Die Besetzung Von Tobruk.Rom. 8. Oktober.(Meldung der Agengia Stefani.) Am Morgendes 4. d. M. liefen die Schiffe des ersten Geschwaders in denHafen von Marsa Tobruk ein, wo sie keine türkischen Schiffevorfanden. Aus die Aufforderung, sich zu ergeben, ver»weigerte die türkische Garnison die Einziehung der türkischenFlagge. Darauf eröffnete der Panzer«Vittorio Emanuele" dasFeuer; mit den ersten Schüssen legte er die Fahne nieder undschoß eine breite Bresche in die Umwallung. Dann ließ AdmiralAubry einige Kompagnien Matrosen landen, die nach Ueber-Windung des von der kleinen türkischen Garnison geleisteten Wider-standes das Fort besetzten, die italienische Flagge hißten und einigetürkische Soldaten, die den Kampfplatz nicht hatten verlassen wollen,gefangen nahmen.Die Beschießung von Tripolis.Rom, 9. Oktober. Der Korrespondent der„Vita" hatte inSyrakus Unterredungen mit Personen, die aus Tripolis kamen.Diese teilten ihm mit, die Beschießung der Forts in Tripolis durchdie italienischen Kriegsschiffe hätte auf eine Entfernung von12 Kilometern begonnen. Die türkischen Artilleristen hättensich als unfähig erwiesen; ihre Schüsse wären nur 4 Kilometer weit gegangen, während die Schußweite ihrer modernenKruppschen Geschütze 9 Kilometer betrug.— Als die italienischenMatrosenabteilungen landeten, so heißt es weiterin dem Bericht, ging die türkische Kavallerie zum An-griff auf sie über» aber die italienische Schiffsartillerie zerstreutedie Kavallerie.Der Befehlshaber der gelandeten Truppen, Kapitän zur SeeCagni, ließ eine Veröffentlichung anschlagen, worin die Ent-waffnung zum Zwecke der Sicherheit in der Stadt befohlenwird; in der Bekanntmachung werden für die Auslieferung derWaffen am ersten Tage 10 Franks und am zweiten Tage S Franksversprochen; wer vom dritten Tage an noch im Besitze von Waffensei, werde hingerichtet werden.Konstantinopel, 8. Oktober. Das jungtürkische Komitee hat dieNachricht erhalten, daß bei der Beschießung von Tripolis derKonak von einem Geschoß getroffen worden sei. Der Mali sollschwer verwundet sein.Die türkischen Streitkräfte.Rom» 8. Oktober.„Tribuns" meldet au» Malta: Von hier an-gekommenen Schiffen wird berichtet, daß die Türken sich in derUmgebung von Tripolis gegen 19 009 Soldaten und ebenso»viele mit Gewehren bewaffnete Araber konzentriert hätten.Ob dieses Heer gegen Tripolis marschieren oder sich auf die Ver-teidigung beschränken solle, wisse man nicht.Tripolis von den Türken verlassen.Rom, 9. Oktober.„Tribuns" meldet aus Malta: Deritalienische Dampfer„Herkules", der gestern nachmittag von Tri-po l i S hier ankam, bringt die Nachricht, daß Tripolis vontürkischen Soldaten verlassen ist. Türkische K a-v a l l e r i e hält sich aber inder Umgegend der Stadt aufund unterrichtet das Gros der türkischen Truppen, die sich nach demFnnern zurückgezogen haben, über die Beschießung und die Bewe-gungen der Italiener. Alle Forts sind jetzt zerstört,Kämpfe im Innern.Konstantinopel, 9. Oktober. Wie die hiesigen Blättermelden, hat sich die türkische Garnison von Tripolisunter Oberst Neschet nach Vehare und Kirkkarisch zurück-gezogen, wo sie eine Verteidigungsstellung ein-genommen hat. Eine italienische Kompagnie ver-suchte, bis Vehare vorzurücken, mußte sich jedoch infolgedes Widerstandes der türkischen Truppen zurückziehen.Die einheimischeBevölkerungnahmamKampfteil.Jkdam erfährt, einige Großmächte hätten der Pfortevorgeschlagen, die Besetzung Tripolitaniens an-zuerkennen» wogegen die Mächte die Kretafragezugunsten der Türkei regeln würden.Die Ausweisungsfrage.Konstantinopel, 8. Oktober. Der Ministerrat hatdie Ausweisung der in der Türkei ansässigen Jta-liener beschlossen. Diese müssen das Land innerhalbdreier Tage verlassen. Wie verlautet, soll der Minister-rat auch einen Zollkrieg mit Zöllen bis zu tOO Proz.beschlossen haben.....,Rom, 9. Oktober. Wie die„Agenzia Stefan:" meldet, hatdie türkische Regierung auf Bitten des beut-schen Botschafters in Konstantinopel die Aus-wcisungderItalieneraufgeschoben. Sie wirdwahrscheinlich nichtmehr st attfinden.Die Befragung der Großmächte.Konstantinopel, 3. Oktober. Die Pforte hat ihr« Botschafterbeauftragt, die Großmächte zu befragen, unterwelchen Voraussetzungen die Mächte die Einstellungder Feindseligkeiten für möglich halten.— Ein Commu-nique des Ministeriums des Aeußern bezeichnet die Blättcrmeldungals unzutreffend, wonach die Pforte unter gewissen Bedingungenüber die Anerkennung derOkkupation von Tripolis mitItalien zu verhandeln bereit sei.Die Rede des Ministerpräsidenten.Turin, 8. Oktober. Gestern abend fand im KöniglichenTheater ein Diner zu Ehren des Ministerpräsidenten Giolittistatt. Anwesend waren zahlreiche Minister, samtliche Unter.staatssekretäre. an sechshundert Senatoren und Deputierte, dieBürgermeister von ganz Piemont und hervorragende Persönlich-leiten aus ganz Italien. Viele Tausende von Depeschen warenaus dem ganzen Lande eingelaufen, darunter auch von Luzzattiund von oppositionellen Abgeordneten, die dem Vor-gehen der Negierung in Tripolis Beifall zollen. Auf dem Platzevor dem Theater wartete eine gewaltige Menschenmengeauf Giolitti, der aber durch eine Hintertür das Theater betrat.Hier wurde er mit einer großartigen Huldigungskundgebungempfangen. Alle Anwesenden erhoben sich und riefen:„Es lebellLiolitti!" Die Beisalltundgebungen dauerten mehrere Minuten.Ueber die auswärtige Lage sagte Ministerpräsident Giolitti:Die großen Fortschritte des italienischen Volkes müssen uns dieUcbcrzeugung verschaffen, daß wir erst am Anfang einerneuen Periode unserer Geschichte sind, in welcher der höchsteGrad der Kultur, des Wohlstandes, der sozialen Gerechtigkeit imInnern und eine Stellung in der Welt, die der ruhmreichen Ver-gangenheit der italienischen Rasse mehr entspricht, abhängenwerden von der Art, in welcher Regierung und Volk es verstehenwerden, ihre Pflichten gegen das Vaterland zu erfüllen. Die aus-wältige Politik ist ein Stoff, der nicht geeignet ist fürzu genaue Erklärungen, da sie sehr oft in ihrer Ent-Wickelung Ereignissen unterworfen ist, die nicht von unserem Willenabhängen. Wir betrachten den Frieden und ein vollständigesEinvernehmen mit allen Mächten als die höchste Wohltatfür Italien, aber wir können nicht aus Liebe zu einem ruhigenLeben die Leb ens i n t e r e s s en des Landes und unserenationale Würde opfern. Eine demokratische Politiktft flicht gleichbedeutend mit einer schwachen und ohnmächtigenPolitik. Die Geschichte aller Völker und Sie sich vor unseren Augenabspielenden Ereignisse beweisen im Gegenteil, daß die Re-gierungen, die Vertreter aller sozialen Klaffen sein können, dieeifersüchtigsten Hüter der großen Interessen ihres Landes sindund nicht nur an die Fragen von unmittelbarem Interesse denken,sondern auch die ferne Zukunft ihres Landes zu sichern wissen.Die auswärtige Politik kann nicht wie die innere gänzlich vomWillen der Regierung und des Parlamentsabhängen, sondern mutz infolge absoluter Notwendigkeit denEreignissen und der jeweiligen Lage Rechnung tragen, die zuändern nicht in unserer Macht fliegt, ja die wir bisweilen nichteinmal beschleunigen oder verzögern können. Es gibt Ereignisse,die sich wie ein wahres historisches Verhängnis ein-stellen, dem sich ein Volk nicht entziehen kann, ohne sein« Zukunftunheilbar in Frage zu stellen. In solchen Augenblicken ist eSPflicht der Regierung, alle Verantwortlichkeit auf sich zu nehmen.Sie hat sie mit ruhigem Geiste übernommen, weil sie überzeugtist. daß gegenüber der hartnäckigen, systematischen Feindselig-keit, die seit Jahren unsere wirtschaftliche Tätigkeit inTripolis hinderte, und gegenüber den fortwährenden Her-ausforderungen der türkischen Regierung jedesZögern oder jeder Aufschub zu gleicher Zeit die Ehre des Landesund seine politische und wirtschaftliche Lage in Frage gestellthaben würde.Im weiteren Verlaufe seiner Rede wandte sich der Minister-Präsident der inneren Politik zu und betonte, die Hebungoes vierten Standes auf einen höheren Grad der Kultur[ei das dringend st e Problem, nicht allein aus Gründener Gerechtigkeit, sondern auch vom wirtschaftlichen Standpunktaus. Denn nur die tätige Teilnahme an jeder Form des Fort-schritt? von feiten des ganzen Volkes könne den Reichtum desLandes hervorbringen. Giolitti erörterte und verteidigte sodanndie Gesetzentwürfe betreffend das LebensversicherungS-Monopol und das allgemeine Wahlrecht. Die R e-form des Wahlrechts werde den Anfang einerneuen gesetzgeberischen Periode bedeuten und werdees ermöglichen, die großen Reformen auszuführen, denen Italienzustrebe.Französisch« Schiffe im Mittelmeer.Toulon. 8. Oktober. Der Panzerkreuzer. Jules Ferrh"ist heute vormittag in See gegangen. Der Panzerkreuzer„LeonGambetta" mit Admiral d'Artige wird in einigen Tagen abfahren.Beide Schiffe werden sich in den türkischen Gewässern mit demtanzerkreuzer„Ernest Renan" vereinigen, um gemeinsam denchutz der französischen Interessen während desitalienisch-türkischen Krieges wahrzunehmen.Ein französischer Protest.Paris, 8. Oktober. Gestern abend fand unter dem Vorsitzunseres Genossen Franc is Pressense eine große P r o t e st-Versammlung gegen den italienischen Feldzug gegenTripolis statt. Es wurde eine Tagesordnung angenommen,in der den konstitutionellen Ottomanen, die alleinfähig seien, ein Land zu retten, dessen Bestehen für den Friedenund das europäische Gleichgewicht notwendig sei, die Sym«pathie der Versammlung ausgesprochen und an die andem Streitfalls nicht beteiligten Großmächte der Appell gerichtet,den Frieden durch Aufrechterhaltung des Rechts wieder-herzustellen.— Der ehemalige türkische MinisterH a l a d j i a n wohnte der Versammlung bei.Die lilarokkoveichandlungen.Die Verhandlungen rücken kaum vorwärts. Während dieKongointeressenten in einem Teil der französischen Presse un-aufhörlich gegen jede Abtretung französischen Bodens Sturmlaufen und der Kongreß der Radikalen und Radtkalsozialisten,also der Regierungspartei, eine Tagesordnung angenommenhat, die ebenfalls jede Gebietsabtretung perhorresziert, unter-handeln die Regierungen noch immer über jene sagenhaften„redaktionellen Aenderungen", ohne sich einigen zu können.Schon vor Wochen hieß es, daß die Einigung in einigen Tagenperfekt sein werde und heute stehen wir genau so weit. Sonn-tag war wieder mal die„Unterredung" zwischen dem HerrnCambon und Kiderlen-Waechter und wieder versichert einehalbamtliche französische Note:Paris, 9. Oktober. Wie die„Agence HavaS' erfährt, wurdein der gestrigen Unterredung zwischen dem Botschafter Eambonund dem Staatssekretär v. Kiderlen-Waechter die LösungdeS marokkanischen Teiles der Verhandlungen sehr gefördert;die Besprechungen scheinen einen guten Fortgang zunehmen.Diese Verlautbarung hätte ebenso gut vor vier Wochenerscheinen können und eine ähnliche, fürchten wir, werden wirin vier Wochen wieder zu lesen bekommen, wenn den HerrenKiderlen-Waechter und C a i l l e u x nicht endlich inden Parlamenten erklärt wird, daß sie schleunigst den Ver-trag zustande bringen oder fähigeren Männern Platz zu machenhaben.Bormarsch der Spanler.Madrid, 8. Oktober. Wie die Blätter melden, haben sich gesternrüh drei spanische Kolonnen nach dem Ued Kert inBewegung gesetzt. Eine Kolonne überschritt den Fluß und griff dieBefestigung der dahinter verschanzten Harka heftig heftig an. DieHarka ergriff die Flucht. Zwei spanische Kriegsschiffeunterstützten die Operationen mit ihrer Artillerie.Mcllilla, 3. Oktober. Die KolonnR pnter Oberst Rivera wurdeauf dem linken Ufer des Kert angegriffen und verlorzwanzig Mann. Oberst Rivera und zwei Offiziere wurdenverwundet. Darauf überschritt die Division Orozco den Flußund besetzte eine Stellung 11 Kilometer landeinwärts.Spanische Berlnste.Madrid, 8. Oktober. Amtlich wird miS Melilla gemeldet'Die vorläufigen Operationen sind nach zehnstündigem Kampfeglänzend durchgeführt worden. Die Harka wurde schwer ge»züchtigt und ließ zahlreicheTote sowie Waffen und Munitionzurück. Die Division Orozco erreichte die Höhen bei Terkemin nachhartem Kampfe, wobei sie aus dem Marsche alles zerstörte.Die Verluste der Division sind beträchtlich. Privat-depeschen sprechen von mehr als hundert Mann.polirifcke CleberlicKr.Berlin, den 9. Oktober 1911.Zur LandtagSwahl im Grostherzogtum Oldenburg.Unsere oldenburger Genossen haben sich, wie wir bereits mel-deten, entschlossen, bei den Nachwahlen(eigentliche Stichwahlenkennt das oldenburgische Wahlgesetz nicht) den Freisinn im wei-testen Maße zu unterstützen. Sie werden in den Wahlkreisen B u t-jadingen, Brake. Jever und Stadt Oldenburg fürdie Kandidaten der Fortschrittlichen Volkspartei eintreten, nachdemdie Leitung dieser Partei zugesichert hat, daß ihre Kandidaten imFalle einer Wahl für einen weiteren Ausbau de? Wahlrechts inStaat und Gemeinde, für eine freiheitliche Ausgestaltung desVolksschulwesens, für weitere Entlastung der untersten Steuer-stufen und Förderung aller sozialen Gesetze zur materiellenHebung der staatlichen Arbeiter und kleinen Beamten eintretenKerben. I« Wahlkreise DekKenhorst Ik, Ko für Mseren Genoffen948, für einen Nationalliberalen 949 und für einen Volksparteiler639 Stimmen abgegeben wurden, gehen hingegen unsere Partei-genossen selbständig vor und dürften, da die Vollsparteiler für denNationalliberalen nicht stimmen wollen, das Mandat erobern.Selbständig werden unsere Genossen ferner im Wahlkreise Olden-burg-Land vorgehen, in dem die sozialdemokratischen Kandidaten1725 und 1734 Stimmen erhielten, während auf die Volksparteiler1751 und 1782 Stimmen entfielen. Die Nationalliberalen gebenmit ihren 1209 Stimmen den Ausschlag, wahrscheinlich zu-gunsten der Volksparteiler.Anstelle des Genossen H u g, der die Wahl in Oberstein ange-nommen hat, wird in Rüstringen der Genosse Heller- Norden-Hamm bei der Ersatzwahl kandidieren. Die Rüstringer Genossenverzichteten auf einen Kandidaten aus ihrer Mitte, damit im neuenLandtag auch die Arbeiterschaft desjenigen Landesteils vertretenist, in dem die rasche Entwicklung der Industrie zu den besten Hoff-nungen berechtigt.Im Nordbezirk des Fürstentums Lübeck ist ein Kompromißzwischen unseren Genossen und der Fortschrittlichen Volksparteiabgeschlossen worden, um die Wahl des Agrarierführers und bis-herigen Landtagsabgeordneten. Hauptmanns a. D. v. Levetzow-Sielbeck, zu verhindern. Nach diesem Abkommen läßt jede Parteieinen Kandidaten fallen, so daß der bisherige fortschrittliche Ab-geordnete, Bauunternehmer Steenbock- Eutin, mit unseremKandidaten, Rebenstorf, auf dieselbe Liste kommt.Wie jetzt feststeht, sind von den bei der Hauptwahl abgegebenenreichlich 150 000 Stimmen nahezu ein Drittel(48 800) für dieSozialdemokratie abgegeben worden, die Fortschrittliche Volksparteierhielt 40 000, die Nationalliberalen 26 000, da? Zentrum 24 000und die Agrarier 11 000 Stimmen. Die Niederlage der Agrarierwird durch die Nachwahlen hoffentlich vervollständigt werden,Kein freifinnig-konservatives Wahlbündnis in Schlesien.In Bunzlau fand gestern der zweite niederschlestsche Parteitagder Fortschrittlichen VollSpartei statt. Parteisekretär Mickeleit er-stattete den Geschäftsbericht und die Abgeordneten Fischbeck undKopsch hielten Ansprachen.Offiziell mitgeteilt wurde in der Delegiertensitzung, daß derProvinzial-Parteivorstand auf daS konservative Angebot,betreffend Stichwahlhilfe, geantwortet hat, daß bor der Hauptwahlvon der Parteileitung keine Abkommen betreffs derStichwahl getroffen werden. Die gleiche Antwort sollendie einzelnen Wahlkreise erteilen, in denen ebenfalls bereits solchekonservative Anerbietungen gemacht worden sind.Eröffnung des preußischen KlaffenparlamentS.Der preußische Landtag wird am DienStag, den 16. Januar 1912wieder eröffnet, aber wegen der ReichStagswahlen sofort auf zehnbis vierzehn Tage wieder vertagt.— Die„Norddeutsche AllgemeineZeitung" teilt mit: In der Tagrspresse ist die Nachricht verbreitetworden, daß der Entwurf, betreffend die organische Neuordnung derdirekten StaatSsteuern in Preußen, in der nächsten Session demLandtage nicht zugehen werde. Diese Nachrichl ist unzutreffend.Es wird vielmehr eine entsprechende Gesetzesvorlage, wie dies imGesetz, betreffend die Bereitstellung von Mitteln zu Diensteinkommen-Verbesserungen vom 26. Mai 1909 vorgesen ist, in der kommendenSession im Landtage eingebracht werden.Nationalliberale und Zentrum.Die Nationalliberalen in Düsseldorf, die sich bei derStichwahl der Stimme enthalten und damit das Zentrum seinemUnglück überlassen haben, lassen keinen Zweifel darüber, daß esich nur um ein Warnungszeichen für die nächsten allgr-meinen Reichstagswahlen handelt. Die Nationalliberalen habendie Gelegenheit benutzt, dem Zentrum klar zu machen, was ihreStichwahlhilfe zu bedeuten hat und was für das Zentrum aufdem Spiele steht, wenn dieses sich nicht zu angemessenen Gegen.lcistungen bei den nächsten Wahlen bereit findet. Erpresser»Politik— wie man es nennen konnte. Im übrigen erklären sichdie Nationalliberalen, nachdem sie eine Probe ihrer Macht undihres Mutes obegelegt haben, gern bereit, mit dem Zentrum imWesten Halbpart zu machen. Die.NationalliberaleKorrespondenz für die Rheinprovinz" schreibt näm-lich bezüglich der Düsseldorfer Wahl:„Der Sieg der Sozialdemokraten bedeutet gewiß für daSZentrum eine schmerzliche Niederlage; ob man aber von einer„verloren gegangenen" Hochburg des Zentrum»wird sprechen können, muß die Zukunft lehren. DaSwird allerdings in erster Linie davon abhängen, ob daS Zentrumgewillt und imstande ist, die Lehren aus dieser höchstinteressanten Ersatzwahl zu ziehen. Vorerst fyites noch nicht den Anschein, denn was sich die Zentrumspresseseit vergangenem Samstagmorgen in Angriffen auf die LiberaleVereinigung in Düsseldorf und die Nationalliberalen ganz all-gemein leistet, geht ins Aschgraue. Man braucht sichdarüber aber nicht allzusehr zu erregen; derSchmerz über den Düsseldorfer„Unglücks-Freitag" muß erstaustoben. Hoffentlich vollzieht sich das recht schnell; wenigstensmöchten wir es dem Zentrum im Hinblick auf Möglichkeitender nahen Zukunft dringend empfehlen, wenn sich djxseMöglichkeiten nicht in Unmöglichkeiten verwandeln sollen."Mit anderen Worten: die Nationalliberalen sind bereit, denVerlust der Düsseldorfer Hochburg für das Zentrum zu einemvorübergehenden zu gestalten, d. h. bei den nächsten Reichstags-Wahlen dem Zentrum Stichwahlhilfe zu leisten. Und das Zentrumwird dieses Anerbieten nicht ausschlagen. Herr Marx, derFührer der Düsseldorfer Ultramontanen, soll nämlich, wie dosgenannte Organ der rheinischen Nationalliberalen mitteilt, ineiner Rede am Abend der Stichwahl gesagt haben:„Die Stichwahl lehrt deutlich, daß da»Zentrum mehr denn je der Unterstützung derandern bürgerlichen Parteien bedarf."Na also! Man weiß beiderseits, was man einander wert istund wird danach handeln. Vielleicht überlegt sich unterdes HerrBassermann, der ja in Saarbrücken kandidieren will.ob das Verhalten der rheinisch-westfälischen Nationallibcralen gc-eignet ist. seine Wahlaussichten in Saarbrücken, wo die Sozial»demokraten daS Zünglein an der Wage bilden, zu verbessern.Die Not der Stunde!Wenn die„Post" unter diesem Titel einen Leitartikelveröffentlicht, so meint sie selbstverständlich nicht die Not,unter der augenblicklich die V o l k s m a s s e n leiden, die un-erhörte Lebensmittelteuerung. Für die Leser undHintermänner der„Post" existiert ja eine solche Not nicht.Die Panzerplattenmillionäre werden durch die Steigerungder Lebensmittelpreise nicht berührt. Ihr Tisch ist reichlichgedeckt, so lange die Dividenden nicht sinken, und dieGewinnste des Panzerplattenkapitals sind ja stets ganzenorme gewesen.Unter der„Not der Stunde" versteht die„Post" viel-mehr die„Not" unserer Flottenrüstungen. Eine solcheNot soll nämlich wirklich vorhanden sein, trotz des Fünf-Milliardengesetzes vom Jahre 1900 und der beiden Flotten-Novellen, die inzwischen angenommen worden sind. Es istunseren Panzerplattenpatrioten ein schier unerträglicher Ge-