|r.265. 28. Jahrgang.2. Sdlnje des Jonsirts" Kerlim lolMlitt.englische Berichterstatter über dieSchandtaten in Cripolis.London, 7. November.Die gestrigen Vorkommnisse im Parlament beweisen wiedericinmal, daß die englische Regierung die Absicht hegt, den Volks-Vertretern in auswärtigen Angelegenheiten für die nächste Zukunfteinen Maulkorb anzulegen. Die dem Auswärtigen Ministeriumnahestehende Presse befleißigt sich ebenfalls, das Gemetzel der tri-politamschen Bevölkerung so gut wie möglich zu vertuschen, obwohlsie nicht umhin kann, die Berichte ihrer Korrespondenten, die alledas Gleiche behaupten, zu veröffentlichen. Wie bei dem Zaren-besuch vor einigen Jahren so stehen auch jetzt wieder die Jnter-essen der Diplomaten, deren Leitstern der deutsch-englische Gegen-satz ist, den materiellen und moralischen Interessen des englischenVolkes direkt gegenüber. Diesmal wird jedoch der Protest desVolkes allem Anschein nach einen kräftigeren Ausdruck finden.Der Bericht vom Kriegsschauplatz, der hier den tiefsten(Sin-druck gemacht hat, ist der des Herrn M c. C u l l a g h. des Kor«respondenten der„W est min sie r Gazette". Dieser tele»graphiert:„Um gegen die Ermordung unschuldiger arabischer Frauen,Kinder und Männer in der letzten Woche zu protestieren, habeich dem General Caneva meinen Paß als Kriegskorrespondentzurückgegeben. Etwa 400 Frauen und Kinder sind erschossen wordenund 40v<) Männer, von denen nicht hundert schuldig waren.Krüppel und blinde Bettler sind mit Vorbedacht erschossenworden; Kranke, deren Häuser niedergebrannt wurden, lieh manauf dem Boden liegen und vorenthielt ihnenselb st einen Tropfen Wasser.Ich habe persönlich Szenen des Schreckens miterlebtund sie photographiert. Es wurde auch nicht der Scheinder Gerechtigkeit beobachtet. Das arabische Viertel war vollwahnsinniger mit Revolvern bewaffneten Sol°d a t e n, die jeden arabischen Mann und jede ara-bische Frau, die sie antrafen, n i e d e r s ch o s s e n. Die Offi-ziere trieben es schlimmer als die Mannschaften und die Armee istdemoralisiert.Als ich meine Papiere zurückgab, wurde ich zum Hauptquartierbefohlen, weigerte mich jedoch, irgendeine Mitteilung, die nichtdurch den Konsul kam. entgegenzunehmen, und es wurde keinweiterer Versuch gemacht, sich mit mir in Verbindung zu setzen.Ich reise jetzt freiwillig ab. Herr G o t t b e r g. der bekanntedeutsche militärische Kritiker und Kriegskorrespondent des BerlinerLokalanzeigers" hat den-selben Schritt getan-. Alle britischenKorrespondenten außer einem reisen heute(Sonnabend) von hier ab.Die Tatsachen des Gemetzels stehen außer Zweifel. DieKonsuln haben schon ihre Regierungen informiert. Die Szenensind schlimmer als die irgendeines russischenPogroms oder armenischen Gemetzels. Zweiitalienfreundliche Juden wurden aus Versehen mit den Arabernmassakriert.Die Araber verstümmelten die Leichen, aber nicht eher alsbis die Italiener das Gemetzel anfingen. Die Araber warenzuerst sehr höfliche Gegner, die die italienischen Verwundeten untereiner Parlamentärflagge hereinbrachten.Ich besuchte am 26. Oktober die italienische Gefechtsfront undfand die Soldaten vor Furcht gelähmt. Sehr vieleder Soldaten haben den Krieg jetzt herzlich satt. Dieschreckliche Beharrlichkeit des Feindes Tag und Nacht übt einemächtige Wirkung auf die Einbildungskraft der Soldaten aus.Bis vor einigen Tagen, als große Verstärkungen ankamen, wardie italienische Gefechtslinie in großer Gefahr, jeden Augenblickdurchbrochen zu werden, was zu einem tollen Siauve-qui-peut,einem wilden Drängen nach den Booten geführt haben würde.Jeder Europäer in Tripoli würde in Gefahr gewesen sein, massakriert zu werden.So besorgt sind die Konsuln noch, daß sie von der italienischenRegierung verlangen, daß diese für Transportschiffe Sorg? tragensoll, wohin sich die Europäer retten können. Der General Canevabesteht darauf, die Araber als Nichtkämpfer zu betrachten, die_auf eigenes Risiko kämpfen. Er sagt, er kämpfe gegen die Türkei�Cmd die Araber seien deshalb keine regulären Soldaten in Uniformund müßten erschossen werden, wenn sie mit den Waffen in derHand ergriffen würden mit oder ohne Parlamentärflagge.Am 26. Oktober wurde eine kleine tapfere Schar Araber, diedie italienische Gefechtslinie bei Eu-meliana durchbrochen hatte,in einem Hause umzingelt und kämpfte 12 Stunden lang, bis ihreMunition erschöpft war. Sie wurden alle niedergemetzelt trotzder weißen Flagge, die sie zeigten.Tödlich verwundete Leute kriechen in der Schlacht bis an dieitalienischen Gefechtslinien, um sich die Genugtuung zu gewähren,wenigstens noch einen Italiener zu töten, ehe sie sterben. EinHeiliger Krieg ist mit Erfolg proklamiert worden.Beduinen von Aegypten und Araber vom Sudanschließen sich alle den Tripolitanern an.Bis jetzt ist es nur eine Vorhut von ISOO Arabern, die dieItaliener angreift, trotz der lächerlichen Behauptungen der italieni-schen Blätter, daß die Verluste des Feindes nach Tausenden zurechnen sind.Die Italiener mögen imstande sein, sich hier zu halten, ähnlichwie die Spanier in Melilla, doch besteht absolut keine Aussicht,daß sie in die Wüste vordringen werden gegen die türkisch-arabischeHauptstreitmacht unter F c t h i B e y, dem neuen energischen Bali,dessen Erscheinen auf dem Kriegsschauplatz die ganze militärischeLage verändert hat.Diese kleine arabische Vorhut ist mit veralteten Gewehren be-waffnet, kämpft aber so verzweifelt, daß trotz der Schlachtschiffe,der Flugapparate, der sieben Batterien Feldgeschütze, der neunBatterien Gebirgsgeschütze, der sechzehn Maschinengewehre und einerunversiegbaren Menge der besten Gewehre und der besten Munition,der ausgezeichneten Scheinwerfer auf dem Lande und dem Meere,die die Küste und die Wüste beleuchten, der tiefen mit Draht-geflecht versehenen Gräben, der Mauern mit Schießscharten, hinterdenen 26 006 Soldaten kriechen, von denen 1200 beständig in denGräben liegen; daß trotz aller dieser Vorteile die Italiener Prak-tisch belagert sind.Die Italiener haben sich im Osten zurückgezogen, so daß diearabischen Schützen in den Dattelpalmen jetzt die Stadt mit ihrenKugeln erreichen können. Die Zitadelle, in der General Canevawohnt, wurde heute von einer Kugel getroffen; das deutsche unddas amerikanische Konsulat sind wiederholt getroffen worden. EinSoldat wurde in der Nähe des amerikanischen Konsulats von einerauS der arabischen Gefechtslinie kommenden Kugel getötet.Der deutsche und der amerikanische Konsul haben die Konsulateverlassen und sich in die Stadt geflüchtet; jeltermann sin derUmgebung hat dasselbe getan.Am 81. Oktober beschossen die Türken gar die Stadt und großeMengen in den Cafes, am Strande und auf den Straßen schautenzu, wie die türkischen Granaten zwei Meilen entfernt in denitalienischen Linien an der Küste platzten.Granaten platzten wiederholt auf dem englischen Friedhof.Vier Granaten platzten in der Stadt, zwei davon in der Nähe desamerikanischen Konsulats, und die Italiener haben die Konsulnvon ihrer Absicht benachrichtigt, alle Häuser in der Oase in derUmgebung wenn notwendig zu zerstören und nachher Entschädigungzu zahlen.Dieser Befehl mag vielleicht zur Demolierung des deutschenund des amerikanischen Konsulats führen.Die Italiener beabsichtigen, den letzten Widerstand in derStadt zu leisten. Die Eindringlinge sind somit schlimmer daranals vor einem Monat, da sie allmählich in das Seegebiet geschobenwerden, das täglich zusammenschrumpft.Man könnte vor dem Frühstück einen kleinen Spazierritt umdas ganze italienische Besitztum machen. Genau genommen befinden wir uns in einer belagerten Stadt von sehr be-grenzter Ausdehnung. Die Italiener hauen alle Bäume in derOase ab, damit diese dem Feinde keinen Schutz bieten, und tndieser Weise machen die Eindringlinge die dürftige Oase zurWüste, anstatt die Wüste urbar zu machen.Große Schiffsgranaten zerschmettern beständig Dattelpalmenund Olivenbäume, zwischen denen der Feind verborgen ist. JedenTag deuten laute Explosionen darauf hin, daß Häuser außerhalbder Mauern, in denen jede Nacht der Feind Deckung findet, in dirLuft gesprengt werden.Inzwischen wütet die Cholera unter den Truppen und demVolke; die Krankheit hat zum ersten Male die Araber ergriffen.Ganze Straßen werden von den Truppen wegen der Cholera demVerkehr versperrt. 27 Soldaten starben gestern an der Cholera undHunderte sind krank. 33 Zivilisten starben.Die Soldaten weigern sich, die ermordeten Araber/ die in derOase umherliegen, zu begraben. Es herrscht ein entsetzlicherGestank. Die Araber weigern sich auch, außer wenn sie mitdem Bajonett dazu getrieben werden. Infolgedessen breitet sich dieAnsteckung schnell aus.-Die italienischen Schlachtverluste belaufen sich auf 1500, davonsind 300 Tote. 500 Verwundete verließen vor ein paar Tagen dieStadt in einem Hospitalschiff.Es werden Versuche gemacht, diese Zahlen zu verheimlichen.Man lügt allgemein über die hiesige Lage. Offiziell ist zugegebenworden, daß man 40 Araber in einem Tage hingerichtet hat. Ichhabe aber selbst gesehen, wie allein 50 Männer und Kinder ineinem Haufen hingerichtet wurden. Hinrichtungen jn einem weitgrößeren Maßstäbe finden überall statt.General Caneva wohnt in der Zitadelle, die befestigt ist, um-geben mit Sandsäcken, bombensicheren Zufluchtsstätten; Soldatenbefinden sich auf dem Dach und in dem Keller. Der DivisionS-general macht dasselbe. Unter einer derartigen abwesenden Füh-rung würde irgendein Heer degenerieren. General Caneva wirdnie in der Front oder außerhalb seiner bombensicheren Zufluchts-stätte gesehen.Ein Vorposten glaubte um Mitternacht vor Allerheiligen zusehen, wie sich eine weiß gekleidete arabische Frau näherte, dieer ermordet und mit 150 anderen in einem Graben in der Wüsteeingescharrt hatte. Er schoß. Die Gestalt warf die Arme hoch undfiel; aber am Morgen wurden weder Leiche noch Fußtapfen gesehen.Dasselbe ereignete sich zweimal und die Soldaten glauben,daß die Gestalt das dritte Mal nicht fallen, sondern borrückenwird und daß dann die italienische Gefechtslinie durchbrochenwerden wird.Die Geschichte ist bezeichnend für den Gemütszustand der ganzenArmee."' iMan glaube nicht, daß Herr McCullagh, der Verfasser, einNeuling in diesen Dingen ist. Der Korrespondent der„WcstminsterGazette", der nicht länger bei der italienischen Armee in Tripolisbleiben will, die nach seinen Worten keine Armee ist,„sonderneine bewaffnete Mörderbande", hat schon manch andere Schreckenmiterlebt. Jn dem russisch-japanischen Krieg begleitete er dieKosacken unter Mistchenko; er sah die Schrecken der russischenRevolution, die Pogroms die türkische und. die portugiesischeRevolutioll."-----—-Hus der Partei.Kleines feuilleton.Die offene Tür und da? öffentliche HauS. Das deutsch. fran-zösische Abkommen sichert dem Wettbewerb der Völker ein freiesFeld für jegliches Gewerbe. Rasch werden sich die Wege füllen, diewagende Pfadfinder gebahnt haben. Auch die Straßen,„wo dieletzten Häuser sind". Durch das Einfallstor von Cafablanca ist imSchatten der Waffen die Industrie der parzellierten Liebesstundeeingerückt und entfaltete sich im aufblühenden„Betrieb". Wie einforscher Artikel des„Paris-Journal" berichtet, steht„Casablancabei Nacht" schon durchaus im Zeichen europäisch-militaristischerErotik. Bars und Tingeltangel bieten dem soldatischen Publikumdie Geselligkeit anschlußbcdürftiger weiblicher Naturen. Noch fehltes einigermaßen an Assimilation. Dem Chan'teusengezirp in denfranzösischen Äonzertlokalen ziehen die marokkanischen Lebemännerkonservativ und verständnislos die Tänze der Jüdinnen in den ara-bischen Cafes vor. Hie bauchtanzende Barbarei, dort busenfreieZivilisation! Aber schon macht sich die Siegeskraft der europäischenKultur geltend. Unter den weiblichen Besuchern der„Olympia"sind neben französischen Mädchen auch schon Araberinnen Stamm-gäste. In Casablanca sind hundert einheimische Frauen in dieKontrolliste eingetragen. Und diese Liste wird von einem Offizierdes Feldlagers geführt, in dem so der Hurenweibel der fürstlichenSoldheere eine fröhliche Urständ feiert. Einige von den militari-sierten Prostituierten werden von den Offizieren ausgehalten undbilden, vor anarchischer Vermengung der Klassen geschützt, einReservatgebiet der Vorgesetzten. Bietet aber diese Einrichtung nichtElemente internationaler Verwickelungen dar? Was wird geschehen,wenn das einträgliche Kuppelgeschäft deutsche Unternehmer an-zieht? Unmöglich kann der alldeutsche Nationalstolz zugeben, daßdiese Reichsbürger einer französischen Militärbehörde unterstelltwerden sollen. Jedenfalls wäre es vorsichtiger gewesen, imArtikel VI des Abkommens auch dieser Kontrolle gleich der derAusschreibungen und öffentlichen Arbeiten einen internationalenCharakter zu sichern.Leuchtende modern« Blätter. Der„Köln. Zcitg." schreibt einMitarbeiter: Als ich gestern im Dunkeln mein Arbeltszimmer be-trat, bemerkte ich nach einiger Zeit ein weißeS, mildes Leuchten,von einer ganz bestimmten Stelle ausgehend. Bei näherem Zu-sehen fand sich, daß es von einer Handvoll faulender Buchenblatterausstrahlte, die ich mir am Allerheiligentage mitgebracht undunter einer Glasglocke feucht aufbewahrt hatte. Der Prager Bo«taniker. St. Molisch, dem wir eine Anzahl schöner Untersuchungenüber leuchtende Pflanzen verdanken, hat schon im Winter 1867, alser zu Studienzwecken auf Java weilte, der Tatsach«, daß bei ge-wissen Fäulnisprozessen Lichterscheinungen eintreten. Interesseentgegengebracht; aber schon vorher hatte der französische ForscherL. R. Tulasne im Jahr« 1848 das Leuchten von vermoderndenSichenblättern studiert. Die Blätter müssen in einem ganz be-stimmten Zustande der Zersetzung sein, wie eS vielleicht geradejetzt durch das feuchte Hcrbstwetter herbeigeführt wird; sie müsseneine braune bis weißlich-gelbe Farbe haben und die Verwesungmuß schon weit vorgeschritten sein; das Leuchten geht von bestimm-tcn Stellen der Blattobcrfläche aus und sendet ein mattes, ruhiges,weißliches Licht auS, daS oft wochenlang anhält, wenn man dieBlätter feucht hält. Der Pilz, der die Zersetzung und die Lichterscheinung hervorruft, ist noch nicht bekannt, da auch Molisch feineJfoliernng nicht gelang. Wie letztere fchreibt, sollte man meinen,daß eine fo weit verbreitete Erfchcinung den Förstern, Landleutenund auch vielen Botanikern allgemein bekannt fei; aber das Gegen-teil ist der Fall. Tatsächlich ist das Licht auch nur mit völlig andas Dunkel adaptierten, d. h. mit gut ausgeruhten Augen deutlichwahrzunehmen; auch liegen die leuchtenden Blätter nicht frei,sondern etwa eine Handbreit tief unter den oberen trockenen. Pro-fessor Molisch steht nicht an, zu behaupten, daß in jedem Eichen-und Buchenwald ein nicht geringer Bruchteil des abgefallenenLaubes sich im Zustande deS LeuchtenS befindet.Theater.Kammerfptele:„Nathan derWeise'vonLeffing.Lessing war von der Bühnenfähigkeit seines„Nathan" nicht über-zeugt.„ES kann wohl fein", schrieb er bald nach Beendigung seinerArbeit,„daß daS neue Stück im Ganzen wenig Wirkung tun würde,wenn es auf das Theater käme, welches wohl nie geschehen wird.Genug, wenn es sich mit Interesse nur liest und unter taufendLesern nur einer an der Evidenz und Allgemeingültigkeit seinerReligion zweifeln lernt." Ein halbes Jahrzehnt später erlebte der„Nathan" seine Erstausführung und wurde seither wie als BuchGemeingut unserer Kultur, so auch ein unverlierbares Besitztum derBühne. Die Torheit jenes Vorurteils, daß die Ausrichtung aufTendenzen dem Wesen dichterischen Schaffens notwendig widerstrebe,zeigt sich besonders deutlich am Beispiel dieser Dichtung. Wie keinanderes unserer klassischen Periode stellt sie sich mit ausgesprochenerAbsicht in den Dienst humanitärer Propaganda und gießt dabeida? Gedankliche in Formen und Gestalten, die ihrenplastischen Reiz mit unvergänglich jugendlicher Kraft bewahren.Und noch immer kommt uns beim Lesen wre beim Schauen derfreundlich milde Sinn von LeffingS Märchendrama nahe.Auch in der Aufführung der Kammerspiele leuchtete und wärmtedas Werk, ungeachtet an manchen Stellen ein verdrießlich unmoti-viertes Experimentieren störte. Gewiß spricht Goethe, auf den sichFelix Holländer, der Regisseur, für seine Auffaffung beruft, von der„heiteren Naivität", die LeffingS„Nathan" ziere, gewiß durchziehenScherz und Ironie die Szenen. Aber gedämpfter Scherz, gedämpfteIronie. Doch Holländer möchte das Märchen der Komödie nähernund arbeitet auf eine foreierte, dem Stil deS Ganzen im Grundezuwiderlaufende Vergnüglichkeit hin. Die Freude bei der Rück-kehr Nathans im ersten Alte schlägt um in Ausgelassenheit.Versuche zu solcher Uebermalung, wenn auch nicht so grell geschmack-los, tauchen immer ivieder auf. Bassermann, m vielen Wendungen sehr fein, markierte als Nathan ein joviales, expansivesTemperament, daS dieser Rolle völlig fremd ist. Auch die Fabel vonden drei Ringen, wie er sie rezitierte, war für mein Empfinden zuDer Protest gegen die koloniale Raubtzokitik.Donnerstag abend fand in Kiel in der Waldtviese eineProtestversammlung statt, die sich zu einer gewaltigen Demon-stration gegen die imperialistische Raubpolitik und für denWeltfrieden gestaltete. Die Versammlung war von zirkaSM) Personen besucht. Das Referat hielt Genosse Adler.Eine Protestresolution gegen die imperialistische Raubpolitikwurde einstimmig angenommen. Stürmische Zustimmungerscholl, als der Vorsitzende eine Erklärung der in Kiel leben-den italienischen Arbeiter verlas, die sich scharfgegen den italienischen Raubzug aussprach unddie Solidarität des italienischen Proletariats mit dem inter-nationalen Proletariat bekundet.sehr auf den naturalistischen Ton. einen Ton gesuchter Einsamkeitgestimmt, mehr Spiel des kombinierenden Verstandes als Schöpfungeines von der Macht der Wahrheit ergriffenen, weihevoll begeistertenGemüts. Erst ganz am Schluß brach die innere Erregung miteinigen kraftvoll mächtigen Akzenten durch. Den Höhepunkr erreichteer in der Szene, da Nathan dem Klosterbruder von dem furchtbarenGeschick, das ihm die Kinder raubte, erzählt. Da spiegelteTon lind Gebärde im Wechsel des EmpstiidenS wundervolldie stille Hoheit dieser Seele wieder. Schlechthin überzeugend, eben»mäßig in jedem Zuge durchgebildet, war P a g a y s Klosterbruder,ein seltsain liebenswertes Bild der frommen Einfalt. Die brause-köpfige, rauhe JiinglingSnatur des Tempelritters kam durchKayßler, Rechas anschmiegsames, unschuldsvolles Mädchentumdurch Camilla Eibenschütz zu eindringlich sympathischer Dar-'tellung. Die Figur der Sittah, von Fräulein Kupfer mit vielBeobachtung und Laune ausgestaltet, schob sich entsprechend der an-gestrebten Komödientendenz öfter zu sehr in den Vordergrund. DenDerwisch gab W e g e n e r als aufgeregt beweglichen Phantasten unddrolligen Kerb originell, doch mehr im Sumurun-, als im Lesstng-stile._ dt.Notizen.Theater chronik. Im Friedrich-Wilhelm-städtischen Schauspielhause ist die Premiere des Trauer-fpiels„Don Juan" auf Montag verlegt worden.— ImTheater i. d. König grätzer Straße wurde Heinde�Manns„Schauspielerin" in das Repertoire aufgenommen.— M u s i k ch r o n i k. Die nächste Veranstaltung der„P o p u-l ä r e n Lieder" im B l ü t h n e r s a a l am Sonntag, nach-mittags 454 Uhr, steht unter dem Zeichen: Oper und Spieloper.—..OedipusfürsVol k." Aus dem Bureau des DeutschenTheaters wird mitgeteilt: Um auch breiteren Volksschichten denBesuch einer„Oedipus"-Aufführung zu ermöglichen, hat MaxReinhardt die Genehmigung zur Veranstaltung volkstümlicher Vor-stellungen von„König Oedipus" erteilt. Leiter dieser Auf-führungen ist Josef Klein. Hoffentlich werden das nicht Auf-fuhrungen zweiter oder dritter Garnitur, wie sie auch im DeutschenTheater vorkommen.— Wiedereröffnung des LustspielhauseS. DieGastspielvorstellungen des Neuen Schauspielhauses im Lustspiel-hause nehmen wieder ihren Fortgang.t,.�Der Nabelpreis für Literatur soll in diesem Jahre dembelgischen Dichter Maurice Maeterlink zuerkannt werden. Vonäarl5n.rUy? � Jugendwerken abgesehen, die sicherlichNicht den Beifall der Schwedischen Akademie errungen haben, hater ein schlechtes und rechtes Theaterstück(„Monna Vanna") undeinige vortreffliche naturwissenschaftlich-philosophische Bück, er überdie Bienen und die Blumen, sowie moralphilosophische Bctrach-tungen(Der Schatz der Armen usw.) geschrieben.- Von anderenPreisempfangern sind diesmal Max Planck« Berlin(für Physik)und Frau Curie- Paris(für Chemie) zu nennen.