Staatssekretär deS ReichSmartneamtS. Er hatte die FlottenpläneWilhelms II. nach Sem Motto:„Unsere Zukunft liegt auf demWasser" zu verwirklichen. Im Jahre 1897 geriet v. Hollmann mitdem Reichstage in Konflikt, denn das Zentrum war damals nochnicht flottenfromm. Die Budgetkommission wies eine Forderung fürSdjiffSiieubauten in Höhe von 256 Millionen zurück. Als Hollman»daraufhin zurücktrat, trat Admiral v. T i r p i tz an seine Stelle undnun folgte eine Flottenvorlage der anderen. Die bürgerlichenParteien wurden immer zahmer und bewilligten gehorsam, trotzmanchem Weh und Ach, was für die Marine gefordert wurde. ImFahre 1898 bewilligte der Reichstag bereits 408 999 999 M. für ein-malige Ausgaben. Diesem Flottengesetz folgte im Jahre 1999 einzweites, im Jahre 1905 ein drittes und im Jahre 1993 ein viertes,ohne dah ein Ende abzusehen ist. Nach dem Ausscheiden aus seinemAmte ist Herr v. Hollmann ein tätiges Mitglied des Flottenvereinsgewesen, d. h. der Organisation, der die Rüstungstreiberei Lebens-zweck ist. Auch die Großindustrie hat den Staatssekretär a. D. fürsich gewinnen können; er war Aufsichtsrat der Allgemeinen Elek-trizitätsgesellschaft, des Stettiner Vulkans usw. Zu Wilhelm II.soll der Verstorbene in enger persönlicher Beziehung gestanden haben.Der Kaiser richtete an ihn im Jahre 1993 den berühmt gewordenenBabel-Bibel-Brief.Herr v. Hollmann hat noch mit dem letzten Widerstände derbürgerlichen Parteien, vor allem des Zentrums zu kämpfen gehabt.Heute sind alle diese Parteien mit Bolldampf in das Fahrwasser desJmpenalismuS eingelaufen._Tie Budgetkommission des elsah-lothringischen Landtagshat am DienStag die Repräsentationsgelder deS Statthalters aufAntrag des Zentrums und mit Unterstützung der Sozialdemokratenvon 299 999 M. jährlich auf 199999 M. heruntergesetzt. Bereits imBorjabre wurde dies beschlossen, aber die Regierung kehrte sich nichtdaran, sondern strich einfach im Etat für 1913 die Worte„künstigwegfallend", die sich aus diese 109 999 M. beziehen, fort. Jetzthaben die Volksvertreter nochmals thren Entschluß kundgegeben. Inderselben Sitzung wurde ein Antrag der Sozialdemokraten eingereicht,der die Streichung der Disposilionsgelder des Statthalters in Höhevon 199999 M. verlangt._Ultramontane Regierung.Ter„Vossischen Zeitung" wird auö Nürnberg berichtet:„Eine Entschließung des bayerischen Ministeriums deS Innernfordert die Behörden auf. die von Sozialdemokraten begründetenArbeiter-Samariterkolonnen nicht zu fördern, sondern nur die desRoten Kreuzes zu unterstützen."Die Nachricht klingt zwar unglaublich, aber dem MinisteriumHertling darf man solche Leistung immerhin zutrauen.Protest gegen militärische Uebergriffe.Im elsaß-Iothringischen Landtag haben Fortschrittler und Sozial-demolraten folgende Resolution eingebracht:„Sind der Regierung die verschiedenen Fälle von Aus-schreitungen und unliebsamen Austritten, insbesondere von Mit-gliedern der Mülhausener Garnison, beziehungsweise dort ein-quartierter Regimenter, bekannt, und welche Schritte hat dieRegierung unternommen, um solche Vorkommnisse sür die Zukunstzu verhindern?"_Auch ein Grund.Weil der auf das Kriegsschiff„Posen" abkommandierte Marine«Jntendantur-Sekrctär Wolf in einem Schreiben seiner vorgesetztenBehörde nicht mit„Hochwohlgeboren" angeredet war und thm zurFertigstellung einer Arbeit eine bestimmte Frist vorgeschrieben wurde,fühlte er fich beleidigt und verlangte von dem Chef der betteffendenAbteilung Zurücknahme. Als dem nicht nachgekommen wurde, sandteW. durch den Marineingenieur Gottschalk dem Absender des Schreibenseine Forderung zum Zweikampf, die aber abgelehnt wurde. DasKriegsgericht der 2. Marineinsvektion verur�ilte im Oktober denichießlustigen Sekretär wegen Herausforderung zum Duell zu6 Monaten und den Ueberbringer der Forderung zu einem TagFestungshaft. In der Berufungsverhandlung am Montag vor demObcrkriegsgeiicht der Marinestalion der Nordsee in Wilhelmshavenverwarf das Gericht die Berufung des Angeklagten Wolf und er-höhte die Strafe gegen Goltjchalk auf 3 Tage Festungshaft.Das Mnilterium ßnand.Paris, 21. Jauuar. Das neue Kabinett hat sichheute nachmittag endgültig gebildet und setzt sich folgender-maßen zusammen: Vorsitz und Inneres: Briand; Aus-tvärtiges: I o n n a r t; Arbeit und soziale Fürsorge: RenöÄ v s n a r d; Handel: G u i st h a u; Landwirtschaft: FernandDavid; Kolonien: Jean Morel; Marine: B a u d i n;Krieg: Etienne; Unterricht: Steeg; Justiz: Barthou;Finanzen: Klotz; öffentliche Arbeiten: Jean D u p u y.Die beruhigten Radikale«.Paris, 21. Januar.(Privattelegramm des„Vorwärts".) Briand hat leichte Arbeit. Die radikalePresse feiert nachträglich die republikanische Wahl Poincarösund bereitet offensichtlich ihren Uebergang zu Briand vor.Aufsallend ist die Zufriedenheit der Wahlreformgegner.Sie erwarten von Briand weiteres Entgegenkommen.Jaurös meint sehr richtig, daß die beiden Lager umPoincarö und Pams gleich konservativ und zur Steuerreformebenso unfähig seien wie zur Sozialreform und zur demo-kratischen Umgestaltung des Heerwesens. Beide feien sie be-reit zu einer Politik, die nur der Form nach demokratisch,im Wesen aber konservativ oder rückschrittlich fei. Deshalbwerde Briand eine Mehrheit finden und bei der allgemeinenDesorganisation leicht herrschen können. Die einzigeSchwierigkeit bleibe die Wahlreform, über die die So-zialisten wachen werden.__England.Das Arbeitsprogramm des Parlaments.Loudon, 21. Januar. Premierminister ASquith gab das fürden Rest der Sitzungsperiode noch zu erledigende Pensum bekanntund sagte, er hoffe, daß das Hau« die Verhandlungen über dasGesetz betreffend die Trenn una der Kirche vom Staatin Wales und über die W a h l r e ch t S b i l l bis zum 12. Februarbeendet hoben und dann die notwendigen EtalSiiachträge und dieBill« betreffend die Gewerkschaften und die Eisenbahnenberaieu werde. Dies werde, hoffe er bis zum 29. Februarerledigt sein, worauf siw das HauS bis zum 13. März ver-tagen werde. Wahrend dieses ZestraumeS werde sich das Ober-hanS mit der Kuchen- und der WahlrechtSbill befasien.die Parlamentsakte sckreibl vor. daß zwischen dem Eingang einerBill im Oberbause und dem Ende einer Parlamentssitzung ein Zeit-raun, von einem Monat liegen muß. Es wj� desbalb angenommen.daß nach dem Wlederzu'amm-ntreien des Unierhanses am 18. Märzdas Parlament vertagt werden, und dann ohne weiteres eine neueSitzungsperiode beginnen wwd.China.Immer noch Anleiheschmerzen._ Peking, 29. Januar.(Meldung de« Reuterschen Bureau».) DieSechsmächtegruppe hatte gestern eine Note überaeben,toorw fie den ginanzmwsiter davon m Kenntnis setzte, daßdie Gruppe bereit wäre, den Anlelhevertrag zu unterzeichnendaß es aber wegen der Geldversteifung in Europalunmöglich sei, unverzüglich die Verpflichtung einzugehen.'die Borschüsse zu liefern, welche China verlangte. Chinaantwortete beute morgen, indem es seinem Bedauem über diese Er-öffnnng Ausdruck gab Und den Wunsch hervorhob, mit der Sechs-Mächtegruppe zu verhandeln. In der Antwort wird weiter ausgeführt,daß China während der jüngst wieder aufgenommenen VerHand«lungen sich gewissenhaft geweigert habe, andere Anerbietungenin Betracht zu ziehen, und daß es die Hinderniffe beseitigthabe, die mit der Crispschen Anleihe im Zusammenhang standen.Aber die baldige Auszahlung gewiffer Beträge sei notwendig.China sei daher gezwungen, andere Anleihe-Verhandlungen anzuknüpfen. Die einheimischenBankiers hätte» die Richtigkeit dieser Ausführungen an-erkannt. Beide Noten waren im freundlichsten Tone gehalten. Diechinesische Note läßt den Weg für den Abschluß der sechsfachen An-leihe offen, wenn die SechSmächtegruppe bereit ist, sie aus-zuiühren. Inzwischen sind ähnliche Borschläge durch andereFinanziers gemacht worden, wobei die Sicherheit durchdie unverpfändeten Ueberfchüsie aus der Salz- und Likin-steuer sowie aus der Wein- und Tabaksteuer der ProvinzenTfchili, Schantung, Honan und Kiangsu gegeben werdensoll. Der Minister des Aeußern beabsichtigt, die Gesandtender sechs Mächte morgen zu besuchen, um ihnen die Lage Chinasund seine Gründe auseinanderzusetzen, die dem Abschluß eines Ungewissen Vertrages entgegenstehen.Hus der parte!«Sozialdemokratie und Kriegsgefahr.Die Generalversammlung deS Sozialdemokratischen KreiSvereinSMülhausen i. Eis. nahm am letzten Sonntag, im Anschluß anfrühere Erörterungen über die Haltung der sozialdemokratischenReichStagssraktion. einstimmig die folgende, von dem Genosien JeanMartin begründete Resolution deS Vorstandes an:„Die Generalversammlung de« Sozialdemokratischen Kreis-Vereins Mülhausen i. Elf. erhebt Einspruch gegen die in derReichstagssitzung vom 3. Dezember vorigen JahreS, in einemAugenblick, der zu äußerster Vorsicht mahnte, abgegebene Er-klärung, die deutsche Sozialdemolratie wäre im Falle eines An-griff» von Rußland bereit, ebenfalls die Flinte auf den Buckel zunehmen und den Krieg mitzumachen. Die Versammlung erinnertdaran, daß die Unterscheidung zwischen Angriffs- und Ver-tsidigungskrieg nicht Sache des Proletariats sein darf, wenn dochdas Proletariat auf die von den kapitalistischen Staaten ab-geichlosienen Bündnisverträge wie auf deren ganze Auslands-Politik einen bestimmenden Einfluß nicht ausüben kann. DasBeispiel der Emser Depesche und die Unverfrorenheit, mit welcherneuerdings die Regierungsorgane mit Einschluß der klerikalenPresse Deutschlands und Oesterreichs den Streit um einenserbischen Adriahafen zu einer Lebensfrage für Oesterreich-Ungarnund zu einer Sache der deutschen Bundeötreue vom Belt bis zurAdria aufbauschte, zeigen, mit welchem sErfolge fortgesetzt dieIrreführung der Massen unter dem Borwande der nationalenVerteidigung von den Herrschenden betrieben wird. Bei dielerSachlage ist jede Lohalitätserllärung sozialdemokratischer Ab-geordneter für den hypothetischen Fall eines Angriffskrieges ge«eignet, die Aktionskraft des Proletariats für die Erhaltung desFrieden? zu lähmen und die Arbeitccmaffen zum unklaren undivillenlosen Werkzeuge der verbrecherische» Macht- und Raubgelüstezu machen, welche die imperialistische Politik beherrschen.Die Versammlung ersucht die sozialdemokratische Fraktion deSdeutschen Reichstages, zu dieser Frage bindend Stellung zunehmen,- um alle Zweideutigkeiten und Mißverständnisse über dieStellung der deutschen Arbeiterklasse zum Kriege für die Zukunftauszuschließen.Der Vorstand wird beauftragt, die Resolution dem Partei-Vorstande und dem Vorstände der ReichStagssraktion zur Kenntniszu bringen."_Ein beigelegter Konflikt.Im Gasthaus Zum Löwen in Degerloch fand am Sonntag,de» 19. d. M.,«ine vom württembergischen Landesvorstand ein-berufene Konferenz statt. Vertreten waren außer den Orte»Harthausen und Untersiclmingen sämtliche OrtSvereine von Stutt-gart Amt, ferner die Stuttgarter Parteileitung, der Kreisvorstandvom 1. Wahlkreis und der Landesvorstand. Einleitend wurden vomLandesvorstano einige Briefe bekanntgegeben, die ihm zu dieserSache zugingen und worin u. a. mitgeteilt wird, daß der Partei-vorstand die Teilnahme an der Konferenz ablehnte. GenosseBrückner(Vaihingen) eröffnete die Aussprache mit einer ein-gehenden Schilderung der Gründe, die dazu führten, daß 11 Orts-vereine von Stuttgart Amt die Zahlung vonBeiträgen an die Kreiskasse verweigerten. Durchdas Vorgehen der Stuttgarter, besonders bei der Errichtung desKreissetretariats, fühlten sich die ländlichen Mitgliedschaften majo-risiert; es kam noch ein« Reihe anderer Vorgänge dazu, auf dieBrückner des näheren einging und die dazu führten, durch dieBeitragsverweigerung eine Aussprache zu erzwingen. An dieserAussprache beteiligten sich dann die Genossen O st c r(Stuttgart),Weng er(Steinenbronn), Föll(Unteraichen), Rapp(Kemnat),Koch"(Botnang). Knapp(Äalitental), Keller(Plieningen),E l s ä tz e r(Vaihingen), Heiter(Möhringen), W a i s(Ruit)und W e st m e y c r �Stuttgart), worauf ein Schlutzantrag, gestelltvon R o t h m u ii d(Echterdingcn), angenommen wurde. EineResolution war vom Vorsitzenden Genossen Hilde nbrand mitzur Beratung gestellt; sie lautet:. � �Die Borständetonferenz der Ortsbereme des 1. Wahlirelseserwartet von den II Mitgliedschaften des OberamtS, die ihre Bei-träge zur KreiSkassc gesperrt haben, daß sie diesen Beschluß auf-heben.Sie hält die Notwendigkeit der Anstellung eines Sekretärsfür das Oberamt Stuttgart auch heute noch nicht nachgewiesen.Nachdem die Anstellung jedoch beschlossen ist, erwartet dieKonferenz, daß der Kreisvorstand dafür Sorge trägt, daß zu denKosten der zwei Sekretäre die Mitgliedschaft Stuttgart einen jähr-lichen Beitrag leistet, der dem Anteil der Arbeit entspricht, dendie Sekretäre für diese Mitgliedschaft im besonderen zu leistenhaben. Bei Berufung der Referenten für die einzelnen Mitglied.schaften ist das Sekretariat an die Wünsche der Mitgliedschaftengebunden.Die Konferenz erwartet ferner, daß die Sekretäre die Selb-ständigkeit der einzelnen Mitgliedschaften respektieren und alle?tun. um bei Parteiaktioncn jeglicher Art den ländlichen Mitglied-schaften den ihrer Bedeutung im Rahmen der KreiSorganisationzukommenden Einfluß zu sichern.lieber diese Resolution wurde absatzweise abgestimmt. Derzweite Absatz wurde mit 29 gegen 19 Stimmen, alle anderen Sätzeziemlich einmütig angenommen. Der Landesvorstand beteiligtesich nicht an der Abstimmung. Genosse Hildenbrand schloß die Kon-serenz in der Erwartung, daß nun im ganze» ersten Wahlkreis eineinheitliches Zusammenarbeiten im Interesse derPartei wieder Platz greifen möge.Jugendbewegung.Vorbeigelungen.Lei dem Versuch, den Arbeiter-BildungS- und denJugend-Ausschuß von Bunzlau zu politischen, alsoanmeldepflicbtigen Vereinen zu stempeln, hat der dortige Staats-anmalt ein klägliches Fiasko erlittew Aus Grund der Talsache, daßdie Mitglieder beider AnSschnffe Sozialdemokraten sind und der Vor-sitzende, Genosse S ch e b S, sogar sozialdemokratisckier Stadt»verordneter und Führer der sozialdemokratischen Partei in Bunzlauist. glaubte die Behörde folgern zu können, daß die beidenAusschüsse sozialdemokratische Propaganda betreiben. alsopolitisch sind. Die Behörde verlangte zunächst aufGrund deS Reichsvereinsgesetzes die ilnmekdung der vor»standsmitglieder beider Ausschüsse. AlS dies verweigertwurde, folgte der übliche Strafbefehl, gegen den gerichtliche Ent-scheidung beantragt wurde. Das Schöffengericht Bunzlau kam zurFreisprechung, weil sich der Beweis sür die politischeBetätigung beider Ausschüsse nicht erbringen ließ. Damit waraber der Staatsanwalt nicht zufrieden, der Berufung einlegte. Ermutzte sich aber von der Liegnitzer Strafkammer aufs neue be-lehren lassen, daß er auf dem Holzwege ist. Auch die Strafkammersprach Genossen Schebs frei. In der Urteilsbegründung hieß es,daß der BildungSausschuß nach Auffassung des Gerichts nur künst»l e r i s ch e und Bildungszwecke verfolge. Der BildungS-auSschuß wird auch deshalb noch nicht zu einem politischen Verein.weil ausgesprochene Sozialdemokraten in demselbensitzen und das Gewerkschaftskartell Mitglieder in denselben wählen.Und da die Mitglieder deS Jugendausschusses sich wiederum ausMitgliedern des BildungSausschusies zusammensetzen, fällt auchdie Behauptung, daß sich dieser politisch betätige.Die Arbeit und Mühe des Staatsanwalts war also wieder ein«mal für die Katz._Richtigstellung.Am 14. Januar teilten wir mit, da?„Hamelner Tageblatt'habe in einer Kritik des zum gefäbrlichen Sport ausgearteten Spielserwachsener Schüler mit Schutzwaffen den Jungdeutschlandbund mitseinen Kriegsspielereien für diese Auswüchse verantwortlich gemacht.Das entspricht nicht den Tatsachen. Wohl hat das genannte Blattdie Schießerei gerügt, aber was wir als sein« Meinungsäußerungwiedergaben, waren Betrachtungen unseres Berichterstatters.Soziales.Fortschrittler und Selbstverwaltung.---In Frankfurt a. M. besteht eine gemeinsame OrtSkranIenIasfchder alle Versicherungspflichtigen, sotveit sie nicht Mitglieder vonBetriebs- und Jnnungskrankenkassen sind, angehören. Sogar ohneGemeindekrankenversicherung ist Frankfurt ausgekommen. DieOrtskrankenkasse beantragte nun auf Grund der ReichSversicherungs-ordnung die Ausgestaltung der Kasse zu einer„Allgemeinen Orts-Iranlenkasse". Diesem Verlangen kann das Oberversicherungsamtnur entsprechen, wenn der Gemeindeverband erklärt, daß er keineneue Ortslrankenkasse errichten will. Unter Betonung der Leistungs-sähigkeit der bestehenden Ortskrankenkasse ersuchte der FrankfurterMagistrat die Stadtverordnetenversammlung um ihre Zustimmungzum Antrag auf Ausgestaltung der Oriskrankenkasse. Diese An-gelegenheit fanden Fortschrittler und Nationalliberale im Stadt»Parlament für geeignet, sich an der Ortskrankenkasse wegen ihrerangeblich sozialdemokratischen Leitung zu reiben. Es wurden Be-denken vorgebracht, daß dieser Kasse die 39 909 bis 49 999 neuenMitglieder, die nach der Reichsveviicherungsordnung versicherungs»pflichtig find, anvertraut werden könnten. Darin war derWunsch nach einer Landkrankenkasse mit ihren geringeren Leistun-.gen und Beiträgen enthalten. Uebcr deren Errichtung hat abernicht die Stadtverordnetenversammlung zu entscheiden, sondern dasOberversicherungsamt, und dieses hat schon beschlossen, für Frank-furt a. M. keine Landkrankenkasse zu errichten. Nun kam man mitanderen Einwänden. Die Höhe der Verwaltungskosten der Orts-krankenkasse wurde bemängelt und nach der Reichsverbandsmanierdie Bevorzugung von Sozialdemokraten bei der Besetzung vonStellen behauptet. Der Bertrag zwischen der Krankentasse und derKrantenhausverwaltung läuft noch einige Jahre. Trotzdem wurdevon den Fortschrittlern die Zahlung eines höheren Pflegesatzes alsBedingung für die Ausgestaltung der Ortskrankenkasse zur Allgc-meinen Ortskrankenkasse gestellt. Und sie setzten auch die Ver-Weisung der ganzen Angelegenheit an einen Ausschutz der Stadt-verordnetenversammlung durch. Dieser soll nicht nur versuchen,von der Ortskrankenkasse einen erhöhten Pstegesatz herauszu-schlagen— das gleiche von den Betriebskrankenkassen zu verlangen.fiel den Herren gar nicht ein—, sondern soll auch die Angemessen-heit der Verwaltungskosten und die Personalienverhältnisse derKrankenkasse prüfen.Das ist eine starke Einmischung in die der Selbstverwaltungder Ortskrankenkasse unterliegenden Dinge. Die Verwahrungender Fortschrittler in den Parlamenten gegen Beschränkung derSelbstverwaltung sind angesichts der Vorgänge in Frankfurt a. N.tauin noch ernst zu nehmen._Fistalismus.Den Fiskalismus der preußischen Staatsforstverwaltung bringtsie in ihren Verkäufen nett zum Ausdruck. Nach den dem Landtageunterbreiteten Nachweisungen kamen im Jahre 1911 durch Kauf19 339,596 Hektar in Zugang. Im Durchschnitt sind für einHektar 6 88 M. bezahlt worden. Im Jahre vorher waren eS1 2 327,818 Hektar mit einem Durchschnittspreise von nur4 2 8 M. Die prwaten Forstbesitzer haben demnach vom Staatehöhere Preise erzielt. Besonders hold mar das- Glück den schlesischenGrafen. Im Regierungsbezirk Oppeln kaufte die Forstverwaltung3498,237 Hektar zu einem Durchschnittspreise von 12 7 3 M. fürein Hektar. Die Steigerung der Grundrente macht sich also auchfür die Forstbesitzer sehr angenehm bemerkbar. Der FiskuS ent-schädigte sich für die teueren Ankäufe sehr reichlich durch die Preis-festsetzungen bei Verkäufen fiskalischer Forsten. Im Berichtsjahrewaren es 3956,394 Hektar. Insgesamt wurden dafür 38 618 459Mark erlöst, oder im Durchschnitt für ein Hektar 1 2 6 3 5 M. DerLöwenanteil davon entfällt auf den Regierungsbezirk Potsdam mit2394,317 Hektar. Hier lag der Erlös mit 15 834 M. für einenHektar weit über dem Durchschnitt. Im Regierungsbezirk Magde-bürg wurden 171,168 Hektar zu einem Durchschnittspreise von398 9 M. vertauft, im Regierungsbezirk Schleswig 85,749 Hektarzu einem Durchschnittspreis von 8295 M. Am gnädigsien war derForstfiskus noch mit seinem Bruder Reichsmilitärvevwaltung.Diesem verkaufte er im Gebiete der Oberfövsterei KummerSdorf1451 Hektar zu einem Durchschnittspreise von nicht ganz 2990 M.für den Hektar. In der Obersörsterei Grunewald belam derKrüppel-Heil- und Fürsorgeverein sür Berlm-Wrandenburg eine4 Hektar große Fläche zwecks Errichtung eines eigenen Heimes fürinsgesamt 299900 M. Die Grunewald-Tattersall-Gesellschaft be-zahlte für ein Terrain, auf dem sie eine Reitanstalt anlegte, fürburchschnittlich 22 M. pro Quadratmeter, im ganzen für 181 6 9 0Mark. Für weniger wichtig als die Bestrebungen der Tattersall-Gesellschaft hält der Fiskus anscheinend solche auf Errichtung vonöffentlichen Anlagen, Volksparks und hygienischer Bebauung ge-richteten. Zu solcher Schlußfolgerung berechtigen die vom Fiskusder Stadt Berlin für ein in der Wuhlheide überlassenes Terrain,im ganzen 525,245 Hektar groß. Zunächst hat die Stadt im Durch»schnitt 2 M. pro Quadratmeter zu zahlen. 133 Hektar von demGesamtgelände sollen zur Errichtung eines Wasserwerks und einesVoltsparkcs dienen. Werden die nicht sür das Wasserwerk undden Volkspark bestimmten Flächen weiter veräußert, so sind dafürje nach der Zugehörigkeit zu den eingeteilten Wertzonen Nach-zahlungen bis zum Betrage von 21,94 M. sür das Quadratmeteran die Staatskasse zu leisten. Uebersteigt der Erlös die festgesetztenZonenpreise, so erhält die Staatskasse em Drittel des Mehrerlöses.Der als Volkspark in Aussicht genommene Teil muß dauernd alssolcher erhalten bleiben. Für das mitverkauste Oberförstergehöfthat die Stadt Berlin für die Staatsforstverwaltung ein neuesDienstgehöft in Köpenick erbaut.-- Man merkt, der FiskuS ver»steht es. seine Schäfchen zu scheren. Aber ihm ist auch Verständnis«volles Entgegenkommen nicht fremd. Der Terraingesellschaft amFlugplatz Johannisthal-Adlershof, der bekanntlich sehr hochgestelltePersönlichkeiten angehören, verkaufte der Fiskus im Gebiete derOberförsterei Grünau ein 399 Hektar großes Gelände, und zwarzu einem Durchschnittspreise von nur 7 M. für das Quadratmeter.Sehr naiv meint die Forstvcrwaltuna, die Veräußerung sei zweck-dienlich gewesen, weil die Ausschließung und Ver-Wertung des Geländes auch den Interessen derangrenzenden Gemeinden entspreche. Die Terrain-gesellschaftler sind wcchl derselben Meinung. Andere Leute werdenallerdings der Ansicht zuneigen, daß die Förderung einer Terrain-gesellschaft nicht Aufgabe einer Staatsverwaltung sei.