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rissen feiubcn und sich unier den Gesnllenen der durch daZ Ueder- maß seines dünkelhaften BanausentumS auch außerhalb Oesterteichs bekannte Herr Bielohlaw�c, ihr größtes und ungewaschenstes Maul befindet, so beweist das. daß sie sich wiederauf der Rutschen" be- finden und auch aus dem so Wohl verschanzten Rathaus einmal noch lhcrauSgejogt werden können. Leicht wird es nicht sein, aber der Anfang ist in diesen Wahlen noch ganz zweifellos gemacht. Wenn die proletarische Schlagkraft in diesen Wahlen durch irgend was gehemmt war, so durch die separatistische Trutz- kandidatur; aber das ist ein trauriges Kapitel, über das noch ausführlich zu sprechen sein wird... Dem Ausländer werden diese Wiener Wahlen vielleicht deshalb so' merkwürdig anmuten, weil er den wahnsinnigen Kräfteaufwand für eine Kleinigkeit entfesselt sieht. Der ganzeallgemeine"'Wahlkörper, um den dieses leiden- schaftliche� gewaltige Ringen ging, das durch Monate währte, fällt nämlich für die gesamte Zusammensetzung des GemeinderatcS materiell kaum inS Gewicht: feine 21 Mandate erscheinen gegenüber den 140 Mandaten der Privilegienwahlkörper recht einfluß- und bedeutungslos. Wir sehen also aufcher einen Seite die stärkst« Aus- peitschung der Leidenschaften und auf der anderen ein unbeträcht- lichrö Kampfobjekt; wir sehen den gewaltigsten Wahlkampf, der um einen Bruchteil geht, wogegen das Ganze dem eigentlichen Kampfe vorweg entwuuden ist. Das ist ein Musterbeispiel deS verdrehten österreichischen Regiercns: die Leidenschaften gleichsam als Selbst- zweck bis zum Wahnsinn zu erhitzen, aus Äämpien um die Macht Kämpfe als Selbst- und Echeinzweck zu machen. Das Muster- beispiel ist überall die allgemeine Kurie: konservative Interessen. Politik aufgeputzt mit revolutionären Mitteln. Und diese falschen Kämpfe fördert ein Staat, der kraft seiner Zusammensetzung ohne- dies von echten Kämpfen, mehr als er zu ertragen vermag, durchsetzt ist! Diese unechte Interessenvertretung und dieses schwindelhafte allgemeine Wahlrecht, deren Mischung die heutige Wiener Gemeinde- Verfassung ist, wird diese Wahl nicht lange überleberk Sek iikleg. Die Wirkung der Dardanellensperre. Genosse P a r v u S schreibt uns aus Konstantinopel  : In der ersten Unruhe nach dem Bombardement hat die Bevöl» krrung Konstantinopels sich in die Läden gestürzt, um Lebensvor- räte aufzukaufen. Die Folge war, daß die Preise von Stunde zu Stunde stiegen und das Doppelte, selbst Dreifache des gewöhnlichen Marktstandes erreichten. Kartoffel» wurden z. B. mit L2 Pf. per 1 Kilo, Zucker mit 1 M. per 1 Kilo bezahlt. Dadurch wurde erst recht eine Panik erzeugt. Die Spezereien, die Bäckereien wur- den belagert, stellenweise förmlich gestürmt, es kam zu Brot- krawallen. Die Behörden griffen ein, zwangen die Händler, die früheren Preise einzuhalten, die renitznten wurden vor das Mili- tävgericht gestellt! de» Käufern, die man auf dem Wege mit t!Jrcu Borräten antreffen konnte, wurden die aufgekauften Lebensmittel von Beamten wieder abgenommen. Da indessen die italienischen  Kriegsschiffe sich zurückzogen und nicht mehr wiederkehrten, so trat eine Beruhigung ein. Das Schwergewicht liegt in der Verhinderung des Handels- Verkehrs durch die Dardanellen. Da läßt sich allerdings nicht bestreiten, daß dies für die Türkei   in wirtschaftlicher Beziehung ein härterer Schlag ist als alles, toas bis jetzt geschehen lvar. Der Lonstautinopeler Hafen ist von Dampfschiffen überfüllt, die nicht abgehen können, weil die Passage durch die Dardanellen geschlössen ist. Ich habe heute über 60 solcher Dampfer gezählt. Nach einem .Gericht aus den Dardanellen wurden dort schon am ersten Tag nach der Sperrnng 40 Dampfer gezählt, die umkehren mußten. Was speziell die Frage der Verproviantierung von Konstanti- nopel anbetrifft, so ist es Tatsache, daß das meiste Mehl, das in Äonstantinopcl verbacken wird, vom Auslande kommt. Man schätzt den Jahresverbrauch von Konstantinopel   an Mehl auf 1% Millionen Säcke! davon kommen über 1 Million Säcke aus dem Auslande. Der größte Teil dieses Mehles kommt aber aus den Häfen deS Schwarzen Meeres. Diese Zufuhr wird also durch die Schließung der Dardanellen nicht berührt. Von den mittelländischen Liefe- ranteu ist nur noch Marseille   von Bedeutung, dessen Mehlliefcrung nach Konstantinopel   jedoch auch ohnedies rasch zugunsten der russi- schen Mühlen zurückgeht. Es dürfte also, wenn rechtzeitig Vorsorge getroffen wird, nicht an Mehl mangeln. Das Getreide kommt zu wehr als W Proz. ebenfalls aus dem Schwarzen Meere. Da die Konstaiitiiwpcler Mühlenindustrie in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht hat, so kann auch auf diese Weise dem Mehl- brdürfnis geholfen werden. Außerdem bleibt ja noch die Eisen- bahnverbindung zwischen Saloniki und Konstantinopel   bestehen. Auf diesem Wege kann man Reis und andere Produkte zuführen. Die Rückwirkung auf den europäischen   Handel beruht Haupt- sächlich auf dem Wegbleiben des Schiffsverkehrs mit Konstantinopel  . Während z. B. der Schiffsverkehr von Odessa  , Nikolajeff und Taganrog  , den wichtigsten russischen   Häfen des Schwarzen Meeres  , nur ctiva 7 Millionen Registertons jährlich beträgt, zählt der Schiffsverkehr von Konstantinopel   über 15 Millionen RegistcrtonS. Tie südrussischen Produkte können übrigens, wenn auch mit etwas höheren Kosten, mit der Eisenbahn nach dem Baltischen Meere gc- richtet werden, von Ivo sie dafür einen bedeutend kürzeren Seeivcg nach Hamburg   und London   erreichen. Ein billiger Transitverkehr auf den Eisenbahnen zwischen Odessa   und Riga   könnte überhaupt die Nachteile für den europäischen   Handelsverkehr bedeutend mildern. Daneben kommt für die Türkei  , wie schon erwähnt, die Eisen- bahnverbindung Saloniki Konstantinopel in Betracht, auf die«in erheblicher Teil der bisherigen direkten Seefracht nach Konstan- tinopel hinübergeleitet werden könnte. Auch von Oesterreich   aus könnte den Schädigungen des europäischen   Handels, die sich aus der Sperrung der Dardanellen ergeben würden, entgegengewirkt werden, wenn man sich hier ent- schließen würde, etwa nach dem Muster des deutschen   Levantetarif, einen billigen kombinierten Eisenbahn- und Wasserstraßentarif für Konstantinopel   und das Schwarze Meer einzuführen. Im Zeitalter der Eisenbahnen können die Blockaden lange nicht mehr jene Bedeutung erlangen, die sie früher hatten. Das wird sich auch bei der Sperrung der Dardanellen zeigen. Sie bedeutet weniger ein« Verhinderung, als ein« Verteuerung des Handels- Verkehrs. Nun tut aber speziell Ruhland so, als wenn die Sperrung der Dardanellen eine solche wirtschaftliche Kalamität wäre, daß den Völkern Europa  ? gar nichts anderes übrig bliebe, als nut den Waffen in der Hand übereinander herzufallen. Ab- gesehen davon, daß leine wirtschastlickw Kalamität so groß sein kann wie ein europäischer Krieg, ist die ganze Ausstellung falsch. Die Passage durch die Dardanellen läßt sich wohl ersetzen, und gerade Rußland   könnte dazu am meisten beitragen wenn es mir wollte! Noch keine Aufhebung der Dardanellensperre. Konstantinopel  , 28. April.  (Meldung des Wiener K. K. Te- Icgr..KorresP..-Burcauö.) Nach einer langen Besprechung faßte der Ministerrat über die Oeffnung der Tardanellen für die Schiff. fahrt noch keinen Beschluß. Es wird versichert, daß der Minister  - tat der Ansicht ist, daß eine Oeffnung der Dardanellen solange unmöglich ist. als die Gefahr eine? A«» griffs auf die Dardanellen besteht. Das englische Unterhaus über die Tardanellensperre. London  , 29. April. Unterhaus. Sykes(kons.) fragte an. ob die Dardanellen noch für die Handelsschiffahrt ge» schloffen seien; ob ferner die britische Regierung an die italienische  und die türkische   Regierung herantreten wolle, um einen örtlichen Waffenstillstand herbeizuführen, der lange genug währe, um den den britischen und anderen gegenwärtig im Bosporus   von Konstan- tinopel und im Marmaramcer festgehaltenen Schiffen Gelegenheit z» geben, in das Mittelländische Meer auszulaufen. Parlaments- sekretär?l c l a n d bejahte den ersten Teil der Anfrage. Wegen des zweiten Teils erklärte er, Sir Edward Grey   habe die am meisten interessierten Mächte befragt, ob irgend eine zeitweilige Maßnahme der erwähnten Art zur Behebung der Verkehrsbehinoerung ge- troffen werden könne, wenn die Durchfahrt nicht, wie man gehofft habe, in dieser Woche freigegeben werde. Ein neuer Vorstoß der italienische« Flotte? Rom  , 29. Aprik. Die zweite Aktion der italieni  - scheu Flotte im Aegäischen Meer   wird bereits heu�e be­ginnen. Sowohl das erste wie daS zweite Geschwader haben bereits T a r e n t verlassen und sind nach Astropalia abgedampft. Auch der Herzog der Abruzzen hat sich an Bord desVittoro Emannele" nach dem Aegäischen Meer   begeben. Diese zweite Flottenaklion soll mehrere Wochen dauern. Ein Aufrufan die Bewohner der türkischen   Inseln im Aegäischen  Meere ist in griechischer Sprache erschienen; in ihm gibt die italienische   Regierung ihre Absicht lund, die zweite Aktion im Aegäischen Meer einzuleiten Besetzung der Insel Astropalia. Rom  , 23. April. DieAgenzia Stefani" meldet: Admiral PreSbitero gibt vom PanzerkreuzerPisa  " aus funkentelegraphisch bekannt, er habe, um die Besetzung der Insel Astropalia zu einer vollständigen zu machen, zwei Kompagnien an Land gesetzt. Diese bemächtigten sich durch einen Handstreich der Pässe, welche die Stqdt Livadia   beherrschen, in der Absicht, die dort versammelten türkischen regulären Truppen zu umzingeln. Die Umzingelung glückte vollständig. Bei Tagesanbruch forderte ein Parlamentär die Türken zur Uebergabe auf, die an- genommen wurde. Man erwies der kleinen Garnison, die für kriegsgefangen erklärt wurde, militärische Ehren. Ein italienisches Dementi. Rom  , 28. April. Gegenüber der in derNeuen Freien Presse" veröffentlichten Nachricht, daß der KreuzerFrancesco Fer- ruccio" und nicht dieParese" bei den Dardanellen gesunken sei, erklärt dieAgenzia Stefqni": Diese Nachricht ist ebenso un- richtig, wie die vom Untergange derVarese  ".Francesco Fcrruccio", der unter dem Befehl des Kapitäns Casalino steht, befindet sich in ausgezeichneter Verfassung und ist bei dem Vom- bardement der Dardanellen ebensowenig von einem Geschoß ge- troffen worden, wie dieVarese  " oder die übrigen italienischen  Schiffe. Gefangennahme kretischer Abgeordneter. Kanea, 29. April. Der britische KreuzerMinerva" hielt den griechischen DampferPelpponnisos" an. der eine Anzahl von kretischen Deputierten, die für die griechische Kammer gewählt waren, nach dem Picaeus bringen wolNe: die Abgeordneten wurden als Gefangene auf den britischen   KreuzerHampshire  " gebracht; der DampferPeioponnisos" wurde dann freigelassen._ Die(Revolution in China  . Ein europäischer Anleihe-Kontrolleur. Peking  , 29. April.  (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Die chinesische Regierung ist gewillt, die Ueberwachung der Ver» Wendung der zu erwartenden Anleihe der inter  - nationalen Gruppe dem früheren Präsidenten der Bank vdn Java, V i s s e r i n g, zu übertragen.-Vissering ist im vorigen Jahre zum Ratgeber der Regierung bei der geplanten Währungsrcform er- nannt worden. Kämpfe in Tibet  . Dimla, 29. April.  (Meldung de? Reuterschen BureauS.) Nach hier eingetroffenen Meldungen dauern die Kämpf« inLhassa zwischen Tibetanern und Chinesen an. Die Tibetaner haben bis jetzt LOO, die Chinesen 300 Tote verloren. In der südlichen Vor- stadt sind 1000 Chinesen von einer großen tibetanischen Streitkraft eingeschlossen. Mehrere Gebäude stehen in Flammen, doch sind daS Sera-Kloster, der große Tempel und der Palast deS Dalai-Lama  unbeschädigt._ politische CkbcrHcbt. Berlin  , den 29. April 1912. ReichSeisenbahnen Kolonialetat. Aus dem Reichstag  , 29. April. Die Spezialdebatte über den Etat der Reichseisenbahnvertvaltungen wurde heute nach kurzer Debatte erledigt.' Eine Reihe von Einzelwünschen und Einzelbeschwerden wurden vorgetragen. Von unserer Fraktion sprachen die Genossen Dr. W e t l l und P e i r o t c s, von denen der erstere die bureaukratischen Ungerechtigkeiten bei Behandlung des Schaffnerpersonals kritisierte, der zweite Vor- schlage über den Ausbau deS Bahnetzes machte. Bei der Abstimmung über die Resolution gelangte der sozialdemokratische Antrag, eine Reihe von Arbeiter- Petitionen zur Berücksichtigung zu überweisen, zur An­nahme. während die Ksnimission nur die Ueberweisung als Material empfohlen hatte. Da der Abg. I ck l e r von den Nationailiberalen, der Vorsitzende eines nationalen Eisenbahn- arbeiterverbandes, die für einen angeblichen Arbeitersührer sehr kennzeichnende Idee hatte, nur dem Gesuch seines eigenen Ver- bandes den Vorzug der Berücksichtigung zuzubilligen, mußte es bei der Abstimmung über weitere Arbeiterpetitionen zum Hammelsprung kommen. Hierbei wurde die Beschlußfähigkeit nicht völlig erreicht, so daß die Sitzung ausgesetzt und die Erledigung dieser Petitionen einstweilen verschoben werden mußte. In der neu anberaumten folgenden Sitzung begann die Generaldebatte über den Etat des ReichSkolonialaintes. Als Redner der sozialdemokratischen Fraktion legte Genosse Henke in längerer Rede dar, daß die Kolonialpolitik ein Teil des kapitallstischen Imperialismus ist und deshalb von der Sozial- den'.okratie abgelehnt wird. Er zeigte die großen Gefahren i auf, die aus den imperialistischen Experimenten hervorgehen und die den kapitalistischen   Interessen zuliebe von den bürger­lichen Parteien gefördert werden. Einen großen Teil seiner* Rede nahni die scharfe Kritik in Anspruch, die er der heutigen i kolonialpolitischen Praxis zu teil werden ließ. Seine Angriffe! konnte er mft auSfvhrttchen Zitate« bM«t«ckomt« Kotavtal- autoritäten belegen. ES läßt sich denken, daß dies« Ausführungen nicht eben den Beifall des Herrn Erzberger finden konnten, der mach unserem Genossen zu Worte kam und eine eingehende Polemik gegen ihn führte. Herr Erzberger   übersah indessen in wohl er- wögener Absicht die Grundgedanken, von denen unser Redner ausgegangen war, und griff die Argument« heraus, die ihm zu seiner einseitigen Betrachtung gerade recht waren. Dagegen ließ er selbst eine allgemeine Be- trachtung der Kolonialpolitik vermissen. Er brachte hier und da eine Reihe von Wünschen an, und ebenso wie er der- fuhren nach ihm der schneidige Herr v. Böhlendorff   von den Konservativen und der ehemalige Legattonsrat v. Nicht- Hofen, der im Namen der Nationalliberalen sprach Es ist immerhin kür die Beurteilung der deutschen   Kolonialpolitik von Interesse, festzustellen, daß auch die bürgerlichen Redner gezwungen waren, an nicht wenigen Einzelerscheinungen Kritik zu üben.. Morgen geht die Debatte weiter. Als zweiter Redner der sozialdemokratischen Fraktion wird Genosse N o s k e sprechen._ Etat deS Ministeriums des Innern. Da die Mehrheit des �reiklassenparlaments sich am Montag im großen ganzen zurückhaltend benahm und sich neuer Provo- kationen enthielt, verliefen die Verhandlungen in ruhigen Bahnen. Die Generaldebatte über den Etat des Ministeriums des Innern spitzte sich auf zwei Themata zu, auf die Schleswiz-tzol- steinische Frage und die Dänenfrage. Ueler die erste Frage der- breitete sich u. a. Genosse Ströbel, der wirksam den sozialdcmo- kratischen Standpunkt der staatsbürgerlichen Gleichheit vertrat und in scharfen Worten die Gewaltpolitik gegen unsere deutschen   Brüder in der Nordmark brandmarkte. Mangel-- sachlicher Argumente griffen die Hakatistischen Freunde der Unterdrückungspolitik zu dem alten, aber nicht bewährten Mittel, den Sozialdemokraten baS Recht abzusprechen, über nationale Fragen ein Urteil abzugeben. Von den zu diesem Etatstitel gestellten Resolutiousanträgen wurde gegen die Stimmen der Rechten ein fortschrittlicher Antrag auf Vorlegung eines Gesetzentwurfs auf sinngemäße Uebertragung des Rcichsgesetzcs betr. die Einwirkung von Armenunterstützung auf öffentliche Rechte auf die preußischen Landesg'esetze ange­nommen. Dagegen wurden gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt die sozialdemokratischen und die fortschrittlichen Antrüge auf Aufhebung des PlakatgesetzeS. Für einen weiteren sozial- demokratischen Antrag auf Vorlegung eireS Gesetzentwurfs zum Schutze der persönlichen Freiheit stimmten sogar nur Polen  . So- zialdemokraten und ein einziger Fortschrittser, der Abg. Runze. Der Antrag unserer Genossen auf allgemeine Gestattung deS Ge­brauchs fremder Sprachen in öffentlichen Versammlungen wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Polen  , und Fortschritt- ler, der Antrag, daß es für Versammlungen unter freiem Himmel und für Auszüge nur noch einer Lffentlick en Bekanntmachung be- dürfen soll, gegen die Stimmen der Sozn-ldemokraten und Polen  abgelehnt. Die Mehrheit hat dadurch wieder einmal bewiesen. daß sie Reformen, und mögen sie noch so bescheiden sein, durchaus abgeneigt ist. Die Besprechung deS KapitelsLandrätliche Verwaltung" gab unserm Genoffen L e i n e r t Anlaß zu einer groß angelegten Rede, worin er an der Hand eines reichhaltigen Materials die fortgesetzten webergriffe der Landräte und ihre Einwirkung auf Wahlen schil» derte und treffende Kritik an unserer ganzen inneren Verwaltung übte. Ohne sich mit den Anklägern zu identifizieren, brachte er auch die bekannten Preßnotizen über das angeblich nicht korrette Verhalten des Landrats v. Achenbach beim Verkauf des Tempel- hofer Feldes zur Sprache. Doch scheint es nach der Erwiderung des Ministers, vorausgesetzt, daß seine Angaben richtig sind, als ob den Landrat kein Vorwurf trifft. Leinerts Bemerkung, daß er sich auf die agrarischeDeutsche Tageszeitung" beziehe, erregte große Heiterkeit, da der Minister ausdrücklich die Gewährsmänner unseres Genossen als verrückt hingestellt hatte. Dienstag: Fortsetzung._ Ein Wahlbündnis zwischen der fortschrittlichen«nd der nntionalliberalen Partei in Württemberg  . Fn Stuttgart   fand gestern der Parteitag der württem- bergstchen fortschrittlichen Volkspartei, der früheren Demokraten statt. Reichstagsqbgeordneter Haußmann schilderte in längerer Rede die politische Lage. Er verteidigte vornehmlich das mit dem sozialdemokratischen Pa.'tcivorstand getroffene Stichwahlabkominen, denn ohne dieses Abkommen würde die heutige Mehrheit der Linken im Reichstage Nicht vorhanden sein. Dann sprach der Reichs- und Landtagsabgcordnete v. P a y e r über die bevorstehende würt tembergische Landtags- Wahl. Im Namen des Parteiausschussc Z schlug Herr v. Paher. der mit dem Ablauf der jetzigen Legi Katurperiode aus dem Württembergischen Landtage auszuscheiden gedenkt, der Ver- sammlung ein Bündnis mit der nationallibe- ralen Partei vor. Die sämtlich?n Landtagswahlkrcise sollen zwischen beiden Parteien verteilt und gemeinsame Kau- dtdaten aufgestellt werden unter der Bedinaung, daß weder die fortschrittliche noch die nattonalliberale Partei mit irgend- einer dritten Partei Nebenabmachungen trifft. Die Versammlung stimmte diesem Vorschlag zu. Jesnitenerlast und Jesu! tengefetz. Der Jesuitenerlaß der bayerischen Reg! rung hat in der bürgec» lichen Presse eine seltsame Aufregung bervorgerufrn. In den grellsten Farben wurde die große Gefajr geschildert, die dem deuischen Volke angeblich droht, wenn den tchlauen Jüngern Loyolas gestattet werde, wieder ihre OrdenStätigk it im neuen Deutschen  Reiche aufzunehmen. Im Grunde genommen, ist diese Aufregung ganz überflüssig, denn nicht nur in Bayern  , sondern auch in Preußen arbeiten, lehren und agitieren d-e Jesuiten   im geheimen nach Herzenslust, ohne daß die Behörden in ihrer Einfalt etwa« davon merken. Wie die Jesuiten   in Rheinland  -Wesffalen den Behörden auf der Nase tanzen, zeigen folgende Mitteilungen der Rhein.-Westf. Ztg.", die schon so manche Enthüllungen über das Treiben im zentrumsklerikalen Lager gebracht hat: Tatsache ist, daß Hunderte Jesuiwn im Deutschen Reich leben, so in Bonn  , Aachen  , Trier  , Köln   usw. Ständig hält sich im Deutschen Reich   mit festem Wohnsitz eine große Zahl auf, um Exerzitien, Miisionen, Vorträge. Kon- fereuzen usw. abzuhalten. Sie find zum Teil an Klöstern und Krankenhäusern angestellt als SeelsorgSgeistliche. mit Vorliebe von den Ursulinen  , welche in ihren karholischen Mädchenschulen weibliche Jugend heranbilden. Um die Behörden zu hintergehen, nennen sie sichPriester vom göttlichen Wort". '.Missionspriester',regulierte Kleriker", und erzählen stolz und unter Lachen in vertrauten Kreisen, wie sie die Behörden getäuscht haben. Fast jedesmal fallen in ihren Vorträgen spöttische Bemerkungen über den preußischen Staat, über den sie in ihrerüberlegenen Schlauheit" sich lustig machen. Da sie ihre Tätigkeit nur mit der Erlaubnis der zuständige« bischöfliche« Behörde ausüben