genosse Richard Hagen hätte gewünscht, daß der Nürnberger Beschluß betr. der Maifeier auf- gehoben worden wäre, er schaffe für unsere Parteibetriebe, in denen nickt nur Genossen beschäftigt seien, große Schwierigkeiten; man solle es überhaupt vermeiden, einen Zwang nach dieser Rich- tung hin auszuüben. Den Uebergriffen der Herren Kaufmann und Dr. Müller gegenüber werde man mit Resolutionen schlecht etwas ausrichten. Hier heißt es: Jeder Genosse hat dem Konsum- verein beizutreten und dort die Ideen der Sozialdemokratie zu vertreten. In seinem Schlußwort ivandte sich der Referent gegen einige Aeußerungen der Genossen Richter und Eulert. Er schloß seine Ausführungen mit der Aufforderung an die Genossen, den Konsumvereinen beizutreten als wirksamsten Protest gegen die Praktiken der jetzigen Leiter den Genossenschaftsbewegung. Spandau  - Die Gcnerolversinmnliing deS sozialdemokratischen Wahlvereins wurde am Dienstagabend im Restaurant von Bühle   abgehalten. Zum P a r t e i t a g» b e r i ck t führt Genosse Dr. Liebknecht aus, daß der Jenaer   Parteitag sehr mannigfaltige und wider- sprechende Stimmungen ausgelöst hat. Die schwarzblauen Gegner sind mit dem Resultat unzufrieden, das fei der beste Beweis, daß der Parteitag gute Arbeit geleistet habe. Erfreulich sei es, daß der Parteitag nicht an der Nahrungsmittelteuerung vorübergegangen ist. Redner geht auf die Beschlüsse hierzu näher ein und kommt dann auf die Jugendbewegung zu sprechen. Er schildert die unge- setzlichen behördlichen Eingriffe, von denen Spandau   auch in voriger Woche einen kleinen Begriff erhalten hat, als der Arbeiter-Turn- verein in seinem Lokal von Polizeibecunten überfallen wurde und 16 Verhaftungen erfolgten. Partei und Gewerkschaft sind über- einstimmend von der Wichtigkeit der Jugendbewegung überzeugt und der Parteitag hat es der Partei zur Pflicht gemacht, sich nach Kräften der Jugendbewegung anzunehmen. Er hofft, daß dies auch in Spandau   geschehe. Redner streift dann auch die auf dem Parteitag vorgebrachten inneren Parteiangelegenheiten und hofft von den getroffenen Maßnahmen ein gutes Resultat. Zur Konsumvereinsresolution erklärt Redner, daß, obgleich sie zurück. gezogen, der Parteitag doch einhellig mit ihr einverstanden war. Das wichtigste war außer der Reorganisation und Ergänzung des Parteivorstandes die Marokkofrage und die Stellung zur Reichs- tagswahl. Die Marokkofrage zerfalle in zwei Punkte, nämlich erstens, ob der Parteivorstand in dieser Frage die erforderliche Energie und Schlagfertigkeit gezeigt, oder ob mit Recht Kritik an dem Verhalten des Vorstandes geübt wurde. Die Sache habe viel Staub aufgewirbelt und stehe im Zusammenhang mit der be- fchlossenen Reorganisation des Parteivorstandes und der Vermeh- rung der Sekretäre. Redner meinte, daß daö lange Schweigen des Vorstandes schließlich doch keinen Schaden angerichtet habe. Die in Deutschland   und anderen Ländern seitens des Proletariats vor- genommenen wuchtigen Demonstrationen haben auf die Regie- rungen zweifellos abkühlend gewirkt und mit dazu beigetragen, daß ein kriegerischer Ausgang vermieden wurde. Trotzdem zeige jetzt Tripolis  , daß die Partei weiter die Augen offen behalten müsse. Man könne nur bedauern, daß man versuchte, die ganze Frage auf ein falsches Gleis« zu schieben. Es ist nicht richtig, daß die ganze Protestbewegung erst durch die Genossin Luxemburg   ins Rollen ge- bracht wurde, wertvoll und nützlich aber waren ihre Veröffent- lichungen sicher. Man hätte deshalb auch nicht die Kleinlichkeit der Kontrast von Tharakteren herausgeholte Entwickelung geben; in- dessen die Erfindung, die dort so überreichlich sprudelte, schleppt sich bier ziemlich langsam und mühselig fort, flickt ihre Lücken mit Requisiten Hank wertsmäßiger Roniine aus. Der»Papa" ist einer jener allbekannten typische» Lebemänner der französischen   Komödie. Als er in die Jahre kommt und ibn ein Dämchen feine? Alters wegen einmal auslacht. besinnt er sich auf einen unehelichen, fern von der Hauplstadt aufgewachsenen Sohn. Es müßte beim Herannahen der Invalidität ergötzlich sein, den hübschen Jungen zu adoptieren, ihn als Nachfolger und Ersatzmann in die Welt und Halbwelt einzuführen. Nach einer farblosen Expofilion kommt eS im zweiten Alt, als sich der nüchterne, solid- gesunde Splößling dem ehrenwerten Herrn Grafen   endlich vorstellt, zu einigen markanteren Szenen. Jean bezeugt bei dem Zusammen- treffen, ebenso wie der ungleich interessantere Bursch. der in den Bahrschen.Kindern" seinem uneheliche-' Bater einen Besuch abstatiet, nicht die mindeste Entrüstung oder Seutimentalllät. Er hat sich auch bisher ganz wohl gesuhlt und trägt was dem Erzeuger unfaßlicher als alles andere ist gar kein Verlangen nach der Be- kannlschast junger Damen. Er sei bereits verlobt und werde heiraten. Die lustspielmäßig gelungenste Partie ist die ironische Schilderung, wie der noch immer leichtentzündliche Papa, an­fangs voller Empörung über eine solche Mesalliance des Sohnes, sich unversehens in die schöne Braut verliebt und mit der ihm geläufigen Kunst des glirteö, ganz ohne schlimme Absicht, Jean« Bild aus ihrem flatterhaften Seelchen drängt. Dock Jean behält die Augen offen, macht sich den Lauf der Dinge nüchtern klar. Er lamentiert nicht lange. Froh, daß ihm diele Einsicht nicht zu spät kam, verzichtet er und führt die beiden selber zu einander. Abel, in seiner trefflichen Darstellung deS Sohnes, brachte die Schlußwendung mit überraschend glücklichsm Akzent, ohne jeden falschen Nebenton posierender Sentimentalität heraus. Gut war auch S ch ö n s e l d in der Rolle des unverbesserlichen leichtsinnigen Bonvivant und Fräulein Brandt als die exzentrische Verlobte. Adalbert gewann der Episodenfigur eines mißbrauchlea Freundes und Salontrott«ls höchst komische Effekte ab. dt. Indiskretion so in den Vordergrund stellen sollen. Betont darf werden, daß die Partei im Lande die Sache nicht so langsam und indolent behandelt zu sehen wünschte. Es wäre zweifellos klüger ge-l Wesen, wenn der Parteivorstand nicht so rechthaberisch aufgetreten wäre. Man hätte zugeben sollen, daß der Vorstand infolge Ueber- lastung die Frage etwas langsam behandelt habe, dann wäre die scharfe Diskussion darüber vermieden worden. Trotzdem wurde diese Frage auch in voller Einmütigkeit erledigt. Redner ging dann zu dem Referat Bebels über die Marokkofrage über. Eine bessere Lösung, so meinte er, konnte nicht gefunden werden, als daß Bebel als Repräsentant der Partei das Referat übernahm. Das Referat ist von der Presse meist günstig beurteilt, aber es läßt sich nicht leugnen, daß es manches zu wünschen übrig läßt. Redner war erstaunt, daß Bebel kein Wort von unserer großartigen Massen- Protestbewegung gesagt und auch kein Wort der Anfeuerung ge- funden hat. Bebel habe wohl nicht die Absicht gehabt, dies zu unterlassen. Deshalb wollte er, Redner, eine diesbezügliche Er- gänzung in der Resolution anbringen. Daran sei er aber durch den Schluß der Debatte verhindert worden. Eine Verständigung mit Bebel wegen der Amendements war auch nicht mehr möglich. Die Ablehnung derselben spreche nicht gegen den Inhalt, denn Genosse Bebel habe sich in seinen Schlußworten mit seinen und der Ge- nossin Luxemburgs Ausführungen einverstanden erklärt. Um Quertreibereien habe es sich jedenfalls nicht gehandelt. Ueber die Frage des Massenstreiks läßt sich Genosse Liebknecht   dahin aus, daß sich derselbe im Falle eines Krieges selbstverständlich nicht dekro- tieren lasse. Dergleichen habe aber auch noch kein vernünftiger Mensch behauptet. Genosse Bebel habe recht, wenn er sagte, daß die Massen bei Ausbruch eines Krieges nach Brot und Arbeit rufen würden. Das fei aber auch ein durch den wirtschaftlichen Zu- sammenbruch aufgezwungenerMassenstreik", der sehr wohl noch durch freiwillige Streikbewegungen der empörten.Massen ergänzt werden könne. Und solche Bewegungen seien auch vor dem Kriegs- ausbruch möglich, um ihn von vornherein zu verhindern. Der Massenstreik könne nur durch die Zustände des Krieges oder vor dem Kriege und die zugespitzte Stimmung im Volke hervorgerufen werden. In diesem Sinne ist auch die Antwort aufzufassen, die die deutschen   Vertreter auf dem Stuttgarter   und dem Kopenhagener Internationalen Kongreß gegeben haben. Wenn auch die jetzige italienische Massenstrcikbewegung ungünstig ablaufen werde, sie werde nichts gegen den Gedanken des antikriegcrischen Massen- sireiks beweisen. Bebel habe seine Ausführungen über den Massen- streik zum Teil wenig glücklich formuliert. Genosse Bebel habe dann auf die revolutionäre Wirkung der Mobilmachung hingewiesen und damit großen Eindruck auf die herrschenden Klassen gemacht. Ueber die Reichstagswahl habe Bebel nur wirksam zusammengesetzte bekannte Gesichtspunkte vorgebracht. Das Hauptgewicht ist auf die Leitsätze bei der Stichwahl zu legen, und diese sind vom Parteitage gebilligt. Nachdem sich der Redner noch eingehend über diese Leit« sätze ausgelassen, schließt er mit der Erklärung, daß der Parteitag gute Arbeit geleistet habe. Das Referat wurde mit Beifall auf, genommen. Nach ganz kurzer Diskussion gelangte folgende Refo.« lution einstimmig zur Annahme: Die heutige Generalversammlung des Wahlvereins Spandau verpflichtet sich nach Entgegennahme des Berichts vom Jenaer  Parteitage, im Sinne der vom Genossen Bebel gestellten Resolu, tion über die Reichstagswahlen tatkräftig zu arbeiten, um die Mitgliederzahl des Wahlvereins und den Abonnentenstand der Arbeiterpresse den Verhältnissen Spandaus entsprechend zu heben." Es erfolgte dann die Wahl der Schlichtungskommisston sowie die Ersatzwahl von drei Mitgliedern in den Bildungsausschuß. Genosse Scior gibt bekannt, daß für die Radfahrer ein besonderer gahlabend eingericktet ist und daß zu den demnächst in Aussicht ge» nommenen Protestversammlungen am Sonntag vorher Flugblatt- Verbreitung stattfindet. Mit einem Hoch auf die internationale Sozialdemokratie»vurde die interessante Versammlung gegen 12 Uhr geschlossen. Erklärung. In der Versammlung des 5. Berliner RcichstagStvahlkreiseS vom 26. September hat der Genosse W e l S geäußert, es sei in Jena   zutage getreten, daß die Absicht bestanden hätte,fast den ganzen Parteivorstand zu stürzen oder abzu» murksen." In der gestrigen Nummer desVorwärts" hat Ge- nosse Stadthagen   bereits die Behauptung im allgemeinen als durchaus unrichtig zurückgewiesen. Da Genosse Wels aber auf eine Herausforderung hin, wer denn das gesagt haben solle, meinen Namen genannt hat, halte ich eS für notwendig, auch meinerseits diese neue Bezichtigung des Genossen Wels ausdrücklich zurückzu- weisen. Das Verfahren von Wels ist um so verwerflicher, da ich über meine Stellung gegenüber dem Parteivorstande mich schriftlich und mündlich so unzweideutig und klar ausgesprochen habe, daß Wels, dem das alles bekannt ist, sich überhaupl gar nicht im Irrtum über meine wirklichen Absichten befinden konnte. Ich habe nämlich in zwei Artikeln im, Volksblatt" für Halle vom 3. und 9. September zunächst an der Hand von Tatsachen dargelegt, daß unser früherer Parteivorstand dringend reformbedürftig sei, wie ich das auch nachher auf dem Parteitage selbst, we»n auch not« gedrungen in sehr abgekürzter Form, ausgeführt habe. Ueber das, was meiner Ansicht nach zur Reformierung des Parteivorstandes zu Neue frei« Volksbühne. Max Halbe  '« Drama Der Strom" wurde Donnerstag abend im Neuen Volkstheater gegeben. Vom heißen Atem angeweht, der durch die mit psycho- logischem Scharfblick aus der Wesenstiefe der Personen heraufgeholte und konsequent bis zu erschütternder Tragik gesteigerte Handlung geht, gaben sich die Darsteller ganz dem Werke hin und schufen so eine Aufführung, die in allem und jedem aufs feinste abgestimmt und herausgearbeitet, musterhaft genannt werden kann. Maria Meyer(Renaiej, August M o m b e r sPeter Doorn), Otto Montu« iStrombaumeister), Robert 81 ß m a n n(Jakob Doorn), Emil R a m e a u(Ulrichs), traten in großenteils vorzüglichen Charakter- leistungen hervor; selbst die beiden Vertreterinnen der weiblichen Episodenrollen taten ihr bestes. Die Zuschauer standen unter dein Bann der Bühnendichtung wie der Darsteller und wurden wieder- bolt, insonderheit beim Schlüsse des zweite»! Aktes zu begeistertem Beifall hingerissen._«, k. Notizen. Neue g« n s u r st ü ck ch e n. In Leipzig   ist, wie zuvor in Königsberg  , WedekindsBüchse der Pandora", in Köln  eine TragödieJudas  " von G. v.Basse witz verboten worden. Dort nimmt die beamtete Moral, hier die abgestempelte Religiosität Anstoß. JesnS darf nicht auf die Bühne. Engelbert HumperdinckS MärchenoperKönigs- linder" wird jetzt ins Französische   und Italienische übersetzt. Fünf Nationen sind eS dann, in deren Mitte sich das Werk Bürger» recht erworben hat. Opernbohkott. Die Mustkkaufleute in Amerika   drohen dem Italiener P u c c i n i mit einem regelrechten Boykott, da dessen Verleger für jede Oper Puceini» und für jeden Abend 1800 M. Tantieme fordert. Die Bewegung richtet sich aber auch gegen unseren Richard Strauß  . Hammerstein in London   hat für das Aufführungsrecht derElektra  " 120 006 M. bezahlen müssen. ES geht eben alles umS Geld weniger um die Kunst. Die große Berliner Kunstausstellung g» Lehrter Bahnhof   wird Sonntag, abends 7 Uhr. geschloffen.