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Nr. 65.

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Ericheint täglich anßer Montags.

Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

29. Jahrg.

Die Infertions- Gebühr

beträgt für die fechsgespaltene Solonel geile oder beren Raum 60 fg., für politische und gewerkschaftliche Bereins und Bersammlungs- Anzeigen 80 Bfg. ,, Kleine Anzeigen", das fettgedruckte Wort 20 Pfg.( aulaffig 2 fettgebrudte Worte), jedes weitere Wort 10 Bfg. Stellengesuche und Schlafstellenan zeigen das erste Wort 10 Pfg., jedes weitere Bort 5 Bfg. Worte über 15 Buch­staben zählen für zwei Worte. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist bis 7 Uhr abends geöffnet.

Telegramm Adresse:

,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Morigplatz, Nr. 1983.

An die organisierte

Sonntag, den 17. März 1912.

Arbeiterschaft Deutschlands  !

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Morikplatz, Mr. 1984.

Der Triumph der Blaufchwarzen.

Nachdem am Donnerstag die Besprechung des Reichskanzlers mit den einzelstaatlichen Ministern stattgefunden hatte, reichte der Staats­sekretär des Reichsschaamtes Wer­muth am Freitagmorgen sein Ent­lassungsgesuch ein. Dieses ist von Seiner Majestät dem Kaiser genehmigt und der Unterstaatssekretär im Reichsschazamt Kühn ist zum Nachfolger Wermuths ernannt worden. Am 11. März find die Bergarbeiter des Ruhrkohlen-[ durchgesezt hat, verharren die Zechenherren auf dem Stand­( W. T. B.) reviers in den Ausstand getreten, um in erster Linie eine der punkt, den Arbeitsvertrag einseitig zu diktieren. rung auf die Deckung der Wehrvorlagen, wie der blauschwarze Wenn gestern noch die offiziöse Meldung, daß die Regie­Lebensmittelteuerung angemessene ohnerhöhung zu Ebenso wie 1905 wäre auch der diesjährige Kampf vermieden Block gefordert, nicht verzichte, sondern faktische Deckung ver­erreichen. Eine Reihe weiterer Forderungen betreffend die worden, wenn der Bechenverband oder die Werksverwaltungen lange, und zwar weder durch eine Besteuerung des Verbrauchs noch des Verkehra, den Jubel der Liberalen entfesselt hatte, Lohnzahlungsfristen, Schichtzeit, Ueber- und Nebenschichten, sich auf Vereinbarungen mit den Organisationen oder Ver- so ist dieser Jubel über den vermeintlichen Sieg des Staats­Werkswohnungen, Arbeitsnachweis, Strafwesen, Schieds- tretungen der Arbeiterschaft eingelassen hätte. sekretärs Wermuth über den blauschwarzen Block über Nacht gericht, Nichtanrechnung der reichsgefeßlichen Versicherungs- Da die deutsche Bergarbeiterschaft sich angesichts des in bittere Enttäuschung umgeschlagen. Denn das erste offiziöse leistungen auf die Knappschaftsrente und Wohlfahrtseinrich schroffen Machtkizels der Grubendirektionen und der Massen- ber das lakaienhafte Zusammenklappen Bethmann Hollwegs Telegramm war nichts als ein plumper Täuschungsversuch, tungen find den Werksverwaltungen unterbreitet worden, streikbruch- Parole der christlichen Gewerksvereinsleitung auf und die glatte Desavouierung und Ausschiffung des Staats­treten aber an Bedeutung zurück hinter der Forderung einer einen ebenso umfangreichen wie harten Kampf einrichten muth hat ja den Sieg über seine blauschwarzen Widersacher, sekretärs Wermuth nur vertuschen sollte. Nicht Herr Wer­15prozentigen Lohnerhöhung für alle Arbeiter. Die muß, für den die eigenen Mittel der Organisation faum hin- die ihm seit Wochen meuchlings nachstellten, davongetragen, Grubendirektionen haben sowohl die gesamten Forderungen reichen dürften, so ergeht an die organisierte Arbeiterschaft sondern die Blauschwarzen sind die Triumphierenden, und als auch jede Verhandlung mit den Organisationen der Berg- Deutschlands hierdurch der Aufruf, die der Reichsschatsekretär ist auf der Strecke geblieben. Er sah sich als Mann von Charakter zur Demission gezwungen, weil arbeiter abgelehnt. Sie erklärten sich zwar teilweise be­die Ministerkonferenz seine Deckungsforderungen nicht reit, über eine Lohnerhöhung mit den geseglichen Arbeiter. akzeptierte und weil obendrein der Reichskanzler Herr ausschüssen zu verhandeln, unterließen aber nicht, darauf durch schleunige Vornahme allgemeiner Sammlungen tat- tie B. Stürmisch ist es nach unserer Information in jener b. Bethmann Hollweg   ihn völlig im Stich hinzuweisen, daß diese Ausschüsse in Lohnfragen nicht zu fräftig zu unterstüßen. Es werden große Anforde- Donnerstagkonferenz der bundesstaatlichen Minister 31­ständig seien. Soweit solche Verhandlungen mit Aus- rungen, an die Solidarität der Arbeitergegangen, und energisch hat der Reichsschapsekretär seine Auf­schüssen stattfanden, find fie seither ergebnislos ver- laffe gestellt, aber wir hoffen, daß die so oft bewährte lassen- brang er mit seiner Auffassung nicht durch. So fassung verfochten, aber vom Reichskanzler schnöde ver­Opferfreudigkeit sie auch in diesem Riesenkampfe zu wurde denn beschlossen, zur Deckung der Wehrvorlage zur Preisgabe der Liebesgabe, das heißt zur gleich­Spiritusproduktion die Zuflucht zu nehmen, aber auf eine mäßigen steuerlichen Heranziehung auch der kontingierten Erbschaftssteuer zu verzichten.

laufen.

ausständigen Hunderttausende von Bergarbeitern

Der Streik hat sich auf die gesamte Steinkohlenindustrie den höchsten Leistungen anspornen wird. des Ruhrbezirks mit ihren Nebenanlagen( Rokereien, Ver- An die Vorstände der Gewerkschaften und örtlichen Ge­wertungsbetriebe) ausgedehnt, ist aber auch schon auf andere werkschaftskartelle ergeht die Bitte, sofort die nötigen Maß­Reviere( Saar  , Deister, Sachsen  , Ober- und Niederschlesien) nahmen für diese Sammlungen zu treffen. Die Gewerkschafts­übergesprungen. Obwohl der chriftliche Gemert- taitelle werden ersucht, die Sammlungen an ihrem Orte zu verein der Bergleute die Parole des Streifbruches zentralisieren. Sammellisten werden von der Generalfom­ausgegeben hat, sind zahlreiche seiner Mitglieder in den Aus- mission nicht versandt; soweit solche erforderlich sind, müssen stand gegetreten. Bereits am 12. März überschritt die Zahl diese von den Gewerkschaftskartellen beschafft werden. der Streifenden 200 000. Infolge der Ausdehnung auf Gemäß dem Beschlusse des Kölner Gewerkschafts­andere Reviere ist diese Zahl fortgesezt im Wachsen begriffen. tengresses find alle für die Bergarbeiter aufgebrachten Gelder Das Berhalten der Werksbesizer läßt ein Entgegen- nur an die Generalkommission abzuführen. Für die Ab­tommen an die Forderungen der Arbeiter nicht erkennen. Sie lieferung ist folgende Adresse zu benußen: haben für Anfang April d. Is. Lohnzulagen bis 10 Proz. in Aussicht gestellt, aber nur für die Schicht löhner, wobei der weitaus größte Teil der Arbeiter, der im Gedinge Iohn arbeitet, nicht in Frage fommt. Deren Löhne würden nach der Erklärung der Zechenverwaltungen mit der Ston­junttur von selbst steigen, d. h. durch Verfahren von Ueber­und Nebenschichten. Die Bergarbeiter fordern dagegen mehr Lohn für die gleiche Arbeit!

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onto Nr. 7930, Hermann Kube  , Postscheckamt Berlin, wenigstens Herr v. Bethmann Hollweg   mit allem Nachdruck oder direkt an

Hermann Kube  , Berlin   SO. 16, Engelufer 14/15.

Daß die 40 Millionen Liebesgabe keine Dedung int Rande. Nur wer auf dem Standpunkt des Herrn Erzberger Sinne des Schazsekretärs darstellen konnten, versteht sich am steht, der behauptet, das Jahr 1912 werde 220 Millionen leberschuß abwerfen, fonnte diese lumpigen 40 Millionen als Deckung der annähernd 200 Millionen jährlicher neuer Militärausgaben ansehen. Die Ministerkonferenz stellte sich freilich am Donnerstag auf diesen Standpunkt. Da aber Herr Wermuth den Etat doch sicherlich besser kennt, als der Philosoph von Hohenfinow  , und da doch auch das offiziöse Organ, die Nordd. Allgem. 8tg.", erst unlängst die phantastische Erzbergersche Ueberschußrechnung Punkt für Punkt als unrichtig erwiesen hatte, hätte sich doch auf die Seite seines Schabfekretärs schlagen müssen. Aber Herr v. Bethmann Hollweg   machte wieder ein­mal vor den Blauschwarzen Rotau und überließ seinen Schatsekretär kaltlächelnd seinem Schicksal. Herr Wermuth fam unter solchen Umständen sofort um seine Der Einfachheit wegen und um Porto   zu sparen, wolle Entlassung ein, die in auch ebenso prompt huldvollst" man die lettere Adresse nur benutzen, wenn besondere Um gewährt wurde. Wieder einmal zeigte sich so, daß Minister stände die direkte Einsendung der Gelder erfordern. Im Somogenität", das heißt der Serbilität gegenüber den ron Charakter und Kenntnissen nur als Störer der Der Zeirraum des Ausstandes ist seitens der Arbeiter- übrigen sind alle Geldsendungen unter Angabe der obigen untern und Junkergenossen empfunden werden! schaft sehr günstig gewählt. Eine bessere Konjunktur Kontonummer und dem Namen des Kontoinhabers aus­Wie liegen nun die Dinge? Die neuen Wehrvorlagen dürfte für die Bergleute faum in Jahren wiederkehren. Ihr schließlich an das Postschecamt Berlin   zu richten. Zur Er- für 40 Millionen geschaffen werden. Hinzu kommt, daß nach erfordern 180 Millionen Mark jährlich. Dedung soll aber nur Streben, den Lohn von 1907 nebst einer der Lebensmittel- leichterung der Einzahlungen erhalten in nächster Zeit alle dem Etat für 1912 ohnehin 43 Millionen durch Anleihe zu verteuerung entsprechenden Zulage zu erreichen, muß als Gewerkschaftsfartelle Zahlfarten, auf denen die volle Adresse decken waren( darunter auch unproduktive Ausgaben) berechtigt bezeichnet werden. So bedauerlich die Streif- vorgedruckt und auf denen nichts weiter nachzutragen ist, als wird, wenn wirklich eine Schuldentilgung in den und daß diese Anleihe sogar auf 129 Millionen anwachsen bruchtaftif des christlichen Gewerfvereins bleibt, so wollten der Betrag, der abgesandt wird. Zahlfarten mit dem darauf im Etat vorgesehenen Umfange eintritt. Es ist also klar, daß doch die an der Lohnbewegung beteiligten Arbeiterverbände bezeichneten Betrag fönnen bei allen Bostämtern des Reichs nicht nur von jeder faktischen Schuldentilgung Abstand ge­sich von den Christlichen nicht völlig um den Erfolg der unentgeltlich eingeliefert werden. nommen, sondern auch das Reich wieder in die alte boden­Ortsverwaltungen und lose Bumpwirtschaft hineingestürzt werden muß, Günstigen Konjunktur bringen lassen. Zahlstellen der Verbände, die aus besonderen Gründen Gelder wenn zur Dedung der 180 Millionen neuer Militärllaften nur Der Kampf der Bergarbeiter gilt aber auch dem direkt an die Generalfommission einsenden in der Regel 40 Millionen aus der Liebesgabe zur Verfügung gestellt wer Willkürregiment der Grubenverwaltungen, sollen die Gelder an das Gewerkschaftskartell am Orte ab- Reichsfinanzen wieder in eine Verwirrung und Defizitwirt­den sollen. Jede wirtschaftliche Depression müßte vollends die die jede Organisation ihrer Arbeiter und jeden. Einfluß der geliefert werden, werden ersucht, gleichfalls nur Bahl- schaft stürzen, wie sie Anno 1909 traurigen Angedenkens vor­lezteren auf die Festsetzung der Arbeitsbedingungen aufs farten zu benutzen und sich solche vom Gewerkschaftskartel handen war! Kein Wunder, daß Herr Wermuth zwar auch schrofffte zurückweisen und das Regiment des Herrn aushändigen zu lassen.

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im Hause dauernd zur Geltung bringen Ueber die eingehenden Beträge wird im Correspondenz­wollen. Während in anderen Berufen sich eine paritätische blatt" quittiert. Besondere Quittungen werden dem Ein­Regelung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge längst sender nicht zugestellt.

Berlin   SO, 16, Engelufer 15, den 16. März 1912.

Die Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands  .

C. Legien  .

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die Beseitigung der Branntweinliebesgabe, die er ja bereits im November 1908 als nicht mehr zeitgemäß" bezeichnet hatte, nach der Mitteilung der Boffifchen Rtg." zwar gleich­falls akzeptieren, dazu aber auch die Erbschaftssteuer und nötigenfalls noch ein Petroleummonopol bewilligt wiffen wollte. Die Erbschaftssteuer geht aber den Agrariern mit dem bedrohten Familienfinn der Steuerhinterziehung derart an die Nieren, daß sie unter Herrn Bethmann Sollwegs 3ustimmung in der Konferenz völlig beiseite geschoben wurde. So blieb freilich dem Märtyrer für geordnete Reichsfinanzen nichts anderes übrig, als schleunigst in der Bersenkung zu verschwinden!