tetflett fite twhünaljn Leidenschaften bis zur Siedehitze zu bringen,Hecht den Patriotismus kompromittieren' und einwertvolles Gut vergeuden." sSehr richtig! links.) Und dieseWorte lassen ftch mit Recht auch gegen ihn selbst und seinen Feld--jug gegen die Sozialdemokratie im Jahre 1307 anwenden. Alles,was damals die Vertreter der Regierung und der bürgerlichenParwen an patriotischen Angriffen gegen die Sozialdemokratie ge-leistet haben, war der pMißbrauch des Patriotismus z» Parteizwecken.YSechr wahr! bei den Sozialdemokraten.) So hat der Reichskanzlercn I'? diesen �Zor-ten em- für alleTlml die Verwendung desPatriotismus zu Parteizwecken, insbesondere im Kampf gegen dieSozialdemolratie. diskreditiert. u.Wie sehr die Mvralität der herrschenden Klassen in Europa inden letzten Jahrzehnten heruntergekommen ist, je mehr wir in denImperialismus und Kntutal'.sinus hineinkommen, betveist ein1Iai]et:cr �"Äandspolitik. Früher gab es in Europaeine ossentliche Memu� die gegen Raubstaaten, gegenTyrannen in allen ändern mit Erfolg kräftigen Protesteinlegte. Ein tol�xx Erfolg tourde z. B. erzielt, als 18SS Glad-stone einen gli'�qenden Protest gegen die scheustlichen Regierungs-pralliten eir��te, die der Bourhonenkönig von Neapel, Re Bomba,�l-kertanen gegenüber anwandte. Das hatte den Erfolg,dav o'�K scheuhliche Regierungsshstem in Neapel zusammen-tz'lach. Was aber Re Bomba in Neapel getrieben hat, ist Kinder-shiel gegen das, was der Zar und seine Schergen in'ttustland tun. Dabei schließt die heut weit liberalere englischeAegierung mit diesem Zaren Bündnisse zur Beraubungun d Unterdrückung fremder Staaten wie Per-s i e n. Mit demselben russischen Zaren steht auch unsere Regie-rung auf freundschaftlichem Fuß. Und das Empörendste ist, währendin Rußland Pogroms gegen die Juden veranstaltet werden, währenddie 5 Millionen Juden dort als eine mindettvertige Rasse behandeltwerden, geben die großen jüdischen Bankhäuser in der gan�n Weltdem Zaren das Geld zur Aufrechterhaltung seiner Mißwjrt-schaft. Erst neuerdings haben wir erfahren, daß die angeblicheVerschwörung der sozialdemokratischen Abgeordneten der erstenDuma, von denen etwa 20 wegen Hochverrats zu langjährigerKatorga verurtelt wurden, die zum Teil irrsinnig wurden,zurückzuführen ist auf eine von der russischen Regierung veran-staltete Lock spitzelarbeit.(Hört! hört! bei den Sozial-demokraten.) Aus djesen Gründen halte ick es als Sozialdemokratfür mein« Pflicht, in derselben Weise wie früher bürgerliche Polt-tiker gegen fremde Tyrannei protestiert haben, so auch hier zuprotestieren gegen dieseunwürdige Unterdrückung des eigenen Volkes durch denZaren und seine Schergen.>Bravo! bei den Sozialdemokraten— Zuruf rechts.) Jawohl, imDeutschen Reichstag; es soll auch im Deutschen Reichstag dieStimme des europäischen Gewissens gegenüberBrutalität und Barbarei ertönen.(Sehr wahr! bei denSozialdemokraten.)Aus der K o l o n i a l p o I i t i k möchte ich nur festnageln,daß von dem neuen Staatssekretär vor kurzem ein UkaS fürSamoa crlgssen worden ist, der zweifellos der allgemein an-erkannten Moral widerspricht. Wir haben Herrn Dr. Solf. alser sich in der Budgetkommission gegen Angriffe, die von agrarischer«eise gegen ihn als Gouverneur in Samoa erhoben wurden, der-teidigtc, energisch unterstütz,, weil er sich nicht dazu gebrauchenlassen wollte, die Einozwoxenen zu willenlosen Aus-b eu tu ng S o b i e kt Pflanzer zu machen. Herr Solf hatauch stets warme'-Sorte für die hohe Zivilisationsfähigkeit derSamoaner fanden. Um so unverständlicher ist, daß er jetzt»in Eheverbot erlassenzwischen Samoancrinnen und Weißen. Bon weißen Anstedlernsind beute verheiratet mit Samoanerinnen 81 Männer; es ist beid«n sogenannten Klcinsiedlern fast allgemeiner Brauch, Samoane-rinnen zu heiraten, da es nur ivenig weiße Frauen gibt. DieseWeißen werden durch da» Verbot ins Konkubinat gezwungen, diefamoanischen Frauen werden gewissermaßen zu einer Herde vonProstituierten für die weißen Beamten und Pflanzer de-gradiert. Das ist die notwendige Folg« eine» solchen barbarischenErlasses. Wie kommt die Regierung dazu, der von ihr so gerühmtenchristlichen Moral derart ins Aestcht zu schlagen. Die Erfinderdiese» Zwange» zur Prostitution waren übrigen» Herr De r n-bürg und Herr v. S ch u ck m a n n, der sogar die Weihen, die inSüdwestafrika mit eingeborenen Frauen ,m Konkubinat lebten,entrechtete. Derselbe Herr v. Schuckmann hat seinerzeit im Preußi-kchen Abgeordnetenhause eine große Rede gegen da» sündhafteTreiben aus der Friedrichstrahe gehalten. Als ich die Sache damalshier vorbrachte, hat keiner von den Herren im Zentrum den Mundgufgetan. Ich hoffe, daß wir nunmehr aus den bürgerlichen Par-teien Bundesgenossen in der Bekämpfung dieser obrigkeitlich er-zwungenen Unsittlichkeit gewinnen werden. Da wäre auch HerrRoeren am Platz(Sehr richtig! und Heiterkeit), der gegen Un-sittlichkeit in Bild und Schrift so oft geeifert hat. Zeigen Sie hierIhre EHristlichkeit. hier ist das Rhodos, wo Sie tanzen können.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Können Sie sich dazunicht aufraffen, dann bitte ich mir an», daß Sie nicht mehr imReichstag den Mund aufmachen und für Sittlichkeit und Christen-tum eintreten.Ich komme nun auf dieAngriffe des Reichskanzlers, des Grafen V. Pofadowsky unddes Grafen Westarpgegen uns. Die sozialdemokratische Gefahr scheint den Herrenetwa? die Besinnung geraubt zu haben. Graf Westarphat zwischen den Scheuklappen seiner polizeilichenAnschauungsweise weiter nichts vorzureiten gewußt, alsdie beiden abgetriebenen Klepper des polizeilichen Ausnahmegesetzesund Mißbrauch« der Amtsgewalt. AIS Begründung dafür hat erVon dem angeblich bekannten Terrorismus der Sozialdemokratiegeredet. Er meinte: soll sich ein Unternehmer das gefallen lassen,wenn ihm die Fortsührung des Geschäft» durch Streik und Boykottunmöglich gewacht wird? Allerdings, der Streik und Boykottist das gute Recht der Arbeiter. Jeder, in welchem Berufer auch steht, streikt, wenn er es ablehnt, unter den bisherigen Be-dingungcn für den, der ihn beschäftigt, weiter zu arbeiten, und erübt Boykott, wenn er es ablehnt, bei Geschäften zu kaufen, die ihmnicht bequem sind. Im Boykottieren und Terrorist e-ren stehen die bürgerlichen Parteien an derSpitze, und zwar mit Unter st ützung der Behörden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten,) Und die Behördenterrorisieren die Arbeiter in der unerhörtesten Weise. iSchr wahr!bei den Soz.) Ist das kein Terrorisieren, wenn Eiscnbahnarbciternverboten wird, sich BerufSvercinen anzuschließen, wennim Dienst« dcS Staates stehende Leute, die sich der Sozialdemo-kratie anschließen, wirtschaftlich geschädigt oder ausihrem Amte geworfen werden? Ich erinnere auch an die"er Arons.(Sehr wahrt bei den Sozialdemokraten.)Aus der Fülle des Materials solcher Terrorisierungen will ichFhnen nur weniges mitteilen. Im konservativen Anzeigervon Bolkcnheim in Schlesien stand am 17. Januar:.Zieht bei derkommenden Reickstaasst'chwahl der Sozialdemokrat statt des Kon-servativen in den Reichstag, dann dürften noch viele Landleuteihre acschäftlichcn Beziehungen mit der Stadtabbrechen und sich saa«n: warum sollen wir in dem rotenReste kaukcn� Also lernet, Ihr seid gewarnt!"(Hört! hört! beiden Sozialdemokraten.) Daß der S p. r> t u s t r u st die Spiritus-Händler und Geschäftsleute terrorisiert, ist gerichtsnotorisch. Ineinem Aufruf des V-reinS deutscher Spintusfabnlanten heißt eS:.Ein Außen,'tchender wird miftamt seinen Abnehmern gehetztwerde n w i e e i n S t ü ck W' l d. Denn Gnade kennen wir nicht.Für uns gilt die Parole, daß sich ein jeter Kollege mit uns in Reihund Glied stellen muß. oder er wird als Feind behandeltund zugrunde gerichtet."(vorl. Hort, bei den Soz.) Nochnie find bei deutschen Gewerkschaften ,olche brutalen Terrorisie.rmrgsbestrebungen zutage getreten w>t hier von loniM reuen undkonserpstipen Leuken. Und ds stellt sich Graf Westarp hm undverlangtAusnahmesesehe gegen die Sozialdemokratie und dieGewerkschaftenwegen irgendwelcher Bergehen, die, wenn sie überhaupt Nachweis-bar sein sollten, nicht entfernt heranreichen an das, was hier gtrschiebt.(Sehr wahr! bei den Soz.) Ich weih nicht, ob GrafWestarp noch einmal den Mut haben wird, mit solchen Angriftenauf die Sozialdemokratie zu kommen. Wir werden jedenfalls daraufhinarbeiten, daß durch die Ausgestaltung des Koali-t i o n s r e ch t s, durch die Sicherstellung der Arbeitergegen jeden behördlichen Druck dem Arbeiter das volle Recht zurVerfügung über seine Arbeitskrast gegeben wird, des einzigen Ka-pitals, das er hat.(Bravo! bei den Soz.)Der Reichskanzler hat nun persucht, der Sozialdemo-kralle noch auf andere Weise beizukommen. Aber er ist kein Freundvon einem klaren Ja und Nein, darum hat er den Angriff auf dasallgemeine Wahlrecht nur verblümt erhoben. Wirfordern dieGleichheit der Wahlkreisein Ausführung der Reichsverfassung, die vorschreibt, daß auf 100000Einwohner ein Abgeordneter entfallen soll. Die von den Kon-servativen abhängige Reichsregierung erhält die skandalös un-gerecht gewordene Wahlkreiseinteilung bis zum heutigen Tageaufrecht. Hie in der Hauptwahl gewählten 27 konservativenAbgeordneten haben zusammen etwa so viel Stimmen er-halten, wie mein Freund Zubeil und ich.(Hört! hört!bei den Soz.) Das ist gesetzwidrig und verfassungswidrig. Undwer es systemaiisch hindert, daß diese Vcrsassungsbestimmung aus-geführt wird, ist ein Verfassungsbrecher. Der HerrReichskanzler zeigt durch sein Perhaltem daß er diese Bestimmungnicht ausführen will.Präsident Kaempf: Sie dürfen dem Herrn Reichskanzler imdeutschen Parlament nicht Verfassungsbruch vorwerfen-; ichmuß Sie dieserhalb zur Ordnung rufen.Abg. Lcdebeur(fortfahrend): Der Reichskanzler hat ange-deutet, daß es ihm lieb wäre, daß an die Stelle des bestehendengleichen Wahlrechts irgendein Wahlrocht gesetzt würde, das nichtauf der Zahl beruht. Ich finde es u n e r h ö r t, daß ein zur finn-geinäßen Ausführung der Gesetze und der Verfassung berufenerReichskanzler Andeutungen macht, deren Durchführung auf dieBertiimmerung eine» der wichtigsten BolkSrechteHinauskommen würde. Ich Hab« so eine Ahnung, daß es sich viel-leicht nicht mehr lange lohnen wird, über den Reichskanzler zusprechen.(Heiterkeit.) Graf Pofadowsky sagte, man könnenicht mit Gewaltmaßregeln allein der Sozialdemokratie bei-kommen.(Ab«. Graf Posadowsky: Nein, das hcckie ich nicht gesagt l)Sie haben sich gestern so häusig widersprochen, daß es sehr leichtmöglich ist, daß Sie„ach einer Viertelstunde nicht mehr gewußthaben, was Sie vorher sagten.(Heiterkeit; Abg. Graf v. Posa-dowKky: Ich habe gesagt, man kann die Sozialdemokratie nichtmit Gewalt unterdrücken. Zurufe bei den Sozialdemokraten:„Nicht al leint") Es haben es verschiedene Ohren gehört!Abg. Graf Pofadowsky hat weiter gemeint, man soll sich bemühen,die Arbeiter zu belehren, zu bessern zu vernünftigeren bürgerlichenAnschauungen. Diese Absicht dürft« Graf Posadowsky schon alsStaatssekretär gehabt Habrn Aber gerade zu jener Zeit,1903, hat die Sozialdemokratie einen kolossalen Aufschwung ge,nommen und 993 000 Stimmen gewonnen. Da haben Sie doch auchschon ethisch gewirkt.(Heiterkeit.) Das hat nicht» genützt.Sie scheinen in der Wahlbewegung ein« neue Methode gelernt zuhaben� denn mit einem gewissen Selbstgefühl erklärten Sie, Siewürden mit der Sozialdemokratie sprechen, wie Sie da» in derWahlbewegung gemacht hätten. Soviel mir erzählt wurde, hatGras Pofadowsky in seinen Wahlversammlungen keine freieDiskussion gestattet, höchstens Zehnminutenbrennerreden.(Heiterkeit und Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Da GrafPofadowsky schweigt, scheint es richtig zu sein, was mir erzähltwurde. E» ist aber keine Kunst, ein« Menge zu beeinflussen, wennman die Gegenrede nicht zuläßt. Wenn Sie, Herr Graf, mir dieEhre einer Diskussion erzeigen wollen, die Berliner Parteigenossentoerden mit größter Freud« Ihnen die größten Säle zur Ver-fiigung stellen, so konzediere ich Jhnen zwei Stunden.ich will nur eine Stunde sprechen. Da haben Sie die schönst«Gelegenheit, hier an der Brutstätte des Umsturzes die Sozialdemo-krati« ethisch zu beeinflussen.(Abg. Graf Posa-d o w s k y: Ich habe mit der Arrangterung der Versammlungen garVichts zu tun gehabt.) Ich würde es mir sehr verbitten, wennmeine VersammlungÄeiter nur 10 Minuten Diskusston gestatteten,denn eine solch klägliche Rolle läßt sich kein Sozial-demokrat bieten.(Beifall hei den Sozialdemokraten. Zuruf des Grafen Pofadowsky: Ich bin kein Sozialdemokrat!)(Große Heiterkeit.)) Ja, eben darin sieht man den Unterschied derpolitischen Moral.(Unruhe.)Präsident Kaempf: Ich bitte nun doch, die Zwiegespräche zuunterlassen.Abg. Ledebeur(fortfahrend):Zu Zwiegesprächen gehören immer zwei.(Heiterkeit.) GrafPosadowsky meint, die Revisionisten hätten die welthistorischeAufgabe, die Sozialdemokratie allmählich zu läutern, bis sie einebürgerliche Partei im Sinne der Liberalen oder der Nationallibe-ralen oder des Zentrums oder der Rechten oder, ich weiß nichtwelcher Partei, geworden sind. Der Mann, der eine solche Ideehier ausspricht, ist der größte Phantast, den man sich vor-stellen kann. Und er wirft uns phantastische Ziele vor. Er faßtdie sozialdemokratische Ideenwelt alseine Art entarteter Bureaukratieauf, die auf ein große» Reichszuchthaus hinauslaufe.Für uns ist es eine Offenbarung, daß Graf Posadowsky absolutnicht einzudringen vermocht hat in die sozialistische Ideenwelt. Ichhoffe. eS ist außer ihm niemand im Hause, der derartiges glaubt.Und ich habe deshalb nicht nötig, weiter darüber zu reden.Di« Sozialdemokratie ist ein Produkt unserer Eni-Wickelung, nicht etwa ein Produkt irgendwelcher Hetzarbeit(Heiterkeit im Zentrum), auch nicht irgendwelcher gehler der Re-gierung oder der bürgerlichen Gesellschaft. Diese fördern die Eni-Wickelung zur Sozialdemoiratie, aber die treibende Kraftist die kapitalistische Entwickelung, die die großenMassen des Volkes proletariiiert und in ihnen den Freiheitsdrang,das Klassenbewußtsein und das Streben erzeugt hat, sich von allerUnterdrückung und Ausbeutung zu befreien. Die praktische Be.tätigung dieses Strcbens ist auf politischem Gebiet dieSozialdemokratie und auf w i r t s ch a f t l i ch e in die G e-werkschaftsbewegung. Ties«. Bewegung wird fort-Wachsen und fortgedeihen, ihrem Ziel entgegen, ganzgleichgültig, was Regierung. Unternehmer oder die bürgerlichentarteien dagegen unternehmen. Sie können vielleicht an einzelnentellen die Bewegung hemmen— aber die Sozialdemokratie wird diesen Widerstand schließlich miteinem gewaltigen Ruck überwinden. Denn in diesenKämpfen der Sozialdemokratie klärt sich das Volk auf über seineAufgaben und Ziel«; eS festigt seine Ucberzeugungen, seine Eni-schlüss«, seine Tatkraft und seine Fähigkeit, das Ziel der�Soziali-sierung der Gesellschaft zu erreichen. Wir sind nicht so töricht, zuglauben, daß da» ganze Klassenkämpferheer des Proletariat» ansich au» edleren, besseren oder klügeren Menschen bestehe al» dieanderen Parteien; wir sind urrS der der langen wirtschaftlichenUnterdrückung und der Zurückdrängung der geistigen Entwickelungdes Proletariats geschuldeten Mängel vollkommen bewußt. Aberdas Proletariat streift sie von Jahr zu Jahr mehr ab, eS macht sichvon Jahr zu Jahr reifer für die große Ausgabe.die seiner in der sozialistischen Gesellschaft harrt. Die Aufgabe derVertreter der Sozialdemokratie ist es nur. diesem Wunsch undWillen als Wortführer zu dienen und dafür zu sorgen, daßdieser entschlossene Wille der Proletariermassen an denjenigenOrten, wo wir als Vertreter d«S Volke» aufzutreten haben, in dieTat umgesetzt werde.(Braw I bei de« Sozialdemokraten.).Seien Sie überzeugt, das in der Sozialdemokratie zu-sammengcsschlossene deutsche Proletariat wird mit seinen Bruder-Parteien in den anderen Ländern fortschreiten von Entwickelung»-stuse zu Entwickelungsstusr, bis die Zeit gekommen ist, da die wirt-schaftliche Entwickelung selbst soweit gediehen sein wird, daß derUebergang der kapitalistischen in die sozialistische Ordnung einezwingende Notwendigkeit geworden ist. Wir sehen mit Freude,wie das klassenbewußte, klarsehende Proletariat in diesen Kämpfenstets und ständig mehr die feige Knechtsgebärde der frühe-ren Zeiten abstreift, wie es sich zu dem Selbstbewußtsein freierMänner und der Kämpfer für ein großes Ideal durchringt und wiealle diese Proletariermassen sich mit dem stolzen Bewußtfein er-füllen und dafür kämpfen! in unseren Händen, in den Händender deutschen Sozialdemokratie, der internatio-nalen Sozialdemokratie ruht die Zukunft unddas Wohl unseres Vaterlandes und der ganzenWelt!(Stürmischer Beifall b. d. Sozialdemokraten.)Präsident Kaempf: Stach dem mir vorliegenden Stenogrammhaben Sie gesagt:„Ich fordere insbesondere Herrn v. Kiderlen-Wa echt er auf. hier vorzutreten und klipp und klar zu erklären:ist da ein Meineid geschworen, haben die Herren vor Ge-richt die Unwahrheit gesagt ober hat er Lockspitzel nach Aga-d i r geschickt, um derartige verbrecherische Dinge in die Welt zuschicken." Sie haben ferner gesagt:„Ja, nach allen Tatsachen istdoch dies« so patriotische Bewegung entweder vollkommen sinnlosgewesen oder durch verbrecherische Veranstaltungenvon der deutschen Regierung erhöht worden." Das sind nicht nurhypothetische Unterschiebungen, wie ich angenommen hatte, sondernSie haben die Vertreter der Verbündeten Regierungen ver-brecherischer Umtriebe bezichtigt. Ich rufe Sicdieserhalb zur Ordnung.Abg. Ledebour: Ich habe gesagt: Entweder habe« dieHerren einen Meineid geschworen oder...Präsident Kaempf: Es bleibt Jhnen unbenommen, schriftlichBeschwerde gegen den Ordnungsruf einzulegen, die dann ge-schäftsordnungsmäßig erledigt wird.Staatssekretär des Auswärtigen Amtes v. Kiderlen-Waechter:Der Abg. Ledebour hat Angriffe gegen die Regierung unseresgroßen Nachbarreiches, mit der wir in Frieden und Freundschaftleben, gerichtet, Angriffe, wie iie in diesem Hause wohl nochnicht gehört worden sin v. Er hat dieser Regierung ver-brecherische Absichten und Taten so ziemlich in derganzen Welt vorgeworfen. Ich kann diese Angriffe nur auf daslebhafteste bedauern und muß sie auf das energischste zurückweisen.Ich bin überzeugt, daß die große Mehrheit dieses Hauses mein Be-dauern teilt.(Bravo! rechts. Zuruf b. d. Soz.: Nein!) Weitergeben seine Ausführungen über die Marokko-Angelegen-y e i t mir die erwünschte Gelegenheit, einmal miteinem Märchenaufzuräumen, das sich schon lange in der Presse herumtreibt, wo-nach ich gewisse Kreise aufgehetzt hätte, indem ich gesagt hätte.wir wollen Teile von Marokko nehmen. Da möchte Ich historischzurückgreifen auf die Zeit, ehe wir da« Schiff nach Agadir geschickt haben. Es ist damals ein ausführliches Programm ausge-arbeitet worden. Die» Programm habe ich dem Herrn Reichs-kanzler vorgelegt, der es gebilligt und auch die GenehmigungSeiner Majestät dazu erhalten hat. Wir haben schon lange mitFrankreich verhandeln wollen, weil die Sache nicht soweiter ging, wie sie sich durch den Zug nach Fez gestaltet hatte. Wirhaben da» Schiff nach Agadir geschickt. umdieSacheinFlußzu bringen. Wir haben dadurch feststellen wollen, daß dieFranzosen kein Mandat hatten, für Europa in Marokko vorzu-gehen, und daß wir, wenn unsere Untertanen irgendwo in Mo-rokko gefährdet wären, dasselbe Recht hätten, sie zu schützen. WenigeTage, ehe das Schiff nach Agadir ging, habe ich mit Herrn Dr.C l a h gesprochen. Ich möckste hier noch einschieben, dajtz all dieBemerkungen immer auf Unterredungen mit Dr. Claß, demFührer der Alldeutschen zurückgehen. Indessen hat Dr. Claß dieseAeußerungen nirgends getan, auch nicht in dem Prozeß,denn da ist er gar nicht gehört worden. Ich habe damals zu ihmgesagt: demnächst werden wir etwas tun. um die Marokko-Angc-Icgenheit in Fluß zu bringen. Ich bitte aber, daß darüber nichtsoviel Geschrei gemacht wird, seien Sie vorsichtig, es istnur der Eingang zu Verhandlungen." Das ungefähr ivar dieSprache, die ich gefuhrt habe. Darauf bin ich nach Kissingen ge-gangen und habe mit dem französischen Batschafter Cambonbereits die erste Aussprache über Kompensationen gehabt, und zwarausdrücklich über Kompensationen außerhalb Marokkos- Ichhabe ihm dort zugeschoben, daß er mir solche nennen möge. Eswar nach dieser Unterredung im Juni, da wollte Dr. Claß michsprechen. Er kam hierher, ich war nicht anwesend und statt meinerhat Unterstaatssekretär Z k.m m e r m a n n mit ihm gesprochen. Erhat ihm ausdrücklich auseinandergesetzt, daß wir nicht Teilevon Marokko haben wollen und hat ihm dafür die be-kannten Gründe angegeben, warum wir dort keine SiedelungSkolonieeinrichten können und keinen Kriegshafen haben wollen, der unSnichts helfen könne. Da hat Dr. Claß zum Schluß selber gesagt:„Ach. da? ist schade". Dafür, daß ich Dr. Claß gesagt hätte,wir wollten Teile von Marokko, liegt von Dr. Claß selber keineauthentische Aeuherung vor, und sie wäre auch nicht berechtigt.Tann ist behauptet worden, ich hätte einem Abgeordneten, der,glaube ich, n i ch t m e h r h i e r i st(Heiterkeit), einmal ausführlichgesagt, daß wir Teile von Marokko nehmen müßten, und er hättesich sofort stenographische Aufzeichnungen darüber gemacht. Mitdiesem Märchen ist viel krebsen gegangen worden. Ich war miraber ganz genau bewußt, daß ich in dieser Unterredung ausdrück-lich die Gründe auseinandergesetzt hatte, warum wir nicht Teilevon Marokko haben wollen. Nachher hat sich herausgestellt, daß einkleines Versehen vorlag, es waren zwei stenographische Auf-Zeichnungen verwechselt worden, die, worin stand, baß wir Ma-rokko nehmen sollten, wa» mit einem Journalisten gewesen.(Hei-terkeit.)Dann habe Ich eine dritte Unterredung mit Dr. Claß imSeptember gehabt, wo ich schon ziemlich über das reine Marokko-abkommen mit dem französischen Botschafter einig war und wirkleine Pausen machten. Wie sollte ich dazu kommen, in dieser Unter-redung zu sagen, wir wollen Teile von Marokko nehmen! Es wardamals allerdings eine chauvinistische Stimmung in derfranzösischen Presse, und es war uns ganz erwünscht, wenn manjenseits der Grenzpfähle sah, daß bei uns eine patriotischeStimmung dafür vorhanden ist, für unser Recht einzutreten.(HörtI hört! bei den Sozialdemokraten.) Da habe ich Dr. Claß,der mich zu sprechen wünschte, weil er sagte, es käme nachher einegroße Versammlung der Alldeutschen, was er da sagen solle(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten)— er hat mich gefragt, welchesdie Absichten der Regierung seien, daraus kann man ihm keinenVorwurf machen und mir auch nicht, tvenn ich geantwortet habe.Ich habe ihm gesagt, so und so liegen die Dinge, wir wollen Kom-pensatro neu, setzt ist noch nicht das Stadium, daß wir sagenkönnen, die Sache ist fertig; es ist ganz gut, wenn sich bei uns einepatriotische Stimmung zeigt, äußern Sie sich etwas reser»viert, so schadet das nichts.— Ich glaube, das ist kein Ver.brechen.(Sehr richtig!)Ich will das nicht weiter zurückweisen, daß wir Lockspitzelnach Slgadir geschickt hätten. Was die da hätten tun sollen, weiß:ck nicht. Ich glaube aber, die Herren werden aus dem, was ichgesagt habe, erkannt haben, daß eS unwahr ist, daß ich irgendlemand gesagt hätte, wir wollten Teile von Marokko nehmen, manmächte dafür Propaganda machen. Die Bewognng ist gekommenohne unser Zutun, da» mögen Sie daraus ersehen, wie ichgerade vo» dieser Seite angegriffen worden bin. IrgendeineAeußerung. wie sie im Prozeß von Spitzeln usw. gefallen ist—das möchte ich ausdrücklich betonen—, ist nicht von den Herren,mit denen ich gesprochen habe, gekommen, sondern sie mögen ge-kommen sein von irgendeinem Dritten. Die betreffenden Herren,mit denen ich gesprochen hatte, sind bedauerlicherweise in demProzeß nicht gehört worden(Bravo l)