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Nr. 16. 30. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonntag, 19. Januar 1913.

Kurze Anfragen.

Verlängere

Kaspar v. Bethmann: Du weißt, daß meine

Frist schier abgelaufen ist.

fie noch einmal mir.

Samiel Erzberger: Nein!

Kaspar v. Bethmann: Ich bringe neue Opfer Dir.

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Samiel Erzberger: Welche?

Kaspar v. Bethmann: Ein neues Sozialisten

4

gesez, Aufhebung des Jesuitengesetes!

Samiel Erzberger: Es fei!

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Bei den

Pforten des Vatikans!

( Aus dem Freischüt", Wolfsschluchtszene.)

Kleines Feuilleton.

Wieland als Journaliſt.

Es ist verboten, dem Teufel neugierige Fragen vorzulegen und es wäre eine schwere Sünde, sich mit dem Satan in ein längeres Gespräch einzus lassen; dagegen ist es probabilus mur läßliche Sünde ihm nur die cine oder andere neugierige Frage vorzulegen."

Aus der Moraltheologie" ( 2. Aufl., Bd. I, 400 S.) bon Franz Adam Göpfert, Professor der Moraltheologie.

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Hbgeordnetenbaus.

114. Sigung. Sonnabend, den 18. Januar 1918,

bormittags 11 hr.

Am Ministertische: v. Breitenbach, Dr. Lenge. Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Beratung des Nachtragsetats betreffend

Ausbau des Eisenbahnnetes

und Erhöhung der Remunerationen für Eisenbahnbeamte.

Abg. Ströbel( Soz.):

Bei der Besprechung des Nachtragsetats in der Kommission hat die etatstechnische Seite einen sehr breiten Naum eingenommen, die Frage, ob es richtig sei, diese 60 Millionen auf den Ausgleichsfonds zit übernehmen oder sie auf Anleihe zu übernehmen. Es ist schließlich der Regierung das Zugeständnis abgepreßt worden, daß solche Mittel in Zukunft nicht wieder aus dem Aus­gleichsfonds genommen werden sollen. Warum dieser eigen tümliche Streit? Der Ausgleichsfonds beträgt doch mehrere hundert Millionen, so daß die 60 Millionen demgegenüber kaum in Betracht kommen. Der eigentliche Grund dieses Streites liegt darin: man will in dem Ausgleichsfonds einen Referbe fonds sich erhalten, um auch in Zeiten schlechter Konjunktur die Zuschüsse, die von den Eisenbahnen für die allgemeinen Staats­ausgaben geliefert werden, in gleicher Höhe zu erhalten und zwar deshalb, um sich vor einer Erhöhung der direkten Steuern zu drücken. Gegenwärtig plant man sogar die Zuschläge nicht nur zu den mitt­leren und niederen Einkommen da tväre es ein elementares

Gebot jeder steuerlichen Gerechtigkeit sondern auch die Zu schläge zu den hohen Einkommen zu beseitigen. Man will den allerreichsten Leuten damit ein Geschent machen. Es ist ein ganz ungesundes Verhältnis, daß der preußische Fiskus in dieser Weise zur

Plusmacherei in seinen Betrieben

gezwungen ist, es müßten viel mehr direkte Steuern von den großen Einkommen bezahlt werden. Aber das wollen die Herren nicht, und deshalb fehlen ihnen dann die Mittel für die aller­dringendsten Kulturaufgaben. Interessant war, daß in der letzten Mittwochfizung der Budgetkommission der Abg. Rewoldt erklärte, daß Teuerungszulagen nur für tinderreiche Familien in Betracht fämen. Das genügt nicht. Wenn man es durchaus bei Teuerungs­zulagen bewenden lassen will, dann müssen sie für sämtliche Beamte, ob verheiratet oder unverheiratet, eingeführt werden. ( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es muß festgenagelt werden, daß in der Kommission niemand dem Abg. Newoldt ent gegengetreten ist. Es ist unbedingt notwendig, daß wir die Parteien hier zu ganz bestimmten Erklärungen provozieren. Ich glaube nicht, daß Sie auch diesmal den Mut haben werden, zu erklären, diese Wünsche der Beamten, die von den Vertretern der bürgerlichen Par teien im Reichstag als durchaus berechtigt anerkannt sind, fönnten aus Mangel an Mitteln nicht befriedigt werden. Eine Kläg lichere Ausrede ist bei der glänzenden Finanzlage des preußischen Staates gar nicht denkbar.( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Hat doch die. Mehrheit der Steuerkommission fogar beschlossen, mit Rücksicht auf diese glänzende Finanzlage die Steuern herab­zusetzen. Wenn man das Gesetz über den Ausgleich sfonds richtig auslegt, kann dieser ohne weiteres für solche Zivede in Anspruch genommen werden, zumal ja ja die Eisenbahnbeamten den größten Teil der preußischen Beamten bilden. Man tönnte also ruhig noch 20 Millionen mehr im Interesse der Beamten aus dem Ausgleichsfonds entnehmen. Ich wundere mich, daß keiner der bürgerlichen Abgeordneten auf diesen so nahe liegenden Gedanken gelommen ist. Und wenn man das nicht will, fann man ja auch eine Anleihe zur Dedung der Aufbesserung der Gehälter der Beamten anfnehmen.

Herr Bartscher hat ja neulich wenigstens zugestehen müssen, daß alle Unterbeamten Bulagen von 100 Mart bekommen sollten. Ich hoffe, daß das Zentrum wenigstens in dieser Forderung fest bleibt und nicht einem Nein der Regierung gegenüber wieder um fällt. Bei der Erbschaftssteuer und den ländlichen Fortbildungs­schulen hat es ja auch auf seinem Kopf bestanden und sich um das Nein der Regierung nicht gefümmert. Wenn das Zentrum auch dies mal wieder versagen sollte, so wäre das ein deutlicher Beweis, daß es nicht gewillt ist, positiv zugunsten der Beamten zu arbeiten.( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Brütt( ft.): Es war bisher nicht usus, Namen aus der Kommission zu nennen.( Sehr richtig! rechts.)

Abg. Dr. Pachnide( Bp.): Es bestand unter den bürgerlichen Parteien die allgemeine Neigung, dem Gesez en bloc zuzustimmen. Auch nach der Rede des Abg. Ströbel liegt fein Grund vor, davon abzugehen.( Abg. v. Pappenheim  : Sehr richtig!) Ein An­trag ist ja auch von den Sozialdemokraten zur zweiten Lesung gar nicht gestellt. Wir wünschen, daß die hier projektierten Bauten sobald als möglich in Angriff genommen werden, schon mit Rüdsicht auf die Verkehrsstockungen. Ich beantrage, der Vorlage ohne weitere Debatte zuzustimmen.( Bravo  ! bei der Mehrheit.)

Der Nachtragsetat wird hierauf in zweiter Lesung einstimmig arbeiter durch mißbilligende Noten verdrießlich, ja sogar abwendig", neuen Zielen zugewandte Deutschland   inspirierte Kritik der heutigen wie Goethe sagt. Der Autor, dessen Name am meisten im Merkur" deutschen Reichskultur enthält. Wir finden darin nachstehende auftauchte, war natürlich Wieland selbst. Er hat in den Jahren Charakteristik: 1773 bis 1796 alle seine Schriften bis auf die Uebersehungen Kriegerverein: Veteranenverein. Es gibt deren in jedem zuerst in seiner Zeitschrift publiziert, und darunter befinden sich Dorf. Jeder frühere Soldat, der ihnen fernbleibt, reiht sich Zu seinem 100. Todestag am 20. Januar. feine bedeutendsten Werke. Aber nicht die großen Schriften, wie damit unter die Sozialisten und Ordnungsfeinde ein. Der Krieger­In der unendlich vielseitigen Tätigkeit Wielands auf allen Ge- der Oberon" und die Abderiten", waren es, die dem" Mertur" verein ist derart eine Zählmaschine, die vollkommen funktionieren bieten der Literatur nahm sein wirken als Journalist, Herausgeber seine besondere Gigenart gaben und ihn dauernd in der Gunst würde, wenn es nicht falsche Ordnungsfreunde gäbe, wie es falsche der angesehenſten deutschen Zeitschrift seiner Zeit, feineswegs den Wielands, seine vielseitigen Auffäße und Plaudereien, in denen Arme sind. Es gibt zwei Sorten Veteranen: die Sechzigjährigen, des Publikums erhielten, sondern die vielen kleineren Arbeiten Bourgeois gibt mit Schlußrock und Zylinderhut, die nur verschämte geringsten Platz ein. Es ist der berühmte Teutsche Merkur  ", den er, im Hinblick auf den schon bestehenden Mercure de France", im er sich ungezwungen über die verschiedensten Gegenstände äußerte. Die den Krieg mitgemacht haben und die anderen, die sich, wenn fie Jahre 1778 begründete, und dessen Redaktion er 23 Jahre lang ge- leichten und gefälligen Stil geradezu das Ideal eines Journalisten. Festtagen überschwemmen sie, mit Schlußrod und Zylinder, die In der Tat war Wieland mit seinem reichen Wissen und mit seinem getrunken haben, es einbilden. An den Sonntagen und patriotischen führt hat. Ursprünglich war Wieland auch fein eigener Verleger, Goethe selbst, Schiller und Herder haben öfter für den Merkur" Frühzüge und versammeln sich im Hauptort ihres Bezirks. bis er im Jahre 1800 den Merkur an die Gädiesche Buchhandlung geschrieben. Daneben finden sich Merck und Jacobi, so daß die Unter dem Präsidium eines pensionierten Obersten trinken fie abtrat. Wieland ist ein sehr erfolgreicher Zeitschriftenredakteur ge- blauen Wefte der Wielandschen Revue tatsächlich jahrelang den viel Bier, fingen drei oder vierstimmig: Der Gott  , der Eisen wesen; er verstand es, die tüchtigsten Mitarbeiter und auch die Gunst richtigen Leitfaden der deutschen Literaturgeschichte bilden. Da wachsen ließ, der wollte keine Knechte", denunzieren die des Publikums in reichem Maße zu gewinnen. Mit dem Merkur" neben lieferte Joh. v. Müller wichtige historische und Reinhold, Abwesenden, trinken hatte er in Deutschland   etwas ganz Neues geschaffen; denn bis auf Wielands Schwiegersohn, philosophische Beiträge. weiter und kehren, von Alkohol und Siegerſtolz gerötet, nach der Eisenbahnstation zurüd, die sic Bieland existierte bei uns eine derartige vornehme literarische Revue Auch die Tagespolitif hat in Wielands Merkur" ihre mit ihren Bäuchen, ihrem Geschrei, ihren Fahnen und ihrem starken Der Merkur" ist, was man wohl nur von wenigen Stätte gefunden. An ihm hat Treitschte einmal gerühmt: er fei Geruch füllen. Es ist wahrscheinlich, daß sie im Verlauf ihrer Ge­Zeitschriften fagen darf, ein Stüd deutscher Kulturgeschichte geworden. unter den deutschen Schöngeistern des 18. Jahrhunderts der einzige lage, sei es in Befolgung eines geheimnisvollen Ritus, sei es aus Wielands Unternehmen hat auch ein begeistertes Rob seitens des Mannes empfangen, der am ehesten berufen war, darüber zu urteilen, gewesen, der wirklichen Sinn für die Politik besessen habe. Die bloßer Betrunkenheit, ihre Stopfbedeckungen und ihre Kleider aus­nämlich Goethe. In der großartigen Gedächtnisrede, die er am französische   Revolution war es vor allem, die feine Aufmerksam tauschen. Anders kann man sich's nicht erklären, daß jeder von ateit 18. Februar 1813 gehalten hat, spricht er ausführlich von des feit erregte. Ihre Entwickelung verfolgte er im Merkur" mit ihnen den Zylinder und den Schlußrod seines Nachbarn zu tragen eben Berstorbenen Tätigkeit als Herausgeber seines vielgelesenen Brostem Interesse und mit einem ungewöhnlich flaren Blick für scheint und daß sie alle, wenn sich der Rausch gesezt hat, verschämten Journals". den Zusammenhang der Ereignisse. Armen gleichen. Der Zug gleitet mit herabgelassenen Scheiben durch " Hier ist es der Ort," sagte Goethe  , der für Deutschland   so einem solchen Falle niemals auszubleiben pflegt, nämlich eine Dörfer, Städte von Kohle und Arbeit. Und man müßte um Deutsch­Wielands Erfolge brachten eine Erscheinung mit sich, die in den jungfräulichen Schatten frischer Wälder, durchschneidet beliebige wichtigen Zeitschrift, des Teutschen Merkurs", zu gedenken. Dieses stets wachsende Konkurrenz. Unternehmen war nicht das erste in seiner Art, aber doch zu jener dafür dankbar sein, daß er durch seine Gründung die deutsche ihre Maskerade und ihre servile Häßlichkeit, und wenn sie nicht Wir müssen noch heute Wieland land verzweifeln, wenn einige von diesen Striegern nicht Scham über Zeit neu und bedeutend." Wie Goethe weiter betont, schaffte schon Publizistit in der glücklichsten Weise belebt hat. Der Name des Herausgebers der Zeitschrift Sympathien. Es erregte das Bedürfnis empfänden, wieder Joppe und Müze anzuziehen, bie größten Soffnungen, daß ein Mann, der selbst dichtete, auch die Der Kriegerverein. In der neuen französischen   Revue Les bevor sie Frau und Kinder umarmen." Gedichte anderer in die Welt einzuführen versprach." Besonders viel cahiers d'au jourd'hui"( Tageshefte), die die voranstrebenden Kräfte Der Tod der vorweltlichen Tiere. Unsere genaue Kenntnis der hat zu Wielands Erfolg seine Unparteilichkeit und Gerechtigkeit bei der Literatur, Kunst und Politit vereinigen will, um den reaktio- fossilen Tierwelt beruht auf dem für die Paläontologie glüdlichen getragen. Er vertrat niemals eine bestimmte Richtung, sondern nahm nären, katholisierenden Tendenzen in der bürgerlichen Welt des Ver- Umstand, daß sehr häufig zahlreiche Vertreter derselben Tierart an das Gute, woher es auch kommen mochte. Freilich hatte Wieland die falls entgegenzuwirken, veröffentlicht Marcel Ray eine geistreiche einem Blaze nahe beieinander aufgefunden worden find. Bisweilen üble Gewohnheit, die aufgenommenen Beiträge mit spitzigen redal- Erklärung einiger deutscher Worte", die in der amüsanten Form bedeutet die Fundstelle für die Wesen, so zum Beispiel für die tionellen Anmerkungen zu versehen; dadurch erwarb er fich natur- bon furzen Artikeln aus einem deutsch  - franzöfifchen Wörterbuch eine foffilen Korallen und die Foraminiferen in der Schreibkreide, gemäß viele Feinde. Er machte oft geschäzte, ja geliebte Mit- scharfe und dabei doch von starker Sympathie für das schaffende, Lebensort, Todesort und Begräbnisplatz zugleich, bisweilen wurdes

noch nicht.

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