anlassen. Martin war zu 300 M. eventuell 00 Tagen Gefängnißwegen Fahrlässigkeit verurtbeilt, der Staatsanwalt hatte 9 MonateGesängniß beantragt. Hoffen wir, daß dem Antrage des Staats-anivalts nicht staltgegeben wird, damit der alte Genosse nichtwegen der paar Beleidigungen mehrere Jahre von seiner Familiegetrennt wird und auf seine alten Tage nicht allzu lange im Ge-fängnisse zubringen muß.Holrales.Der Gipfel der—kriecherei. Herr Geheimer Regie-ruugsrath a. D. Humbert ist eine der festesten Stützen vonThron und Altar— ein Manu, der nicht weiß, zu welchemZweck ihn die Natur mit einem Bauch ausgestattet hat, wenn ernicht auf demselben rutschen soll. Aber Herr Humbert ist auchVerfasser verschiedener hochpatriotischer Schriften, von denen eres gern sieht, wenn sie in rönigstreuen, schwarz-weißen Blätterngünstig besprochen werden, denn man empfiehlt sich dadurch«nach Oben". Nun hat es ihm aber ein böser Rezensent der„Kreuz-Zeitung" angethan. Herr Humbert hatte sich in einemBüchelchcn gestattet, irgend einen der verflossenen Hohenzollernsanft zu tadeln, und der Kritiker der„Kreuz-Zeitung" hatte ihmdas aufgcmuzt. Darob Entsetzen im regierungsräthlichen Herzen,und der Herr Geheime Regierungsrath sieht sich, damit man ausseiner höchstwahrscheinlich unter Ausschluß der Oeffentlichkeiterschienenen Schrift keine falschen Schlüsse zieht, im«Interesse seiner Ehrenrettung" zu einer nothgedrungenen Er-tlärung veraulaßt, in welcher es heißt:«Von jeher patriotisch und loyal gesinnt, war ich einbegeisterter Anhänger meines Hohenzollern'schen Herrscherhauses und habe dies seit SV Jahren in Wort und Schriftkundgegeben. Selbst Kaiser Wilhelm I. hat einst in rühren-den Worten meine Loyalität anerkannt.Darum wäre auch in meine», wie in aller echtenPreußen Augen ein Preuße, der(was kaum denkbar)gegen die evangelischen Hohenzollern, also mit Einschlußunseres hochverehrten Kaisers Wilhelm II., eine Ver-bitterung im Herzen tragen sollte, ein elendes, nieder-trächtiges, ja sogar quasi hochverrätherisches Subjekt.Als ein solches Subjekt hat der Rezensent mich voraller Welt hingestellt. Er hat aber noch mehr gethan.Er hat alle meine verehrte» Familienglieder, Verwandte,Freunde und Gönner zu Mitschuldigen gestempelt, weil siestets im innigsten Geistes- und Herzensverkehr mit solchemSubjekt gestanden haben. Er hat endlich auf grund dermir angedichteten nichtswürdigen Gesinnung mich indirektzu allen möglichen schändlichen Anschauungen für fähigbefunden.... u. s. w."Wenn das nicht gut für die Wanzen ist, dann weiß mannicht, was besser ist.Bediirftige Kinder werden gesucht? Indem mit demstädtischen Waisendepot verbundenen Francke'schen Waisenhausefür Revierarme sind in Gemäßheil der testamentarische» Bestim-munaen des Stifters mindestens 12 Kinder evangelischer Religionaus dem 28. Polizeirevier, bei welchen die Voraussetzungen dersogenannten Wohlthätigkeits-Zlrmenpflege vorhanden sind, dauerndzu verpflegen und zu erziehen. Am 1. April 1892 befanden sichm der Anstalt nur 2 Knaben und 2 Mädchen. Im Laufe desJahres 1892/93 kam 1 Knabe hinzu; dagegen schieden 2 Knabenund 1 Mädchen aus, so daß am 1. April 1393 sich 1 Knabe und1. Mädchen in diesem Waisenhause befanden. Bis jetzt hat es,N'ie die Armendirektion(Ablhcilung für Waisenverwaltnng) inihrem Verwaltungsbericht mittheilt, nicht gelingen wollen,für die unbesetzten Stellen den Bedingungen entsprechendeBewerber zu finden. Das ist wohl möglich. DasL8. Polizei-Revier(Büreau Ecke Öranien- und Alexandrinen-skraße) liegt nänilich in einer verhältnißmäßig günstigenGegend. Bielleicht faßt sich die Armendireklion eininalein Herz und sucht, sich über die beschränkenden Bestimmungendes eigensinnigen Stifters hinwegsetzend, in einigen anderenPolizeirevieren nach geeigneten Bewerbern. Sie braucht nurzehn Minuten weiter bis zum Kotlbuser Thor zu wandern, dawird sie Kinder, bei denen die Voraussetzungen der Wohl-thätigkeits-Armenpflege zutreffen, mehr als genug finden. Aberda sällt uns ein. daß die Bestimmungen eines Testamentes, fosernsich die Unvernunft des Testators nur in bescheidenen Grenzengehalten hat, nicht verletzt werden dürfen. Sind das nicht Herr-tiche Einrichtungen, die es ermöglichen, daß an der einen Stelledie vorhandenen Mittel unbenntzt bleiben und an der anderenBedürftige abgewiesen werden müssen, weil«die Mittel erschöpftfind"?Der Herr Lieutenaut! Der«Konfektionär" erzählt:„Herr Emil Wünsche. Inhaber der bekannten Blaudruck- undSchürzenfirma I. G. Jhle iu Greissenberg(Schlesien) veranstalteteam Sonnabend, am Sedantage, anläßlich des Eintrittesseines Sohnes, des Herrn Lieutenants Wünsche,als Theilhaber in die Firma(diese Worte sind imOriginal gesperrt gedruckt) für sein Personal ein großes Garten-fest."(Folgt eine Schilderung des Festes.)— Daß der Eintritteines Kompagnons und noch dazu des eigenen Sohnes in dieFirma für den Vater Anlaß und Ehre genug ist, um eiuFreudenfest zu veranstalte», ist etwas ungewöhnlich. Sollte dieFeier etwa nicht dem Sohn und Kompagnon, sondern demHerrn Lieutenant gegolten haben? Die Wahl des Sedan-tages. die ausdrücklich hervorgehoben wird, läßt das beinahevermuthen.Der StaatSfiökuS hat keinen kleineren Magen alS dieKirche, aber wie es scheint einen noch besseren Appetit. Wiebekannt, ist unser Genosse I a h n wegen angeblicher Verletzungdes durch das Strafgesetzbuch geschützten Gebietes des bürger-lichen Friedens zu enorm hohen Strafen verurtheilt, die er zumTheil noch als unfreiwilliger Staatspensionär verbüßt. Dempolitischen Gefangenen wurde Selbstbeschäfcignng, ja selbst dieAnschaffung von Butter, der Gebrauch zum Waschen undKäminen hinreichender Utensilien nicht gestattet und die beimMinister diescrhalb eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. DerFiskus scheint den schwer geprüften Genossen mit besondererAufmerrsamkeit zu verfolgen. Fiskns hat ausgerechnet, daß dieKosten eines Prozesses die Kleinigkeit von 244,70 Mark aus-machen; offenbar scheint ihm zweifelhaft, ob Iah» nach der durchdie lange Gefängnißhaft herbeigeführten Entkräftung ja indie Lage kommen wird, diese Summe zu erübrigen. Wasthun, um dem durch Moloch Militarismus in ikassenebbezustandversetzten preußischen Fiskus zu helfen? Fiskus wendet sich mitfolgendem Schreiben an die alte Mutter des Genossen:In der Jahn'schen Kostensache„restirt" Ihr Sohn anKosten 244,70 M. Wir ersuchen Sie, uns diesen Be-trag aus seinem künstigen Erbtheil zu berich-tigen. Königl. Gerichtstaffe u. f. w.Ei, ei— wo in reichs- oder landesgesetzlichen Vorschriftensteht, daß Eltern verbunden sind, die Schulden ihrer Kinder zu«berichtigen"? Frau Jahn ist um so weniger diesem Verlangennachgekommen, als sie selbst solche Summen auszubringen nichtin der Lage ist und sie selbstverständlich nicht weiß, ob ihr Sohnsie oder umgelehrt sie ihren Sohn beerben wird. Ist das Justiz-Ministerium in der Lage, mitzutheilen, auf welche gesetzlichenBestimmungen solch behördlicher Hinweis auf die Vergänglichkeitalles Irdischen beruht? Ist es ferner in der Lage, auch nur«inen Fall zu eruiren, in dem in ähnlicher Weise gegen nicht-sozialdemokratische, vermögende«politische Verbrecher" vorge-gangen ist? U. A. w. g.Zur Lage der Handlungsgehilfen. In einem der injüngster Zeit entstandenen Bazare Berlins, so berichtet der„Handels-Angestellte", hat sich vor kurzem ein Vorfall zugetragen,der auch dem indolentesten Handlungsgehilfen zeigt, unter welchenVerhältnissen die Kollegen und Kolleginnen leben. In diesemHause wurde— es mögen einige Wochen her sein— entdeckt,daß ein Gehilfe Unterschlagungen begangen hatte und außerdemsollte ein zweiter einen Theil des ans den Unterschlagungen er-lösten Geldes erhalten haben.Die soziale Seite dieser Angelegenheit wurde in einer Unter-Haltung zwischen dem zweiten Gehilfen und dem Chef so starkberührt, daß wir uns darauf beschränken können, diese Unter-Haltung zu veröffentlichen. Dieser zweite Gehilfe sagte offen unddeutlich dem Chef ins Gesicht:„Das ist ja kein Wunder, daß inIhrem Geschäjt Unterschlagungen begangen werden. Warumbezahlen Sie denn Ihre Angestellten so schlecht?"Kaum waren in dem Geschäfte diese Thatsachcn bekannt ge-worden, so verbreitete sich das Gerücht, daß der Herr Chef nichtnur den Thäter, nicht nur den zweiten Gehilfen verdächtigte,sondern den Verdacht ausgesprochen haben sollte, daß sein ganzesgroßes Personal an den Unterschlagungeu beiheiligl sein oder umdie Unterschlagungen gewußt haben sollte und daß die Unterschla-gunge» mit Wissen und Willen des gesammten Personals be-gangen worden wären.Die Gehilfen und Gehilfinnen in diesem Geschäfte erkanntenzwar, daß sie in einer gedrückten Lage lebten, aber selbst derWurm krümmt sich ja. wenn er getreten wird, und das Personal,ca. 40 Personen, Damen und Herren, hatten sich etwas bewahrt,was man im gewöhnlichen Leben„Ehrgefühl" nennt.Was nun thnn? Sich zu Wehre setzen, das schwebte so alsWunsch allen vor Augen.Aber wie? Da hatte einer der Herren den sehr naheliegendenGedanken, vor allem die betheiligten Personen zu einer Be-sprechung einzuladen. Und wirklich— das Personal trat zueiner Besprechung zusammen, die etwa 10 Minuten dauerte.Sie setzten ein Schriftstück auf. in dem in bescheidener aber be-stimmtrr Weise um Angabe der Namen der etwa Verdächtigengebeten wurde. Einer der Kollegen übernahm es, das Schrift-stück dem Prinzipal zu überreichen. Damit glaubte man denZwischenfall erledigt.Seine Erledigung fand er, aber in anderer Weise, als dieKollegen ahnten.Kaum hatte der Chef von dieser Besprechung erfahren, alser den Veranstalter zu sich rief und ihn auf der Stelle entliest.Um zu der That noch den Hohn zu fügen, sagte er, dast er ihmeigentlich kein Gehalt bis zu Ende der vierzehutägigen K»n-digungssrist zu zahlen brauchte, daß er ihn sofort entlassenkönne, da er politische Umtriebe im Geschäft unterhalten hätte.Aber nicht nur der Veranstalter wurde entlassen, sondern eswurde festgestellt, wer Theilnehmer an der Versammlung war,und darauf wurde 2l Theitnehmern an der Besprechung ge-kündigt. Unter diesen Umständen hatten die anderen Kollegen— zu ihrer Ehre sei es sestgestellt— es mit ihrer Ehre nichtfür vereinbar gesunde», einem solchen Chef länger ihreDienste z» weihen, und es reichten zwölf Personenihre Entlassung ein. Das Haus, i» dein diese Vorfälle sichabspielten, die jedem denkenden Gehilsen und jeder denkendenGehilfin das Blut der Scham ins Gesicht treiben müssen, istÜl. L n b a s ch, Berlin, Ros entHaler st raße 49.Möglich, daß der eine oder andere Handln, igsgehilse,der heule noch im Gigerl das Ideal menschlichen Strebens er-blickt, sich angesichts dieses Vorfalles die Augen reibt und er-kennt, daß es init der von ihm bic her pflichtgemäß gepriesenenHarmouie zwischen Prinzipal und Gehilfen doch seinen Hakenhat. Hoffe» wir's. Schmer genug sind die Haudluiigsgehilsenzur sozialpolitischen Erkenntniß zu bringen.Vor einigen Tagen berichteten wir nach der„Kceuz-Ztg.",daß man nach Xanten einen Berliner Kriminalkommisiar ab-gesandt habe. Dieser Kriminalkommissarins heißt Raulenberg.Die„Post" macht aus diesem Rautenberg einen— Freudenberg.Vielleicht will sich die in antisemitischen Bahnen wandelnde„Post" schon jetzt den Rücken decken, wenn die Untersuchungresultattos verläuft, indem sie sagt, man hätte mit den Rechercheneinen Juden betraut.Immer nobel.' Der«Reichs- und Staatr-Anzeiger" berichtet:„Nach Mittheilimg des königliche» Gourerncments zu Berlinist durch Gonvernementsbesehl vom ö Seplember 1893 bestimmtworden, daß, nachdem das Auftreten der aüc.tiichen Cholera inBerlin amtlich festgestellt worden, de» nach Berlin a'okomman-dirten Mannschaften auswärtiger Garnisonen die Cholerazulagevon täglich ltt/s Pf., sofern diese ihnen nicht bereits durch Ver-fügung des betreffenden Generalkommandos bewilligt worden,vom 3, September 1893 ab bis aus weiteres zu zahlen ist.Tie Zulage ist nur neben Gewährung der Garnisonverpflegungzuständig."Vo» den S>/z Pf. taglich werden sich die Soldaten! wahrscheinlich Schmerbäilche stehen lassen, und diese Unsumme wirdgenügen, um jeden Vaterlandsvertheidiger gegen den schrecklichenBazillus zu feien. Wie sehr aber unsere ganze Gesellschafts-Ordnung dazu angethan ist, um uns alle vor der Cholera zuschützen, beweist folgender Fall, der uns von einer Leserin mit-getheill ivird. Die Genossin schreibt uns:«Gestern Nachmittag kam auf unseren Hof ein alter Lumpen-saniniler. Als er den Btüllkasten öffnete, lächle ihm ein HäuschenAbfall von Klößen und Obst entgegen. Der Mann ergreift seinMesser und fing an, dieses eleicrregende Gericht zu sich zunehmen. Glücklicherweise war eine Frau, der dieses Gebahrendas Herz zerschnitt, in der Lage, den armen Mann einmal ordent-lich satt zu machen."Was helfen alle Verordnungen des„Reichs-Anzeigers".wenn es Leute giebt, die gezwungen sind, direkt vom Misthausenzu essen.Ei« entspruiiqeuer Geisteskranker. Ein finnländischerBaron, der sich in einer Heilanstalt bei Stockholm befand, da eran Wahnideen leidet, sollte in eine Anstalt bei Berlin gebrachtwerden und war, da es noch der Erledigung einiger Förmlich-leiten vor der Aufnahme bedurfte, mit dem ihn begleitenden Arztund Diener in einein Gasthose Unter den Lenden abgestiegen.In der vorletzten Stacht hat er sein Quartier verlassen, weilangeblich seine Depeschen, in denen er sich um Ministerstellen inPetersburg bewarb, in dem Gasthof nicht pünktlich besorgt wurden.Er wollte einen anderen Ort aufsuchen. Der Diener hat ihn biszum Bahnhof Friedrichstraße verfolgt, wo er auch eine Fahrkartegelöst zu haben scheint. Seitdem ist er spurlos verschwunden.Da er nur 3 M. bei sich hatte, so kann er nicht weit gekommensein. Er hat schwarzes kurzes Haar, ebensolchen herabhängendenSchnurrbart und eine große Nase.Eine lustige Traumig. Auf dem Standesamte XII inMoabit, gegenüber dem Kriminalgericht, fand heute Vormittageine eigenartige Trauung statt. Die Braut wurde von zwei Ge-richtsdienern in Zivil aus dem Untersuchungsgefängnisse vor-geführt, wo sich dieselbe, eine Hebeamme, wegen Verdachtes.Verbrechen wider keimendes Leben begangen zu hgden, in Unter-suchungshast befindet. Sie ist 4S Jahre alt und bereits zweimalWittwe geworden, der Bräutigam dagegen, ein„Kaufmann", istmindestens 15 Jahre jünger. Die Trauung stieß auf ein Hinder-niß; einer der geladenen Trauzeugen war' ausgeblieben, der eineder Gerichtsdiener sprang aber als Zeuge ein. Nach Beendigungdes Aktes schied die Gattin mit einem Kusse von ihre,» neuenGatten auf wer weiß wie lange Zeil und kehrte nach ihrer ein-samen Zelle zurück, der Gatte feierte seine Hochzeit allein mitseinem Leid und seinem Zeugen.Ei» Opfer der Arbeit. Entsetzlich zugerichtet wurde amFreitag Nachmittag in der Berliner Werkzeug-Maschinensabrik,Aktiengesellschaft, Müllcrstr. 35, der 48 Jahre alte Hobler Her-mann Petzold. Er kam mit dem Kopse ins Getriebe, und ist' imKrankenhause gestorben.Gegen den früheren Vorstand der Köpnicker Vereins-bank soll laut Beschluß der am Donnerstag-Abend abgehaltenenGeneralversammlung die gerichtliche Untersuchung eingeleitetwerden. Namentlich richten sich die Angriffe der arg geschädigtenAktionäre dieser Bank gegen den früheren, seines Amtes entsetztenDirektor Iben. Die auf Verfügung des Landgerichts U erwähltenRevisoren, Direktor Weill und Bankier Baschwitz stellten einenFehlbetrag von 212 007,86 M. fest; bei Aufnahme richtigerBilanzen erwies sich, daß infolge falscher Addition ein Kundemit 10 000 M. mehr belastet war, als derselbe thatsächlich derBank schuldete. Einzelne Forderungen find durchaus werthlos,so z. B. diejenige an das frühere Aufsichtsrathsmitglied Henschel zuBerlin— der bekanntlich flüchtig geworden ist— mit zirka58000 M., sowie diejenige an den Rechtsanwalt Stein mit 1400 M.;Herr Iben schuldet der Bank ca. 230 000 M. Die Buchung derSpareinlagen ist eine außerordentlich mangelhafte gewesen undmehrere thatsächlich gemachte Spareinlagen sind in den Büchernaar nicht eingetragen. Hervorzuheben ist noch, daß bei der amt-lichen Revision an Primaivechseln 27 941 M. und an Solawechseln 134 000 M. zu wenig vorgefunden wurden. DirektorBank berichtete von vorgelegten Sparkassenbüchern, die angeblichbeglichen sein sollten, über die Verquickung von privaten und ge-schästlichen Angelegenheiten bei Herrn Iben, die Aufforderungdes letzteren an Spareinleger, ihre Gelder jetzt bei der Bank ab-zuholen, da dieselbe kapul sei:c., Behauptungen, die Herr Ibenin anderem Lichte darzustellen suchte und die zu sehr erregtenDebatten führien. Ter Schluß der Tagesordnung erledigte sich,nachdem die Kommission zur Einleitung gerichtlicher Schrillegegen den Vorstand, sowie neue Aufsichtsralhs- und Revisions-kominissions-Mitglieder gewählt worden waren, in rein geschäst-licher Form.Ans einer Eholera-Kontrollstation der Havel wurde, wiedie„B. Pr." erzählt, dieser Tage der Kahn eines Fischhändlers,der in den Haveldörfern von Werder bis Ketzin den Fischernihre Erträgnisse abkauft, angehalten. Ter Händler hattemit seinem Gehilfen während dieser Thätiakeil verschiedeneGastwirlhschasten besucht, wobei auch das Gespräch auf dieCholera und die Kontrollstationen kam.„Ich möchte wetten."meinte der Gehilfe,„daß ich, wenn ich mir einen tüchtigen Assenkaufe, von der Cholerastation als choleraverdächtig angesehenwerde". Der Fischhändler bezweiselte dies und beschlos, dieProbe zu machen, indem er seinen Gehilfen derartig mit Bierund Branntwein traklirte, daß dieser bald darauf schwer de-trunken im Kahne untergebracht wurde. Bei der Revision desKahnes, worin sich 15 Zentner Fische befanden, wurde nunder Gehilfe als rerdächtig angesehen. Der Hinweis des Fisch-Händlers, daß der Mann nur schwer betrunken sei, nützte nichts,denn der Kahn mit sämmtlichen Fischen wurde desinsizirt undalle Fische krepirten, so daß dem Eigenlhümer ein beträchtlicherSchaden entstand.Cholera. Ans dem Krankenhause Moabit sind wieder dreiPersonen entlassen worden, die sich dort als choleraverdächtig inBeobachtung befanden, so daß sich gegenwärtig dort, außer vierCholerakranken, nur»och drei Personen in Beobachtung be-siuden.In der Narkose gestorben. Im städtischen Krankenhausevon Spandau ist am Mittwoch ein siebzehnjähriger Fleischer-lehrling. der wegen einer Drüsenkrankheit am Halse operirtwurde, in der Narkose todtgeblieben. Die Operation selbst warnur leichter Natur; der Patient erwachte jedoch nicht wieder ausder Betäubung, Ter erste Arzt des Krankenhauses, StabsarztDr. Rabitz vom 4. Earde-Regimeut z. F.. wohnte der Operationbei. Am Freitag hat aus Anordnung der Staatsanwaltschaftdie Obduktion ver Leiche stattgefanden. Der Fall ist nochdadurch besonders auffällig, daß der Patient sonst von kräftigerKvrperkonstitution war.Ter Urheber zahlloser Diebstähle, die in den letztenWochen im Südosten Berlins an Gasarme», Brennern undThürklinken verübt sind, scheint in dem bereits zweimal wegenschweren Diebstahls bestraften Klempner Max Scholz gefaßtworden zu sein. Er wurde gestern Stachmittag i» der Retchen-bergerstraße von einem Hausbewohner betroffen, als er eine zumVorboden führende Thür öffnen wollte. Aus die Frag«, was erdort suche, antwortete er, für den Pförtner alte Sachen holen zuwollen. Da aber kein Pförtner dort vorhanden ist, und auch be-merkt wurde, daß Scholz Brechstange und Dietrich« aus demFlur zu verstecken suchte, wurde er durchsucht. Man fand zweiGasbrenner, die er in der Näh« der BeUe-Allicmcestraße gestohlenhaben will, ferner in seiner Wohnung Thürklinken, die er vondem großen Unbekannten angeblich gekauft hat.Ein seltener Akt der„Kindesliebe" hat einen KaufmannN. veranlaßt, gestern seine Verhaftung bei der Staatsanwalt-schaft zu beantragen. R. hat sich vor einiger Zeit einer Anklagewegen betrügerischen Bankrotts durch die Flucht entzogen undseine Person' tn Holland in Sicherheit gebracht. Bor kurzem hatnun die Staatsanwaltschaft Veranlassung genommen, die Elterndes Flüchtlings unter dem Verdachte der Begünstigung in Hastzu nehme». Tie Kunde hiervon war auch zu St. in Holland ge-drunge», und dieser eilte nun aus seinem sicheren Asyl aufschnellstem Wege hierher und erschien gestern unter Beistand desRechtsanwalts Dr. Haast, um seine Verhaftung zu beantragen.Er hofft dadurch die Haftentlassung seiner Eltern zu erzielen.Ein entsetzlicher Unglücksfall ereignete sich vorgestern gegen4'/, Uhr vor-m-ni Neubau in derWildenowstraße. Daselbst spieltenmehrere Kinder an dem zum Heraufziehen von ArbenSmaterialbestimmten Flaschenzug«, indem sie sich an dem daran besesiigtenSeile aus- und niederließen. Ein Illjähriger Knabe wurde vonseinen Spielkameraden bis zur dritten Etage hinausgezogen.Plötzlich gab das Gerüst, an den der Flaschenzug befestigt war.»ach und stürzte summt dem Knaben in die Tiefe, wobei derletztere einen doppelten Beinbruch erlitt. Ein in der Nähestehender Knabe von 9 Jahren wurde von dem herabstürzendenFlaschenzuge getroffen und auf der Stelle getödtet. Der todteKnabe wurde nach dem Obduktionshause, der andere nach demPaul-Gerhardt-Stift gebracht.Pplizeibcrlcht. Am 3. d. MtS. Nachmittags schaukeltensich ans dem Neubau Wildenowstr. 6 zwei Knaben, der acht-jährige Fritz Sahr und der zwölfjährige Georg Schiele, an einemzum Aufwinden von Theereimern benutzten Tan, das an einemunbefestigt auf dem Dache liegenden Balken angebracht war.Dieser stürzte infolge dessen herab und erschlug den jüngerenKnabe», während der ältere«inen Unterschenkelbruch erlitt.—Gegen Abend wurde ein junger Mann in der Wohnung seinerEltern in der Meinelerstraße mit einer Schußwunde in der Brusterhängt vorgesunden. Es liegt unzweifelhast Selbstmord vor.—Im Lause des Tages fanden drei kleine Brände statt.Der grosse Wucher-«nd Spielerprozess in Hannover,für welchen am dortigen Landgericht bereits am 24. Juli einHauptverhaudluugs- Termin angesetzt war, der aber schließlichäufgehohe» wurde, soll nunmehr am 15. November seinen Ansangnehmen. Es handelt sich bekanntlich um ein Konsortium vonLeuten, welche einer großen Reihe von Offizieren und Trägernaltadliger Namen Unsummen im Glücksspiel abgenommen habensollen. Also gewöhnliche Tempelritter.Wegen wiederholten Vergehens im Amt stand gesternder Postbote Teschow vor der 8. Strafkammer des Landgerichts I.Im Postamte 26, in welchem der Angeklagt« längere Zeit thätigwar, wurde die Entdeckung gemacht, daß ein Postmarder sein