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Nr. 22!. 29. ZahkMg. 2. Itilngc des Juraitff Ktllim lolMlott Zottmbevd. 21. September 1912. FranzSIifcbtr GewerMcftaftshongrcß. Zweiter Tag. Havre, 17. September.'(Eig. Ber.)' Vor dem Eingeben in die Tagesordnung wird die Ausschließung der Berichterstatter der Pariser Blätter, die gelbe Buchdrucker beschäftigen, beschlossen. Zum Bericht des Konföderationsvorstandes ergreift hierauf das Wort Renard, der eine ausführliche Kritik der Taktik der Konföderation verliest. Er führt folgendes aus: Es ist bedauerlich, daß die Rivalität der Tendenzen fortdauert und sich bis in'das Organ der Konföderation fühlbar macht, wo statt sachlicher Diskussion pro- fessioneller Fragen gehässige Polemik gegen Andersdenkende ge- trieben wird, sogar gegen ausländische Kameraden, z. B. gelegent- lich des deutschen   Lokalistenkongresses. So hat das Korrespondenz- blatt der belgischen Gewerkschaften die Unterschiebung derVoix du Peuple" zurückweisen müssen. Und hat man nicht erst neulich dort einen unhöflichen Artikel gegen Legien, den Vorsitzenden der deutschen   Arbeiterkonföderation, anläßlich seiner Vorträge in Amerika  , gelesen? Dies aus keinem anderen Grund, als daß er von mehreren städtischen Autoritäten offiziell empfangen worden istl Legien ist nach Amerika   als Mandatar der deutschen   Gewerk- schaften, die Millionen Mitglieder zählen, gekommen. Er ist nur diesen seinen Auftraggebern verantwortlich. Oder, wenn Sie von ihm als internationalen Sekretär Aufklärungen wollten, wäre eine Sitzung des internationalen Sekretariats der angezeigte Ort gewesen. Seien wir etwas vorsichtiger und mischen wir uns nicht in Angelegenheiten, die uns nicht angehen. Wir haben den aus- ländischen Kameraden keine Lektionen zu geben ich glaube so- gar, wir haben sie bei ihnen zu nehmen. Bei uns gibt es mehr revolutionäre Worte als Taten. Befreien wir uns von diesem Wortrevolutionarismus und blicken wir der Wirklichkeit ins Auge! In der Tat. während Sie überall den Förderalismus   wollen, sehen Sie sich durch die gebieterische Notwendigkeit zu den Formen des Zentralismus getrieben. Um leben und sich entwickeln zu können, müssen alle Verbände ihre Verwaltung, ihre finanziellen Ressourcen zentralieren und die C. G. T. hat durch die Einführung der Kon- födcrationskarte und des einheitlichen Beitrags, durch die fort- schreitende Vermehrung ihrer Funktionäre, durch ihre vom Zentrum ausgehende Propaganda desgleichen getan. Nun hören wir, daß die lokalistische, föderalistische Aktion der Arbeitsbörsen nötig ist. Warum? Weil man im Einklang oder wenigstens in scheinbarem Einklang mit der anarchistischen Auffassung bleiben will. Wir aber ziehen die Klarheit, die Offenheit und die Logik vor. Man spreche es doch aus, daß die Zentralisation die einzige Form der Arbeiterorganisation ist, die gegenüber der Konzentration des Kn pitals, gegen die Trusts und Aussperrungen möglich ist. Dies ist im Ausland schon erkannt worden, gehen auch wir entschlossen diesen Wegl Sie wissen sehr gut, daß in Zukunft die Arbeitsbörsen ein Wuchergewächs am Leib der großen Korporationen werden, wenn sie es nicht schon jetzt sind. In Ihrer Aktion war nur die gegen die Altersversicherung in ihrer ursprünglichen Gestalt erfolgreich. Aber dazu bedurfte es der Mithilfe aller politischen und sozialistischen Organisationen. Man kann nicht verkennen, daß der eindrucksvollste Protest der eines sozialistischen   Abgeordneten auf der Kammer- tribüne war. Glauben Sie nicht, daß in der neuen Kampagne in der Frage der Altersversicherung und in der für dieenglische Woche' eine parallele Aktion der sozialisti- sck)en Partei in der Llammer und im Land von höchstem Wert wäre? Was sollen da die Exkommunikationsmanifeste von Leuten, die kein Mandat haben, was bedeutet die nebulose Kundgebung der GriffuelheS  , Jouhaur und Genossen? Was wird aus dem Wunsch vieler Provinzgenossen auf der letzten konföderalen Konferenz, daß der Krieg gegen die sozialistische Partei, der nachweislich zur Ohnmacht führe, ein Ende nehme? Man glaubte den Waffenstill- stand gesichert und nun, am Vorabend des Kongresses, sehen wir die Fackel der Zwietracht von neuem entzündet. Wir wollen keine Verschmelzung der beiden Organisations formen, keine Unterordnung. Aber wir wollen, daß dieser schäd- liche Dualismus aufhöre. Das Manifest spricht vom Kampf gegen daS Unternehmertum und gegen den Staat. Die Autoren übersehen, daß die Organi- sationen in einem vom Staat gezogenen Ziahmen leben. Wenn Sie das Programm des Manifestes annehmen, wird der Staat gegen die Gewerkschaften Gewaltmaßregeln anwenden. Die Aufhebung des Staats ist aber ein politisches Ziel. Merken Sie nicht, Sie Antipolitiker, daß Sie hier Politik treiben? Und denken Sie daran, daß immer, wenn der Staat sich mit dem Unternehmertum verbindet, die Arbeiterklasse im Kampf unterliegt. Erinnern Sie kleines feuilleton 5720 Meter hoch mit ber Flugmaschine. Nachdem vor nicht ganz zwei Wochen Garros durch seinen Höhenflug, 4920 Meter, die Welt in Erstaunen setzte, hat nun Legagneux am Dienstag diese Leistung bei weitem überboten und mit einer Höhe von 5720 Meter beim Aerodrom von Essy einen neuen Weltrekord aufgestellt. Nach seiner glücklichen Landung hat er selbst dem Mitarbeiter einer Pa- riscr Zeitung eine knappe Sdjilderung seiner Eindrücke gegeben. Im Gegensatz zu den Erfahrungen anderer Flieger hat Legagneux in jenen gewaltigen Höhen ungünstige Einwirkungen der Atmosphäre auf den menschlichen Organismus nicht wahrzunehmen vermocht.Ich stand anfangs etwas unter dem Eindruck der ein- stimmigen Warnungen und Ratschläge meiner Freunde, die mir dringend anempfahlen, künstlich Sauerstoff zu atmen, mich be- sonders warm zu kleiden, vor dem Aufstieg nichts zu essen, man warnte mich vor Schlaganfällen, Ohnmächten usw. Jetzt, nachdem der Höhenflug hinter mir liegt, habe ich die Gewißheit, daß Flüge in großen Höhen gefahrlos sind. Es war eine Kinderei und ich kann Ihnen nur sagen: wenn mein Rekord bedroht wird, kann ich noch viel höher steigen. Günstige Witterung stand mir zur Seite! als ich 1000 Meter Höhe überstieg, kam ich in eine sehr ruhige Atmosphäre. Ich hatte 50 Liter Sauerstoff mitgeführt, aber als ich bei 4800 Meter Höhe meine Nase in den Apparat steckte, zog>ich sie sehr schnell wieder zurück. Von Kälte empfand ich keine Spur. im Gegenteil, es war sehr warm, und ich zog mir in jener Höhe sogar die Handschuhe aus. Nur einmal, als ich eine Wolke durch- flog, spürte ich Kälte, aber die Temperatur blieb erträglich. Die Hühcnreise an sich war ein klein wenig monoton. Ich stieg in großen, etwa 20 Kilometer weiten Zickzacklinien empor." Legagneux hat die gewaltige Höhe von 5720 Meter Verhältnis- mäßig rasch erklommen. 1000 Meter erreichte er bereits nach 2 Minuten und 30 Sekunden; mit zunehmender Höhe verlangsamte sich dann progressiv das Tempo des Aufftieges. Die offiziell fest- gestellten Höhen und Zeiten lauten: 2000 Meter in 7 Minuten 30 Sekunden, 3000 Meter in 12 Minuten 30 Sekunden, 4000 Meter in 20 Minuten, 5000 Meter in 30 Minuten und 5720 Meter in 45 Minuten. Der Abstieg dauerte nur 10 Minuten. Legagneux war vollkommen frisch und zeigte nach seiner ungewöhnlichen Leistung keine Spur von Ermüdung. Ein phonetisches Ladoratorium. Auf Veranlassung von Prof. Meinhof, dem Inhaber der Professur für afrikanische Sprachen am Hamburger Kolonialinstitut, wurde dort nach derFranks. Ztg." vor zwei Jahren ein Laboratorium für Lautuntersuchungen ein« gerichtet. Prof. Meinhof erklärte, daß für feine Untersuchungen der afrikanischen Sprachen, deren Laute vielfach von denen der sich an die Streiks der Eisenbahner, der Seeleute, der Postbeamten! Jawohl, kämpfen wir gegen den Staat, aber gegen den Staat als Ausbeuter seiner Angestellten! Das Programm der Aufhebung des Staats würde die Gewerkschaften in eine politische Partei ver- wandeln und die Repressionsorgane des Staats gegen sie in Aktion bringen. Wir Reformisten aber wollen der politischen Partei den Kampf gegen den Bourgeoisstaat überlassen und der Konföde- ration die Aktion für bessere wirtschaftliche Bedingungen der Ar- beiterklasse anheim geben. Sie wollen diedirekte Aktion  ". Wenn Sie darunter den ge- werkschaftlichen Kampf ohne Intervention politischer Persönlich- leiten wollen, sind wir einverstanden. Aber die Masse der Arbeiter ist noch nicht soweit. Sobald ein Konflikt ausbricht, sehen wir die Arbeiter diese Persönlichkeiten und die öffentlichen Gewalten als Schiedsrichter anrufen. Bei der Schwäche unserer Organi- sationen ist das nicht anders möglich. S i e wollen den Staat nicht kennen, er aber kennt Sie, und wenn ein Konflikt ausbricht, ist er als dritte Macht dabei. Damit müssen wir rechnen. In der ge- walttätigendirekten Aktion" aber sind wir immer der unter- liegende Teil. Und gleich uns armen Reformisten suchen Sie dann eine friedliche Lösung mit Hilfe der Organe des Staats. Unsere Taktik besagt:Organisieren wir uns zuerst und suchen wir einerseits durch den Druck auf die Gesetzgebung, andererseits durch die korporative Aktion der Masse gegen die- Unternehmer Schutzvorschriften und Verbesserungen zu erlangen. So sichern wir die wahre Neutralität der Gewerkschaften, so bleiben Sie im Ein- klang mit der Internationale. Geeint, vermögen die sozialistische Partei und die Konföderation alles; veruneinigt, sind sie ohnmächtig." R c n a r d, dessen Rede im ganzen ruhig, wenn auch mit ge- lcgentlichen spöttischen Zwischenrufen, angehört worden ist, legt folgende Resolution vor: In Erwägung, daß es Sache der konfö5erierten Gewerk- schaften allein ist. sich souverän auf den Kongressen über die ent- scheidenden Punkte der Taktik und Doktrin auszusprechen, erklärt der Kongreß, dem in der Presse veröffent- lichten Manifest über diese Gegenstände, dessen Autoren, obzwar sie als Funktionäre oder sonst den konföderierten Orga- nisationen angehören, kein Mandat zu dieser Veröffentlichung hatten, gänzlich fernzustehen. Er betont seine Sympathie für die sozialistische Partei, die gleich der Konföderation, wenn- gleich auf einem anderen Terrain, die Ver- besserung der ökonomischen Bedingungen des Proletariats wie die vollständige Umgestaltung der ungerechten bestehenden Gesellschaft an- strebt." Die Erklärung R e n a r d s beherrschten die folgende De- batte, in der gegen die politische Partei namentlich ins Feld geführt wird, daß ihr auch Nichtarbeiter und Unternehmer angehören. So meint unter anderem Bousquet: die gewalttätige Taktik lvar nötig, weil die Advokaten, die wir so einfältig sind, ins Parlament zu schicken, uns im Stich ließen. Ein anderer Redner sagt: Niemals hat sich ein GwerkschaftSkongreß gegen die Partei ausgesprochen. Die Partei aber muß gegen die direkte Aktion sein. Das beste Argument für diese sind die Verfolgungen, die sie hervorruft. Die Zwecklosigkeit der politischen Aktion wird dadurch erwiesen, daß selbst sozialistische Regierungen Militär gegen Streikende schicken. Cham   bin, Sekretär der departomentalen Gewerkschafts- union Jsöre, bedauert, daß der sozialistischen   Partei, in der sehr gute, der Konföderation ergebene Gewerkschaften sind, die Schuld einzelner Personen aufgehalst werde. Parteitagsbeschlüffe wie der über die Altersversicherung erklären sich aus der Armut, die die Arbeiter zwinge, sich oft von Advokaten usw. vertreten zu lassen, die die Delegationskosten selbst bestreiten. Vor Schluß der Vormittagssitzung gibt Sassenbach die Er- klärung ab, daß Legien nur Empfängen und Veran- staltungen der'Gewerkschaften beigewohnt und "ersonen begrüßt hat. als die ihm von en Gewerkschaften offiziell vor- keine anderen den amerikanis gestellt wurden. NachmittagSsitzung, Die revolutionären Eisenbahner derFöderation" erklären, daß sie sich dem gestrigen Beschluß ftigen und am Kongreß mit beratender Stimme weiter teilnehmen wollen. Die Diskussion über den Bericht wird fortgesetzt. P e r i e n t (Maurer) beklagt die Ueberlastung der Konföderationsfunktionäre, die immerzu auf Agitation sind und ihre Geschäfte oft vernach- lässigen müssen. Er beantragt die Errichtung einer zweimal mo- natlich zusammentretenden Exekutivkommission. Etwas ähnliches hat auch R e n a r d schon angeregt. Der Hauptredner der Sitzung ist der Sekretär der Sektion der ArbcitSbörsen, U v e t o t. Er gibt die Notwendigkeit der Umge- europäischen abweichen, ein solches Laboratorium unentbehrlich sei. Dies Laboratorium hat in immer steigendem Maße die Aufmerksam« keit weiter Kreise auf sich gezogen. So wünschen auch andere Lehrer des Kolonialinstituts, deren Arbeitsgebiete Sprachforschungen umfassen, das Laboratorium mitzubenutzen. Das Interesse für das Laboratorium geht aber weit über den Kreis der Professoren hinaus. Die Schulräte und Lehrer versprechen sich von der experimentellen Phonetik eine Förderung des fremdsprachlichen Unterrichts. Die Aerzte bedürfen der phonetischen Instrumente und der graphischen Methoden für innere Untersuchungen, zum Beispiel für solche des Kehlkopfs und der Herztöne, der Atmung und des Pulses. Nerven- ärzte, Sänger, Gesangs- und Vortragsichrer zählen zu den Interessenten'des Laboratoriums, das auch bereits außerhalb Hamburgs   vielfache Beachtung gefunden hat. Mit Rücksicht hierauf soll jetzt das Laboratorium erheblich erweitert werden. Theater. Komödienhaüs:Feuerversicherung" von Ludwig Fulda.  Der lächelnde Knabe" von MaxDreyer. Zur selben Zeit, wo die Komische Oper zumSchauspiel"hauS wurde. hat sich das benachbarte Operetten-Theater in einKomödienhaüs" verwandelt. Als ob die Schätze der heutigen dramatischen Pro- duklion so reichlich wären, daß die bisherigen Stätten dafür nicht mehr langten I Rudolf Lothar  , der neue Direktor, eröffnete die Vorstellungen in den renovierten Räumen mit Lustspielen Fuldas und Dreyers. die Heuer ihren fünfzigsten Geburtstag feiern. ES sah alles sehr festlich aus, und der Applaus ließ nichts zu wünschen übrig- Nur die Hauptsache, just das, um dessentwillen man zur Komödie geht, die Komödieustimmung fehlte. Dem eine» der Fünfziger war überhaupt nichts Drolliges eingefallen nnd der andere verpuffte seine humoristische Idee in allzu breit gesponnenen Szenen. FuldasFeuerversicherung" erläuterte das alte gewiß zutreffende Sprichwort, daß man nicht mit dem Feuer spielen soll, an einem Beispiel von ausgetüftellcr Unmöglichkeit. Zwei junge Ehepaare leben in bestem Einvernehmen miteinander, bis einer von den Galten auf den sinnvollen Gedanken kommt, dem Freunde eine Probe auf die Treue ihrer Ehefrauen vorzuschlagen. Das soll, meint dieser weise Psychologe, ein Mittel sein, eifersüchtige Regungen im Keime zu ersticken. Die frostige Pointe des frostigen Spaßes ist, daß der Mann der superklugen Vorsicht bei seiner Attacke gründlich abblitzt, während der Freund bei seinem Weibe ganz wider Willen Gegenliebe findet und in dem Netze hängen bleibt. Das bißchen Komik, das hier und da herauskam, war ausschließlich aufs Konto der sehr geschickten Darstellung, namentlich deS Herrn Erich Ziegel   zu buchen. In der Nebenrolle einer alten sentimental verstiegenen PensionSvorsteherin überraschte Fräulein Senta Töne- land durch burleske Drastik. staltung des Konföderationsverbandes zu, weudet sich ober gegen Renards Forderung des Proporzes. Der wahre Föderalismus ist, daß die großen Verbände die kleinen nicht mundtot machen. Wir sino für den Proporz dort, wo er logisch ist, alsobeimZahlen der Beiträge. Der Redner wendet sich dann gegen Renards allgemeine Aus- führungen: Der Syndikalismus war immer reformistisch und oft revolutionär. Die kleinen Verbesserungen, die wir dem Unternehmertum entreißen, wirken revolutionär Wenn sich die vom Staat abhängigen Arbeiter an diesen brutalsten der Unter- nehmer wenden, ist das selbstverständlich. Aber der Staat bleibt der Staat, sein Wesen bleibt Unterdrückung und Autorität, selbst wenn er soziale Republik   heißt. Renard sagt, wir dürfen den Staat nicht übersehen, weil er uns nicht übersieht. Aber der Staat geht gegen uns just �darum bor, weil wir mit ihm nichts zu tun haben wollen. Wenn die Seeleute an das Schiedsgericht appelliert haben, so darum, weil sie das letzte Mittel erschöpfen wollten. Als wir ihnen zuredeten, nicht auf die Straße zu gehen, war das, weil wir die Unternehmer an ihrer empfindlichsten Stelle treffen wollten. Wir sind auch für die Sabotage, aber für die intelligente, die nicht die des Trunkenboldes und des schlechten Arbeiters und oft die Tat derjenigen ist, die sich ruhmredig zu ihr bekennen. Wir sind Anhänger der Revolution der Masse und der revolutionären Tat des einzelnen, wenn sie am Platz ist. Sind wir gegen die Reformen? Wir fürchten uns nicht, zu den Ministern zu gehen. Wenn ich aber z. B. den Kolonien- minister frage, warum er die Schutzgesetze in seinem Ressort nicht anwendet, so handelt es sich nicht darum, waS ich von den Re- formen überhaupt denke. Ich hoffe, daß wir es ohne Willkür und AutoriiarismüS et reichen werden, die lokalen Unionen in departementale zu ve>« »oandeln. Der föderalistische Geist ist das notwendige Gegengewicht gegen die zentralistischen Ten- d e n z e n. Wir sind nicht so blind und eigensinnig, die Notwendig- keit des Zentralismus mancher Verbände angesichts der zunehmen- den Zentralisation des Unternehmertums zu verkennen.'Aber dem Föderalismus gehört die Zukunft des Syndikalismus. Trotz des die Zentralisation fördernden Maschinismus und Jndustrialismus wird glücklicherweise der lokale und departementale Verband weiterleben, wo nicht nur korporative Interessen diskutiert werden. DaS heutige Vertretungssystcm ist sicher der Verbesserung bedürf- tig, das leugne ich nicht. Aber wir haben nicht nur Bluff bc- trieben, sondern ernsthaft administrative, propagandistische und organisatorische Arbeit vollbracht. Befreien müssen wir uns vom Subventionismus, der neben der Politik die zweite große Gefahr für den Syndikalismus ist. Hier kann uns das G c- nossenschaftswesen helfen, wenn wir es zur Stärkung unserer Propagandamittel anwenden. Gewerkschaft und Genossen- schaft berühren einander und bieten einen festen Boden, wo man nicht versinkt. Wir tun alles, um die Arbeiter, die noch an die Politik glauben, auf einem gemeinsamen Terrain zu vereinigen. Man spricht uns von hohen Beiträgen. Die deutschen   Käme- raden zahlen viel und manche Franzosen auch. Aber ,s sind nicht die Bestentlohnten und die hohe Beiträge Zahlenden, lffe uns auf­fordern, die Deutschen   nachzuahmen. Wir haben auf unserer Reise die Deutschen   am Werk gesehen und ohne Scheu zugestanden, daß wir ein wenig von ihrer Taktik zu lernen haben, aber wir haben auch nicht verschwiegen, daß sie aber auch etwas von der unseren und von unserem Temperament. annehmen müssen. Aber über dieses haben sich nur fran- z ö s i s ch e Kameraden aufgeregt. In Deutschland   gehört ein bc- 71 deutender Teil der Gewerkschaftler der Partei an, aber nicht die Mehrzahl. Daß so viele ihr angehören, finde ich ganz in der Ord-) nung und wünschenswert, weil in Deutschland   die Partei mit den Gewerkschaften aufgewachsen ist. Man sagt uns auch: ahmt die Deutschen   nach und treibt nicht Antimilitarismus und Antipatrio- tismus. tzlber wir haben auch in Deutschland   Antimilitarismus getrieben und gerade unsere diesbezüglichen Erklärungen wurden in der Versammlung der Gewerkschaftsbertreter und auf dem Meeting in Berlin   am meisten bejubelt. Man hat uns in Deutsch  - land wie in Frankreich   in falschem Liebt gezeigt und wir mußten uns kennen lernen. Ich bin überzeugt, daß auch die Reformisten noch Revolutionäre werden und ouS der Enge des Korporatismus zur Erfassung des hohen Ideals fortschreiten werden."(Starker Beifall.) War Dvetots muntere Rede vom ganzen Kongreß mit Span- nung und von der revolutionären Mehrheit mit lebhafter Zustim- mung angehört worden, so riefen die ihr folgenden, mit Pathos vorgebrachten Ausführungen des Sekretärs der Sektion der Ver- bände, Jouhaux  , stellenweise auch bei den Anhängern seiner Tendenz Verwunderung hervor. Jouhaux   sagte u. a.: Renards Kritik zeigt, daß er dem Gewerkschaftöleben fernsteht. Man be- Wenn Fuldas Einakter franzvselt, will Drehers Scherzspiel deutsch  gemütlich und gemütvoll sein. ES riecht nach Windeln und der Kinder- stuve. An einem aufgefundenen Baby entzünden sich wetteifernd die Daterschafls- und Mutterschaftstalente eines bärbeißigen Majors und seiner nicht minder streitbaren Hauswirtin, mit der er in grimmer Feindschaft lebt. Diese Konkurrenz bringtS dann zum Friedensichluise und zur Ehe. Auch sonst wirkt das Erscheinen deS neuen Erdenbürgers befruchtend auf die Heiratslust. Aber der Dialog, der in anderen Dramen Drehers so farblg indibidnali- sierende Prägung aufweist, versandet hier auf weite Strecken im Banale», und die glücklichen Familienereignisse, die jedermann voraussieht, lassen allzu lange aus sich warten. Das Slück spielt zur jetzt so beliebten Biedermeierzeit in einem Ostseestädtchen und schildert das ansässige Phtlistcrium mit manchen ergötzlichen Zügen. Der lächelnde Knabe bildet die Hinterlassenschaft eines französischen  allzugefälligen Dämchens, das durch phantastevoll-patriotisches Re- nonnnieren sich die Bewunderung eines für Napoleon   be- geisterten Bürgergänschens zu erwerben wußte. Ein Neben- inotiv, welches zu etlichen ganz lustigen Effekten und dann zuletzt zu einer sehr gelungenen LtebeSszene führt, in der des Mädchens Schwärmerei für den gewaltigen Korsen sich auf einen simplen Doktor Medicinae überträgt. Herr S t a r g e m a n n. das frühere Mitglied deS Königl. Schauspielhauses, gab den Major, Adele Hartwig feine Partnerin. Vortrefflich waren Herr M a t t h a e S alS behäbig-pfiffiger Schiffs- reeder und Lore B u s ch in der Rolle der kleinen trotzigen Enthusiastin. _____ dt. Notizen. Das Apollotheater wird vom 1. Mai nächsten Jahres an wieder Operettentheater werden, da die Verleger des Operetten- bearbeiters Lehar cS gepachtet haben. Die Gefahren des Geburtenrückganges. Die Berliner   Gesellschaft für Rassenhygtene hat als Preisaufgabe das Thema gestellt:Bringt materielle« und soziales Aufsteigen den Familien Gefahr in rassenhygienischer Beziehung?' Es soll be- sonders daraus Rücksicht genommen werden, daß sich in den wohl- habenden gebildeten Schichten der Städte wie in den bessergestellten Kreisen der Arbeiterschaft ein starkes Sinken der Geburtsziffer be- merkbar macht und damit zu maffenhastem Erlöschen tüchtiger Familien wie zur Ausschaltung wertvoller Erbanlagen aus dem Leben unserer Raffe führt. Einfacher und richtiger würde für die Arbeiterschaft die Frage so formuliert:Bringt die durch die ökonomische Situation wachsende Unmöglichkeit. Kinder aufzuziehen, Gefahr usw.? Und wird diese in allen enttvickcltcn kapitalistischen   Ländern beobachtete Erscheinung in Deutschland   nicht noch wesentlich! verschlimmert durch unser nationales Schutzzollsystem?"