GewcrkfcbaftUchcs.Der Verband der Baugefcbafte HebertIn einem Rundschreiben an die Mitglieder weist der Vorstanddes Verbandes auf den am 31. März 1913 erfolgenden Ablauf derTarifverträge für die Hauptberufe des Baugewerbes hin. Ob durchfriedliche Verständigung neue Tarifverträge zustande kommen, e«tzieht sich zurzeit jeder Beurteilung. Jedenfalls werden die Mit-glieder aber ersucht, den Ablauf der Tarifverträge bei ihren geschäftlichen Unternehmungen in Berücksichtigung zu ziehen..Bor allen Dingen ist es unumgänglich not-wendig, daß in jedem Falle in den Bauverträgendie Streikklausel aufgenommen wird." Nach denSatzungen des Verbandes müsse das in P r i v a t v e r t r ä g e n un-bedingt geschehen. Insbesondere soll aber dahin gestrebt werden,daß auch in Verträgen mit Behörden die Streik-klausel anerkannt wird. Dieselbe ist daher jeder Offerteund Submission beizugeben.Sie lautet:»Eine Arbeitsniederlegung oder Aussperrung der Arbeitnehmerin einem für die Erfüllung des übernommenen Werkvertragesunmittelbar oder mittelbar erforderlichen Betrieb bewirkt die Ver-längerung aller Fristen bezw. Hinausschiebung aller Termine um dieDauer der Arbeitsniederlegung oder Aussperrung."Die Forderung au die Behörden ist nicht neu; sie wird hart-näckig wieder und wieder erhoben. Und gerade dieser Umstand be-weist, daß sich ein Herzenswunsch der Unternehmer darin verkörpert.Behörden haben die allgemeine Aufnahme der Klausel oftmals ab-gelehnt, und das schmerzt. Da aber Organe der Gcmeindeverwal-tungen zum Teil mit Mitgliedern des Verbandes der Baugeschäfteoder mit diesem nahestehenden Personen durchsetzt sind, liegt dieMöglichkeit vor, daß in nächster Zeit in den Gemeinden wiederumVorstöße gemacht werden, um die Streikklausel in den VerträgenEingang zu verschaffen. Wir betrachten sie nicht als das A und Ounserer Lohnbewegungen, halten sie aber für frivol und sind dagegen,weil sie neutrale Instanzen in den Dienst des wirtschaftlichen Kampfesstellen will.Unsere Genossen in den Gemeindeparlamenten werden in diesemSinne handeln. Verlangen sie vielmehr die Einführung der so-genannten„anständigen Lohnklausel".Verlin und ömgegend.Die Löwenbrauerei unter polizeilichen Schutz.Der Kellnerstreik im Ausschank an der Hochstraße hat denOekonomen Donath veranlaßt, sich unter polizeilichen Schutz zubegeben. Zehn Uniformierte und ein halbes Dutzend Kriminal-beamte marschieren' jeden Abend vor dem Lokal auf. Der Schutz,den Herr Donath genießt, geht sogar soweit, daß die Schutzleutedie an den Häusern angeklebten über den Streik aufklärenden§lugblätter abkratzen. Der Schutzmann Nr. S27b ging vor demingang in der Badstraße gegen das sich völlig ruhig verhaltendePublikum mehrere Male mit dem halb aus der Scheide gezogenenSäbel vor. Durch solche Nervosität wird das Publikum immer erstaufmerksam, daß etwas los ist.— Zu der uns von der Brauereieingesandten Berichtigung erklärt die Streikleitung, daß tatsächlicham Donnerstag und Freitag ein Bureau-Angestellter der BrauereiArbeitswilligendienste bei dem Herrn Ockonom Donath geleistethat. Da die Brauereidirektion wahrscheinlich auch bestreiten wird,daß die„Katzmareks" Herrn Donath durch die Brauereigcbäude zu-geführt werden, so weist die Streikleitung darauf hin, daß derPortier am Sonnabend einen Streikposten, den er für einen Ar-beitswilligen hielt, das Angebot machte, mit ihm durch dieBrauerei zu gehen, da würde er von den Streikposten nicht ge-sehen. Von der bürgerlichen Presse wurde gestern gemeldet, daßam Montag drei Revolverschüsse gefallen seien, ob jemand verletztworden sei, hätte man noch nicht feststellen können, weil die Rc-volverschüsse nur in der Phantasie des Berichterstatters entsprungensind. Die weiter gemeldeten Verhaftungen beziehen sich lediglichauf solche von Leuten, die im Lokal Flugblätter verbreitet haben.Diese Tätigkeit ist aber nach einem Kammcrgcrichtsurtcil nichtstrafbar.Deuvfcbes Reich.Zum Streik in der Görlitzer Waggonfabrik.Der Gauleiter des Metallarbeiterverbandes hat im Auftragesämtlicher Streitenden an den Bezirisverband Niederschlesien desGesamtverbandcs Deutscher Metallindustrieller die Anfrage ge-richtet, ob er geneigt sei, Verhandlungen einzuleiten zur Beilegungdes Streiks. Darauf ist die Antwort eingegangen, daß der Ver-band Deutscher Metallindustrieller zu Verhandlungen bereit sei.Die Verhandlungen, zu denen Vertreter der am Streik beteiligtenOrganisationen hinzugezogen werden sollen, haben am Dienstagihren Zlnfang genommen.Wie berechtigt der Streik in der Görlitzer Waggonfabrik ist,geht daraus hervor, daß jetzt nach viermonatiger Dauer selbst dieim Betrieb stehen gebliebenen Gelben bei der Betriebsleitung vor-stellig wurden, und die Abschaffung des neu eingeführten Arbeits-shstems forderten— das die Ursache des Streiks bildete—, weil esdarunter nicht möglich sei, einen zum Leben notwendigen Lohn zuverdienen. Die Antwort der Werksleitung an die Gelben war,daß an dem System nichts geändert würde. Eine andere Antworthaben die treuen Helfer der Werksleitung zur Niederknüttelungihrer Arbeitskollegen nicht verdient. Es ist immerhin bezeichnend,daß nach vollen vier Monaten erst den gelben Arbeitswilligen dieErkenntnis dämmert, daß es unter dem neuen Arbeitssystem un-möglich ist, auf die Dauer auszuhalten, daß also der Ausstand ihrerorganisierten Arbeitsbrüder durchaus berechtigt sein mutz. DieBevorzugung der Arbeitswilligen war den Gelben so aufreizend,daß sie an die Werksleitung das Verlangen gestellt haben sollen,auch ihnen den gleichen Wochenlohn— 3g M. und freie Verpfle-gung— zu zahlen. Wie verlautet, habest sie unter mitleidigemLächeln eine glatte Absage erhalten. Jetzt können die Gelben ameigenen Leibe spüren, was es heißt, sich als Handlanger Profit-wütiger Unternehmer herzugeben. So rächt sich alle Schuld aufErden.Die Borkemmnisse in Ragnit, die sich am Sonnabend aus An-laß des Streiks bei der Firma Brüning u. Sohn ereigneten, habendazu geführt, daß die zweite Kompagnie des Jnfanterie-RegimentsNr. 41 aus Tilsit unter dem Befehl des Hauptmanns v. Wendtnach Ragnit beordert wurde. Die Kompagnie, die dort in Bürger-quartieren untergebracht ist, patrouilliert durch die Stadt, nament-lich in der Nähe der Brüningschen Fabrik, die scharf bewacht wird.Die Verletzungen des Polizeikommissars Löper durch angeblicheSteinwürfe und Hiebe sind geringfügiger Natur. Offenbar handeltes sich bei der ganzen Darstellung der Vorgänge um die typischenUebertreibungen der bürgerlichen Scharfmacherpresse. Am Streiksind etwa 80 Mann beteiligt.Die HolzbearbeitungSmaschinenfabrik, Firma Teichert u.Sohn, Liegnitz, hat ihre gesamte Arbeiterschaft seit dem 18. Juliausgesperrt und am 27. Juli entlohnt und entlassen. Alle Be-mühungen der Arbeiterschaft, die Differenzen auszugleichen, schei-terten an dem Starrsinn des Unternehmers. Wir bitten daher.Zuzug von Schlossern. Drehern. Formern. Hoblern, Modelltischlernsowie allen Hilfsarbeitern der Maschinenbranche fernzuhalten. Wirbitten arbeiterfreundliche Blätter um Abdruck dieser Notiz.Deutscher Mctallarbeiterverband, Zahlstelle Liegnitz.Ausland.Das Ende des Streiks in Zürich.Streikbrecher. Streikpostenverbot. Massenverhaftungen undAusweisungen, die kapitalistische Gelvaltpolitik mit allen ihren wirk.Verantw. Redakteur; Albert Wachs, Berlin. Inseratenteil verantw.jsamen und brutalen KampfeZmitteln, haben wieder einmal über dieArbeiter gesiegt. Die streikenden Maler und Schlosser haben denKampf abgebrochen und veröffentlichen bezügliche Bekanntmachungenin der Presse. Der Vorstand des Zentralverbandes der Maler undGipser in der Schweiz konstatiert in seiner Bekanntmachung, daßdie Maßnahmen der Behörden geordnete Kontrolle und Durchfüh-rung des bis zur letzten Stunde sich eines günstigen Standes er-freuenden Streikes verunmöglichten und er fuhrt dann weiter aus:„Zudem halten wir es für unsere Pflicht, durch diesen Be-schluß dem Wüten der Behörden gegen völlig Unschuldige denBoden zu entziehen. Die gesamte Arbeiterschaft hat eine glän-zende Solidarität bewiesen. Sie hat durch den Generalstreikvom 12. Juli Protest erhoben gegen das einseitige Verhalten derBehörden zugunsten der Unternehmer und Streikbrecher, sie hateine zweitägige Aussperrung auf sich genommen und eine An-zahl tüchtiger Genossen sind, als Opfer herausgerissen, ausge-wiesen oder sitzen in Saft. Da die Streikenden zur Untätigkeitgezwungen sind, wäre' eine weitere Fortführung des Kampfesnur noch mit größeren Opfern der Gesamtheit möglich gewesen.Solche wollen wir ihr nicht mehr zumuten und treten zurück.Ohne der Meisterschaft irgendwelche Konzessionen zu machen.treten wir nach ISwöchigem Kampf vom Kampfplatz und nehmenohne Tarif die Arbeit wieder auf.Die Zukunft wird zeigen, daß der Kampf nicht vergebens ge-führt worden ist. In seinem kleinlichem Geiste wird sich dasMeistertum zu rächen suchen."Der Schlosserstreik dauerte seit dem 1. April. Der Zentral-vorstand des Schweizerischen Metallarbeiterverbandes sagt in seinerSchlußbetanntmachung ganz richtig, daß die Schlossermeister keineUrsache zu Siegeshymnen haben.»„Die Unternehmer haben nicht aus eigener Kraft gesiegt.sondern nur dank der Kraftentfaltung der sämtlichen Unter-nehmerverbände. dank der Unterstützung durch die Behörden.dank der Infanterie und Kavallerie, dank des Streikpostenver-botes und des Streikbrccherimportes, dank der maßlosen Hetze,die von der bürgerlichen Presse aller Schattierungen monatelanggetrieben wurde.Der Kampf entbrannte um den Neunstundentag. also umeine Kulturforderung, die es dem Arbeiter ermöglichen soll, sichmehr als bisher als Mensch zu fühlen.Mit maßloser Wut haben die Gegner uns beschimpft. Horteman sie, so stand die Existenz der ganzen Staatsordnung auf demSpiel. Sie haben es fertig gebracht, die Behörden zu einseitigenMaßnahmen gegen die Streikenden aufzupeitschen, sie sind damitauch die Urheber der großen Solidaritätskundgebung der Zu-richer Arbeiterschaft, des Generalstreiks vom 12. Juli, geworden.Die Schlossermeistcr befinden sich jedoch in einem schweren Irr-tum, wenn sie glauben, nunmehr in alle Ewigkeit„Ruhe" zuhaben. Schneller als ihnen lieb sein wird, kann der Kampf vonneuem beginnen."_.. ,.Für beide Gewerbe auf dem Platze Zürich wird bis auf weiteresdie Sperre aufrechterhalten._Massenaussperrung in einer ungarischen Fabrik.Da wegen Entlassung eines Vertrauensmannes mehrere hun-dert Arbeiter in der Elektrizitätsfabrik Ganzn in den Streik ge-treten sind, hat die Direktion nach einer Meldung aus Budapestsämtliche 3000 Arbeiter ausgesperrt.Siegreicher Hasenarbeiterstreik.Aus New Ifork wird gemeldet: Die International Mercan-tile Marine Co. hat beschlossen, die Forderungen der Hafenarbeiternach Lohnaufbesserung zu bewilligen. Obwohl der Streik schonfür mehrere transatlantische Linien erklärt worden ist, wird er-wartet, daß auch diese Gesellschaften der International MercanlileMarine Co. folgen. Es werden von der Lohnerhöhung ungefähr(3000 Mann betroffen.___Versammlungen.Wohlfahrtseinrichtungen der Firma Schwartzkopfs.Es ist jetzt Mode geworden, daß die Unternehmer ihr warmesHerz für die Arbeiter entdecken und allerlei sogenannte Wohl-fahrtseinrichtungen für dieselben ins Leben rufen. Welchen Werldiese Wohlfahrtseinrichtungen besitzen, das ist in der Arbeiterpresseschon oft auseinandergesetzt worden. Bei näherer Untersuchungstellte es sich stets heraus, daß die Arbeiter die Kosten tragen undnichts zu sagen haben, während die Unternehmer sich mit demNimbus eines edlen Wohltäters umgeben und schließlich sogarnoch ein gutes Geschäft dabei machen. Bei der Firma Schwartz-kopff in der Scheringstraße existiert ebenfalls eine solche Wohl-fahrtseinrichtung, eine sogenannte Vorschußkasse. Sie ist nicht obli-gatorisch. leider gehören ihr aber auch organisierte Arbeiter alsMitglieder an. Für die aus dieser Kasse entnommenen Vorschüssemüssen Zinsen gezahlt werden, und der auf dieic Weise angesam-melte Fonds dient dazu, alten invaliden Arbeitern eine kleinemonatliche Rente in der Höhe von 10— 15 M. sowie den Hinter-bliebenen von verstorbenen Meistern eine Unterstützung zu gewäh-ren. Nun besteht in demselben Betrieb auch eine Kantine, auswelcher die dort beschäftigten Arbeiter ihre Getränke beziehenkönnen. Da diese Getränke mit nach oben abgerundeter Münzebezahlt werden müssen, so verbleibt bei dem Konsum der über 1000dort beschäftigten Arbeiter sicherlich ein ganz netter Ucberschuh.Außerdem fließen in die Kantinenkasse auch die Strafgelder. Demberechtigten Wunsche des ArbeiterausschusscS, Aufklärung über dieVerwendung dieser Gelder zu erhalten, ist die Direktion sonder-barerweise bis jetzt noch nicht nachgekommen. Sie braucht sichdaher nicht zu wundern, wenn allerlei Gerüchte umherschwirren,die darin gipfeln, daß die Firma sich mit fremden Federn schmücktund das Geld für ihre„WohlfahrtSeinrichtungcn" aus der Kan-tinenkasse nimmt. Daß diese Gerüchte nicht jeder Basis entbehren.dürfte folgender Vorgang beweisen. Vor zehn Wochen beschlossendie Arbeiter der Firma, so lange den Boykott über die Kantine zuverhängen, bis die Direktion über die Verwendung der UeberschüsseAufklärung gebe. Dieser Beschluß war der Direktion sichtbar un-angenehm. Statt aber dem herechtigten Verlangen nachzukommen,kündigte sie an, daß die bis dahin gewährten Zuschüsse zum Kran-kengeld an kranke Arbeiter aufgehoben sind. Ferner soll auch deninvaliden Arbeitern die schmale monatliche Rente noch gekürztwerden. Aus diesem Vorgehen kann man allerdings mit Leichtig-keit schließen, daß die Ueberschüsse der Kantinenkasse dazu dienen,den Wohltätigkeitssinn der Firma finanziell zu unterstützen. Durchden Boykott drohte eine Ebbe in der Kantinenkasse einzutreten, damutzte denn schnell Vorsorge getroffen werden, daß das Loch nichtzu groß wird. Die Arbeiter der Firma Schwartzkopfs sind abernach wie vor nicht gewillt, sich eine derartige Behandlung gefallenzu lassen. In einer am Montag abgehaltenen gut besuchten Ver-sammlung wurde ein Antrag, den Boykott wieder aufzuheben, mitgroßer Majorität abgelehnt. An alle dort beschäftigten Arbeiterwird der Appell gerichtet, ihre Getränke mit zur'Arbeitsstelle zubringen und den Bovkotl wirksam zu unterstützen.— Vor Crledi-gung dieser Angelegenheit konnte der Arbeiterausschuß die Mit-teilung machen, daß nach langen Verhandlungen mit der Direktiondie Kompetenzen| des Arbeiterausschusses erweitert worden sind.Die Versammlun nahm mit Befriedigung Kenntnis davon.Die Firma Schwartzkopfs wird wohl nicht auf die Dauer denVorwurf auf sich sitzen lassen können, daß sie die Mittel zu den vonihr betriebenen Wohlfahrtsemrichtungen aus den von den Arbei-tern aufgebrachten Kantinenüberschüssen nimmt. Eine solche Artvon Wohltätigkeit, die von anderen Leuten bezahlt wird, wäre dochzu eigenartig. Nicht minder sonderbar erscheint das Gerücht, daßauch die Abonnemcntsgelde: für die„Deutsche Arbeiter-Zeitung",welche gratis an die Arbeiter des Betriebes zur Verteilung ge-langte, aus den Kantmenübcrschüssen bezahlt wurden. Die Ar-beiter sehen sich nicht veranlaßt, mit ihrem Gelde derartige Zei-tungen. die noch dazu gegen ihre Interessen schreiben, über Wasserzu halten.________IH. Gleite. Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. VerlagsanstaltHus der frauenbeweefung,100 M. Jahreseinkommen ausreichend für eineArbeiterin!Einhundert Mark Jahreseinkommen sind ausreichend für einealte, �gebrechliche Arbeiterin! Das ist der Sinn einer Entscheidungdes Schiedsgerichts für Arbeiterversicherung für den Regierungs-bezirk Oppeln. Noch einem Gutachten der unteren Verwaltungs»behörde war die 66 Jahre alte Arbeiterin Z. als fast völlig erwerbs.unfähig bezeichnet worden; die alte, an Alterserscheinungen undeinem Leistenbruche leidende Frau konnte fast gar keine Arbeitenmehr verrichten, oder doch nur ganz leichte, und diese auch nurmit Unterbrechungen; sie sei infolgedessen erwerbsunfähig imSinne des Gesetzes. Der Vorstand der LandesversicherungsanstaltSchlesien lehnte jedoch die Bewilligung einer Invalidenrente ab,da Frau Z. noch imstande sei, 100 M. jährlich zu verdienen. Unddas angerufene Schiedsgericht, zusammengesetzt aus einem Re-gierunasrate, zwei Grundbesitzern, einem Oberheger und einemPferdeknecht, bestätigte die Entscheidung. Der Einwand der FrauZ., daß die AlterSerscheinungen sehr hartnäckig seien, und daß sieaußer an dem Leistenbruche auch an Reißen in der linken Körper-seite und an Zittern am ganzen Körper leide, wurde nicht beachtet,sondern entschieden, daß Frau Z. nach dem Gutachten des König-lichen Kreisarztes„trotz dieser Leiden noch nicht erwerbsunfähigsei im Sinne des Gesetzes". Das Schiedsgericht habe sich diesemeinwandfreien Gutachten angeschlossen und damit entgegen der An-ficht der unteren Verwaltungsbehörde für festgestellt erachtet, daßdie„Klägerin trotz ihres vorgerückten Alters und ihres mehrfachenLeidens'immer noch imstande ist, durch Verrichtung allerhandleichter und mittelschwerer Arbeit ihre nur 100 M. betragendeMindestgrenze zu erreichen". Invalidität im Sinne des Gesetzesliege daher nicht vor. Der Anspruch auf Gewährung einer In-validenrente sei danach für heute noch unbegründet.Also mit 27,4 Pf. pro Tag soll die 66 Jahre alte, gebrechlicheArbeiterin ihr Leben fristen können— notabene, wenn sich über-Haupt jemand findet, der ihr Arbeit gibt, um so viel verdienen zukönnen. Für den deutschen Arbeiter ist bekanntlich gesorgt bis inZhohe Alter._letzte IHacbrlcbtcn.Ein Riesenbrandkam gestern mittag kurz vor 1% Uhr auf dem eisenbahnfiskalischenGelände vor dem Lokomotivschuppen in der Saarmünder Straße inPotsdam aus. Das Feuer entstand in einem etwa 80 Meter langenSchuppen, den der Darmhändler Fruschky vom Eiscnbahnfiskus ge-pachtet und dessen verschiedene Abteilungen er an Aftermieterweiter verpachtet hatte. Der Schuppen brannte in seiner ganzenAusdehnung. Die bis nach der Saarmünder Straße züngelndenFlammen entzündeten die neu errichtete Kranzbude und bedrohtendie Zigarrenbudc von Bresesch und die Bäume an der Straße.Der ganze Verkehr in den angrenzenden Straßen war gehemmt.Der große Schuppen selbst, in dem sich unter anderem ein Kohlen-lager befand, wurde vollständig zerstört.Vertrauensvotum für das türkische Ministerium.Konstantinopel, 30. Juli.(W. T. B.) Die Kammer hat demKabinett mit 113 gegen 45 Stimmen ihr vollständiges Ver.trauen ausgesprochen.Ueber den Verlauf der Kammersitzung(siehe unter„Krieg")meldet W. T. 83.:Um 5 Uhr wurde die Sitzung der Kammer wieder auf-genommen. Zwei Redner sprachen für die Regierung, ein Armenierkritisierte lebhaft den unbestimmten Wortlaut des Regierungs-Programms, besonders weil es nicht deutlich erklärt, welche Politikden Nationalitäten gegenüber verfolgt werden soll. Der Rednererklärte, die Armenier würden sich der Abstimmungenthalten. Ein jungtürkischer Redner tadelte die Erhebung inAlbanien. Einige Albanier riefen: Die Erhebung in Albanien istgesetzlich! Diese Worte riefen einen wüsten Lärm hervor. Es kamzu einem Streit zwischen den Albaniern und einem Deputierten,der die Albanier beleidigte. Die Albanier schrien undlärmten. Ein Albaniex rief: Die Erhebung in Albanien ist gesetz-lich, weil ihr Grund die Schändung der Mädchenund die Zerstörung der Häuser ist. Endlich hörte derLärm auf. Da die Debatte sich in die Länge zu ziehen drohte, er-klärte Hussein Hilmi Pascha im Namen des Kabinetts, dielange Diskussion sei überflüssig. Das Kabinett, das derSitzung mit Ausnahme des Kriegsministers und Kiamil Paschasvollzählig beiwohnte, zog sich zur Beratung zurück. Die Sitzungwurde unterbrochen.Die Unterbrechungen der Kammersitzung waren durch leiden-schaftliche Erörterungen in den Wandelgängen ausgefüllt. In derersten Pause trat die jungtürkische Partei zu einer Sitzung zu»sammen und erörterte die Lage. Es wurde beschlossen, der Regie»rung ein Tadelsvotum zu erteilen. Während der zweitenPause vollzog sich indes ein Umschwung der Stimmung, der für dieRegierung eine Mehrheit von 113 gegen 45 Stimmen herbeiführte.Die Vereinigten Staaten und die mexikanischen Unruhen.Washington, 30. Juli.<W. T. B.) Staatssekretär K n o x hatdem Führer der mexikanischen Rebellen, GeneralO r o c z c o, mitteilen lassen, daß die Ueberfälle und An-griffe auf Amerikaner und amerikanisches Eigentum inNordmexiko sofort aufhören müßten oder die VereinigtenStaaten würden vorbeugende Matzregeln ergreifen.Präsident Madero erklärt, er habe bereits Truppen nach demNorden Mexikos abgesandt, um die Unruhen zu unterdrücken.Kardinal Fischer gestorben.Köln, 30. Äuli.(W. T. B.) Die„Kölnische Volkszeitung"meldet: Kardinal Fischer. Erzbischof von Köln ist heute nacht11 Uhr 30 Minuten verschieden.In der Sommerfrische verunglückt.Silberberg(Bez. Breslau). 30. Juli.(W. T. B.) Als gesternder Maschinenreisende Nitetzky und Frau aus Charlotten.bürg mit ihrer Schwiegermutter, Frau Rummler, nach Silber-berg fuhren, scheuten die Pferde des Wagens. Die drei Insassenstürzten heraus. Frau Rummler blieb tot. die anderenwurden lebensgefährlich verletzt.Schreckliche Kesselexplosion.Budapest, 30. Juli.(P. C.) In der Ungarischen Mineralöl»Fabrik A.-G. ereignete sich heute früh unmittelbar nach Aufnahmeder Arbeit eine schwere Kesselexplosion, durch diemehrere Benzinfässer in Brand gerieten. Im Augenblick stand dieganze Fabrik in Flammen. Bald nach Ausbruch de?Brandes flog ein zweiter Kessel in die Luft. Ein Arbeiter wurdegetötet, zwei andere schwer verletzt. Wie es heißt, sollen sich in demFabrikgebäude noch vier Arbeiter befinden, die wahr-scheinlich verbrannt sein dürften. Der Brand konnte erst nachlängerer Zeit von der Wehr lokalisiert werden. Der Schaden istauf etwa eine halbe Million Mark zu schätzen.Sechs Personen verbrannt.Linz, 30. Juli.<P. C.) In der Gemeinde G o l d e ck ist einBauerngut vollständig abgebrannt. Sämtliche Insassen,sechs Personen, sind in den Flammen umgekommen.Kaul Singer öt Co., Berlin SW. Hierzu 2 Beilagen u. llnterhaltungsbst