Einzelbild herunterladen
 
Der heroische Kampf, den die Textilarbeiter von Lawrence, Mass,, neun Wochen hindurch, von Mitte Januar bis zum 24. März d. I., unter unsäglichen Entbehrungen, mit unermüdlicher Ausdauer und unbeugsamer Energie gegen die wirtschaftliche Uebermacht dividendenhungriger Schlotjunker, gegen die gewissenlose Deutungs- kunst der staatlichen und städischen Behörden, gegen das brutale Säbelregiment der Polizei und der Miliz wie gegen die niederträchtigen Intrigen ihrer verbündeten Feinde siegreich führten, hat ein weiteres Nachspiel: William M. Wood, Präsident der als Wollentrust bekannten American Woolen Co., wurde gestern in Boston   verhaftet. Er ist gleich Dennis C o l l i n s, einem schwerreichen Manne von Cambridge  , Mass., und dem noch un- genannten Präsidenten einer der größten Webereien der Ncu-England- Staaten wegen einer unsäglich niederträchtigen Verschwörung in Anklagezustand versetzt. Die drei Ordnungsstützen haben nach dem Befunde der Großgeschworenen verabredet, während des großen Lohnkampfes in Lawrence an verschiedenen Orten Dyiramir zu placieren, um den Verdacht, den Anschlag geplant und vorbereitet zuhaben, auf die Streikenden zu lenken; einen Sturm der Entrüstung wider die sich gegen ihr Lungerjoch aufbäumenden Arbeiterinnen und Arbeiter zu entfesieln; die Behörden, ihre willigen Werkzeuge, noch schärfer zu machen und die Ausständigen zum bedingungslosen Nachgeben zu zwingen. In der Schusterwerkstätte von Urbino di Prato, in dem Wand- schranke einer Arbeiterwohnung und auf dem Marien-Fricdhofe wurde Dynamit pfundweise gefunden. Sechs feiernde Syrer tourden verhastet, mußten aber bei ihrer ersten Vernehmung auf freien Fuß gesetzt werden. Schon bald darauf sollte die Wahrheit wenigstens teilweise an den Tag kommen. Im Februar wurde der Schulkommisiär Joseph L. Breen, Sohn eines früheren Mayors(Bürgermeisters) von Lawrence und eine ganz besonders fromme und eifrige Stütze der«gottgewollten" Ordnung, verhaftet. Er bekannte sich schuldig, das Dynamit unter einem Vorwande bei dem ahnungslosen Urbano di Prato zurück- gelassen und die Erstattung einer Anzeige gegen den Schuhmacher veranlaßt zu haben. Als«gutgesinnter" Mann kam er mit einer Geldstrafe von 2000 Dollars davon, die sicherlich der Wolltrust bezahlte; ein Streiker hätte sich an Breens Stelle auf eine lang- jährige Zuchtbausstrafe gefaßt machen müssen. Am 24. März ging der Streik zu Ende. Die Unternehmer mußten sich zu nicht unbedeutenden Zugeständnissen verstehen. Da- mit wäre auch der Dynamit-Zwischenfall der Vergessenheit anHeim- gefallen, wenn nicht der Bauuniernehmer Emest W. Pitman in der Weinlaune erzählt hätte, er, Wood, Collins, Breen und ein Fünfter hätten dieLegung' des während des AuSstandeS in Lawrence von der Polizei gefundenen Dynamits verabredet und besorgt, um Streikende ins Zuchthaus zu bringen und den Lohn- kämpf zu brechen. Pitman, der in seinem Geschäfte Sprengstoffe brauchte, kaufte das Dynamit in Saucus und brachte eS nach Boston  , wo er es Breen übergab, der eS nach Lawrence weiter beförderte. Nachdem er vorher noch von dem Distrikts- anwalt sStantSanwalt) Pelletier vornommen worden war und den Tatbestand abermals zugegeben hatte, schied Pitman freiwillig aus dem Leben. De« Wollentrusts Aktienkapital beträgt 75 Millionen Dollar (317 Millionen Mark). Der Trust beschäftigt 35 000 männliche und weibliche Arbeitnehmer. Sein Präsident Wood gehört zu den größten Industriellen, zu den verrufensten und gewissenlosesten Ausbeutern der Vereinigten Staaten  . Ihm gegenüber verfuhr der öffent- liche Ankläger mit besonders zarter Rücksicht- nähme. Die Verhaftung Woods erfolgte nur formell. Von der Erhebung der Anklage benachrichtigt, begab sich der Präsident de« Wollentrusts in Begleitung eines Anwalts nach dem Bostoner  Polizeipräsidium, wo er 5000 Dollar Bürgschaft hinterlegte und seine? Weges ziehen durfte. Ohne ein erdrückendes Beweis- Material wäre Wood sicherlich nicht in Anklagezustand versetzt worden. Ob er in der Hauptverhandlung verurteilt wird, ist bei dem gc- waltigen Einfluß des Wollentrusts trotzdem recht fraglich. Aber ein Gutes wird aus der jüngsten Wendung sicherlich er­stehen. Schon während des Lohnkampfs in Lawrence war es klar, wenn auch nicht im Sinne des Strafgesetzbuches erweislich, daß die Vorkehrung zu den fingierten Dynamitanschlägeu nur ein Glied in der Kette von Intrigen des Unternehmertums war, die Leiter des AuSstandeS hinter Schloß und Riegel zu bringen, um die führer- losen Arbeiter klein zu kriegen. Am 22. Januar, zwei Tage nach derAuffindung' dcS Dynamits durch die Polizei ließen die Textilindustriellen Hundertc vonItalienern" von Boston   nach Lawrence kommen. Da damals gerade Unterhand- lungen zwischen Ausständigen und Fabrikanten gepflogen worden, verhielten sich die importierten Lockspitzel zunächst nihig. Roch Abbruch der Verhandlungen am 28. Januar durch eine an- nähernd gleich große Anzahl unzweifelhafter Elemente aus Boston  verstärkt, begannen dieItaliener  " ihre schmutzige Arbeit. Sie demolierten Straßenbahnwagen und fingen an allen Ecken und Enden blutige Raufhändel an. Polizei und Miliz, die unter den nichtigsten Vorwänden mit Waffen- gewalt gegen die Ausständigen vorgingen, verhielten sich den «Heldentaten" der Lockspitzel gegenüber durchaus passiv. Am Abend des gleichen Tages wurde Frau Anna Lopizzo bei einem Straßen- auflauf erschossen. Ein Polizist feuerte die tödlickie Kugel ab. nachdem Joseph I. Ettor und Arturo Giovanitti  , wie schon vorher bei anderen Zusammenrottungen, den Arbeitern geraten hatten, ruhig auseinander zu gehen und sich nach Hause zu begeben. Trotz- dem wurden Ettor und Giovanitti auf die Autorität und das Gebot der Textilbarone hin von der willfährigen Staatsmaschinerie wegen Anstistung zur Ermordung der Frau Lopizzo" verhaftet und in Anklagezustand versetzt. Die Anstiftung sollte darin bestehen, daß die beiden während des Streiksaufreizende" Reden hielten und damit die Vorbedingungen für gewalttätige Ausschreitungen schufen. Mit den neuesten Feststellungen über dieDhnomitanschläge" bricht auch die Anklage gegen die beiden Führer des AuSstandeS zu- sammen. Die perfide Natur der ganzen Mache ist zu klar erwiesen. Wood und Konsorten sind aus der Offensive in die Defensive gedrängt...._ ßmcbtB- Zeitung. Die Priigelszenen im Brauereiauöschank FriedrichShagcn, die sich am Abend dcS 3. Juli, wie wir seinerzeit berichteten, in obengenanntem Lokal anläßlich eines. �Kellncrstreiks abspielten, hatten dieser Daae ein Nachspiel vor dem Schoffengencht in Köpenick  . Angeklagt waren nicht etwa die Mißhandlcr und der Oelonom Büttner, sondern die beiden am schwer,tcn Mißhandelten., und Ktvar. weil sie ohne ortspolizeiliche Erkubnis Druckschr.ftcn an einem öffentlichen Ort verteilt hatten. Die beiden Sunder sollten dafür jeder 20 M. bezahlen. Hiergegen hatten sie gerichtliche Eni- scheidung beantragt. Es kam nur zu einer Verhandlung gegen den Ansestcutcu des Gastwirtsgehilfen-Verbandes Vehr. Es erfolgte auf Grund des Gesetzes und der kammergerickstlichen Judikatur Freisprechung. Der Amtoanwalt war der irrigen Ansicht, daß die Verteilung von Druckschriften strafbar sei, lediglich deshalb, wenp per Ort einer unbegrenzten, Anzahl von Personen zugaiiHlich ist. Die Kainmergerichtsenffcheidungen führen dem entgegen, daß es nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes darauf an kommt, daß. das Publikum vor Belästigungen geschützt wird. Diesen Schutz habe aus Straßen, und Plätzen, die dem öffentlichen Verkehr dienen» dl« Polizei öüHuüben, in Wirtshäusern ubd ähukicheil Keschlossm«» Räumen sei aber die Polizei nicht zuständig, da könne der Wert jederzeit seine Gäste vor einer etwaigen Belästigung schützen. Die Differenzen im Brauereiauöschank Friedrichshagen   sind übrigens noch nicht erledigt._ Literarische Mausefallen nannte gestern der Rechtsanwalt Gronemanu die sogenannten Selbstkostenverlage", gegen die der Deutsche   Verlegerverein, der Schutzverband Deutscher Schriftsteller", derVerband der Four- nalisten- und Schriftstellervereine" n. a. in einen heftigen Kampf eingetreten sind. Zu diesem Kampf gehört die gestern vor der vierten Strafkammer des Landgerichts III   verhandelte Privatllage des' Leiters der Geschäftsstelle des Schutzverbandes, Schriftstellers Alfred Fred, gegen den Verlagsbuchhändler Curt Wigand(Mo- dernes Verlagsbureau) und die von letztcrem erhobene Widerklage. Das System der Selbstkostenverleger besteht in der Ausnutzung Un- erfahrener und literarisch Ehrgeiziger. Leute, welche gern ein Erst- lingswerk gedruckt sehen wollen, werden von dem Selbstkosten- Verleger, dem sie ihr Manuskript einsende», über den Klee gelobt und veranlaßt, in einem aufgesetzten Bertrage dem Verleger eine Pauschalsumme zu zahlen, welche die etwaigen Druck- und Pro- pagandakostxn erheblich übersteigt. Der Verleger, der auf einen größeren Absatz solcher Werke gar nicht rechnet, hat dann nichts weiter zu tun, als das Werk ausdrucken zu lassen, und der uner- fahrene Schriftsteller ist sein schönes Geld losgeworden. Das Organ des SchutzverbandesDer Schriftsteller" hat wiederholt vor solchen Animierverleaern, darunter vor E. Piersons Verlag in Dresden  und Curt Wigand in Berlin   und Leipzig   gewarnt, und der Deutsche Verlegerverein" hat in seiner Hauptversammlung vom 4. Maj in einer Resolution seinen Vorstand aufgefordert, auf Mittel zu sinnen, wie der Deutsche   Verlegerverein solcher Mitglieder, wie der beiden genannten, ledig werden kann. Die jetzt verhandelte Privatklage ist folgendermaßen cnt- standen: In Wien   lebt ein armer 5Ijähriger Weber Moritz Jur- sitzky. Er hat nach Besuch der Volksschule die Weberei erlernt, aber schon von Kindheit an großes Interesse für die Literatur gezeigt und sich trotz der ärmlichen Verhältnisse.durch eifriges Selbststudium weiter gebildet. Er versuchte sich auch auf verschiedenen Gebieten der Schriftstcllerei, und als er infolge zunehmender Schwerhörig- keit recht tief ins Elend geraten war, fand er einen Mäcen in der Person eines österreichischen Großindustriellen, der ihn ermutigte, seinen Weg in der schriftstellerischen Laufbahn zu suchen und ihm auf drei Jahre die Jumme von 1300 Kronen lieh,.damit er sich in dieser Zeit erhalten und als Schriftsteller sich einen Namen machen könnte. Auf Grund der Annoncen des Herrn Wigand trat Jur- sitzky mit diesem in Verbindung und bot ihm seinen RomanDie Förstercilli" an. Er war hocherfreut, als er von Wigand ein sehr schmeichelhaftes, mit großer Anerkennung über das eminente Talent verquicktes Antwortschreiben erhielt und übertrug diesem den Verlag auf Grund eines ihm vorgelegten Vertrages, der neben anderen Bestimmungen auch die enthielt, daß der Verfasser sich der- pflichte, für die Veröffentlichung der ersten Ausl-age des Werkes eine Pauschalvergütung von 1100 M. zu zahlen. Der unerfahrene Mann unterschrieb diesen Vertrag. Er befand sich gerade zu jener Zeit in großer Not und sah sich gezwungen, von den ihm von seinem Mäcen ausgehändigten 1300 Kronen einen Teil für sich zurück- zubehalten. Er konnte an Wigand nur SS5 M. anzahlen. Dieser weigerte sich, das Werk drucken zu lassen, ehe nicht der Nest von 105 M. bezahlt wäre. Um Wigand zur Drucklegung des Werkes zu bestimme», wandte sich Jursitzky an verschiedene Persönlichkeiten, die auf Wigand einen Druck ausüben sollten. U. a. hatte Dr. Oscar Blumenthal den vergeblich gebliebenen Versuch gemacht, eine per- sönlichc Rücksprache im Interesse des I. mit Herrn Wigand zu er- zielen. Tann   befaßte sich derSchutzverband Deutscher Schrift­steller" mit dieser Angelegenheit. In dessen Auftrag richtete Herr Fred ein längeres Schreiben an Herrn Wigand, worin er aus- rührte, daß der ganze Vertrag gegen die guten Sitten verstoße usw. Hervorzuheben ist noch, daß Herr Wigand bei den Verhandlungen über den Verlag des Werkes dem Verfasser auch ein Exemplar eines autographierten Schreibens des bekannten Schriftstellers Dr. Nordau in Paris   zugestellt hatte, in welchem dieser bekundet, daß ihm Herr Wigand seit langen Jahren als zuverlässiger und charaktervoller Verleger bekannt sei. Herr Fred wandte sich deshalb an Dr. Nordau mit dem Ersuchen, seinen Einfluß auf Wigand zur Herbeiführung einer humanen Lösung der Angelegenheit geltend zu machen. Als W. von dem Jphalt dieses Schreibens Kenntnis er- Hielt, stellte er Herrn Fred einen Brief zu, der starke Beleidigungen enthielt. An Herrn Dr. Nordau richtete Wigand gleichfalls ein Schreiben, welches ebenfalls zahlreiche beleidigende Redewendungen gegen Fred enthielt. Diese beiden Briefe bilden die Grundlage der Privatklage. Herr Wigand sah Beleidigungen seiner Person sowohl in dem Briefe, den Herr Fred an ihn selbst, als auch in dem Briefe, den er an Dr. Nordau gerichtet hat, und erhob Widerklage. Das Schöffengericht verurteilte Wigand zu 10 M., Fred gleichfalls zu �0 M. Geldstrafe. Hiergegen war von.beiden Parteien Berufung eingelegt worden. In der gestrigen Verhandlung geißelte Rechtsanwalt Grone mann, der der Syndikus des Schutzverbandes ist, das Geschäfts- gebaren derSelbstkostenverleger" im allgemeinen und des Herrn Wigand im besonderen in sehr herben Worten und suchte nach- zuweisen, daß der in Rede stehende Vertrag ziemlich das Uner- härteste sei, was einem Autor von einem Verleger geboten werden tonne. Ter Vertrag weise so ziemlich alle Rechte dem Verleger. alle Pflichten dem Verfasser zu. Solcher Vertrag sei eine Mause- falle, in welche ein unerfahrener Schriftsteller hineingelockt werde. Diese Verlegerart sei unfair; außerdem habe Herr Wigand auch noch die geschäftliche Uebung, daß er mit Druckern und Papier  - Händlern unter einer Decke stecke, diese möglichst hohe Spesen her- ausrechnen lasse, aus welchen er dann noch Prozente erhalte. Der Verteidiger legte einen Brief des Herrn Wigand aus dem Jahre 1903 vor, in welchem er dem Adressaten u. a. schrieb:Ich dar? Sie jedoch auf das Herzlichste bitten, von meinen Prozenten ber den Druckern und Papierhändlern zu keiner Menschenseele etwa? zu äußern. Ich wäre ansonsten fäbelhaft hereingefallen." Solche Verlagsgeschäfte könne man als literarische Bücket shops be­zeichnen. Wigand, der alle die schweren Vorwürfe des Gegners als völlig unzutreffend zurückwies, bestritt nicht, einen solchen Tstief geschrieben zu haben; er stamme aber aus einer Periode seines vollen wirtschaftlichep Niederganges, aus dem er sich unter schweren Kämpfen wieder emporgearbeitet habe. Er erklärte sich zu allge- meinem Staunen bereit, den Beweis zu erbringen, daß auch andere Firmen, wie beispielsweisePuttkamrr u. Mühlbrecht, mit doppelten Rechnungen über die Kosten, und zwar solchen, die sie an die Drucker usw. zu zahlen haben, und solchen, die sie den Autoren in Anrcch- nung bringen, operieren. Rechtsanwalt Gronemann beantragte die Freisprechung d«S Herrn Fred und die Verurteilung des Herrn Wigand. Es wurde beantragt, folgende Herren als Zeugen zu vernehmen: Dr. Max Nordau  -Paris, Dr. Oscar Blumenthal- Berlin  , H. Branduö-Berlin  . H. Jursitzky-Wien  , Emil Sch-ll-Wien und Dr. Thieme-Meißen  . die über die Geschäftspraktiken des Herrn Wigand Auskunft geben sollen._ Das Gericht hielt die Erhebung des angebotenen Beweises für erforderlich und vertagte die Ver- Handlung.____ Hub aller Sielt. Sine journaUltifche Glan  -leittung. DerReichsbote* will sich den Ruhm, das am dümmsten redi- gierte Blatt zu sein, nicht nehmen lassen. Und das will bei der Konkurrenz des sonstigen bürgerlichen ZeitungSpapierS schon etwas heißen. In der jüngsten Rummer nimmt das Pastoreublatt in einem Leitartikel Stellung zum Chemnitzer   Parteitage. Neben sonstigen gleichwertigen Geistesblitzen finden wir da die folgenden tief» gründigen Auslassungen über die Ursachen der herrschenden Teuerung: .Will man nun die Ursachen der Teuerung restlos verstehen, darf man nicht allein dm Schutzzoll heranziehen. Bertmernd wirkt jedenfalls auch die wachsende Intensität des öffentlichen.' insbesondere deSpolitischenLebenS. Denn gerade dieseTätig- keit" ist kostspielig, zumal die engere parteipolitische, die bei der Sozialdemokratie mit der g e w e r k s ch a f t I i ch e n zu- sammenfällt. Hier soll gar nicht untersucht werden, wie weit sie notwendig oder nicht notwendig ist. Allein wenn die revolutionäre Presse Preistabellen von Nachbarländern publiziert und dabei herausfindet, daß in den Niederlanden beispielsweise nicht nur die Lebensmittel, sondern auch die Löhne niedriger seien, so möge sie bei der Er- klärung nicht an der Höhe der politischen und g e w e r k- schaftlichen Kosten vorübergehen, die vom deutscheu Arbeiter verlangt werden. Sie gehören mit zu deneisernen" Bestandteilen der unentbehrlichen Ausgaben und drücken automatisch auf die Lohnhöhe. Dies Problem sollten S o z i a I st a t i st i k e r und Wirtschaftspolitiker völlig aufhellen, wobei allerdings die Tendenzen und die Voraussetzungen mancherSchulen", insbesondere der B r e n t a n o schen in München  , nicht zu brauchen sind. Freilich wird sich die Sozialdemokratie hüten, mit derartigen Unter- suchungen und Forschungen vor ihre Anhänger hinzutreten. Ihr gilt es nun einmal alsDogma", daß nur dieSchutzzölle" die heutige Teue- rung verursacht haben. Keiner Erwägung wird Raum gelassen, daß die durch die Zollpolitik dem Reiche zufließenden Summen doch in irgend einer Form aufgebracht werden müßten; geschähe es aus- nahmslos durch direkte Steuern, unter noch stärkerer Be- lastung der tragfähigen Schultern, so würde die Teuerung nicht verschwinden, aber die Löhne allgemein sinken, weil dieBesitzenden" den Verbrauch beschränken, also weniger anreizend auf die Erzeugung wirken; die Folge wäre ein Ueberangebot von Arbeitskräften. Wir glauben, den vom.Reichsboten" so sehnlich gewünschten Wirtschaftspolitiker, der die nationalökonomischen Gedankengänge des Reichsboteu" weiter ausspinnt, bereits gefunden zu haben. Viel- leicht wendet sich das christliche Blättchen an den Pastor Gaul, der in dem evangelischen Kirchenblatte der Gemeinde Essen-Land be- lanntlich schrieb:Nach dem Vaterunser dürfen wir Gott um das .tägliche Brot''bitten wohlgemerkt, nicht um einentäg- l i ch e n Braten". Das Brot ist das einfachste, aber auch da? wertvollste Nahrungsmittel. Mit Brot ollein kann der Mensch sich lättigen, vom Brot und Wasser leben." Der Selbstmord des Generals Nogi. Ueber den Selbstmord des japanischen Generals Nogi und seiner Gattin wird noch berichtet: Nogi schnitt sich mit einem kurzen Schwert die Kehle durch und seine Frau erdolchte sich in dein Augenblick, als die Kanonenschüsse den Aufbruch des Trauerzuges vom Palast ankündigten. Sie führten die Tat, in japanischer Nationaltracht gekleidet, in ihrer Wohnung in Akasaki aus, nachdem sie einen Abschiedstrunk Sake aus Tassen genommen hatten, die ihnen der verstorbene Kaiser, dessen umflortes Bild an der Wand hing, zum Geschenk gemacht hatte. Neben den Leichen wurde ein an den Kaiser gerichteter Brief gefunden. Als ein bei Nogi wohnender Gelehrter den Raum betrat, fand er beide noch atmend bor. Der dramatische Selbstmord wird von hervorragenden Militärs und Landsleuten als herrlicheTat und als eine patriotische Handlung der Ergebenheit angesehen. Aber da die Nation in tiefster Trauer ist und der Kaiser sich in völliger Abgeschlossenheit hält, ist eS unmöglich, die gebräuchlichen letzten Ehren dem toten General zu erweisen. Infolgedessen wird amtlich von dem Tode General Nogis keine Kenntnis genommen. Wie es heißt, hat der General einige Briefe hinterlassen, in denen er die Beweggründe seiner Tat erllärt. General Nogi   soll sich schon früher mit Selbstmordgedanken ge- tragen haben. Offenbar hat zu dem Entschluß, seinem Kaiser in den Tod zu folgen, auch der Verlust seiner beiden Söhne bei- getragen, die in demselben Kampfe fielen, der Nogis Feldherrngröße erwies. Auf des Verstorbenen melancholische Gemütsstimmung stark eingewirkt hat auch das ungeheuere Elend, das durch den gesetzlichen Maffenmord entstand. Wie rein menschlich der japanische Heerführer den Krieg im Gegensatz zu seinen europäischen Kollegen sah, erhellt aus einem GedichtReue", das er nach derVoff. Ztg." nach dem Kriege versaßt hat. Um Schlag für Schlag zu erteilen Im Feld- und Festungskrieg Gegen eines großen Herrschers Heer Zog ein mächiiger Feind zum Sieg. Wenige smd's, die Viktoria jubeln, Denn Berg und Schlachtengefild Von Sterbenden und Verwundeten Sind mit rasenden Schmerzen erfüllt I ES ergreift mich endloses Weh I Wie soll ich mein Schicksal ertragen» Wenn Väter, in Sorgen alt, Mich nach ihren Söhnen fragen, Die todesbleich und kalt? Wenige siud's, die Viktoria jubeln, Auf Berg und Schlachtgefilde, Denn ach l die vielen Toten. Der bergeshohe Schmerz, Die haben erst eröffnet Der Festung gepanzertes Herzt Kleine Notizen. Rauiliierflill. Ueberfallen und beraubt wurde gestern vormittag ein Lehrling des Bankhauses A. Spiegelbera in H a n n o v e r. Er hatte auf dem Postscheckamt 10 000 M. abgehoben, die er seinem Bankhause bringen sollte. Beim Betreten des Geschäftshauses wurde er von einen» Manne, der ihm anscheinend vom Postscheckamt aus gefolgt war, vor die Brust gestoßen und am Halse gewürgt. Der Räuber entr ihm die Geldtasche und suchte das Weite, wurde aber ergriffen. Es ist der 28jährige Handlungsreisende Leopold Louis aus Hannover  . Bon der Außenwelt abgeschnitten. Wie uns ein Privat- telegramm aus Reckling hausen meldet, gerieten auf der Zeche Auguste Viktoria   in der vergangenen Nacht ein Steiger und zwei Bergleute in eine Strebe rm Flöz Sonnenschein. Zur Stunde sitzen sie noch hinter dem Bruch, ohne daß man ihr Schicksal kennt. In der Narkose gestorben. Ein bedauerliches Vorkommnis passierte dem Spezialarzt für Hals- und Ohrenerkrankungen Dr. Klupkist in S t o l p(Pom.). Er hatte an dem 7 Jahre alten Kinde des Schaffners W e g n e r eine Operation vorzunehmen und chloroformierte es. Nach der Operation wollte er das Kind in das Leben zurückrufen, doch es war vergebens, das Kind w a r t o t. Ob den Arzt ein Verschulden trifft, dürfte die eingeleitete Untersuchung ergeben. Schlechte Aussichten. Das Regenwetter der letzten Tage beginnt m verschiedenen belgischen Provinzen ernste Folgen zu zeigen. In der Umgebung von Aalst   ist die Ernte so gut wie ver- n i ch t e t; der Hafer verdirbt auf den Halmen. Der Preis für Hafer ist infolge dieser Kalamität bereits um 40 Pro z. ge- stiegen. Auch die Tabakanpflanzungen haben schwer ge- litten. In der Umgebung von Denderlieux steht in verschiedenen Ortschaften das Wasser 1 Meter hoch. Mehrere im Bau be- findliche Häuser sind. infolge Unterspülung eingestürzt. Die in dieser Gegend belegenen Ziegeleien mußten den Betrieb ein- stellen. Krieg im Frieden. In Honrath(Rheinland  ) stürzte im Manövergelände deS 16. Armeekorps ein Brigadewagen der Artillerie um. wobei ein Soldat getötet und zwei schwer ver» «tzt wurde»