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stehenden Mittel bemühen sich die Herausgeber, die Zeitung in die Masse der Jugend zu bringen. AuS diesem aber auch noch aus einem anderen Grunde verdient dieJungdeutschlandpost" das Interesse der organisierten Arbeiter und Arbeiterinnen. Schon die ersten Nummern atmen den bekannten kriegerischen Geist der Bundessührer. In jeder Nummer wird in raffinierter Weise eine Kriegsbegeisterung bei der Jugend künstlich zu erzeugen versucht. Daß Wilhelm II.   anlästlich seines Geburtstages eine Hul- digung dargebracht wurde, hatten wir bereits mitgeteilt. Neben der shstematischen Bekämpfung der Bestrebungen der Arbeiterschaft werden die Jugendlichen gegen die organisierten Ar beiter selbst in ganz offener Weise aufgehetzt. Wer nicht mit Freuden die neue Militärvorlage begrüßt, wird als Vater- landsfeind erklärt. Deutlicher noch klingt die verhetzende Absicht ans folgender Notiz, die in der neuesten Nummer[5) an der Spitze der Rubrik:«Aus unserem Vaterland" steht: D. Z. Sozialdemokratie und Jungdcutschland. Der Jung deutschlandbund und seine vaterländischen Ziele sind der Sozial demokratie schon längst ein Dorn im Auge. Jetzt scheinen die Genossen auf den Einfall gekommen zu sein, ihre jungen Anhänger gegen die Jugendwehr mobil zu machen. Aus Halle a. S. wird gemeldet: In der letzten Zeit ist es häufig vorgekommen, daß Abteilungen der Halleschen Jugendwehr auf ihren Uebungs Märschen von Müßiggängern und halbwüchsigen Burschen belästigt und tätlich angegriffen wurden. Dieser Tage nahmen in der Heide diese Angriffe derartig überhand, daß den Führern nichts weiter übrig blieb, als eine Militärpatrouille von den in der Nähe sich befindlichen Schießständen zum Schutz holen zu lassen, da eine Anzahl des Weges kommende Arbeiter ebenfalls gegen die angegriffene Abteilung Stellung nahm. Wir werden uns ihrer schon zu erwehren wissen." Der Berichterstatter des Jungdeutschlandbundes sollte doch wissen, daß sogar weite Kreise des honetten Bürgertums auf die krieg- spielenden Jungdeutschen, die Wälder und Wiesen vernichten und un« beteiligte Passanten in die Gefahr des Erschießen versetzen, nicht gut zu sprechen sind. Unsere Landleute empfinden die kriegspielenden Jungdeutschen längst als eine Landplage, gegen die sie im kommenden Sommer mit dem Dreschflegel vorgehen wollen. Und ist nicht die Schießerei der Jungdeutschen zu einer öffentlichen Gefahr geworden? Hat doch erst kürzlich wieder in allernächster Nähe Halles, in Grüsen- Hainichen  , ein Volksschüler, der gezwimgenermasten an einem Kriegs­spiel teilnahm, durch die dabei übliche Knallerei ein Auge verloren! Und für das andere besteht die Gefahr der Erblindung I  Ist demnach die kindlich-naive Verwunderung über die Anti pathie der Arbeiter gegenüber den Jungdeutschen von dem Berichte erstatter gut gemeint, so muß der Versuch derJungdeutschland-Post", die Anhänger der Arbeiterpartei als Müßiggänger und Janhagel hinzu- stellen, als eine ireche Verhöhnung der Arbeiterschaft bezeichnet werden. Die organisierten Arbeiter und Arbeiterinnen sehen, wie not« wendig es ist, auf dieses neueste Blättchen zur Verhetzung der Arbeiter- jugend ein sorgsames Augenmerk zu richten. Dies Jugendhetzblatt darf nicht nur in den Arbeiterheimen, sonder» auch in den Werk« stälten, Fabriken und überall, wo organisierte Arbeiter beschäftigt sind, keinen Eingang finden. Em Induftric und Ftetidcl. Die Entwicklung der Automobilindnstrie. Das Berliner   Jahrbuch für Handel und Industrie, das die JahrcSübersicht der Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin   bringt, enthält einen bemerkenswerten Absatz über die Entwicklung der Automobilindustrie. Die deutsche Automobilindustrie, auf deren Schultern die Flugzeugtechnik erwachsen ist, hat ihren Umfang im letzten Jahrzehnt fast verzwanzigfacht. Im Jahre 1901 stellte sie in 12 Betrieben 1800 Fahrzeuge und Zubehörteile im Werte von ö,7 Millionen Mark her, im Jahre 19 lv aber in 56 Betrieben 31009 Fahrzeuge und Zubehör im Werte von 109,5 Millionen Mark. Für die jüngste Zeit liegt noch keine amtliche Produktionsstatistik vor Nach der Handelsstatistik führte Deutschland   im Jahre 1911 für 46Vg Millionen Mark Motorwagen aus und nur für 11 Vz Millionen Mark ein. Freilich sind diese Summen noch gering gegenüber denjenigen der Automobilindustrie der V e r einigten Staaten. Die amerikanische   Automobilindustrie, in der 600 Millionen Dollar angelegt sind, erzeugte in dem letzten Jahre 275 000 Stück inr Werte von 310 Millionen Dollar. Eine einzige Gesellschaft baute 75 000 Wageit. Unter den Staaten, die Automobile nach Amerika   einführen, steht Frankreich   mit nur 2�2 Millionen Dollar obenan. Im übrigen ist Frankreich   auf der ganzen Erde immer noch der Hauplausfuhrstaat; seine Aus- fuhr an Kraftwagen und Zubehör betrug 1911 über 160 Millionen Frank. Freilich ist sie in den letzten Jahren, ver- glichen mit der Zunahme bei den übrige» Produktionsstaaten, säst inS Stocke» gerate». Der Bestand an Kraftiahrzengen in Deutsch  - l a n d stellte sich am 1. Januar 1912 auf 70 000 Kraftfahrzeuge. von denen 63 162 zur Personen- und 6844 zur Lastenbeförderung dienten; die Zunahme gegen das Vorjahr betrug über 12 000 Kraft- fahrzeuge(21 Proz.). Die Zahl der Krafträder ist aus 20 000 zurück- gegangen. Unter den Personensahrzeugen dienen 37 Proz. dem Vergnügen und dem Sport. 36,3 Proz. Handels- und Gewerbe- zwecken, 11,2 Proz. Aerzten und Feldmeiiern usw. zur Berufs- ausübung, nur 8,8 Proz. waren Kraftdroschken oder Autoomnibusse; immerhin hat ihre Zahl gegen daS Vorjahr um 1000 zu- genommen. Die Luftfahrzeuge haben sich gegen das Vor- jabr das ist ein charakteristischer Zug der Eni- Wicklung von 4327 auf 6844, das ist um 58,2 Proz. vermehrt. Die Anzahl der vom Reich aus militärischen Gründen mit Zuwen  - düngen bedachten Kraftfahrzeuge dürfte am Schluß des ersten Fünf- jahrsabirbniites(1908/1913) 825 betragen, für die rund 5 Millionen Mark Unterstützung gewährt sind. In Berlin   gibt es etwa 2000 Kraftdroschken, davon 274 elektrische. In London   dienen dem öffentlichen Verkehr 2461 Moloromnibusse und 2661 Straßen- bahnwagen. Von 38 Fahrzeugen der Berliner Feuerwehr sind 25 mit elektrischem Antrieb versehen. In Steglitz   ist eine Kraft- omnibuSlinie mit elektrischer Kraftzuführung durch Oberleitung in Betrieb genommen. Im allgemeinen beherrscht der Explosions- motor iin Kraftwagenbetrieb völlig das Feld. Nur etwa 2 Proz. aller Kraftwagen in Deutschland   sind Elektromobile. In Berlin  wird allerdings keine Konzession mehr für Benzindroschken erteilt. DaS bayerische Motorpostwesen unterhält jetzt 53 ständige Jahres- linien und lg Sommerlinien mit 1579 Kilometer Gcsamtbetriebs« länge. 152 Motoromnibusse, 12 Motorlastwagcn und 62 Anhänger lausen auf diesen Strecken. Die Verzinsung des Kapitals beträgt durchschnittlich g,4 Proz., etwaS weniger als im Vdrjahre infolge «iiiiger neuer, zunächst weniger rentabler Linien. Gold- und Silberproduktio» der Vereinigten Staaten  . Die Goldproduktion der Vereinigten Staaten   von Amerika  im Jahre 1912 wird nach einer vorläufigen Schätzung des Münz- direktor« ungefähr 91.685 Mill. Dollar betragen haben. DaS wären 5,2 Mill. Dollar weniger als die Erzeugung des Vorjahres nach der revidierten Schätzung ausmachte. Unter den Gold gewinnenden Staaten war California   mit 20 Mill. Dollar der bedeutendste; dann lamen Colorado   mit 18,8 Mill. Dollar. Alaska   mit 17.4 Mill. Dollar. Nevada   mit 13,8 Mill. Dollar und Süd-Dakota   mit 7,3 Mill. Dollar. Alaska   und Nevada   wechselten 1912 die Plätze m der Reihenfolge der Goldproduzenten. Die S i l b e r gewinnung stellte sich auf annähernd 62.4 Mill. Dollar Feinnnzen oder 1,9 Millionen mehr als 1911. Hierbei war Nevada   der führende Staat, dann folgten Utah  , Montana  , Colorado  , Idaho._____ Hu9 der frauenbewcgung. Die englische Arbeiterinueuliga. Am Tage vor der Eröffnung des Parteitages der Labour Vtrty(Arbeiterpartei) hielt die der Partei angeschlossene Arbciterinnenliga, die sich die politische Erziehung und Organ! sation der proletarischen Frauen Großbritanniens   zum Ziel gesetzt, ihre Jahreskonferenz ab. Die Konferenz fand in der Caxton Hall in London   statt und vereinigte 78 Delegierte, die 55 Sektionen der Liga vertraten. Aus dem Bericht der Organisation ist zu entnehmen, daß die Liga im vergangenen Jahre gute Fortschritte gemacht hat. Die Zahl der Sektionen hat sich etwas verringert, sie beträgt jetzt 102, aber die Zahl der Mitglieder hat um fast 500 zugenommen, so daß die Arbeiterinnenliga nunmehr gegen 5000 Mitglieder zählt. Unter deni Vorsitz Dr. Ethel Benthams kamen die ver- schiedensten politischen und wirtschaftlichen Fragen, die besonders die Frauen angehen, zur Sprache. Dr. Ethel Bentham hielt eine prächtige Eröffnungsrede, in der sie zeigte, wie unmittelbar politische Fragen wie die des Krieges und Friedens und der Lebensmittelzölle die Frauen des Volkes berühren. In bezug auf die neueste Phase des Kampfes um das Frau ensti mm recht bemerkte sie:Verlieren wir nicht den Kopf, zeigen wir, daß in unseren Herzen und in dem Herzen unserer Partei die feste Entschlossenheit besteht, daß unsere Sache frei von aller Hysterie und Erregung ge- Winnen muß. Brechen wir, wenn es sein muß, die liberale Partei, aber brechen wir sie an der Wahlurne." Zu dem Punkte Frauenstimmrccht wurde ein Antrag angenommen, in dem die Regierung aufgefordert wurde, unmittelbar eine Regierungsvorlage, die den Frauen das Stimmrecht geben würde, einzubringen, so daß diese Bill noch den Schutz des Parlamentsgesetzes genießen würde. Zu einer einstimmig angenommenen Friedens- resolution bemerkte Genossin Bruce Glasier  :Ich wünschte, wir könnten einen Zensus der Frauen der deutschen   und französischen   Arbeiter erhalten. Dann würden wir wissen, ob sich die Frauen für derartige Fragen interessieren. Wir sind so lange von den schlimmsten Folgen des Krieges verschont geblieben, daß die britischen Frauen wohl selbstsüchtiger sind als alle anderen Frauen in der Welt, indem sie von dem Gefühl beseelt sind, daß sie sich über die auswärtige Politik nicht den Kopf zu zerbrechen brauchen." Andere Rednerinnen forderten zur Bekämpfung derPfadfinder" und ähn- sicher bürgerlicher Jugendorganisationen, die den Geist des Militarismus verbreiten auf. Es wurde auch der Vorschlag gemacht, ein jungsozialistisches Bürgerkorps zu gründen. Dr. Marion Phillips, die Sekretärin der Liga, hielt einen anregenden Vortrag über das Thema: Wie Gelder zu öffent- lichen Zwecken erhoben werden können, ohne die Armut zu belasten.(S t e u e r f r a g e.) Sie befürwortete den Ausbau der verschiedenen Eigentunissteuern auf progressiver Grundlage ohne Hinzuziehung der kleinen Einkommen; ferner die Ver- staatlichung der großen Industrien. In bezug auf die Gemeindestcuerpolitik trat sie dafür ein, daß die Zentral- behörde den Gemeinden je nach der Tüchtigkeit ihrer Verwaltung Zuschüsse gewähren müsse und daß nur der kleinere Teil der Gemeindesteuern auf lokalem Wege aufzubringen sei. Die so aufgebrachten Gelder müßten natürlich für die Nation gewinnbringend sein und nicht in Rüstungen und Arbeitshäusern verschwendet werden. Man sehe daher, daß diese trockenen Steuerfragcn mit der internationalen Friedenspolitik aufs engste verknüpft seien. Unter den Fragen, die noch mehr oder weniger eingehend besprochen wurden, befanden sich: Erziehung, Mädchenhandel, gleicher Lohn für gleiche Arbeit(der Männer oder Frauen), Lohnämter, Wohnungsfrage, Ehescheidung. Euq aller Sielt* Der fücbs im Eisen. Am 28. November 1902 wurde in der. N o r d d. A l l g e m. Z e'i t u n g" eine Rede wiedergegeben, in der es heißt es be­steht kein Unterschied zwischen demjenigen, der den Gifttrank einem andern mischt und kredenzt, und demjenigen, der aus dem sicheren Ver st eck seines Redaktionsbureaus mit den vergifteten Pfeilen seiner Verleumdungen einen Mitmenschen um seinen ehrlichen Namen bringt und ihn durch die hierdurch hervorgerufenen Seelenqualen tötet." Trotz der tobenden Entrüstung, die sich in der wohlgesinnten Presse breit machte, erfolgte eine Verurteilung desmörderischen Bogenschützen" nicht, vielmehr wurde der gestellte Strafantrag aus- drücklich zurückgezogen. Warum wohl? Am 4. Februar 1913 verließ wehmütigen Herzens der Chef- redakteur derselbenNorddeufschen Allg. Zeitung" das Moabiter   Gerichtsgebäude; waren ihm dort doch wegen Beleidigung 50 Mark Geldstrafe aufgebrummt worden. Der Haupttäler aber, ein Staatssekretär, ging frei aus. Ihn konnte der rächende Arm der Nemesis nicht mehr erreichen, sintemalen ihn der Rasen deckt. DaS unmöglich Erscheinende ist zur Wirklichkeit geworden. Das Organ der preußischen Regierung, die Ablagerungsstätte für ministerielle Geistesblitze auf der Anklagebank ein Bild, wie es köstlicher nicht auszudenken ist. Zu übertreffen wäre es nur, wenn man sich ausmalt, wie der Staatssekretär v. Kiderlen- W a e ch t e r wenn er noch lebte zur Strafe für den von ihm abgeschossenen vergifteten Pfeil hinter Gefängnismauern darüber nachdenkt, welche Seelenqualen er einem seiner Mitmenschen mit dem Giftpfeil bereitet hat. Ja, es ist eine sonderbare Zeit! Ein Elbpächter der Moral und guten Sitten auf der Anklage- bank, ein anderer bereits mit einem Bein im Gefängnis. Denn viel besser wird eS dem konservativen Parteisekretär Jordan- Waren wahrscheinlich nicht gehen. Dieser Kämpe für konservative Kultur hat in einer Broschüre auch einige tüchtig mit Kurare getränkte Pfeile abgeschossen. Zur Strafe dafür beantragte der Staatsanwalt bei der Strafkammer in Güstrow  500 Mark Geldstrafe, der Vertreter des Nebenklägers drei Monate Gefängnis. Die Fällung des Urteils ist schwer, es wird erst am Sonnabend verkündet werden. Es sind wirklich sonderbare Zeiten. Da mag der Teufel noch Strafvcrschärfungen für Beleidigungen fordern, wenn die Gesetze schließlich ausschlagen zu Ungunsten patriotischer und tatbereiter Vorkämpfer des Absolutismus  . Eisenbahnunglück in Siebenbürgen  . In der Nacht zum Mittwoch ist bei M e d i a s ch in Sieben- bürgen ein Schnellzug mit einem Güterzuge zusammen- gestoßen. Der Zusammenstoß brachte die zwei letzten Zisternen- wagen des Güterzuges, die Petroleum enthielten, zur Explosion. Die Passagiere des Eilzuges sprangen in Schrecken aus dem Waggon. Einer von ihnen zog sich tödliche Brand- wunden zu, die beiden anderen erlitten leichtere Ver- letzungen. Sonst wurde unter den Reisenden niemand verletzt. Ein Bremser des Güterzuges ist gestorben. Der Führer, der Heizer und der auf der Maschine befindliche Lokomotiv- kontrolleur des Eilzuges erlitten schwere Brand- wunden. In dem Schnellzuge befand sich auch der Salonwagen des Prinzen Eitel Friedrich, der von den Festtagen in Rumänien   nach Berlin   zurückkehrte. Der Salonwagen und seine Insassen blieben unbeschädigt. Der Stein des Anstostes. Eine recht erbauliche Geschichte, die anschaulich die tiefe, inner- liche Religiösilät der Beteiligten erkennen läßt, weiß dieLiü. Korr." zu erzählen. Seit Jahren wird in der Charlottenburger Luisenkirche am Geburtstage des Kaisers ein Fest- g o t t e s d i e n st für die Beamten abgehalten. In diesem Jahre ist durch die Mitwirkung des aus seinein Konflikt mit der Militärbehörde bekannten Pfarrers K r a a tz die ganze religiöse Feier über den H a u f e n g e w o rfe n worden. Die Patrioten, die mit dem Pfarrer sonst gemeinsam zu ihrem Herrn im Himmel flehten, dem Herrscher Erleuchtung und Weisheit zu schenken, haben diesmal gestreikt. Nicht etwa, weil sie in der Zwischenzeit zu den Reichsfeinden übermarschiert sind o nein! eines solchen Ver­brechens machen sich die braven Schutzleute und Steuerbeamten nicht schuldig. Die Kapelle der Schutzmannschaft war vielmehr bereit, die zu singenden Choräle mit Posaunenmusik zu begleiten. Als die weihevolle Stunde nahte, der Pfarrer, angetan mit Talar und Bäffchen, in der Sakristei auf die Doppelniusik wartete, harrte er vergebens. Ein Blick in die Kirche zeigte ihm, daß er b o y- k o t t i e r t war. Wo sonst an dem Festtage die loyale religiös ge- stimmte Beamtenschaft sich drängte, um an dem kirchlichen Festakte teilzunehinen, gähnte dem Pfarrer düstere Leere ent- gegen. Der Grund? Wer mag den kenne»? Die ,Lib. Korr." erzählt, ein adliger Polizeihauptmann habe mit dem positiven Oberpfarrer der Gemeinde, v. Rieniann, vor dem Festgottesdienste über den Fall Rücksprache genommen und den Beaniten sei von oben her ein kleiner Wink gegeben worden, die Predigt des liberale» Pfarrers Kraatz zu meiden. Aber das kann doch nicht sein, denn das hieße ja zugeben, daß die vielgeriihmte Religiosität der Beamten nur ä u ß e r e r S ch e in sei, daß die Königstreue sofort in die Brüche geht, wenn das amtlich vorgeschriebene Kirchengebet aus dem Munde eines liberalen statt eines orthodoxen Psarrers ertönt._ Aus dem internationalen Spitzelsumpfe. Vor einigen Wochen wurde der russische Ingenieur A l e ch i n unter dem Verdacht der militärischen Spionage in Oesterreich   ver- haftet und eine Zeitlaug im Gefängnis gehalten. Die Begleit- umstände dieser skandalösen Affare. die von der chauvinistischen Presse in Rußland   natürlich zur Hetze gegen Oesterreich   ausgenutzt wird, werfen ein bezeichnendes Licht auf die Kooperation zwischen der russischen und der österreichischen Spitzelwelt, die ungeachtet der politischen Spannung zwischen beiden Staaten in Blüte steht. ES erweist sich, daß der Ingenieur Alechin auf die Veranlassung des bekannten russischen Spitzels S. Weiß mann verhaftet wurde, der zugleich der russischen Geheimpolizei und dem ö st erreicht s che» Ministerium des Innern Spitzel- d i e n st e l e i st e t. Als der frühere Direktor des Polizei- departements Swoljansky im Jahre 1900 die Leitung der politischen Spionage in Oesterreich   und in den Valkanstaaten dem Chef der Odessaer Gendarmerieverwaltung, Oberst Budsilowitsch, übergab, warb dieser als Mitarbeiter die Söhne eines Odessaer Bordell- besitzers A. und S. Weißmann an, von denen der eine nach Wien   und der andere nach Sofia   beordert wurde. Von 1901 bis 1905 leistete S. Weißmann der russischen Polizei wertvolle Dienste und bezog ein Gehalt von 20 000 Rubel im Jahr. Im Jahre 1908 trat er offiziell in den Dienst des österreichischen Ministeriums des Innern. Er gründete für seine Spitzelzwecke zu- erst ein Uebersetzungsbureau und dann ein Auskunstsbureau in Wien  , das mit allen Grenzstationen in ständiger Verbindung steht. Wie dieRjctsch" mitteilt, soll er in den letzten 5 Jahren der öfter- reichischen Regierung wichtige Dienste geleistet und ein Gehalt von 2000 Kronen im Monat bezogen haben. Im Verein mit ihm ist der Uebersetzcr an der Wiener   Polizei, Bjelenkowitsch bei der Bespitzelung der in Wien   lebenden Russen tätig. Man kann die österreichische Regierung zu diesenwertvollen" Mitarbeitern beglückwünschen._ Kleine Notizen. Der TodeSzug des Prinzen Karneval. In Biebrich   a. Rh. überfiel der Maschinist Heinrichs, der nachts eine karnevalistische Veranstaltung besucht hatte, morgens, anscheinend in einem Anfall von Eifersucht, seine im Bett liegende Ehefrau und verletzte sie durch Leilhiebe lebensgefährlich. Dann zertrümmerte er seinem vierjährigen Söhnchen den Schädel. Hierauf begab er sich nach der Kaiserbrücke bei Mainz  , setzte sich auf das Geländer und gab einen Schuß auf sich ab. Er stürzte in den Rhein   und ertrank. Das Spielen mit Feuerwaffen. Auf dem PanzerkreuzerMoltke" hantierte ein Unteroffizier mit einem Revolver. In der Annahme, die Waffe sei nicht geladen, zielte er im Scherz auf einen Matrosen. Der Revolver war jedoch geladen und die Kugel durchbohrte dem Matrosen die Bru st. Er brach schwerverletzt zusammen und starb im Marinelazarett. Aschermittwoch. Der Fähnrich Kornhammer vom 9. In» fanterieregiment in Würzburg   und seine Geliebte, vermutlich die Tochter eines Münchener   Fabrikanten, stürzten sich am Mittwochmoraen von der Großhesseloher Jsarbrücke herab. Korn- Hammer war sofort tot, das Mädchen ist lebensgefährlich verletzt. Den Vorgesetzten und sich selbst erschossen. In Kiew   hat ein Soldat des Eisenbahnbataillons seinen Kompagnteches er- schössen und darauf Selbstmord begangen. Marktpretse von Berlin   am 4. Februar Ivl», nach ErmlNelungen des fönifll. Polizeipräsidiums. 100 Kilogramm Weizen, gute Sorte 19,70 bis 19,80, mitiel 19.50 19,60, geringe 19,3019,40. Roggen, gute Sorte 16,8916,90, mittel 16,8716,88, geringe 16,8516,86(ab Bahn). Futter. gcrstc, gute Sorte 17,3013,00, miltel 16,6017,20, geringe 15,9016,50. Oajer, gute Sorte 18,6020,40, mittel 17,0018,50(srei Wagen und ab Bahn). Marklhallenpreise. 100 Kilogr, Erbsen, gelbe, zum Kochen 30,00 50,00. Sveisebobnen, weiße 35,0060,00. Linsen 35,00 60,00. Kartoffeln(Klelnhdl,) 6,0010,00. 1 Kilogramm Rindfleisch, von der Keule 1,702,40, Rindfleisch, Bauchsieisch 1,301,80. Schweinefleisch 1,70-2,20. Kalbfleisch 1,40 2.40. Hammelfleisch 1,50 2.40. Butter 2,20 3,00. 60 Stück Eier 4,206,00. I Kilogramm Karplen 1,40 2,40. Aale 1,60 3,20. Zander 1,40-3,60. Hechle 1,602,60. Barsche 1,002,40. Schleie 1,603,20. Bleie 0,80-1,50. 60 Stück Krebse 4,0024.00. WttterungSübersicht vom 5. Februar 1913. Stationen « So Swinemde tamburg erlin Franks. a.M München Wien ö= Ü| 766 WSW 767WSW 768® 771SW 773', SSO 773, W Letter 3 bedeckt 2! Dunst 2bedeckt 1 Nebel »heiter »che deckt t»K cS- »II En wi Etattonen aparanda Petersburg Scilly Aberdecn Paris  737|SO 743! W 763S 755 Still 768! SO Li Letter bedeckt bedeckt wolkig Regen 2 halb bd tsfsi 15 4 _2 10 8 7 Wetterprognose für Douuerötag, den v. Februar 1913. Zunächst ziemlich heiter, nachis kühler, am Tage wieder mild bei mäßigen südlichen Winden; später neue Zunahme der Bewölkung mit etwa» Regen. Berltner Wetterbureau.