brauchten wegen des Stillstandes der Partei, daß eine Partei wieunsere, die so fest gefügt sei, nicht erschüttert werden könne. Ersei der festen Zuversicht, daß die Wege, die wir eingeschlagen haben,die rechten waren. Wenn nur jeder einzelne sein ganzes Könnenin den Dienst der Sache stelle, wird der Erfolg nicht ausbleiben.(Lebhafter Beifall.)Als erster Diskussionsredner spricht B l a n k e n st e i n, dereine gegen die Fraktion gerichtete Resolution begründet. Schmidthabe es so dargestellt, als ob der Mitgliederschwund ausschließlichdurch die Krise bedingt sei. Daß diese eingewirkt habe, sei aller-dings nicht zu leugnen. Den Haupteinflutz auf den Stillstand derPartei habe aber die Haltung der Fraktion ausgeübt. Bei derletzten Wahl sei gedämpft worden, daß wir uns die Hände ge-bunden haben und nicht mehr handeln können wie wir möchten.Redner beruft sich auf das Programm, wonach direkte Steuernnur dann zu bewilligen sind, wenn der Staat alle übrigen For-derungen erfüllt habe.(Lachen und Rufe: Da kannst Du langewarten!) Ja, ich glaube ja auch nicht daran, aber weil wir dasnicht erreichen können, darum auch keinen Mann und keinenGroschen. DieFraktion sei nicht genügend scharf aufgetreten, siehätte viel mehr Radau machen müssen. Der ganze Zustand sei derAusfluß der Wahlen von 1912. Da hätten wir uns zuviel mitden bürgerlichen Parteien eingelassen.(Teilweise Zustimmung.)Dr. Wehl: Wenn Blankenstein hier ein Mißtrauensvotumfür dw Fraktion beantrage, so könne er das nicht gutheißen, ebensowun,che er aber auch kein Vertrauensvotum. Der Parteitag seidazu da, zu erklären, ob er mit dem Verhalten der Fraktion ein-verstanden sei. Rosa Luxemburg habe in wesentlichen Punktenrecht, mag sie auch da und dort übertreiben. Die große Masse derGenossen habe nur das Recht, über Parteiangelegenheiten zusprechen und Kleinarbeit zu leisten.(Sehr richtig!) Besser wäre esTchon. die Abgeordneten werden getragen von dem Vertrauen derMasse. Demokratischer wäre es, wenn die Masse hätte mitratenkönnen, als N>enn hundertundzehn Abgeordn-ete hinter verschlossenenTüren verhandeln. Die Krise spielt bei dem Stillstande der Parteinicht die ausschlaggebende Rolle, vielmehr unsere Vogel-Strauß-Politik in der letzten Zeit. Auch innere Vorgänge in der Parteihatten mitgewirkt. Es bestehe eine allgemeine Unzufriedenheitunter den Genossen, weshalb auch in der Agitation und der Wer-bung nicht mit dem nötigen Elan vorgegangen wird, was ja aller-dings nicht zu billigen sei. Immerhin habe auch das Verhaltender Fraktion große Mißstimmung erregt. Er stimme Schmidt inso-fern zu, daß die Vorlage nicht zu Falle hätte gebracht werdenkönnen. Aber Obstruktion wäre möglich gewesen.(Sehr gut!)Die Hundertundzehn Mann können schon etwas leisten. Ebensogutwie Noske vier Stunden gesprochen hat, hätten noch zwanzig oderdreißig Redner vier �Stunden oder noch länger reden können. DieMilitärvorlage enthält doch eine große Anzahl Paragraphen. Sogut wie gegen den einen, der durch das Erfurter Schreckcnsurteilherausgegriffen wurde, hätten auch zu den anderen ParagraphenAnträge gestellt werden können. Dieses Nichtgeschchen habe allge-meine Entmutigung im Lande herbeigeführt. In der Budgctkom-Mission hätten unsere Kommissionsmitglieder bcfremdenderweisefür die Auffüllung des Kriegsschatzcs gestimmt. Die Fraktion hatallerdings später beschlossen, im Plenum dagegen zu stimmen.So was muß doch befremden. Bei der Huldigung des Kaisers durchden Reichstag mußte von unserer Fraktion in dieser oder jenerForm unserer republikanischen Empfindung AuSkruck gegebenwerden. Nach Schmidt könnte man glauben, daß er für den Massen-streik sei, wenn dieser aus der Arbeiterschaft herauskomme. Nichtrichtig aber sei es, wenn von Partei- und Gewerkschaftsangestelltenund von maßgebenden Stellen aus gesagt werde, w:r könnten mitdem Massenstreik eine Enttäuschung erleben. Es müsse vielmehr ge-tagt werden, wenn die Verhältnisse uns zwingen, wir dann dasschärfste Mittel anwenden, um zu unserem Rechte zu kommen.Sonst gebe eS kein Vorwärts in Preußen. Die Frage des Massen-streikS geh« nicht von Akademikern aus, sondern von den Arbeitern.Es muß der Arbeiterschaft Gelegenheit gegeben werden, daß dieseWaffe mit Erfolg propagiert werden kann. Er. Redner, schließeauch mit den Worten des Referenten, denselben Weg zu gehen, deruns vorwärts geführt hat, aber nicht den Weg über Dämpfung undKompromissele,.(Beifall und Widerspruch.)F r i e d l ä n d« r: Er verstehe nicht, wie Wehl sagen könne,sticht hier sollten die Genossen Resolutionen für und gegen die Frak-tron fassen, sondern der Parteitag möge entscheiden. Nein, dieGenossen haben geradezu die Pflicht, hier durch Annahme oder Ab-lehnung einlaufender Resolutionen ihrer Meinung Ausdruck zuverleihen. Es jcerde gesagt, der letzte organisierte Parteigenossesolle mitreden können, ja hier, beim Dclegiertcnshstem, geht das dochnun., einmal nicht, das sind die Schattenseiten der Demokratie.Dafür sind die Zahlabende da, dort könne über alle Fragen geredetwerden. Nicht die Abgeordneten müssen die Stimmung unter derMasse machen, sondern umgekehrt. Durch die Stimmung der Massenüssen den Abgeordneten Schwung und Elan beigebracht werden,oamit sie getragen werden von der Stimmung im Lande draußen,wie es bei der Zollvorlage 1912 der Fall war. Hätte die Fraktionder Vermögenszuwachssteuer nicht zugestimmt, dann hätten wir an-dere und schlimmere Steuern bekommen. Wenn Weil sage, daß dieGenossen nicht genug Einfluß hätten, so könne er nur erwidern:Jede Organisation hat die Leitung, die sie verdient.(Sehr richtig!)Entgleisungen können überall vorkommen, aber man soll nicht Miß-trauen säen zwischen der Leitung und der Masse.(Beifall.)Wels: Genosse Wehl ist Kandidat in einem Kreis in derProvinz, wo er. Redner, Sekretär ist. Er habe eS damals schonschmerzlich bedauert, daß der Kreis, für den Wehl kandidiert, ver-loren ging, aber nie so, wie heute, wo er erfahren habe, welch revo-lutionären Elan Wehl in die Fraktion gebracht hätte, wenn er Ab-geordneter geworden wäre. Die Masse muß Begeisterung erwecken,sie muß hinter den Abgeordneten stehen, sie treiben und drängen.DaS war aber nicht der Fall..Hätte die Fraktion die Vermögens-zuwachssteuer verworfen, es wäre sicher nichts Besseres heraus-gekommen. Uebrigens kann niemand der Fraktion einen Vorwurfaus ihrer Abstimmung machen. Am I. März erschien das fron-zösisch-deutsche Manifest, in welchem die Absicht angekündigt wurde,den Besitzenden die Lasten der Militärvorlage aufzuerlegen. DasManifest ist in Berlin in 1 Million Exemplaren verbreitet und keinGenosse ist dagegen aufgetreten.(Sehr gut!) Wehl hat gesagt, derMassenstreik muß für die Gewinnung des Wahlrechts in Preußeninszeniert werden. ES ist merkwürdig, daß es dieselben Parteigenossenfordern, die vor der Ueberschätzung des Parlament? nicht genug war-nen können. Ueber den Massenstreik bestehen vielerlei Meinungen,die einen wollen ihn debattieren, die anderen vorbereiten und diedritten wollen ihn machen. Aber ob die Vorbedingungen dazu gegebensind, darum kümmern sich die Befürworter nicht. Im übrigenäußert sich Redner über den Massenstreik in demselben Sinne, wieer eS bereits auf dem Brandenburger Parteitag getan und worüberim„Vorwärts" berichtet wurde. Belgische und russische Verhält.nisse ließen sich auf Deutschland nicht übertragen. Wir hätten insolchem Falle die ganze bürgerliche Gesellschaft gegen uns. Wer diebürgerliche Presse verfolge, sehe dies auch ein. Redner ist der Mci-nung, daß der Massenstreik einmal und vielleicht in nicht fernerZeit, wenn der wachsende Einfluß der Arbeiter im Reiche die be-sitzenden Klassen zum Angriff auf das Reickstagswahlrecht und dasKoalitionsrccht als Kraftquelle der Arbeiter treiben würde. Ermöchte nicht, daß ein Massenstreik unzeitgemäß begonnen werde,worauf dann unsere Gegner über die geschwächte webrlose Arbeiter-schaft herstürzen können. Nicht das Schwert im Munde führen,sondern im entscheidenden Moment benutzen. daS sei notwendig.Bon den Erpropriatcuren eintausend Millionen genommen unddem Säckel der Allgemeinheit zugeführt zu baben, ist immerhineine gesetzliche Maßnahme, wie sie noch nicht da war. WäreeS zur Auflösung gekommen, so hätten wir im Wahlkampf mit denKonservativen gegen die übrigen Parteien gestanden. Er, Redner,könne sich eine günstigere Konstellation denken wie diese. Wenn derZolltarif init seinen Hungerzöllen wiederkommt, werde es sichzeigen, daß die hundertundzehn Mann im Reichstage erfolgreicherkämpfen können wie gegen die Militärvorlage an sich. Dannmüssen aber die Massen wieder geschlossen hinter der Fraktionstehen.(Zustimmung und Widerspruch.)R o s e n b l ü t begründet eine Resolution, die der Fraktion daSVertrauen der Versammlung ausspricht.Sonnemann wünscht, daß der Parteitag sich ernstlich mitder Frage beschäftigen möge, wie die Jugendlichen vom 18. bis21. Lebensjahre der politischen Organisation zugeführt werdenkönnen.In seinem Schlußwort geht Robert Schmidt auf dieEinwendungen der Diskussionsredner ein und erklärt u. a., daß esnichts genützt hätte, wenn noch m-hr Redner vier Stunden geredethätten, die Reden hätten in- und außerhalb des Parlaments keineBeachtung mehr gefunden. Mit endlosen Schwätzereien werde auchnichis erreicht.Eine Resolution, die sich g c g e n die Haltung derFraktion aussprach, wurde gegen sechs bis acht Stimmen ab-gelehnt, doch fand auch eine gegensätzliche Resolution bei starkerStimmenthaltung nicht die nötige Majorität.Als Delegierte zum Parteitag wurden Reppenhagen undH u h n f l e i s ch gewählt.Sechster W«l,lkrcis.Zum ersten Punkt der Tagesordnung führte S t ä f f l e r aus:In der Massenstreikfrage stelle er sich auf den Standpunkt,daß der Massenstreik kommen werde und eine notwendige Waffe fei.Form und Technik werde sich von selbst aus seiner Anwendung er-geben. Wavrscheinlich wird das belgische System am cmpfehlens-wertesten sein. Nur der augenblickliche Moment wirtschaftlichenNiederganges erscheine ungeeignet. Jedenfalls sei es erforderlich,daß die Frage auf dem Parteitag verhandelt wird. Zum Berichtdes Parteivorstandes bemerkt er: Die Erscheinung des Stillstandesin Organisation und Presse müsse mit voller Aufmerksamkeit be-trachtet werden. Der Vorschlag des Partciausschusses. betreffenddie Abführungen<m den Maifonds, sei annehmbar; für eineVerlegung der Feier auf den ersten Sonntag im Mai könne manjedock, keinesfalls stimmen.„Kurt N o s e n fe I d begrüßt das erfreuliche Vorwartsdrangender Massen, das in den M a s s e n st r e i k d e b a t t e n seinen Aus-druck findet. Die Erklärung der Regierung, an eine Wahlreformsei vorläufig nicht zu denken, werde lediglich das unumwundeneBekenntnis zum Massenstreik im Gefolge haben. Leider müssen wirsehen, daß gerade die Gewerkschaften dem Gedanken fremd gegen-überstehen und doch sollten gerade sie erkennen, wie notwendig d:cAnwendung dieser Waffe ist. um ihre Forderungen durchzusetzenund drohend« Knebelungen abzuwehren. Wenn das Ausland der-artige Kampfe zu führen vermag, wird das gut organisierte deutscheProletariat nicht davor zurückschrecken. Man kann die Besorgnis ver-stehen, mit der verantwortliche Gewerkschaftsführer einem so ge-waltigen Ringen entgegenstehen, aber Aeußerungen, wie sie die„Metallarbeiter-Zeitung" letzthin brachte, sind ein bedauerlichesZeichen für den Tiesstand nicht der Gewerkschaft, sondern des Re-dakteurs, der solches schreiben könne.(Lebhafter Beifall.) Selbstin bürgerlichen Kreisen sieht man die Erfolglosigkeit des parlamen-tarischen Kampfes für das Wahlrecht ein. Die M a i f e i e r, wie esein Genosse in Teltow-Beeskow wollte, an ihrer 25. Wiederkehr fürimmer abzuschaffen, könne und dürfe die Partei nicht. DieJugendaufklärung spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle.Leider sehen wir, wie geringe Mittel dafür aufgewendet werden.Bedauerlich sei, daß der Parteivorstand noch nichts getan habe, umendlich einen Schritt vorwärts zu kommen in der Frage der Weiter-bildung der Jugend im Alter von 18 bis 21 Jahren. Den Stillstandder Organisation halt« er nicht für so bedenklich in Rücksicht aufdie Konjunktur und der voraufgegangenen gewaltigen Fortschritte,die unmöglich in diesem Tempo weitergehen konnte. Freilich wirddie Dämpfung auch eine Rolle spielen. Aber nichts wird imstandesein, unser Vorwärtsschreiten dauernd zu hemmen, und er erwartegerade von der Massenstreikbewegung eine Belebung.Weide möchte auch die Frage der Arbeitslosigkeit mitauf die Tagesordnung gesetzt haben. In den Massenstreikdebattensind es nicht die Organisierten, sondern die Gewerkschaftsführer, diesich dem Vorwärtsdrängen entgegenstemmen. Sie werden abererleben, daß die Bewegung über sie hinweggeht, wenn sie nicht recht-zeitig einlenken.Schubert steht auf dem Standpunkt, nachdem die friedlichenDemonstrationen nicht den gewünschten Erfolg brachten und«inegroße Mandatzahl auch nicht vor Enttäuschungen bewahren kann,müssen die schärfsten Mittel angewendet werden und die GeWerk-schaften werden dann auch nicht zurückstehen wollen.Ein Schlußantrag wird angenommen.— Im Schlußwort wendetsich Stäffler gegen den Antrag des Bezirks 785, der da lautet:„Jeder Genosse, welcher den 1. Mai ohne Ausfall seines Lohnesfeiert, hat den Tagesverdienst abzuliefern."Bei der Abstimmung wurde der Antrag abgelehnt.Angenommen wurden folgende Anträge:„Auf die Tagesordnung des Parteitages ist zu setzen: n) DerWahlrechtskampf ln Preußen und seine Taktik.— b) Die ReichS-tagsfraktion wird beauftragt, in den nächsten Tagungen einenAntrag einzubringen, wonach eine Neueinteilung der Wahlkreisenach den Ergebnissen der letzten Volkszählung vorzunehmen ist."Aus der Wahl der Delegierten zum Parteitag gingendie Genossen Frank, Henkel, Gottl. Hoffmann, Leid,Ob st, Stäfflek und Genossin Reichert als gewählt hervor.Alsdann ergriff an Stelle Ledebours Genosse Liebknecht dasWort zu seinem Referat über:„Die Wehr- und Deckung s-vorlagen". Er sagte: Die Verhandlungen standen von vorn-herein unter einer gewissen Mutlosigkeit, denn es stand fest, daßdie Wehrvorlage eine große Mehrheit finden werde. Als dann dieFrag« laut wurde, ob es möglich sei, außerparlamentarische Kräftegegen die Militärvorlagen zu entfesseln, zeigte sich auch hier diegleiche Mutlosigkeit, der Vorschlag fand kein Echo in den Massen.Destmnehr batte die Fraktion die Pflicht, durch eine rücksichtsloseTaktik die Stimmung der Massen zu beleben. Feuerfunken schlagenmußte die Taktik. Wenn ich auch weiß, daß Obstruktion nicht möglichist, bin ich doch der Meiming, der Kampf konnte rücksichtsloser ge-führt werden und wir hätten es darauf ankommen lassen sollen,ob man uns vergewaltigt hätte. Die passive Resistenz der bürger-lichen Parteien mußten wir durchkreuzen, sie zwingen, sich uns zustellen. Es soll durchaus nicht unterschätzt tverden, daß die Fraktionbei der- zweiten Lesung tütchige Arbeit geleistet hat, aber daß mansich einverstanden erklärte, sofort in die zweit« Lesung einzutreten,das halte ich für falsch, weil es dem Wesen des Bewilligungsrechtswidersprach, Ausgaben ohne Deckung zu bewilligen. Ichfürchte sehr, der gefaßte Beschluß wird uns in Zukunft Schwierig-keiten bereiten. Man fürchtete ausgeschaltet zu werden und gingvon der Annahme aus, daß nur durch den Druck der 119 indirekteSteuern verhindert würden. Dieser Standpunkt ist meines Er-achtens falsch. Bürgerliche Mehrheit und Regierung haben den direk-ten Steuern, besonders der Vermögenszuwachssteuer, zugestimmt,gedrängt durch die Stimmung der Massen, die, ausgelöst durch dieFinanzreform von 1999, in den Wahlen 1912 sich widerspiegelt.Wir hätten also ruhig eine andere Taktik einschlagen und es denbürgerlichen Parteien überlassen können, ob sie die Brüskierungwagen würden, dem Volk weitere indirekte Steuern aufzubürden.Tic 4% Millionen Stimmen waren ein Trumpf in unserer Hand,über den die Gönner nicht hinweqoehen konnten. Die Fraktion warich doch einig, wären Wehr- und DeckungSvorlaoen durch ein Mantel-gesetz verbunden gewesen, so hätten wir danegen gestimmt. DieMehrheit stand auch zu dem alten Grundsatz: Diesem Svstem keinenMann und keinen Groschen, wenngleich er von einer Seite als ver-altct« Formel bezeichnet wurde. Nun tauchte jedoch die Frage auf,wie wir uns zur Deckungsvorlape stellen sollen, wenn die Wehr-Vorlage bereits angenommen ist. Würde die Deckungsvorlage zuerstzur Abstimmung gestanden haben, wir hätten dagegen stimmenmüssen, da dann das Prinzip des kleineren Uebels gar nicht inFrage kam. Welcher Fall eintreten würde, ließ sich aber nichtboraussehen. Wir durften keineswegs durch unsere Taktik bazubeitragen, daß das Uebel überhaupt erst geschaffen wurde, und alses da war, hätten wir nur dafür stimmen dürfen, sofern eS zurAbwendung des größeren unbedingt notwendig war, anderenfallsmußten wir dagegen protestieren oder uns doch der Stimme ent-halten. Niemals durfte unsere Abstimmung davon abhängig ge-macht werden, ob eine Mehrheit für die Vorlage gesichert war.Stimmenthaltung ist durchaus keine Feigheit, wie das glorreicheBeispiel von 1879 beweist. Das Gerede von der Reichstagsauflösungwar meiner Meinung nach nichts als Klatscherei. Gerade dasZentrum fühlt sich im gegenwärtigen Reichstage sehr wohl. �Wiraber haben niemals eine Reichstagsauflösung zu fürchten, dürfenes auch nicht, denn das wäre ein bedenkliches Zeichen der Schwäche.Stimmten wir der Teckungsvorlage zu, dann konnte es leicht ge-schehen, daß sie einstimmig angenommen wurde und� das hätte einunvergleichliches Hallo in der ganzen Welt gegeben, die Sozialdemo-kratie als Teil des einmütigen Nüstungsparlaments zu sehen. Nunhat sich die Diskussion daraus zugespitzt, ob der Verwendungszweckeine Rolle spielen dürfe. Ich halte die Auffassung für eine ganzunmögliche, daß wir Steuern, die an und für sich gut sind, zustimmensollen, gleichviel wofür sie verwendet werden. Die Reichsvcrmögens-znwachssteuer, obgleich die Erbschaftssteuer hineingearbeitet ist, istdie miserabelste direkte Reichsstener, die man sich denken kann; dochmöchte ich ihre Bedeutung für die preußischen Finanzen nicht unter-schätzt wissen. Sic expropriiert gewissermaßen einen Teil derpreußischen Steuerquellen, ist also ein nicht ganz wertloses StückSchwächung der preußischen Reaktion. Aber Steuern bewilligen,heißt einer feindlichen Regierung Macht in die Hand gebenund den Militarismus stärken. Steuern sind Mittel zumZweck und deshalb kann der Verwendungszweck nicht ausgeschaltetwerden. Was für die Budgetbewilligung gilt, trifft auch auf dieSteuerbewilligung zu. Der Stuttgarter Beschluß ist maßgebend.Wir werden, um Klarheit zu schaffen, die Frage auf dem Parteitagruhig diskutieren. Die Thesen des Genossen Wurm halte ich füreine einwandfreie Unterlage dafür und. der Parteitag wird sichsicher auf diesen Standpunkt stellen. Unsere grundsätzliche Haltunggegenüber dem Militarismus werden wir um kein Jota abschwächen.Der Fraktion aber muß zugerufen werden: Wir bleiben Todfeindedes Militarismus und diesem System keinen Mann und keinenGroschen.(Stürmischer Beifall.)— Eine Debatte wurde nichtgewünscht.__Hu9 der partcüMit dem Ersuchen um Veröffentlichung ist uns folgendeErklärung zugegangen: �„In seinem Bericht an den Jenaer Parteitag erklart derParteivorstand, daß er in der Angelegenheit des Genossen Radeknach wie vor der Auffassung ist, daß Radek ohne weiteres aus derdeutschen Parteimitgliedschaft zu streichen sei, nachdem ihn eineausländische Bruderorganisation ausgeschlossen habe. Der Partei-vorstand kündigt an, er werde dem Parteitage einen Antrag indiesem Sinne unterbreiten.Wir können uns der Ansicht des Parteivorstandes über dieRechtslage im Falle Radek nicht anschließen.Radek ist seit einer ganzen Reihe von Jahren sowohl in derpolnischen, Ivie auch in der deutschen Partei tätig gewesen, wenner auch, infolge seines häufigen Aufenthaltswechsels, seinen O r-ganisationsverpflichtungen in Deutschland nur mitUnterbrechungen nachgekommen ist. Er war Mitarbeiter der„Neuen Zeit" und ständiger Mitarbeiter einer großen Reihe vonTageszeitungen der deutschen Partei. Es ist bisher in der Jnter-nationale die Frage niemals entschieden worden, ob ein aus einerBruderpartei Ausgeschlossener damit zugleich als aus det ganzenInternationale ausgeschlossen zu gelten hat. Insbesondere ist bis-her nie entschieden worden, was zu geschehen hat, wenn ein voneiner Partei Ausgeschlossener zugleich in mehreren Bruder-Parteien tätig war.Die bekannten Vorgänge in Ungarn, Holland und in Ruß-land machen es notwendig, über diese Fragen über kurz oder langeine Entscheidung herbeizuführen, wir können es aber nicht billigen,daß zuungunsten des Genossen Radek jetzt ein Gelcgenheitsrechtgeschaffen wird. Solch Gelegenheitsrecht würde in diesem Falleein um so schwereres Unrecht bedeuten, als die besonderen Ver-Hältnisse, unter denen unsere polnische Bruder-Organisation zuarbeiten gezwungen ist, dazu geführt haben, daß das Verfahrengegen Rädel aller jener Rechtsgarantien entbehrte, die wir in derdeutschen Partei an ein Schiedsgerichtsverfahren zu stellen ge-wohnt sind.Es kommt hinzu, daß der Vorstand der polnischen Partei sichrundweg geweigert hat, der Bremer Untersuchungskommisswn seinRadek angeblich belastendes Material herauszugeben, und daß erauch auf den Vorschlag des deutschen Parteivorstandes, ein außer-statutarisches Schiedsgericht einzusetzen, nicht eingegangen ist.Dieses Schiedsgericht, dessen Spruch Radek sich unter allen Um-ständen fügen wollte, sollte aus je drei vom polnischen Partei-vorstand und von Radek ernannten Beisitzern und aus einem vomdeutschen Parteivorstand bestellten Vorsitzenden bestehen.Die Unterzeichneten lehnen es ausdrücklich ab, in dermateriellen Frage, ob Radek schuldig oder unschuldig ist, ein Ur-teil zu fällen. Sie halten es aber im Interesse der Partei fürgeboten, daß ihm vor seiner Streichung aus der deutschen Partei--nitgliedschaft ein Gerichtsverfahren nach deutschem Parteirecht zu-teil werde.Eduard Adler-Kiel. Adolf Albrecht-Halle a. E. OttoAntrick-Braunschwcig. Kurt Baake-Berlin. Alexander.Bloch-Berlin. Josef Bloch-Berlin. Karl Bock, Halle a. S.R. Brenner-Braunschwcig. A. Crispien-Stuttgart. GeorgDavidsohn-Berlin. Hermann Duncker-Berlin. KätheDuncker-Berlin. Emil Eichhorn-Berlin. Ernst Grenz-Leipzig. Wilhelm Greger-Berlin. Konrad Haenisch-Berlin.Julius Hanauer-Berlin. E. Heilmann-Chemnitz. WolfgangHeine-Berlin. Paul Hcnnig-Erfurt. Alfred Herre-Leipzig.K. Herz-Altona. Paul Hirsch-Berlin. Simon Katzenstein-Berlin. Alfred Keimling-Leipzig. Karl Korn-Berlin. Hein.rich Laufenberg-Hamburg. Karl Licbknecht-Berlin. Lieb-mann-Leipzig. Heinrich Limbertz-Essen. v. LojewSki-Leipzig.Otto May-Braunschweig. Franz Mehring-Berlin. HermannMüller-Leipzig. August Neumann-Berlin. Wilhelm Pieck-Berlin. Hugo Poetzsch-Berlin. Eugen Prager-Erfurt. OttoRühle-Halle. Max Schippel-Berlin. Wilhelm Schröder-Berlin. Heinrich Schulz-Berlin. Hugo Simon-Zehlendorf.Heinrich Stroebel-Berlin. Richard Wagner-Braunschweig.Hermann Wcndel-Frankfurt. August Wesemcyer-Braun-schweig. Fr. Wcstmeher-Stuttgart.Eine Reihe weiterer Parteigenossen lehnte die Unterzeichnungdieses Aufrufs mit der Begründung ab, daß ihrer Auffassung nachdie Affäre Radek durch die Bremer Untersuchung und da? zuRädels Gunsten sprechende Urteil für die deutsche Partei bereitserledigt sei."»Wir halten die Behandlung von OrganisationS-«nd Partei-fragen in Erklärungen, die zwischen einer Anzahl von Genossenvereinbart werden, nicht für angebracht. Die Diskussion solcherFragen gehört in die O r g a n i s a t i o n e n, wo entsprechende An-träge gestellt und Beschlüsse gefaßt werden können.Zur Sache selbst möchten>vir, ohne uns mit den Einzelheitender Erklärung irgendwie identifizieren zu wollen, der Ansicht Aus»druck geben, daß der Ausschluß aus einer auswärtigen Partei,und erst reckt aus einer auswärtigen Parteigruppe, für die deutschePartei nur dann rechtsverbindlich sein könnte, wenn einmal dasausländische Verfahren mit dem deutschen gleich tvertigeRechtsgar anticn bietet und wenn ferner der Ausschluß ausGründen erfolgt, die auch nach den Grundsätzen derdeutschen Partei zum Ausschluß geführt hätten.Gemeindcwahlficg.Am Dienstag abend fand in dem Vorort R a u s ch w a l d e beiGörlitz für einen weggezogenen sozialdemokratischen Gemeindever-treter eine Ersatzwahl statt. Mit 58 gegen 55 Stimmen wurde auch