Nr. 290. 29. Iahrgavg.1. KtilU Ks JoriüStls" ßctlitift»ollisliliitt.Dotlverstag, 12. Neiember 1912.Reichstag83. Sitzung. Mittwo ch, den 11. Dezember 1912.nachmittags 1 Uhr.'Am BundeSratStisch: Kühn, v. Tirpitz, Dr. Delbrückd. Heeringen.Auf der Tagesordnung steht imnächst ein Nachtragsetat der800 000 M. für Maßnahmen zum Schutze deutscher Interessen au-läßlich der politischen Unruhe« in China fordert.Abg. Noske(Soz.):Wir halten die vorliegende Forderung der Regierung für durch-auZ unberechtigt. Als im März d. I. ein Betrag gefordertwurde, damit vorübergehend ein Teil der Beiatzung in Kiauifchoulänger in China bleiben könne, wurde betont, es handele sichum eine ganz vorübergehende Maßregel. Man ver-wies darauf, daß die Revolution das chinesische Reichin seinen Grundsesten erschüttere, daher müsse deutsches Leben undEigentum gescvützt werden. Die damals vom Reichstag beschlosseneSwutzmaßnahme ist erfreulicherweise überflüssig gewesen. Essind zwar während der Revolution Ausschreitungen von Chinesengegen Chinesen in Menge verübt worden. aber das chinesische Volkbat doch so viel politische Einsicht gezeigt, daß es davor zurück»schreckte. Leben und Eigentum fremder Staatsangehöriger anzutasten.Inzwischen ist eine gewisse Konsolidierung der Ver-Hältnisse in China zweifellos eingetreten. Es ist jamöglich, daß früher oder später einmal wieder Schwierigkeiten ent-stehen könnten, aber auf so vage vermutete Möglichkeiten hingeht es nicht an, dauernd in einem fremden Lande eine solcheTruppenmenge zu stationieren. Deutschland ist sogar im Votteilgegenüber anderen Mächten in China, weil es seine Truppendauernd in Ostasien unterhält und auch eine größere Flottenmacht.Es steht jedenfalls verhältnismäßig nicht ungünstiger da als andereMächte.' Die deutsche Politik in Ostasien ist eine Zickzackpolitikgewesen. Den Japanern hat man im Frieden von Schimonosekidie Siegesbeute abgejagt und dann hat man beim Boxerausstand vonder gepanzerten Faust geredet. Jetzt will man moralische Erobe-rungen in China machen. Die Gründung der Hochschule in K i a u t s ch o uist ja auch zweifellos eine Kulturerrungenschaft. Allerdings wäre inDeutschland für kulturelle Zwecke noch viel mehr zu tun. In letzterZeit ist von einer Steigerung deutschen Ansehens in China nichts zumerken gewesen. Die republikanische Regierung hat sich für die Neu-einrichtung der Verhältnisse Berater aus allen möglichen Nationengeholt, nur keine deutschen Berater. Durch Entfaltungmilitärischer Macht werden wirtschaftliche Verhältnisse nie gebessert.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Sachkenner behaupten,daß das deutsche Kapital in China lange nicht die Be�weglichkcit gezeigt habe wie z. B. das amerikanische, unddaß eS wieder einmal eine Gelegenheit gründlich verpaßthabe. Wir halten eS auch nicht für notwendig, daßChinas Empfindlichkeit von uns immer aufs neue verletzt wird.Der Hauptträger der revolutionären Idee, S u n j a t s e n. hat esfür wünschenswert bezeichnet, daß Deutschland in nicht zu fernerZeit sich mit dem Gedanken vertraut mache, sich gegen irgend eineEntschädigung aus Kiautschou zurückzuziehen. Dadurchwerde es sich in China große Sympathien erwerben. Aus allendiesen Gründen erblicken wir in der Vorlage keine Förderung, sonderneine Benachteiligung deutscher wtrtschafticherInt ere s s en in China und werden g e g e n die Forderung derRegierung stimmen.(Bravo I bei den Sozialdemokraten.)Abg. Dr. Paaschc<natl.>: Herr Noske ist falsch unterrichtet,wenn er meint, daß däS deutsche Ansehen in China durch seinVorgehen nicht gestiegen ist. Ich kann aus eigener Erfahrungdas Gegenteil feststellen. Sehr hohe Würdenträger Chinas siedelnsich jetzt in Kiautschou an. um sich unter den Schutz Deutschlandszu stellen. Falsch ist auch die Auffassung, als ob die Soldatennicht zu dieser Erhöhung unsere« Ansehens beitragen. In Chinahat auch wirtschaftlich der am meisten Einfluß, der die größteMachtentfaltung zeigt. Vielfach übersteigt unser Handel dort denEnglands. Wir würden auch für wettergehendeForderungen eintreten, als die Vorlage bringtAbg. Noske(Soz.):Früher hat Herr Paaschs selbst Kiautschou nicht als Platz ander Sonne bezeichnet, er meinte sogar, niemand würde jetzt nochnach Kiautichou gehen, wir könnten nur nicht weg, weil wir unsRleims fcuillctonDie Schauspieler gegen die Kientöppe. Die im Bühnenbereinorganisierten Tbeaterdirekloren halten ihren Schauspielern die Be-teiligung an Lichtspielaufführungen verboten.— Kurz darauf mimtendrei bekannte Bühnenkünstler— Massary. Giampietro, Pallenberg—fürs Kino. Die Organisation der Dramatiker erklätte der unedlenKonkurrenz den Krieg bis aufs Messer.— Heute werden unsereersten Dramatiker für das Filmtheater beschäftigt und gerade fürden Zweig, der keiner Veredlung fähig ist: für das taubstummeDrama. In den Kreisen der Schauspieler, die ja unter dem schlechtenGeschäftsgang der Theater in erster Linie zu leiden haben, siehtman diesen Umschwung mit sehr gemischten Gefühlen an. Manfragt hier:Glauben die Hauptmann. HoffmannSthal und alle die anderenwirklich einen veredelnden Einfluß auf die Menge auszuüben� wennsie ihnen„photographisch' kommen werden? Ist denn ihre Spracheso arin an Ausdruck, daß sie von nun an sozusagen mit den Händenreden müssen? Sie werden das Volk ihren Werken und damit der Bühnenoch mehr entfremden. So ist das Dichterwort nicht zu deuten: daßder Künstler bilden und nicht reden solle. Hauptmann und diejunge Generation haben uns noch manches zu erzählen. Aber aufden Brettern, die die Welt bedeuten und nicht auf einer Leinwand,die nur dem Auge elwas vorgaukelt. Wird der Dekorationsmalerzum Seelenmaler. so kann die Kunst zu gewinnen. Schlimm stehtes aber um die Kunst, wenn umgekehrt der Seelenmaler nur nochTckoratioueii malt.Man kann den Klagen der Schauspieler nur beistimmen— imInteresse der Kunst und im Interesse des Kinos. Das Lichtbild-thealcr ist heute auf falschen Wegen, wenn es.Dramen' spielenwill. Es hat große und schöne Aufgaben genug, wie wir hier kürz-lich erst gezeigt haben.Ein bedeutsamer Nebelflug. Für England, das Land de§ Nebels,hat die Flugkunst nur dann eine größere Bedeutung, wenn es ge-lingt. die Piloten in der Orieiiiierungslunst und der Benutzung desKoinpasses so auszubilden, daß sie auch bei düsigem Welter ihre»Weg finden. Natürlich ist es ganz ausgeschlossen, bei wirklichemLondoner Nebel, wenn der Verkehr fast stockt, eine Flugmaschine zusteuern. Aber der Engländer hat außer dem Wort kog für den unvergleichlichen Erbsiuvpennebel noch einen anderen Ausdruck fürunsichtiges Wetter: tnist Dies Wort ist nicht identisch mit demdeutschen gleicher Schreibweise, sondern bedeutet ungefähr das. wasman>» Norddeutschland unter Nebelwetter versteht. Miot� istdas Welter in England fast m der ganzen Winlerzeit, klares hellesFroftwetter kennt man in dem Jnielreich kaum. Soll also dieFlugkunst nicht während der Wintermonate in England vollständigbrachliegcn, so müssen die Flieger imstande sein, ihre» Apparatnach dem Kompaß zu steuern. Einen derartigen Nebelflug. derdie besten Perspektiven für die Zukunft eröffnet, absolvierte amSonnabend der ausgezeichnete Handley-Page Eindecker. Er hattesonst dem Gelächter der Welt aussetzen würden.(Hört Ihört l bei den Sozialdemokraten.) Nach seiner Beweisführung habendie Freunde des Herrn Paaschs unserem Ansehen in China selbsteine» tödlichen Schlag versetzt, als sie für die Auslösung des oft-asiatischen Detachemenls stimmten. Es kommt nicht auf die Zahlunserer Truppen dort, sondern auf die Geschicklichkeit unserer Diplo-matte in Peking an.(Sehr wahrl bei den Sozialdemokraten.)Der Nachtragselat wird hierauf angenommen.Auf Antrag des Abg. Dr. Spahn(Z.) wird sofott in diedritte Lesung eingetreten und in dieser der Etat debattelosangenommen.Es folgt die Fortsetzung der Besprechung der InterpellationAblaß u. Gen.(Vp.) betr.Koalitionsfreiheit der in staatlichen Betrieben be-schäftigten Arbeiter.Abg. Jckler(natl.): Bevor ich mich zum Gegenstand der Jnter-pellation wende, muß ich erklären, daß die Ausführungen des Staats-sekrctärs über dieGewerkschafts-Enzyklika uns außer-ordentlich überrascht und befremdet haben. Er hatdie politische Seite der Enzyklika völlig übersehen.(Zustimmungbei den Nationalliberalen.) Für die Aufrechterhaltung der KoalitionS-freiheit sind auch wir. Es handelt sich aber hier um Staats-arbeiter, die ein Streikrecht nicht haben können. DerEisenbahnerstreik in Frankreich ist mit aller Energie vondem früheren Sozialisten Briand unterdrückt worden. Das ganzeWirtschaftsleben Frankreichs ist durch diesen Streik zurückgeworfenworden.(Sehr richtig I bei den Nationalliberalen.) Der Kriegs-minister hat die Arbeiter auf die Arbeiterausschüsse hingewiesen.Diese machen sich auf dem Papier sehr schön, in der Praxis ist esanders; es muß eine Organisation hinter ihnenstehen, wenn sie etwas sollen ausrichten können. Wenn die Staats-arbeiter kein Streikrecht haben, müssen sie ein Aequivalent dafür be-kommen und so gestellt werden, daß sie einen Streik gar nichtnötig haben. Die Anerkennung der Berufsorganisation ist dasmindeste, was wir verlangen müssen. Aber davon ist die Militär-Verwaltung weit entfernt. Ich bin wegen des Erlasses des Kriegs-minister« im Kriegsministerium vorstellig geworden. Dort sagte mirder Vertreter des Generals v.Wandel— er selbst hatte keine Zeit—:Der Erlaß ist mißverstanden worden, keiner denkt daran, den Ar»bestem die Zugehörigkeit zum Militärarbeiterverband zu verbieten.Kein Jurist kann aus dem Erlaß etwas anderes herausfinden, nurdie einfachen Arbeiter sollen es. Gestern hat der Kriegsministervon der verhetzenden Tätigkeit des Verbandes ge-sprachen. Es wird jetzt eben alles zusammengetragen, um daSVerbot nachträglich zu rechtfertige». Warum bestreitetman denn dann, daß überhaupt ein Verbot erlassen ist. Nur anvier Orten sei der Erlaß mißverstanden, ist uns gesagt. Aber anwieviel Dienststellen? Spandau z. B., wo der Erlaß als Verbotaufgefaßt ist, hat sehr viele Dienststellen. Im Kriegsministeriumwurde mir gesagt, der Erlaß richte sich gegen alle Organisationenund untersage lediglich das Agitieren auf der Arbeits-stelle. Dann wurde auch die scharfe Sprache des Organsdes Verbandes erwähnt. Nun versprach der Vorsitzendeausdrücklich, alle Schärfen sollten in Zukunft vermiedenwerden, doch sollte man auch den berechtigten Wünschen von maß.gebender Stelle entgegenkommen. Darauf haben wir uns aus-drücklich geeinigt. Aber einige Tage später erfuhren wir durch diePresse, der Erlaß sei noch auf andere Dienststellen auS-gedehnt. Darüber mußten wir erstaunt fein. An dem gutenWillen der Militärarbeiter hat es nicht gefehlt(Zuruf bei denSozialdemokraten: Sie hätten artiger sein sollen!). Der Kriegs.minister hat gestern sehr schroff gesprochen, aber den Organisationsgedanken schafft er aus den Herzen der Arbeiter nicht ntehrheraus, und wenn eine Koalitton verboten wird, werden dieArbeiter in eine andere Organisation gehen, diedem Mini st er noch weit unangenehmer seinwird.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Sie kommen zu unSl)Jawohl und deshalb erhebe ich eben meine warnende Stimme.— Auf allen Seiten ist die Denunziatton zu verutteilen. BeimWahlkampf hat der„Vorwärts' die Staatsarbeiter denunziert,als seien sie Sozialdemokraten.(Abg. Ledebour(Soz.): Dasist doch keine Denunziation!) Es ist doch keine Ehrenerklärung,sondern eine Denunziatton, wenn man sagt, sie haben gegenden fortschrittlichen und für den sozialdemokratischenKandidaten Stellung genommen(Lachen bei den Sozialdem.).Für die Eisenbahner haben wir das Entgegenkommen von oben, wieich es für die Militärarbester verlangt habe, wenn auch nicht vielleichtauf jeder kleinen Dienststelle. Wunschlos find natürlich auch diein der vorigen Woche von Hendon, dem Hauptflugplatz Londonsaus einen Flug, nach dem zirka fünfzig Kilometer entferntliegenden Flug- und Rennplatz Brooklands unternommen und hattedort landen müssen. Er startete am Sonnabend mit Passagierin dichtem Nebel und bei böigem Winde in der RichtungHendon. Die Orientierung nach der Karte war unmöglich, bald nachdem Ausstieg war das Gelände vollkommen unsichibar, nur eineKirchturmspitze tauchte einen Moment auf. Der Eindecker stieg zu400 Fuß Höhe auf und wurde nur nach dem Kompaß gesteuert. DerFlugplatz Hendon war auch auf ganz geringe Entfernung noch nichtsichtbar, so daß der Flieger längere Zeit über der Gegend kreisenmußte, bis er, langsam niedergehend, schließlich den Aerodrom ent-deckte und landen konnte. Dieser Nebelflug beweist, daß eineOrientierung nach dem Kompaß auch bei geringen Entfernungenmöglich ist.Die neue Hauptstadt Australiens. Als zu Beginn des vorigenJahrzehnts die fünf großen Festlandkolonien Australiens und Tas-manien zum australischen Bunde, dem..Commonwealth of Australia",zusammentraten, beschloß man, als Sitz der künftigen Zentral-regierung in einem eigens hierfür zu erwerbenden Gebiete eineneue Hauptstadt zu errichten. Räch langen Verhandlungen einigteman sich schließlich dahin, in dem im Süden von Neusüdwales ge-lcgenen Bezirk Daß-Canberra ein Gelände von 900 englischenOuadratmcilen Größe als Bundesterritorium anzukaufen. In dernördlichen Hälfte dieses Gebietes soll nun an den Ufern des Mo-longloflusses die neue Hauptstadt des Erdteils erstehen und inihren Mauern die Regierung und das Parlament beherbergen. Dieneue Siedelung wird von der Meeresküste in der Luftlinie etwa1!0 Kilometer, von Sydney rund 250 Kilometer entfernt sein. Sieerhebt sich inmitten einer Ebene, umrahmt von Hügeln und Ge-birgszügen, die bis zu Höhen von 900 bis 1000 Meter emporsteigen.Die Einwohnerzahl der Stadt veranschlagt man für den Anfangauf etwa 25 000 Köpfe. Als Sitz sämtlicher BNndesbehörden wirdsie eine große Zahl öffentlicher Gebäude aufweisen. Um geeigneteEntwürfe für den Bau der Stadt zu erlangen, hat man vor einigerZeit einen internationalen Wettbeiverb ausgeschrieben, aus demsoeben ein junger amerikanischer Architekt als Sieger hervor-gegangen ist. Die preisgekrönte Arbeit weist verschiedene beachtens-werte Neuerungen auf. Vor allem verzichtet sie in weitgehendemUmfange auf die schachbrettartige Anordnung der Straßenzüge, dieden Anforderungen eines raschen Verkehrsausiausches nur schwergerecht wird. Deshalb sieht der Plan in jeder der beiden durchden Molonglo getrennten Stadthälfien einen Mittelpunkt vor, vondem die Hauptstraßen ausstrahlen; andere. Straßen nehmen inähnlicher Weise von Zentren zweiten Ranges ihren Ausgang. DasParlamentsgebäude soll auf einer die ganze Stadt beherrschendenAnhöhe seinen Platz finden. Die Niederungen entlang dem Fliiß-laufe sollen botanische und zoologische Gärten sowie öffentliche Anlagen einnehmen: durch Aufstauung des Flusses will man eine Reihevon Seen gewinnen, die zur Belebung des Landschaftsbildes bei-tragen sollen.Eisenbahner noch nicht. Organisationen gegenüber, die auf dasSireikrecht verzichten, sollten die Verwaltungen nicht so engherzig'ein, sonst hat den Vorteil nur die Sozialdemo-k r a t i e.(Sehr richtig I bei den Nationalliberalen.)Abg. v. Winterfeldt(k.): Der Vorredner ist ja warm wie einVater für sein Kind für seinen Verband eingetreten. Wir müssenaber annehmen, daß der Kriegsminister vollgültiges Beweismaierialfür seine Behauptungen über die Hetzereien des Militärarbeiter-Verbandes und seines Borsitzenden hat.(Abg. Ledebour: Dannhat er es vorzulegen!) In der Beurteilung der Rechtslage stimmenwir ganz den Darlegungen des SiaatsselretärS Dr. Delbrück zu.Daß der Z 138 des B. G.-B. v. I. 1900 in dem Sinne gedacht war.wie es Herr Bauer geestern darlegte, ist wahr, aber die Praxis istdem nicht gefolgt. Das Sireikrecht hat jetzt auch Frankreich denEisenbahnern genommen. Es geschieht von den Behörden alles fürdie Arbeiter, was billigerweise geschehen kann. Jahrfür Jahr erhalten sie Lohnerhöhungen. Auch die ArbeiterauSschüffesind gut ausgebaut.(Bravo! rechts.)Abg. Dombeck(Pole): Wir verlangen für alle gewerblichen Ar-bester ein freies Koalitionsrecht mit Streikrecht.Dasselbe Recht müssen die nicht fest angestellten Staatsarbeiter haben.Es sollte ein einheitliches Arbesterrecht mit der Anerkennung des NechtSauf Arbeit geschaffen werden. Heber die Rede des Herrn Jckler habeich mich sehr gefreut. Er sollte diese Ausführungen nur einmal vorden nationalliberalen Großkapitalisten in Ober-f ch l e f i e n mit ihrem Vertreter Herrn V o l tz machen, dann wirder ja sehen, welche Aufnahme er da findet.(Sehr gut I bei denSozialdemokraten.)Preußischer Generalmajor Wandel: Wir gestatten den Arbeitemdurchaus, irgend welchen Organisationen beizutreten und gehen auchallen Wünschen der Arbeiter und Organisationen nach. Was denvon dem Abg. Bauer gestern erwähnten Fall anlangt, so hat derBetreffende weder vor semer Abfahrt, noch nach seiner Rückkehr ge-sagt, daß es sich um das Begräbnis seines Vaters handelte. Es istzuzugeben, daß der Vorstand der Werkstatt schroffer ver-fahren ist als nötig war. Der Betretende ist übrigens seitlängerer Zeit wieder angestellt bei einem technischen Institut.Also die Sache ist vollkommen in Ordnung gebracht. Was das Ver«halten des Militärarbeiterverbandes anbetrifft, so ist der Tonseines Organs mit der Zeit immer beleidigender geworden.Ich habe eine reiche Masse von Beweisen dafür, wie die Vorgesetztenherabgesetzt und dadurch eine schwere Schädigung der Disziplinherbeigeführt worden ist. So heißt eS z. B. am 11. Dezember 1908:„Die Arbeiter streicheln die Hand, die sie schlägt, undküssen den Fuß, der sie tritt."(Hört! hört I rechts.) Aneiner anderen Stelle hieß es von einem Arbeiter, daß er entlassenwurde,„um ein paar faule Herren in ihrem lichtscheuen Treibennicht zu stören."(Hört I hört I rechts.) In ähnlicher Weise sind dieLohn- und Arbeitsverhältnisse verächtlich gemacht. Am 10. April 1908wurde geschrieben:„So stehen die Staalsarbeiter weit hinter demgeringsten Arbeiter der Privatindustrie". Am 20. April 1910 wurdeeine Schilderung von einem Wohlfahrtsraum gegeben, die voll-kommen aus der Lust gegriffen war. Am 6. Mal 1911 heißt eS t„Alle Bitten der besser gestellten Arbeiter werden mit hohlenPhrasen abgetan. Ein Willkürakt steht neben dem andern." Am20. Dezember 1911 wird von Arbeiterausschußmitgliedern in Metz-Diedenhofen gesagt, daß sie ihr Ehrenamt zur Verherrlichung ihrerwerten Person ausüben und Schnüffler und Spitzel feien.(Hört! hörtl rechls.) dem Artikel, von dem Herr Bauer meinte,er wäre nicht so schroff, heißt eS:„Kummer und Sorgen ist dasResultat eines Lebens von Mühseligkeit, treuer Pflichterfüllungund unerschütterlichster Vaterlandsliebe; frühzeitiges Siechtum.eine Altersversorgung, die jedem ArbeiSchrecken einflößt, usid früher Tod find dieBegleiterscheinungen".(Zuruf bei den Sozialdemokraten:„Istdas denn unwahr?") Wenn auch der Vorsitzende Buschold nach-her erklärt hat, er bedauere diesen Ton, so ist doch das Gift nuneinmal verspritzt.— Mißverstanden ist der Erlaß als ein Verbotdes Verbandes nur von einzelnen Dienststellen. In einem Teil derStellen ist tatsächlich falsch verfahren worden. Die Auflösung ein-zelner OrtSverwallungen ist freiwillig erfolgt. In einem Octhaben die Arbeiter ausgesprochen, daß der Ton der Verbandspresseihnen schon längst nicht mehr gefalle. Die meisten Ortsverwaltungenhaben den Sinn des Erlasses vollständig klar erkannt. In Dan zighat Buschhold selbst anerkannt, daß der� Erlaß eine den Verbandschädigende Wirkung nicht gehabt habe. Mehr kann man doch nichtverlangen.Abg. Hegenscheidt(Rp.): Die Herren von der Linken können ihreNotizen.— Gerhart Hauptmann und da? Friedensideal.Bei dem Bankett der Nobelpreisträger, daS in Stockholm stattfand, feierte G. Hauptmann den Frieden.„Ich trinke darauf—sagte er—, daß das der Stiftung zugrunde liegende Ideal seinerVerwirklichung immer nähergeführt werde: ich meine daS Idealdes Weltfriedens, daS ja die letzten Ideale der Wissenschaft und derKunst in sich schließt. Die dem Kriege dienende Kunst und Wissen-ichaft ist nicht die letzte und echte, die letzte und echte ist die, die derFriede gebiert und die den Frieden gebiert. Und ich trinke auf dengroßen, letzten und rein ideellen Nobelpreis, den die Menschheit sichdann zusprechen wird, wenn die rohe Gewalt unter den Völkerneine ebenso verfemte Sache geworden sein wird, als eS di» roheGewalt unter den menschlichen Individuen der zivilisierten Gesell-schast bereits geworden»st."Schade, daß man von solchen Gedanken in Hauptmann? Werkenseit langem nichts inehr findet.— Ein Friedenspreiskandidat, an den niemanddenkt. Das Nobelkomitee des norwegischen StorthingS, daS denNobelfriedenspreis zu vergeben hat, soll den Beschluß gefaßt haben,ihn dieses Jahr nicht zu verleihen, weil keine Arbeit zur Förderungdes Friedens und kein Kandidat ihm lvürdig schien.... Hat daSKomitee denn gar nicht an die Internationale gedacht, die eben inBasel die würdigste und wirksamste Arbeit zur Förderung desFriedens verrichtet hat, die überhaupt seit Bestehen des Preises ge-eistet ist? Oder meint es(init Recht), die internationale Sozial-demokratie täte ihre Pflicht auch ohne Preise? Trotzdem hätte ihrallein der Preis gebört.— Der Künstler schafft, der Kapitals st ver-dient. Warum die Begeisterung des internationalen Kunst-Handels für die französischen Impressionisten so groß ist, ersiehtman an einer Versteigerung der Galerie Rouart in Paris. Dawurden Preise erzielt, die beweisen, daß die Impressionisten jetztwirklich„klassisch" geworden sind, klassisch für die Spekulation, diean diesen modernen Werken soviel verdienen kann, wie sonst nuran alten Meistern. Für ein Bild„Tänzerinnen an de- Stange"von dein noch lebenden D e g a s wurven 435 990 Frank bezahlt.Er soll seinerzeit einige hundert Frank dafür erhalten haben.— Um Strindbergs Erbe. Die Kinder Strindbergs,die sich zu seinen Lebzeiten wenig oder gar nicht um ihn kümmer-ten, sind in Streit geraten mit dem deutschen Uebersetzer Strind»bergs Emil Schering. Dieser hat große Opfer für StrindbergsWerk gebracht, aber die Erben wollen den Profit davon einsacke»,.Der Schutzverband deutscher Schriftsteller, der sich mit der An-gelegenheit beschäftigte, hat seine Entrüstung über das Verhaltender Erben ausgesprochen und seinen Syndikus mit der Wahrungvon Scherings Rechten betraut.— Die Neue Freie Bühne teilt uns mit, daß die Ehe-lomödie von Robert Walter„Der Ka n» m e rd i er" jetzt mitbehördlicher Genehmigung vor den Mitgliedern und Pressevertreternam 14. Dezember, nachmittags SVfc Uhr, im Komödienhaus erstmaligin Szene geht.