Nr. 89. 89. Zahrgakg.z.|til«gt Ks Lsmärls" AkllimUitwch, llZpcklSIZ.Sie Kergsi'beitei'demgulig.Der amerikanische Bergarbciterstreik.New Jork, 2. April.(Eig. Ber.)Seit gestern ruht fast die gesamte amerikanische Kohlen-Produktion. Rund 500 Ö00 Männer seiern; daß sie streiken,kann man nicht sagen. Die Arbeit wurde eingestellt, weil derzwischen den Zechenverwaltungen und den United MineWorkers of America(Amerikanischer Bergarbeiterverband.) vordrei Jahre,» erneuerte LoVnarif mit dem ol. März ablief undnoch kein neuer zustande kam-In den Weichkohlenrevieren von West-Pennsylvania, In-diana, Illinois und Ohio kommt es voraussichtlich bald zumFriedensschluß zwischen den Zechen und den Arbeitern. Aufeiner von beiden Parteien beschickten, in Cleveland abgehal-tenen Konferenz gestanden die Unternehmer die gestellten Lohn-forderungen teilweise zu. Es soll die Aufbesserung pro Tonnegesiebter Kohlen 5 Cents und ungesiebter Kohlen 3 Cents be-tragen; der Tagelohn soll um 5,26 Proz. erhöht werden.Bekanntlich hatten die Bergleute eine Erhöhung des Gedingesvon 05 Cents auf 1 Dollar und 5 Cents per Tonne gefordertund die Zechenverwaltungen auf eine Reduktion von 95 auf85 Cents gedrängt. Zweifellos werden sich die Weichkohlen-gröber angesichts der ihnen angebotenen Lohnerhöhung fürdie Wiederaufnahme der Arbeit erklären, die in ungefährvierzehn Tagen erfolgen kann. Dahin sprachen sich wenigstensdie Führer des Bergarbeiterverbandes aus.Falls das vorzunehmende Referendum der Weichkohlen-gröber den neuen Lohntarif genehmigt, wird dieser im wesent-lichen auch auf diejenigen, allerdings wenig belangreichenWcichkohlenreviere im Süden, im Südwesten und in den RockyMountains, in welchen der geltende Lohntarif erst am 1. Maioder noch später abläuft, Anwendung finden. Dagegen wäreeine Rückwirkung auf die keine organisierten Arbeiter be-schäftigenden Weichkohlengruben von West-Virginia und Kentuckynur dann zu erwarten, wenn es nicht bei der Arbeitseinstellungbliebe, sondern zu einem Ausstande käme.Weniger aussichtsvoll als in den Wetchkohlenrevieren istdie Situation im Hartkohlenbergbau. Die Hartkohlenproduktionwird kontrolliert von einem Ringe großer Eisenbahngesell-fchaften. Nun wäre die Lehigh Valley Coal Co., Eigentumder Lehigh Valley-Eisenbahn, zwar bereit, die Forderungender Bergleute so ziemlich im ganzen Umfang zu bewilligen.Aber sie kann nicht angesichts der ablehnenden Haltung desRings, in welchem neben der Philadelphia and Reading-Bahn, die Pennsylvania-Bahn und die Lackawanna-Bahn dieerste Flöte spielen. Auch die unabhängigen, das heißt außer-halb des Ringes stehenden Kohlenzechen würden gerne Friedenschließen mit den Bergleuten, deren Forderungen sie als be-rechtigt anerkennen. Aber wehe der unabhängigen Zeche,welche durch die Tat bewiese, wie sehr die Bergknappen mitihren Fordeningen im Rechte sind. Der kecke Unabhängigewürde„ausgefroren" werden: die Bahnen würden ihm� die zum Transport seiner Förderung erforderlichenWaggons erst mit bedeutender Verspätung und auch dann'"'noch in ungenügender Zahl zur Verfügung stellen und dieaufgegebene Waggonfracht mit absichtlicher Verzögerung be-fördern; kurz die betreffende Zeche in kurzer Zeit ruinieren.Gesetzlich ist es den Bahnen verboten, irgendeinen Artikelzu produzieren, den sie in den Handel bringen und auf deneigenen Linien befördern. Demnach dürften die Bahnen unterden obwaltenden Umständen auch keinen Kohlenbergbautreiben, sobald sie die Förderung nicht ausschließlich imeigenen Betriebe verbrauchen oder nicht auf anderen Bahnenverschicken.Aber ein gefälliges Gericht legte mit seinen rabulistischenJnterpretationskünsten das Gesetz dahin aus, daß Bergbau-gesellschaften und andere Unternehmungen, deren sämtlicheAttien einer oder mehreren Eisenbahngesellschaften gehören.ihre Erzeugnisse unter allen Umständen über die Linien derMntterbahnen verfrachten dürfen. Daher gründeten die Eisen-bahnen eiligst besondere Aktiengesellschaften für den Kohlen-bergbau und„frieren" ihre nicht zum Ringe gehörigenKonkurrenten„aus", wenn diese nicht blindlings Orderparieren.Und gerade diese ihre Allmacht mag die Kohlenbergbautreibenden Eisenbahnen auch ohne vorangegangenen Streikzum Einlenken bewegen. Wir stehen vor der Präsidentschafts-tve.hl. Und in der Zeit des schon eröffneten Wahlkampfeskommt es schon Demokraten und Republikanern einmal nichtdarauf an, auch ein paar Eiseubahngesellschaften auf dieHühneraugen zu treten und ein durch gewundene Auslegungs-künstc zustande gekommenes Gerichtsurteil uminterpretieren zulassen.?Einigungsverfttche in Sachsen.Die OrganiiationSleilung halte sich an das iächsiiche MinisteriumdeS Innern gewandt und dessen Nermiltelinig im Streik der Berg-arbeiier des Zwicknuer und Lugau-Oelrniiyer Bezirkes nachgesucht.Am Montag nachmittag hielt der iäa sische Minister Graf Vitzthumim Beisein einiger Geheimräte zunächst eine Konferenz mit Ber-tretem der Bergarbeiter ab; dieser Konferenz wohnte auch der Vor-sitzende des Bergarbeiterverbandes, Sachse, bei. Der Ministerund seine Räte suchten auf Grund eines großen siahlenmaterials,da? sie von den Unternehmern erdallen hatten, den Nochweis zu er-bringen, daß die Bergarbeiterlöhne ständig gestiegen seien. DieArbeitervertreter wiesen das Gegenteil nach und erklärten das teil-weise Steigen der Löhne durch Verfahren zahlreicher Ueberschichten,die durch die in den letzten Jahren besonders gute Koiijunktur not-wendig wurden. Ein positives Ergebnis hatte dieKonferenz nicht. Die Vertreter der Negierung werden nunerst am Mittwoch mit Vertretern der Unternehmer konferieren.Beschwerde des polnischen Bergnrbeiterverbandes an dieKirchenbehörde.Wie polnische Blätter berichten, wird der polnische Berufs-Verband der Bergarbeiter gegen diejenigen Geistlichen die die Berg-arbeiter vor dem Streik warnten und sie vom Streiken abzuhaltensuchten, dann aber später zur Wiederaufnahme ier Arbeit ermahnten,Beschwerde bei der geistlichen Behörde erheben.Günstiger Abschluß des Kampfes in Böhme«.Die Lohnbewegung der Bergarbeiter in Mährisch-Ostrauist nun ihrem Abschluß nahe. Die Unternehmer haben nun vorollem in der Lohnfrage Zugeständnisse gemacht, die eine erheb-liche Verbesserung gegen den bisherigen Zustand bedeuten.Die Vertrauensmänner der Arbeiter, die mit den Unterhändlern derRegierung die Verhandlungen führten, haben einem Abschlußder Lohnbewegung auf der Grundlage zugestimmt,ebenso die Konferenz der Delegierten der Arbeitergruppe der Berg-baugenossenschaft. Die endgültige Entscheidung liegt zwar in den1 Versammlungen der Bergarbeiter selbst, die in den nächsten vier«zehn Tagen im ganzen Reviere stattfinden, doch ist anzunehmen, daßI auch diese Versammlungen die Zugeständnisse als das derzeit Er-reichbare akzeptieren werden. Damit ist dann im Mährisch-OstrauerKohlenrevier ein Kampf vermieden worden, der von noch größererBedeutung gewesen wäre, als der StrrrZ im nordwestböhmischenRevier; freilich ist dieser für die Arbeiter erfolgreiche Abschluß derLohnbewegung vor allem möglich geworden durch den siegreichenKampf in Nordwestböhme«.Keksnzene Richter?Am Montag sollte sich vor der zweiten Strafkammer des Dort-munder Landgerichts unter anderem auch ein Ehepaar aus Kastropwegen öffentlicher Beleidigung und Vergehen gegen§ lbS der Gewerbeordnung verantworten. Der Verteidiger lehnte aber nicht nurdie Richter der Streilkammer, sondern darüber hinaus alle Richterim Bezirk der fünf Landgerichte zu Dortmund,Bochum, Essen, Hagen und Duisburg wegen Besorgnisder Befangenheit ab. Der Verteidiger erklärte, daß er den Ab-lehnungsantrag nicht aus persönlichen Gründen stelle, daß er auchwohl die formale Unzulässigkeit eines solch generellen Ablehnungsantrags kenne. Für den Fall, daß der Antrag deshalb abgelehntwerden sollte, beantragte der Verteidiger die Vertagung wegennicht gewahrter LadungSfrist und behielt sich dannweiteres vor.Der Ablehnungsantrag wurde mit der Erklärung begründet, daßeine gewisse Besorgnis für die Unbefangenheit derRichter allein dadurch gegeben sei, daß sich der Streik im Bezirkabgespielt habe. Ein Gericht außerhalb des Streikgebiets bietegrößere Garantie dafür, daß die Erregung wegen des Streiks nichtirgendwelchen Einfluß auf das Urteil ausübe. Weiter führte der Ber-leidiger aus, daß von den ö genannten Gerichten in ähnlich liegendenFällen Strafen verhängt worden seien, die nach seiner Empfindung sehrhart seien. Es sei selbstverständlich, daß sich kein Gericht gernselbst richtig stelle. Für Beleidigungen seien Gefängnisstrafen vons— 6 Wochen festgesetzt worden, nun könnten sich die Gerichte nursehr schwer dazu verstehen, plötzlich auf Geldstrafen zu erkennen, dasliege in der menschlichen Natur begründet. Die Richter an denAmtsgerichten seien aus den gleichen Gründen abzulehnen; eS seizu befürchten, daß sich bei der bestehenden Organisation der Ge>richte die Amtsgerichte nicht in Widerspruch zu den höheren Gerichtensetzten.Der Vorsitzende Landgerichtsdirektor formulierte dann zweiGründe des Verteidigers: weil die Richter im Streikgebiet tätig seienund weil die Richter an den fünf Gerichten schärfere Strafen wiefrüher festsetzten.Der Verteidiger setzte hinzu, daß sich die Gerichte dadurch g»wissermaßen festgelegt hätten, und daß die Entfcheidungen derAmtsgerichte beeinflußt würden durch die Judikatur der übergeordnetcn Landgerichte.Der Staatsanwalt erklärte, daß der Ablehnungsantrag»gegendie Grundauffassungen des Gerichtsverfassungsgesetzes" verstoße. Essolle niemand seinem»ordentlichen Richter" entzogen werden. Weildie Richter im Bezirk die Verhältnisse am besten kennten, könnten sieauch am besten urteilen. Richter, die nicht im Streikgebiet amtierten,seien weniger geeignet zum Urteilen. Die in Frage kommende Kammerde» Dortmunder Landgerichts habe auch oft auf Geldstrafen erkannt,nur dann sei auf»milde" Gefängnisstrafen erkannt worden, wennes sich um Tätlichkeiten oder aufrührerische Redensarten gehandelthabe. Die auch viel in den Zeitungen vertretene Anschauung, daßdie Strafen zu hart seien, sei»durchaus verfehlt". Der Staatsanwalt sprach dann noch von»aufrührerischen Zusammenrottungen",von der„Wirkung der Maffensiiggestion", die man»nicht unterschätzensolle und von der bösen Tat, die»fortzeugend BöseS gebärenmüffe.Nach kurzer Pause wurde die Sache vertagt.Richtig ist, und wir haben es schon hervorgehoben, daß diejüngere Sonderkammer am Dortmunder Landgericht im allgemeinen nicht so hart urteilt wie die alte Streikkammer,indes hat die Sache doch ihren Haken. Als die Streik-kammer IIa jüngst als Berufungsinstanz verschiedene Urteile desKastroper Schöffengerichts, die sehr hart waren— einen MonatGefängnis!— nachzuprüfen hatte, blieben die Strafen beistehen; die Berufungen wurden verworfen. Und an der I. Strafkammer wird es sogar ausfällig, wie oft das Gericht über das vomStaatsanwalt beantragte Strafmaß hinausgeht. Oft steigt dadie Empfindung auf, daß es eher zum Freispruch kommt, als daß vonden hohen Gefängnisstrafen abgegangen wird.Mie Streikanklagen zuftande kommen.Die Frau eines Tagarbeiters aus Eickel, deren Mann»Willigerwar und während deS Streiks sogar noch Ueberschichten gemachthatte, war trotzdem wegen Beleidigung Arbeitswilliger angeklagt.Als ihr Mann von der Grube heimkam, erzählte er, daß man ihnStreikbrecher geschimpft habe. Kurz darauf trat ein anderer Arbeits-williger in das Zimmer. Die Frau fragte diesen darauf:„Hast Duauch gearbeitet?" Auf die bejahende Antwort sagte die Frau scherz«weife:„Dann bist Du ja auch ein Streikbrecher wie mein Mann I"Diese Darstellung wurde von Zeugen bestätigt. Eine guteFreundin der Familie, nämlich die Mutter des zweiten Arbeits-willigen, hatte was von Strcikbrecherbeleidigung läuten gehörtund lief straks zur Polizei. Der Staatsanwalt wollte dieSache noch nicht fallen lassen und beantragte 10 M. Geldstrafe.Tas Gericht kam jedoch zur Freisprechung.In K r a y bei Steele gerieten während deS Streiks einige Berg.leute in ihrer Wohnung in Streit, bei der die den Arbeitswilligengelieferten Gummischläuche gegenseitig in Tätigkeit gesetzt wurden.Schließlich schimpften sie sich gegenseitig als„Streikbrecher"und„gelber Satan". Die Sacke kam zu Ohren der Polizei,die natürlich nicht wußte, daß sie ihren Schützlingen keinen gute»Dienst erwiesen hatte, denn die Geschichte wurde als Streitsacheverhandelt. Die Strafkammer in Essen war aber in dieser Sacheauffallend milde gestimmt und erkannte auf Geldstrafen von20 M.Nur sechs Monat Gefängnis beantragte der Staatsanwalt gegeneinen Streiksünder, der nichts anderes getan hatte, als einenArbeitswilligen durch die Worte:«Du oller Bock, wihst Du auchnoch zur Zeche gehen, wo niemand arbeitel!" Das Gericht erkannteaus einen Monat GefängmS. Der Angeklagte war nur mit einemVerweise vorbestraft._Der iirieg.Die Friedensaktiou der Mächte.Konstantinopel, 16. April. Um 11 Uhr begaben sich die Ber-treter der Mächte zum Ministeriu» des Aeußern und unter-.nahmen den bereite angekündigten Schritt. Derrussische Bevollmächtigte traf als erster ein, eS folgten ihm derdeutsche, der österreichisch- ungarische, der englische und derfranzösische Botschafter.Unzufriedene Reservisten.Nach Mitteilungen des. A v a n t i" herrscht unker den Mann-fchaften der JahreSklassen 1888 und 1883, die den Truppenverbändendes Expeditionskorps in Tripolis angehören, große Unzufriedenheit.Mtt der Rückbeförderung der Jahresklafse 1888 hat man zwar schonbegonnen, die Zahl Ott Reservisten auf afrikanischem»»den ist aberimmer noch sehr groß. Jedenfalls ist die Stimmung der Mann-fchaften, die über Gebühr ihrer Heimat ferngehalten werden, füreinen Vorstoß WS Innere nicht günstig. Auch die Familien derReservisten beschweren sich, daß ihnen deren Hilfe bei den Feld-arbeiten entzogen ist._Die Revolution in China.Der Schutz der Deutschen im Anstände.Köln, Ib. April. Gegenüber den Klagen über ungenügendenmilitärischen Schutz der deutschen Interessen in Chinaschreibt ein Berliner Telegramm der„Kölnischen Zettung":Ueberall, wo deutsche Kolonien in China bestehen, ist auch für aus«reichenden militärischen Schutz gesorgt. Außer den auf die ver-schiedenen Plätze verteilten Truppen find die kleinen Kreuzer undKanonenboote bereit, dort einzugreifen, wo Deutsche gefährdet sind.Für den Notfall stehen auch noch Truppen der Besatzung von Tsingtauzur Verfügung. Daß Deutschland nicht mit einer so starken Truppen-macht auftreten kann wie etwa Rußland und Japan, ist in dergeographischen Lage begründet. Aber die Tatsache, daß, abgesehenvon einem traurigen Fall in Tientsin, im bisherigen Verlauf derganzen Wirren kein deutsches Leben verloren gegangen ist, kann alsBeweis dafür gelten, daß die getroffenen Schutzmaßregeln der Lagevollkommen entsprechen. Schon mit Rücksicht auf die finanzielleSeite der Sache hat man sich nicht entschließen können, noch größereTruppensendungen vorzunehmen.Em der frauenbeweefung«Lebensbilder führender Frauen.(F. N i g h t i n g a l e u n d I. E. B u t l e r.)»Auf dem ersten Abend des Vortragszyklus„Lebensbilder führen-der Frauen", veranstaltet vom Verein Frauenwohl, referierte zu»nächst Else Lüders über Florence Nightingale:Florence Nightingale wurde 1820 in Florenz ge-boren, weshalb sie auch Florence genannt wurde, und ist im Jahre1910 gestorben. Als Schriftstellerin und Organisatorin für Kraulen-und Gesundheitspflege hat sie großartige Erfolge erzielt. In jederWeise ist sie aber auch von günstigen Umständen unterstützt worden.Sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter find treffliche Menschen gc-wesen, die ihrer Tochter eine gediegene Bildung haben zuteil wer-den lassen. Wohl haben bei ihr Genie und natürliche Neigung zu-sammengewirkt, aber vor allem hat doch die tiefe, wissenschaftlicheErkenntnis und vorzügliche Schulung dazu beigetragen, aus Ms.Nightingale das zu machen, was sie geworben. Mit 24 Jahren tratsie in ihren Beruf ein und erhielt in Kaiserswerth ihre Aus-bildung. Mehrere Jahre verbrachte sie in verschiedenen Ländern,wo sie in Hospitälern studierte. Im Krimkriege organisierte sie einemustergültige Kranken- und Verwundetenpflege. Fast zwei Jahreblieb Ms. Nightingale auf dem Kriegsschauplatz und wirkte alsVorsteherin der Hospitäler in S k u t a r i und Balaklawa. Esist das erstemal gewesen, daß eine Frau einen solchen Posten aus-füllte und mit einer solchen Ausgabe betraut wurde. Einen energi-fchen Kampf hat sie erst noch mit der Bureaukratie auszufechten ge-habt, um mit ihren Reformen und Anordnungen durchkommen zukönnen. Aus dem Krimkriege nach England zurückgekehrt, wirktesie von nun an in hervorragendem Maße erzieherisch. Man wollteihr eine Ehrengabe stiften für ihre großen Verdienste, die sie sicherworben. Der Kriegsminifter aber, ihr Freund, erklärte den Be-geisterten, daß sie nur Gaben zur Errichtung einer Pflegerinnen»schule annehmen würde. Dieser Plan stieß in England auf starkenWiderstand und löste großen Spott aus. Man sagte, die Pflege-rinnnen, die da wären, seien ganz gut, wenn sie auch manchmalstark tränken, was ihnen nicht zu verdenken sei, da ja ihr Dienstschwer und langweilig wäre. Und tränke eine gar zu viel, so könnteman sie ja immerhin entlassen. Ja selbst der größte Chirurge vondamals gab eine unglaublich rückständige Aeutzerung zum bestenüber die Qualitäten, die ein Pfleger zu seinem Beruf bedürfe. DerPlan ist aber doch verwirklicht und die Pflegerinnenschule errichtetworden, mit fünfzehn Schülerinnen, und zwar gegen den Willen derAerzte. Allein die englischen Soldaten spendeten aus Dankbarkeit80 000 Pfund Sterling hierzu.Die höchste Autorität, die MS. Nightingale in der Pflege an-erkannt hat, tvar die Wissenschaft. Ihre Reformen mußten hier»durch notwendigerweise mit den kirchlichen Gepflogenheiten auf demGebiete der Krankenpflege kollidieren, wo oft notwendige Funktionenhinter den festgesetzten Betstunden zurückstehen mußten und wo dieschwarze Tracht vorherrschte, die im Widerspruch steht mit denForderungen der hygienischen Wissenschaft. Der Pflcgedienst vonMs. Nightingale war weltlich organisiert, sie hat die Krankenpflegenicht als Buße oder Aufopferung zum Himmel, sondern als Wiegzu wirtschaftlicher Selbständigkeit angesehen. Die Trennung vonDienstbotenpflegerinnen und Berufspflegerinnen war ebenfalls eineihrer neuen Reformen. Als Lehrerin der Gesundheitspflege undals Schriftstellerin für Humanität hat sie unermüdlich gewirkt.Einer ihrer Aussprüche war: Sie gebrauche das Wort Pflege, weilsie keine andere Bezeichnung habe, aber daS Wort Pfleg« enthaltemehr, als was man darunter gewöhnlich verstehe; Luft, Sonne,geeignete Kost, Erholung, freundliche Umgebung usw. seien not-wendige Bestandteile der Krankenpflege.Ms. Nightingale hat aber auch als Sozialpolitikerin eine frucht-bringende Tätigkeit entfaltet. Sie übte scharfe Kritik an denHungerlöhnen der Arbeiterinnen, ist für kürzere Arbeitszeit ein-getreten, und hat bessere hygienisch und sanitär eingerichtete Av-beitsstätten gefordert mit der Begründung, daß die Gesundheit daSeinzige Kapital des Arbeiters wäre.Ebenso hat sie die falsche Auffassung bekämpft, daß die End-bindung«ine Krankheit oder gar eine ansteckende Krankheit sei.Das Kindbettfieber könne durch Sauberkeit und antiseptische Maß-nahmen ausgerottet werden. So setzte sie auch durch, daß in Eni-binbungsanstalten Aerzte und Pflegerinnen mit keiner anderenAbteilung mehr in Berührung kamen. In ihren Schriften hatMs. Nightingale als Hauptvermächwis eine Philosophie derKrankenpflege hinterlassen. Durch ihre hygienischen Schriften gehtder Gedanke: vorbeugen ist besser als heilen. Noch mehr aber alsim Kriege gegen Wunden, hat Ms. Nightingale im Kampfe gegendie Bureaukratie und Militärbehörden geleistet. 2k sonders hierinkönnten die Frauen in Deutschland Von ihr lernen,."si t Forderungen gegen den stark ausgebauten militärischen Beamtenstab undgegen sonstige Widerstände durchzudrücken.«."Ucber Josephinc Butler referierte Anna Pa p p r i tz.Ms. Butler war die Begründerin der Sittlichkcitsbewegung.Ms. Butler hat keine Schulbildung im eigentlichen Sinne OesWortes erhalten, sondern ist auf die Bildung angewiesen gewesen,-die ihr das Elternhaus zuteil habe werden lassen. Als Tochter