Die Grundfteinlegung desVolkabübnen-'CbcaterQ»Der gestrige Tag war von Bedeutung für das KunstlebcnBerlins: für das Kunftleben der Berliner Volksmassen. Im prole-tarischen Norden wurde die Grundsteinlegung des großen Theaters.daß die Neue Freie Volksbühne mit Unterstützung der FreienVoltsbühne für ihre Zwecke erbauen läßt, vollzogen. Dort, wofrüher das sogenannte Scheunenviertel stand und nach dessenNicdcrlegung öde Schutthalden sich ausdehnten, ragen bereits dieFundamente dieses in seiner Art einzig dastehenden Unternehmensempor.Zum gestrigen Weiheakt war die Baustelle festlich hergerichtetworden. Hoch reckten stattliche Maienbäume ihr bunt gekröntesHaupt in den hellen Sonnenschein und lustig flatterten die färben-reichen Bänder im Winde. Tannengrün deckte den Boden, er-frischend dus-eten die Kinder des Waldes im heißen Mittagsbrand.Immer stärker schwoll die Flut der Gäste an, auf da und dorthalsbrecherischen Wegen drangen zahlreiche Zuschauer so nah, alseben möglich war, zur Fcststätte vor.Bekannte Vertreter der Arbeiterbewegung sowie der Kunst-und Litcraturwelt zeigten sich in reicher Anzahl. Von den Be-Hörden waren zu sehen: der stellvertretende Vorsitzende der BerlinerStadtverordneten, Cassel, und Stadtrat N a st. Ferner hattensich eingefunden die Stadtverordneten R o s e n o w, AdolfV o f f m a n n, W a l d e ck M an a s s e u. a. Auch eine ganze ReiheSchauspieler wohnten der Feier bei.Kräftig stach die Sonne vont wolkenlosen Himmel herab, alswollte sie noch schnell gut machen, was sie in den verflossenenMonaten an Verdruß heraufbeschworen hatte.Bald nach 12 Uhr leiteten die Mitglieder der„Typographia"den Festakt mit dem Liede ein: Weihe des Gesanges.Hierauf nahm der Direktor von der Baukommission und derNeuen Freien Volksbühne das Wort zur Bewillkommnung der An-wesenden. Herzlich begrüßte er die Vertreter aller Körperschaften,sowie die Angehörigen der Presse, der Kunst, Wissenschaft und Lite-ratur. Das Unternehmen sei geboren aus der großen Idee, daßdie Kunst dem Volke gehöre. In 23 jähriger Arheit sei die FreieVolksbühnen-Bewegung geworden, was sie heute ist: ein achtung-gebietender Faktor im Berliner— und auch im allgemeinen Kunst-leben. Die zähe Arbeit sei von Erfolg gekrönt gewesen, heute um-fasse die Mitgliederzahl beider Volksbühnen zusammen 70 000 Per-sonen. Diese beiden Unternehmungen, die nunmehr in ein Kartell-Verhältnis getreten seien, brauchten jährlich rund 1 Million Markfür Kunstzwecke auf. Im letzten Winter seien mehr als 1000Theatervorstellungen arrangiert worden, außerdem noch 34 Kon-zerte, Leseabende und Veranstaltungen für bildende Kunst.Seit längerer Zeit habe die Entwickelung die Volksbühnen ge-drängt, sich unabhängig zu machen, und vor vier Jahren sei derPlan aufgetaucht, ein eigenes Kunsthaus zu errichten. EinemExtrabeitrag von 10 Pf. pro Kopf und Monat sei einstimmigzugestimmt worden. Dadurch seien über 700 000 M. in drei Jahrenaufgebracht worden. 2 Millionen Mark als erste Hypothek habe dieStadt Berlin zugeschossen.Freilich, so umfangreich und vielgestaltig, wie das Projekt ur-sprünglich geplant gewesen, habe es nachträglich nicht durchgeführtlverden können; es hätte die Mittel der Vereinigung überstiegen.Immerhin erstehe hier ein Theater, wie es zurzeit in Berlin sonstnicht aufgewiesen werden könne. 2000 Plätze werde es enthalten.Schon seine Lage bringe zum Ausdruck, daß es eine Kunststättefür das Volk sein soll.Eine Reihe Ansprachen gaben der Feierlichkeit ein ernstesGepräge. Es sprachen Dr. K o n r a d Schmidt als Vorsitzenderder Freien Volksbühne, John Lehmann vom Schutzvereindeutscher Schriftsteller, R i ck e l t von der Genossenschaft deutscherBühnenangehöriger, Bruno Wille, der Gründer der Volks-bühne, N e f t, der Geschäftsführer der Neuen Freien Volksbühne,der Baumeister der„Union", der des Verfertigers des Bauplanes,'Architekten Oskar Kaufmann, rühmend gedachte, sowie einigeMitglieder der Baukommission und Mitglieder der Verwaltung.Aus den Reden klang laut die Freude heraus, daß das Pro-jekt eines Volkstheaters es bewirkt habe, die beiden Volks-bühnen in eine engere Verbindung zueinander zubringen, ein Verhältnis, aus dem hoffentlich einmal ein großerVerein und eine„Große Berliner Volksbühne" erstehen werde.Auch des Sozialistengesetzes wurde gedacht und der Zeit, die da-nach folgte. Eine große Begeisterung habe die Arbeiterschaft er-faßt, neue literarische und künstlerische Strömungen seien zumAurchbruch gelangt: Zola, dessen Kunst über das Einzclschicksalhinausstrebte zum Schicksal der Massen, Ibsen, der für die Frei-ücit des Individuums eintrat, trafen zusammen mit dem Geist,der damals in der Tiefe der Gesellschaft lebendig ward. Möchte esden beiden Vereinen bcschieden sein, daß der Bau eine Stätlewerde, wo etwas von jener Kunst vorüberziehe, die das Volt da-rnals erhoffte. Geschieden habe sich die Kunst der Oberen undder Unteren; welches die wahre sei, darüber solle nicht entschiedenwerden, wer aber die wahren Kunstgenicßer seien, das sei jetzt schonentschieden, es seien die Kinder des Volkes! Lachen beim Kunst-genuß, das könnten auch die Vornehmen, mitweinen aber nicht;ihnen sei der Ernst in der Kunst abhanden gekommen.So solle der G r u n d st e i n ein Grenzstein sein, einD e n k st e i n und ein S o n n e n w e n d st e i n IDas Volk wohne der Kunst stumm und andachtsvoll bei— ihmsei die Kunst Gottesdienst. So sagte unter anderem R i ck e l t.DaS wissen wir Schauspieler alle, darum sind die Arbeiter unserliebstes Publikum. Vor dem Arheiter kommt die priesterliche Artunserer Kunst zur vollen Geltung.Und Wille sagte einleitend: Bei einer solchen Feier sei esüblich, daß ein Protektor erscheine, eine hochgestellte Persönlichkeit,heute fehle dies. Wenn aber auch kein Fürst und Geldmagnat dasei, so hätten wir das nicht zu bedauern; freudig gestimmt könntenwir die Feier vornehmen, die den Bau einweihe, den Arbeiter undein Teil der freigesinnten Bürgerschaft schaffen werden.Dann geschahen die feierlichen Hammerschläge der Grundstein-legung. In andachtsvollem Schweigen verharrten die Umstehenden.Und wieder setzte der Gesang der„Typographia" ein. In dieStille des Sonntags hinaus jubelte der Hymnus von Schillers un-sterblichem Liede:„A n d i e F r e u d e."Segen soll es dem Werke verkünden, Segen für Millionen!Illusionisten: Ekdal, Gregers, Rclling. Aber das höchste Opfervollbringt— die Liebe, die doch auch nur, so urteilen die MenschenIbsens, eine schöne Lüge.... Nicht gleich und nicht in jedemFalle wird Ibsen richtig verstanden werden. Die da meinen, erwolle zu heiterem Lachen verführen, sie haben sich zu ihm noch nichtzurechtgefunden. Und ähnlich steht es um die Darstellung. IbsensGestalten sind, weil aus der Konsequenz schärfster Gedanken ge-zeugt, auf der Grenzscheide zwischen Komik und Tragik zu halten.Das Uebergewicht von jener oder von dieser ist ein Mißgriff.Nicht immer hat sich diese erste Vorstellung von einem Zuvieloder Zuwenig freigehalten. Es gibt da und dort zurückzudrängen,zu dämpfen— abzuschleifen. Dennoch— schon um einerLeistung willen verdiente diese Aufführung allgemeinster Auf-mcrksamkeit; das ist die der Toni Willens als Hedwig. Seiteinigen Jahren spielt sie in der Freien Volksbühne. So mancheRolle sahen wir von ihr. Und wenn wir uns nun alle ihre Talent-proben vergegenwärtigen, so ist's von ihrem Aennche» in Halbes„Jugend" her bis zu dieser Hedwig ein schönes Erreichen. DasKindhafte in diesem knospenden Wesen kann wohl nicht freier vonaller schauspielerischen Reflexion gegeben werden. Der angstvolleSchrei, als Hedwig befürchtet, der Vater würde ihre Wildentetöten, vollends der Verzwciflungsschrei, als er sie von sich stößt:das klang erschütternd wahr, griff ans Herz und trieb Tränen indie Augen. Wer soviel über die Zuschauer vermag, darf wohl einKünstler heißen. Und von Clara B e r g e r als Gina gilt ein gleiches.Unter den Vertretern der männlichen Charakterrollen stehenFritz Freister, der den Ekdal klar, wie er eigentlich geartet ist,gestaltete, Victor H a r t b e r g als Werle, Hans Werder alsGregers obenan. Den alten Ekdal sehen wir, bis auf ein Wenigesin Haltung und Gehaben, das uns herauszufallen scheint, bei EmilSonder mann, den Doktor Rclling bei Maximilian G l a d e k,der diese Charaktercharge bereits früher im Neuen Volkstheaterspielte, recht gut betraut. Fritz W i t t e- W i l d gebührt als Re-gisseur für das Zustandekommen dieser schönen künstlerischen Dar-bietung aufrichtige Anerkennung. eü.Hus aller Melt.Mir mülTcti rüsten.Als vor kurzem die Nachricht durch die Presse ging, daßes einem Ingenieur gelungen sei, eine Erfindung zu machen,mit deren Hilfe man auf weite Entfernungen Pulver-Vorräte des Feindes in die Luft sprengenkönne, da schrieb ein begeisterter preußischer Kriegsmann im„Tag", daß man zur blanken Waffe zurückkehrenwürde, Kriege seien Kulturforderungen, Speer undS ch wert würden dann eben die Waffe der Zukunftsein. Vorläufig freilich hält die Befürchtung, daß auf soeinfache Weise die heutige Waffentechnik überwunden werdenkönnte, die Herrschenden nicht ab, immer neue Millionenund Abermillionen dem Moloch Militarismus in den Rachenzu werfen. Vor allem das jüngste Kind des Militarismus,die Luftschiffahrt, wird in einer Weise gehegt undgepflegt, als ob die Völker nichts weiter nötig hätten, wieihre Steuergroschen für Lenkballons und Flugzeuge zu ver-wenden. Und doch machen sich gerade hier Anzeichen bemerk-bar, als ob die Riesen-Zeppeline im Ernstfälle alles anderesind, als eine brauchbare Waffe. Ganz abgesehen von derGefahr, die in plötzlichen Witterungsverändcrungcn droht,ersteht den Luftriesen ein anderer Feind. Wird doch aus denletzten großen französischen Armeemanövern gemeldet, daßein Eindecker, der sich bis über die Wolken in die Lüftegeschwungen chatte, von oben auf einen„feindlichen"' Lenk-b a l l o n Bonrbenatrappen warf, die ihr Ziel so sicher fanden,daß im Ernstfalle vom Lenkballon und seinenInsassen sehr wenig übrig geblieben wäre.Aber was macht das. Nach der Logik der Herren müssenso viel Lenkballons gebaut werden, daß für jeden in Klumpgeschossenen gleich wieder zwei neue vorhanden sind. DieHauptsache bleibt: Wir müssen rüsten!Friedrich fliegt von Paris nach London.Der deutsch« Flieger Friedrich, der vor einigen Tagenden Flug Johannisthal— Paris vollführte, ist am Sonn-abendvormittag in Paris mit dem Flugzeugkonstrukteur Strichals Passagier zu einem Fluge nach London aufgestiegen. Ermachte um 1,40 eine Zwischenlandung auf dem Bleriotschen Flug-platze Baraques. Ter Bürgermeister des Ortes verlangte vondem Flieger den Ausweis seiner Papiere und machte längere ZeitSchwierigkeiten, obgleich der Aviatiker erklärte, daß seine Papierein Paris eingehend geprüft und in Ordnung gefunden worden seien.Nichtsdestoweniger mutzte Friedrich warten, bis ein vom Bürger-meister bestellter Spezialkommissar aus Calais eintraf. Auch dieGendarmerie wurde in Bewegung gesetzt, um den deutschen Flieger,in dem man wohl einen Spion vermutete, am vorläufigen Weiter-flug zu hindern. Endlich um 3,S5 nachmittags wurde dem Fliegerder Weitcrflug gestattet. Trotz eines drohenden Gewitters erhober sich sofort zu großer Höhe und verschwand in der Richtungauf Dover. Er landete am Spätabend ohne weitere Störungauf demFlugPlatzeHendoninder Umgebung von London.Sein Alter.In meine Wohnung kommt eine kleine Range, ein Spiel-kamcrad meines eigenen hoffnungsvollen Sprößling?. Als derKleine vom Kientopp schwärmt, frage ich ihn, ob er denn dort schonhinein dürfe. Tarauf antwortet er selbstbewußt:„Wenn ick inden Kientopp jebe, bin ick sechs Jahre alt und jehe schon nachSchule. Fahre ick aber mit de Eisenbahn, bin ick erst fünfe."Die„lahme Gans".Unserer tanzlustigen Jugend ist aus dem Lande der un-begrenzten Möglichkeiten neues Heil gekommen. Eine FrauStanley Mac Cornick benutzte ihre reichliche freie Zeit zurErfindung eines neuen Modetanzes, der den charakteristischenNamen„Lahme l�ans" führt. Wie über alle wichtigen Er-eignisse. berichtet auch darüber ein Telegramm aus New-port, daß die erste Vorführung einen durchschlagenden Erfolghatte. Ter Tanz beginnt im Walzerschritt, plötzlich marschierendie Tänze, innen und Tänzer wie die Gänse auf der Wieseund wackeln mit den Händen statt mit den Flügeln.O Gott, wie groß ist dein Tierreich!freie Volksbühneim Thalia-Theater.Seit anderthalb Jahrzehnten wurde Ibsens„W i l d e n t e"in Berlin nicht gegeben. Nunmehr sehen wir diese schmerzlicheKomödie abermals. Und wieder haben wir Gelegenheit, uns mitIbsen, dem unerbittlich scharfen Gesellschaftskritiker, zu beschäfti-gen, mögen wir nun seine pessimistisch-satirische Weltanschauungals berechtigt anerkennen, oder sie mit unserer sozialistichen. d. h.ini tiefsten Grund« aufwärts drängenden, menschheitsgläubigenWeltanschauung bekämpfen. Aber wie es auch sei— dieser großeNorweger, dieser Bergmann, der Schächte gegraben, Finsternissein Helle verwandelt hat und desien dichterisches Lebenswerk sich voruns gleich einem kolossalen Granitfelsenmassiv erhebt, er wühltimmer von neuem alles Denken, alles Fühlen auf. Wir stehenimmer vor einer neuen Offenbarung und das ist eins der seit-samsten Rätsel. So auch jetzt, da das obengenannte Drama auf derBühne wieder seine unverbrauchte Kraft beweist.Was ist's mit der„idealen Forderung"? Was mit der Wahr-Heit? Was mit der Lebenslüge? Ist des Menschen Dasein soerbärmlich, daß es ohne Illusionen nicht bestehen kann? Oder istes wert, mit unerbittlicher Wahrheit begonnen, aufgebaut und voll-endet zu werden? Ibsen läßt die Frage offen; denn sie alle sindVerantwortlicher�" siedakteur: Carl Wermuth, Neukölln. Für den" Inseratenteil oeranlw.: Tb. Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärt» Buchdruckerei u. VerlagSanstalt Paul Singer it. Co., Berlin SÄKleine Notizen.Dem Tode entronnen. Am Sonnabend wurden bei einemEinsturz auf den Gruben von Montserrat 22 Arbeiter undein Ingenieur verschüttet. Nach stundenlangen eifrigen Bergungs-arbeiten gelang es, alle Verschütteten zu retten.Aus russischen Gefängnissen. Vier im Untersuchungsgefängnisin Mariinsk befindliche Insassen haben drei Gefängnis-aufscher erwürgt und sind geflohen.Unglückliche Segelfahrt. Aus Arensburg wird gemeldet,daß der Herausgeber der ejthnischcn Zeitung, Hael, und zweiseiner Mitarbeiter bei einer Segelfahrt aus dem Meereverunglückt sind.Spiel und Sport.Wohltätigkeit.Um einem langgefühlten dringenden Bedürfnis abzuhelfen,hat sich vor einiger Zeit in Berlin der Deutsche Flug schiff«fahrts-Verein gebildet. Dem Zuge der Zeit folgend, machter in Patriotismus. Bei einem Jahresbeitrag von drei Mark hater sich das kühne Ziel gesetzt, in allen größeren Städten Deutsch-lanvs Fliegerkorps zu gründen, um dem Vaterkn�de jeder-zeit verwcndungsfähigc, gut ausgebildete Flieger-reservekorpS zur Verfügung stellen zu können. Bei so hehrenBestrebungen konnte die Protektion hoher Herren nicht ausbleiben.Stolz verkündet der Verein, daß er unter dem ProtektoratSeiner Kgl. Hoheit Prinz Heinrich von Preuße>tsteht. Bei den einstweilig noch etwas hohen Erstehungskosten vonFlugzeugen müssen wohl noch ganz erheblich viel Jahresbeiträgea drei Mark einlaufen, um wenigstens e i n Flugzeug anschaffenzu können. Bis dahin begnügt sich der Verein damit, für seineFliegerkorps phantastisch schöne Fliegeruniformen zu komponierenund F e st e zu feiern.Das ist ja immerhin auch ein Ziel, wenn es auch mit gutausgebildeten Fliegerreservekorps herzlich wenig zu tun hat. Unswüroe diese neue nationalistische Spielerei keinen Anlaß geben,uns mit dem Deutschen Flugschiffahrts-Verein zu beschäftigen,wenn er nicht in geradezu wioerwärtiger Weise dieschwere Luftschiffkatastrophe auf der Nordsee benutzen würde, umfür sich Reklame zu machen. In den Abendstunden des Sonn-abend wurden in Berlin Extrablätter ausgeteilt, die jedemMenschen zuerst glauben machen konnten, daß wieder eine neueLuftschiffkatastrophe passiert sei. Dem war aber nichtso, sondern das Extrablatt meldete, daß der Deutsche Flugschisf-fahrts-Verein am Sonntag für die Hinterbliebenen der Luft-schiffkatastrophe eine große Flugfeier veranstalte. Nunläßt sich ja über den Geschmack nicht streiten. Vielleicht glaubtder Verein, daß dem Gerechten alle Dinge zum Besten dienenmüssen, und so stürzt er sich keck auf die Katastrophe, um damit einVergnügen zu motivieren. Und amüsieren sollen sich dieTeilnehmer, vor allem an dem großen japanischen Tages-feuerwerk, bei dem lebensgroße Figuren zum Himmel emporund wixder zur Erde hinabsteigen und das Publikum begrüßen.In seinem Schmerze über den Verlust der braven 14 Seeleute, diebei der Katastrophe ihren Tod gefunden haben, wird der Fest-ausschuß in seinem Extrablatt ordentlich lyrisch. Es heißt in derEinladung:„Leuchtende Vögel werden ihren lebenden Genossenoas. Luftreich st reitig machen. Blitz-Tonnergranatenwerden zum Abendhimmel emporsteigen, Böller- und Kanonen-schlüge die Erde erzittern lassen, und viele andere groß-artige pyrotechnische Schauspiele werden sich dem Publikumbieten."Was mag der Protektor, Seine Kgl. Hoheit Prinz Heinrichvon Preußen, zu einem solchen dreisten Mißbrauch derWohltätigkeit sagen. Während an der Wasserkante die Ver-unglückten zu Grabe getragen werden, amüsiert man hier seinPublikum unter Berufung auf die Katastrophe mit japanischemTagcsfeuerwcrk.Ter Turnverein„Fichte" hielt gestern ein Abturnen seinerMänncrabteilungen ab. Die Veranstaltung, die auf den Vereins»turnplätzen Treptow, Köpenicker Landstraße, und Reinickendorf,Thunerftraße, vor sich ging, war vom besten Wetter begünstigt.Infolgedessen war auch die Beteiligung eine rege; es traten 250Turner an. Als Geräte'waren gewählt: Weitspringen, Stein-stoßen 30 Pfd., Speerwerfen, Weithochspringen ohne Brett undHürdenläufen über 100 Meter.Die besten Resultate im Fünfkampf waren Schurter. 7. Abt.,und Gunst, 8. Abt., je 49 Punkte; Fuhrig, 8. Abt., und Wolf,17. Abt., je 48 Punkte; Sänger, 2. Abt., 46� Punkte; Schulze,7. Abt., 45% Punkte; Schöneberg, 7. Abt., 43% Punkte; Murrer,1. Abt.. 43 Punkte; Noack, 7. Abt.. 43 Punkte; Schmidt, 12. Abt..43 Punkte; Ncumann, 10. Abt., 42% Punkte; Schmolle, 12. Abt.,42% Punkte; Grabert, 2. Abt., 42 Punkte; Ludwig, 2. Abt.,42 Punkte; Löschte. 3. Abt., 42 Punkte; Schmidt, 1. Abt.. 41%Punkte; Grell, 6. Abt.. 4, Punkte.Tic Bestleistungen waren im Weitsprung: Sänger, 2. Abt.,Fuhrig, 8. Abt., und Wolf, 17. Abt., je 5,00 Meter; im Stein»stoßen: Kohl, 6. Abt., 8,25 Meter; im Speerwerfen: Schmidt,12. Abt., 43 Meter; im Weithochspringen: Sänger, 2. Abt., undFuhrig, 8. Abt., je 2,90 Bieter weit und 1,45 Meter hoch; Hürden-laufen: Kaiser, 3. Abt., und Bretschneider, 13. Abt., je 14,8 Sek.Ferner fand ein Rasfball zwischen der 16. und 5. Abt. statt.Resultat: 7: 0. Außerdem ein Faustballspiel 17. gegen 12. Abt.Resultat: 136: 135 Punkte.*Ein öffentliches Turnen veranstaltet am Donnerstag.den 18. d. M. die 7. Lchrlingsabteilung des Turnvereins„Fichte",Berlin, in der Turnhalle, Wasserthorstr. 31. Freunde und Bekanntesind hierzu eingeladen.Fuflball.Am Sonntag hatte der B. F. C. Adler auf seinem Sportplatzden erstklassigen B. F. C. Borussia zu Gaste, dieser konnte denSieg von 3: 1(Halbzeit 1: 1) erringen. Das Spiel war sehr flottund scharf.Das Retourspiel Rapid gegen Teutonia Tempelhof-Mariendorfendete unentschieden 0: 0.Die I. Jugendmannschaft von Rüstig-Vorwärts Neuköllnspielte gegen die l. Jugendmannschaft Fichte 3, Resultat 5: 1 fürRüstig-Vorwärts. Rüstig-Vorwärts II. Männermannschaft gegenSportklub Siegfried I Neukölln, Resultat 10: 2 für Rüstig-Vor-wärts. Rüstig-Vorwärts I. Männermannschaft gegen NeuköllnerSportklub Sperber I. Männermannschaft unentschieden 2: 2.Ferner standen sich die I. und II. Biannschaften des Reinicken»dorfer Ballspielklubs und des Arbeiter-Turnverein Weißenseegegenüber. Resultat der I. Mannschaften 6: 1 für Weißensee,Resultat der II. Mannschaften 6:2 für Reinickendorf. Der Platzwar gut besucht.Fußballklub Union-Pankow l. Mannschaft spielte gegenRummelsburger Freie Turnerschaft I. Mannschaft, I. Klasse, Re»sultat 3: 4(Halbzeit 1: 1). Union spielte nur mit 10 Mann, da-von drei Ersatz.Die I. Jugendmannschaft Freie Turnerschaft Rummelsburgspielte' gegen I. Jugendmannschaft Lichtenberg und gewann 5: 2.Propagandaspicl Freie Turnerschaft Wilmersdorf gegen Ar»beiter-Turnverein Schöneberg, Resultat 2: 1 für Schöneberg(Halbzeit 1: 0 für Schöneberg).Arbeiterturnverein Pankow I. Männermannschaft gegenWeißensee 10: 2 für Wcitzensee(Halbzeit 7: 0). Arbeiterturn»verein Pankow II. Männermannschaft gegen Sportliche Vereini-gung Wilmersdorf l 10: 2(Halbzeit 4: 2).Die I. Jugendmannschaft Fichte 10 traf sich im Gesellschafts»spiel mit Turnverein Vorwärts-Friedrichshagen I. Jugendmann-schaft, Resultat 8: 3 für Fichte 10)Fußballklub Hertha 1912 stand sich im Eröffnungsspiel derSport- und Spiclvereinigung Lankwitz gegenüber, Resultat 9: 1(Halbzeit 5:1). Die II. Mannschaft Hertha 1912 spielte gegenEiche-Tegel I. Mannschaft, Resultat 4: 3(Halbzeit 1: 3).