Nr. 229.
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Vorwärts
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Freitag, den 29. September 1893. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Argumenten der Regierung selber deren Vorschläge abzu- nicht gedacht werden kann. Der königlich preußische weisen und alles beim alten zu lassen. Das Beispiel mit Gewerberath zu Aachen gab damals( S. 71 des amtder 18stündigen Wechselschicht für den Hochofenbetrieb, lichen Berichts) ausdrücklich folgendes zu Protokoll:„ Wenn Mit dem 1. Oktober eröffnen wir ein neues Abonnement welche die Unternehmer zu gunsten der bisherigen 24stündigen der Betrieb des Koaksöfen auch kontinuirlich ist, so kann auf den verwarfen, ist dafür typisch. Es redet Bände. man denselben doch so führen, daß innerhalb einer gewissen
„ Vorwärts"
Berliner Volksblatt
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Theil der Erzählung
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Die Redaktion und Expedition des „ Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Bur Schaffen- Enquete
Die Regierung schlug für den Hochofenbetrieb eine Beit, deren Dauer von der Größe der Defen abhängt und 18stündige sonntägliche Wechselschicht nur für die Gicht bei Defen großen Kalibers mit Leichtigkeit von arbeiter, nicht etwa für die übrigen Beschäftigten vor, und 6 Uhr Morgens bis 6 1hr Abend 3 betragen that damit weiter nichts, als den Versuch zu machen, tann, eine Bedienung derselben nicht nöthig für diese eine Kategorie 6 Stunden Sonntagsarbeit abzu- wird. Es läßt fich dieses dadurch erreichen, streichen, noch dazu unter ausdrücklicher Hervor daß man einzelne Defen überfüllt und die Brenns hebung aller möglichen Schwierigkeiten, welche diese dauer künstlich verlängert, worin man bei Defen mit fleine Verkürzung der Sonntagsarbeit wegen der Ablösungs- großem Inhalt weiter gehen kann als bei kleinen, und das mannschaften angeblich den Unternehmern machen werde. Ausdrücken anderer etwas verzögert, wodurch der nicht Dieser schwächliche Vorschlag war eben bereits ein Kom- sehr in Betracht kommende Nachtheil erwächst, daß promiß mit dem Unternehmerinteresse, wie es schlimmer das Ausbringen etwas geringer wird und die Koaks sich vers nicht gedacht werden kann. Denn thatsächlich ist zehren. Der Einwand, daß es bei diesem Betrieb dem an den Hochöfen eine ganz andere, wirt- Hochofen an Koats und den Maschinen an Dampf fehlen liche Sonntagsruhe möglich, und es giebt sogar werde, ist nicht stichhaltig. Man kann in der Woche amtliche Materialien, mit denen man dies nachweisen kann! den Betrieb so leiten, eventuell am Sonnabend etwas Bekanntlich veranstaltete Bismarck bereits im Jahre forciren, daß für die Sonntagspause, in der die Defen 1885 eine Sonntagsruhe- Enquete, um die Sonntagsruhe todt nicht gedrückt werden, hinlänglich Roaks vorhanden. einer Anlage ein Mangel zu machen. Die Behörden schrieben damals ein solches Durch- Sollte sich wirklich bei einer einander von Meinungen und Ansichten der Betheiligten an Dampf nach Einführung der Sonntagspause nieder, daß Einer noch heute verrückt werden kann, wenn bemerkbar machen, fo so braucht man nur einen er den dickleibigen Band von amtlichem Bericht, aus dem oder nach Bedürfniß einen zweiten Kessel, der auf Genosse Bebel f. 3. zur Wohlthat aller Intereffenten einen Koatsofengase geht, mit einem Rost zu versehen und ihn lesbaren Auszug gemacht hat, durchblättert. Es war ja Sonntags als Stochkessel zu betreiben." Mit anderen die Absicht der damaligen Umfrage, die Frage der Sonntags. Worten: auch bei den Hochöfen ist mit gutem rube als so ungeklärt hinzustellen, daß eine Regelung vor Willen geschickter Betriebsdisposition
läufig nicht thunlich" erschien. Trogdem schlüpften eine und einigen kleinen Opfern recht gut eine
Reihe von Mittheilungen unter, welche aufs deutlichste be- völlige Sonntagsruhe von mindestens wiesen, wie leicht schon damals eine Regelung gewesen 12 Stunden für die Arbeiter einzurichten. wäre, und solche Mittheilungen bezogen sich auch auf Darüber gab es schon 1885 feinen Zweifel mehr, und in den Hochofenbetrieb, der jetzt in der Schattenenquete zwischen haben die maschinellen Einrichtungen noch weitere wieder zur Diskussion gestanden hat und natürlich Vervollkommnungen erfahren.
wieder zur Diskussion gestanden hat und
im Sinne Sinne des Unternehmers geregelt werden soll. Dies eine Beispiel genügt, um die Haltung der ReUeber die Sonntagsarbeit im Hochofenbetrieb wurde gierung bei der Schatten- Enquete ins rechte Licht zu setzen.
anals ſchon mitgetheilt, daß in den fiebziger Jahren Mit Leichtigkeit" hätte dieſelbe auf die Einführung einer
mehrere Hochöfen des Industriebezirks Siegen während der völligen, mindestens zwölfstündigen Unterbrechung der Hochüber die Sonntagsruhe im Gewerbebetriebe schreibt man uns: 12 sonntäglichen Tagesstunden mit dauernd gutem Erfolg" ofenarbeit für alle Hochofenarbeiter, von den Waschinisten, Was bei den Berathungen zwischen Regierung, Unter- ftillgelegt worden seien, so daß eine Bedienung gar nicht vielleicht abgesehen, bestehen können. Sie brachte es aber nicht nehmern und Pseudo- Arbeitervertretern in Berlin alles am nöthig war. Zwar hatte sich der Verein deutscher Eisen- fertig, den Unternehmern gegenüber diese Energie sozialArbeiterschutz gesündigt wurde, das wird wohl aus den hüttenleute beeilt, dieses sonntagsruhefreundliche Experiment politischer Initiative zu zeigen. Aus Angst und Sorge Akten nie vollständig bekannt werden. Deshalb heißt es in der Enquete möglichst zu verdächtigen. Die Betriebs- vor etwaigen Mißstimmungen" in den Kreisen der mächtigen bei Zeiten die Verantwortlichkeiten feststellen. Und in verhältnisse seien seit jener Zeit ganz andere geworden, Schlotbarone schrak man vor der 12 stündigen Sonntagsdieser Richtung muß von Anfang an ein Punkt beachtet ebenso das zu verarbeitende Material u. s. w. Diese pause zurück, behielt die kontinuirliche Arbeit bei und suchte werden: die schwächliche Haltung der Re- Verdächtigung der guten Siegener Erfahrung mußte sie nur durch Einführung einer 18stündigen Wechselschicht gierung hat auch hier, genau wie beim: preußischen schon deshalb ein mitleidiges Lächeln bei allen( statt der bisherigen 24 stündigen) etwas zu mildern, und Bergarbeiterschutz, die Reform durch Halb- Kundigen erregen, weil in England und Schott- auch dies nur für die Gichtarbeiter. Das war natürlich heiten kompromittirt. Die amtlicherseits vor land die Betriebsverhältnisse" gewiß nicht zurück ein gefundenes Fressen für Stumm und Genossen. Die geschlagenen Vorschriften kamen den Unternehmern schon geblieben sind und dort nach wie vor die Stilllegung Regierung hatte ihnen den kleinen Finger gegeben, fie so weit entgegen und waren so wenig von dem festen( Dämpfung" heißt der Kunstausdruck) am Sonntage mög- nahmen nun mit Leichtigkeit die ganze Hand. Sie konnten Willen, im Interesse der Arbeiter zu reformiren, diktirt, lich ist. Außerdem aber kam eine Bestätigung der Siegener ja die Regierung mit ihren eigenen Waffen schlagen. Wenn daß die Unternehmervertreter leichtes Spiel hatten, mit den Erfahrung in die Bismarc'sche Euquete, wie sie schlagender inan vor der obligatorischen Dämpfung der Hochöfen
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und ungehalten war, wenn ich einmal ein bischen mit dem Favart schielte den neuen Gefährten seitwärts an, indem tleinen Fräulein Schwester sprach und spaßte! Ja, sie miteinander wanderten, endlich sagte er:" Neulich wär's Abraham, das ist ein Zeichen von Gott, uns in unserer bald schlimm ergangen, junger Herr, wenn's der junge guten Sache zu bestärken. Wenn so ein Herr, dem nichts Bursche nicht that."
abgeht, dem Gott alles vollauf gegeben hat, was Ehre" Wer war dieser?" fragte Edmund.
Der Aufruhr in den Cevennen. in ihrer Religion, wenn der zu uns übertritt und Wetter, gern wissen; er that mich kennen, obwohl ich ihn nicht
Eine Erzählung
von Ludwig Zied.
Edmund wollte ihm auseinandersetzen, in welcher Absicht er gekommen sei, als die bärtige Gestalt das Gewehr, ohne zu erwidern, auf ihn anschlug und eben abdrücken wollte, indem freischende Stimme hinter der Felsenecke hervorschrie:„ Um eine Gotteswillen nicht, Bruder Mazel!" und zugleich zwei nackte braune Arme dem Schützen um die Brust fielen und ihm die Büchse niederdrückten. Er ist kein Spion! kann es nicht sein!" rief der Halbnackte, es ist ja der junge Herr von Beauvais !"
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und Reichthum verschaffen kann, aufgewachsen und belehrt" Weiß nicht," erwiderte der Jäger, möcht' es auch Sturm, Hunger, Blöße und wohl schmählichen Tod um kennen that. Ich hatte die Brüder schon seit sechzehn MoGotteswillen erdulden will, was sollen wir erst thun, naten wieder verlassen, nun bin ich wieder zu ihnen die sie geplündert, gemißhandelt, denen sie die Kinder ge- gegangen, hauptsächlich weil neulich der junge Bursche mir schlachtet, die Priester ermordet haben? Ja, das sind ins Ohr sagte, daß ich ein Abtrünniger und GottesBeichen, wie vor dem Jüngsten Gericht." Im Augenblick verräther sei, nun weiß ich auch, wie der Herr von Basville, fing er an, einen Psalm zu kreischen; aber Mazel sagte: der Intendant, denkt und die anderen gottlosen Menschen. Laß das jetzt, guter Bruder Eustach , denn wir wissen noch Sie sind Blutmenschen." gar nicht, ob ihn Bruder Roland annehmen wird, dem Der junge Etienne nahm eine kleine Flöte heraus und muß er erst vorgestellt werden; wir sind neuerdings einige blies auf ihr ein geistliches Lied, das anmuthig weit durch Mal zu sehr betrogen worden, und das Ding mag auch die Berge schallte.„ Laßt das gottlose Blasen", sagte diesmal seinen Haken haben, aber Roland und Cavalier, Favart.-Warum gottlos?" fragte Edmund. Ift „ Ist die wissen gleich, woran sie sind, und diese taun man nicht boch halt nur ein weltliches Pfeifchen", sagte der schielende hintergehen." Jäger, kömmt doch alles von dem bösen Feinde her, unsere Als Edmund sich umfah, stand der Kohlenbrenner Edmund fah ihn mit einem großen, verachtenden Blick Seelen und Herzen durch Sinnenlust zu verstricken; einfach Eustach vor ihm, den er sehr gut kaunte. Wie fommt Ihr an und rief: Führt mich zum Herrn Roland!"- ,, Bruder sollen wir an den Herrn denken thun, und unser Mund nur zu diesem geheimen Ort?" fragte der Kranke, der hier Roland, wenn's beliebt," sagte faltblütig der untersette allein soll ihn preisen und loben, aber auch nicht fünstlich verpflegt wurde. Edmund sah nun mehrere sonderbare Ge- Mazel, bei uns giebt's teine Herren. Gott ist unser Herr.und lieblich, denn es ziemt sich auch nicht, in unserm stalten, die sich um ihn sammelten, um ihn mit neugierigen Etienne! Favart!" rief er mit gebietendem Ton, und aus Jammer jubiliren zu thun." Blicken zu betrachten. Dem Jüngling war es seltsam, als der einen Höhle sprang ein junger, blondgelockter Mensch" Ihr seid zu strenge", sprach Etienne, die Vögel im er diese zerlumpten gemeinen Gestalten musterte, ihnen hervor, und hinter ihm schlich ein anderer her, den Edmund Laube preisen den Herrn auch künstlich auf ihre Weise." sagen zu müssen, weshalb er gekommen sei, und daß er sogleich für jenen alten Jäger erkannte, den er in seines Thun keine Vernunft und keine Seele haben," ſagte als Bruder mit ihnen leben und ihre getränkten Rechte Vaters Hause vor ungefähr zwölf Tagen getroffen hatte. Favart, ist armies Vieh, und wenn's selbst die Nachtigall verfechten wolle. Eustach schlug mit dem Ausdruck der Führt den jungen Mann zum Bruder Roland," sagte wäre; ist auch kein Lob des Herrn, locken das Weibchen höchsten Verwunderung die Hände zusammen und schrie: Mazel zu den beiden, und Edmund ging mit ihnen damit oder brüten im Nest; ist nur Lüge mit ihrer Gott" Ich hätte mir eher den Jüngsten Tag vermuthet! Du schweigend noch tiefer in die Einsamkeit des Gebirges feligkeit". glaubst nicht, Mazel, was der gnädige Herr hochmüthig hinein.
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Wie Ihr wollt," sagte Etienne, indem er die Pfeife