Italien.Die Auflösung der Kammer.Rom, 30. September. Das Amtsblatt veröffentlicht ein gesternVom König unterzeichnetes Dekret, welches die Kammer aus«löst, die Wahlen auf den 26. Oktober, die Stichwahlen auf den2. November anberaumt und den Zusammentritt des neuenParlaments auf den 27. November festsetzt.In dem Exposs, das dem Auflösungsdekret vorangeht, wirdhervorgehoben: Das neue Wahlgesetz bringt die Notwendigkeitallgemeiner Wahlen mit sich, damit die Kammer zur Ver-treterin aller Bürger werde, die neuen Listen gewähren8 672 249 Bürgern das Wahlrecht. was eine Vermehrungum ö 323 249 bedeutet. Da daS neue Gesetz den Ad-geordneten eine billige Entschädigung gewährt, versetzt es dieWählerschaft in die Lage, ihre Vertreter auch unter denen zu wählen,die nicht die Mittel besitzen, ihre mit der Ausübung des Mandatszusammenhängenden Ausgaben zu bestreiten.Das Exposö führt dann die wichtig st en Reformgesetzean, so die neue Strafprozeßordnung, die Justizverfassung sowie zahl-reiche Gesetze über öffentliche Arbeiten und verweilt namentlich beidrei Reformen, die einen politischen und sozialen Charakter haben,bei den Gesetzen über den Volksschulunterricht und überdie Verstaatlichung des Lebensversicherungswesens undbei dem politischen Wahlgesetz. Das Gesetz über denVolksschulunterricht, das bestimmt ist, die Schande des An-olphabetentums auszulöschen, hat die jährlichen Kosten desVolksschulunterrichts von 29 auf b8 Millionen er-höht,'das nationale L e b en S v e r s i ch e r u n g s i n st i tu that in wenigen Monaten die Zahl von 22 119 Policenerreicht bei einem Kapital von 172 721391 Lire, außerdem über-nahm es 122 20S Policen von 23 früheren Gesellschaften über einKapital von 796 Millionen! das ist ein neuer Beweis für das Ver«trauen, das die staatlichen Einrichtungen einflößen.Das Expose preist dann den tripolitanischen Er-»berungszug.Die auswärtigen Beziehungen seien ausgezeichnet.Die Erneuerung des Dreibundes sei die sicherste Garantiedes Friedens.Schließlich wird angekündigt, daß sich die kommende Legislatur-Periode mildem Arbeitsvertrage, der Unfallversicherung, derAltersversorgung, der Abschaffung des Frei-willige njahres und einer Anzahl weiterer sozialer, hygienischerund Unterrichtsfragen zu beschäftigen haben wird.Portugal.Die politischen Verurteilungen.Lissabon, 39. September. Der Ministerrat hat einzeln die von287 verurteilten politischen Gefangenen eingereichtenGnadengesuche geprüft. Die Gesamtzahl der Verurteilten be-trägt 379, die Regierung hat in 268 Fällen die Begnadigungempfohlen._Hus der partei.Zum Fall Brückner.In der Göppinger„Freien Volkszeitung* antwortet GenosseHildenbrand aus die unseren Lesern bekannte im Austrage desfrüheren Kreisvorstandes veröffentlichte Erklärung des GenossenKopp wie folgt:In der Nr. 223 der„Freien Volkszeitung* wird durch eine vonGenossen Chr. Kopp„im Auftrag* unterschriebene Erklärung derVersuch gemacht, mich der Verbreitung„unwahrer Behauptungen*aus dem Parteitag zu beschuldigen.Wahr ist, daß Genosse Kinkel zu mir kam und mir erklärte,daß er einsehe, daß es nicht gut sei, seine Kandidatur aufrecht zuerhalten; wahr ist serner, daß vorher eine Konferenz und Be-spiechungen stattfanden, die den Genossen Kinkel zu diesem Entschlußführen mußten. Wenn sich jetzt Genosse Kopp beauftragen läßt, zuerklären, daß die Mitglieder des Kreisvorstandes zu dieser Ueber-zeugung nicht gekommen waren, mutz ich es glauben; gewußt habeich das nicht.Wahr ist, daß wenige Wochen vor der Wahl ein Mitglied desGöppinger Krcisvorstandes mit Genossen Kinkel zu mir kamen undden Landesvorstand offiziell ersuchten, er möchte einen Kandidatenfür den zurückgetretenen Genossen Kinkel suchen. Wahr ist ferner,daß, nachdem uns Genosse Dr. Lindemann, bei dem wir angefragthatten, ablehnte und nachdem andere Vorschläge nicht realisierbarwaren, im Bureau des Landesvorstandes mehrere Mitglieder des-selben den Genossen Herpich dringendst überredeten, im Interesse derPartei daS Opfer zu bringen und in diesem späten Zeitpunkt dieKandidatur übernehmen. Genosse Kopp war meines Wissens Zeugedieser Bemühungen. In Jena habe ich übrigens natürlich nicht ge-sagt, der Landesvorstand habe einen neuen Kandidaten„ernennen*,sondern ich sagte:„suchen* müssen.Meine Behauptungen sind also wahr. Nur mit der An-nähme hatte ich unrecht, daß der Kreisvorstand so klug gewesenfei wie der Genosse Kinkel. Das tut mir leid, böse Absicht war esgewiß nichl.Nun bitte ich nur noch die„Schwäbische Tagwacht*, den„Vorwärts* und die„Bremer Bürgerzeitung*, die prompt undkritiklos die Erklärung gegen mich abdruckten, dies jetzt auch zu tun,damit die angerufene„Parteiöffentlichkeit" mein Gebaren auch richtigbeurteilen kann.Hamburg, 27. September 1913.Karl Hildenbrand.Wir hälten auch ohne die liebenswürdige Aufforderung desGenossen Hildenbrand von seiner Erklärung Noiiz genommen.Die Organisationen zum Parteitag.In Halber st adl erstatrere der Delegierte Genosse BartelsBericht vom Parteitag in Jena, wobei er sich rückhaltlos auf denBoden der Parteitagsbeschlnsse stellte. In der Debatte wandte sichArbeitersekretär Genosse Schulze gegen den Berichterstatter. ZurSteuersrage meinte er u. a., die Reichstagsfraktion habe sich infolgeihres früheren Verhaltens nicht anders'helfen können, als für dieBesiysteuern zu stimmen. Wäre die frühere Situation ausgenutztworden, so hätte die Fraktion wohl gegen die Besitzstenern stimmenkönnen und auch müssen. Eine Reichstagsauslösung hätte nichtgescheut werden dürfen. Was hätte es geschadet, wenn wir einigeManddte verloren hätten?! Ebenso wandte sich der Redner gegenden Massenstreikbclchluß des Parteitages. Er blieb indessen mitseinen Ansichten allein. Alle übrigen Diskussionsredner, besondersGenossin B o l l m a n n. traten ihm scharf entgegen.»Im Sozialdemokratischen Verein Stuttgart erstatteteW e st m e y e r am levlen Freitag Berich! vom Parteitag.Wenn eine Arbeit des Parteitages voll befriedige, so sei es dieErörterung der Arbeitslosenfürsorge. In Stuttgartallein betrage die Zahl der Albeitslosen niindestens 6999, zumgroßen Teil Familienväter.— Wie kann die herrschende Klasse eswagen, das arbeitende Volk solchem Elend zu überlassen, ohne be-fürchten zu müssen, durch einen VolkSslurm weggefegt zu werden?Die Antwort laute: Noch können sich die Herrschenden auf dieMachtmiuel des Staates, insbesondere auf die Bajonette, verlassen.Die Ausbeutung des arbeitenden Volke? ist nur noch möglich unterdem Schutz der Maschinengewehre und Bajonette. Dieses stärksteMachtmittel der herrschenden Klassen noch zu vergrößern sind darumalle bürgerlichen Parteien, von den Konservativen bis zu den Fort-schrittlern bemüht. Früher konnte die Drohung mit Besitzsteuernnoch als Kampfmittel gegen das Rüstungsfieber dienen, kleinbürgerliche Parteien zu Gegnern der Militärvorlagen machen. Heute nichtmehr. Umso schärfer hat das Proletariat den Kampf gegen denMilitarismus zu führen. Ob direkte oder indirekte Steuern, dieBajonette und Maschinengewehre, die für diese Gelder angeschafftwerden, richten sich auch gegen die Brust unserer Arbeitsbriider.Darum hat unsere Reichstagsfraktion nicht gut getan, die Deckungs-Vorlage zu bewilligen. Die Behandlung dieser Angelegenheit aufdem Parteitag bat die erforderliche Klärung nicht gebracht. Ver-ständlich ist die Entscheidung der Rcichstagsfraktion vom rein parla-mentariscken Boden aus. Anders aber ist es, wenn man über dieParlamentsmauein hinaus sieht. Warum hat die Fraktion nicht ansden Urquell unserer Kraft, auf die Massen selbst zurückgegriffen?Man sagt, das habe man getan, doch die Massen hätten versagt. Dasist falsch. Die Massen sind gekommen, so lange sie der Meinung waren.daß es nicht bei Versammlungen und papiernen Resolutionen bleibenwerde. Sie haben aber die Gefolgschaft verweigert, als sie er-kannten, daß die führenden Parteigenossen selber schwankend undzaghast waren und den Kampf zu einem parlamentarischen Handelum die Steuern degradierten. Dieses Mißtrauen in den Kampfes-mut und die Geschlossenheit der Massen hat die Wurmsche Steuer-resolution geboren, hat auch der Massenstreikresolution des Partei-Vorstandes den Stempel aufgedrückt. Darum habe er und GenosseCrispien die beiden Resolutionen abgelehnt, darum haben wir derResolution Geher und der Resolution Luxemburg unsere Unterschristgegeben.In der Diskussion äußerten sich Schönlank, Ulmer, Frischer undCrispien im Sinne des Referenten, B u l l m e r vertrat den Stand-Punkt der Mehrheit des Parteitags. Letzterer führte u. a. aus:Der Stillstand der Organisation gab zu ernstlichen Bedenkenkeinen Anlaß. Die Mitgliederbewegung sei nie gradlinig aufwärtsverlaufen. Dafür iei sie um so mehr in die Tiefe gegangen. DieAusführungen Scheidemanns, Eberts und Silberschmidts lassendeutlich erkennen, daß sie unentwegt ans dem Boden der Jenaer undMannheimer Massenstreikresolution stehen, den Massenstreik sowohlals Verteidigungs- wie als Angriffsmittel der Partei erhalten wollen.Sie lehnen aber die neue Taktik der Genossin Luxemburg ab,Massenaktionen ohne Rücksicht auf deren Konsequenzen zupropagieren. Die Parteigenossen seien noch ebenso opfer-willig wie unter dem Sozialistengesetz. Aber beim Massen«streik mit gekreuzten Armen werde es nicht lange bleiben.Bald würde die Gewalt an ihre Stelle treten, nach der die Macht-haber lechzen. Für eine derartige Taktik konnte ich mich nicht ent-scheiden. Nicht um das preußische Wahlrecht, sondern um dasKoalitionsrecht oder um den Zolltarif würden Massenkämpfe ent-brennen; vielleicht viel früher als man annehme. Für direkte Steuernsei die Fraktion eingetreten, weil sonst unfehlbar indirekte ge-kommen wären. Die Fraktion habe nicht anders gehandelt alsfrüher auch.Genosse Frick teilt in der Hauptfrage weder den Standpunkt derMehrheit noch den der Minderheit. Beide Resolutionen seien ver-fehlt.Die Versammlung wurde vertagt.Auch in den schwärzesten Gegenden geht es vorwärts.In Aschaffenburg, der Hauptstadt des Wahlkreises, der einenLiborius Gerstenberger in die Parlamente geschickt hat, ist dieArbeiterbewegung so weit vorgeschritten, daß sie daran gehen konnte,sich ein eigenes Heim zu schaffen. Es wurde die ehemalige Kleider-fabrik von Kann u. Obernbauer in der Eisenstraße auf mehrereJahre gepachtet, um sie zu einem VolkshauS umzugestalten. DieUmbauten sollen sofort in Angriff genommen werden. Außer einemgeräumigen Wirtschaftslokal wird ein größerer Saal, mehrere kleineVereinszimmer, die Bureaus für das Arbeitersekretarial und dieGewerkschaftsbeamten und eine Zentralherberge eingerichtet werden.Die Umbauten solle» so beschleunigt werden, daß der Betrieb am1. Januar 1914 eröffnet werden kann.Gemcindevertreterkonferenz.Eine Konferenz der sozialdemokratischen Gemeinde-Vertreter der Provinz Hannover fand am Sonntag imGewerlschaftshause in Hannover statt. Die Konferenz waraußerordentlich zahlreich besucht; 197 Gemeindcvertreter und12 Bürgervorsteher sStadtverordnete) waren anwesend. GenosseL e i n e r t hielt zunächst einen Vortrag über die hannoversche Land-gcmeindeordnung. Seine Darlegungen zeigten deutlich, wie un-bedingt notwendig eine gründliche Reform dieser„Ordnung* ist.Sie stammt aus dem Jahre 1869 und zeichnet sich bor allem durchihre große Unklarheit aus. So haben nach einer von der Partei-leitung angestellten Umfrage von 41 Gemeinden, aus denenMitteilungeir eingingen, 16 drei Stimmrechtsklassen. 16 vier,2 fünf, 4 sechs und 3 Gemeinden gar acht Stimmrechts-klaffen. Auch die Zahl der Ausschußmitglieder sowie deren Ver«teilung auf die einzelnen Klassen ist sehr verschieden. DaS Wahl-recht zum Ausschuß ist obendrein allgemein, öffentlich oder geheim,je nachdem es das jeweilige Ortsstatut vorschreibt. Uebcrhaupt„regelt* das Ortsstatut die kommnnalpolitischen Verhältnisse derhannoverschen Gemeinden völlig selbstherrlich und da den reichenSteuerzahlern und den ansässigen Besitzern auf jeden Fall dieMehrheit gesichert ist, so ist klar, daß die hannoversche Landgemeinde-ordnung mehr als die für die anderen Provinzen Preußens geltendenSelbstverwaltungsgesetze die Möglichkeit einseitigster Interessen-Vertretung bieter. Und das will gegenüber dem Dreiklassen-Wahlrecht im übrigen Preußen schon etwas heißen.—Wie ungemein schwierig es für unsere Genossen ist. untersolchen Verhältnissen für den Ausbau der kommunalen Ver-Hältnisse zu wirken, zeigte das folgende Referat des GenossenSchneider über die Aufgaben der Gemeinde-Vertreter und die rege Aussprache, die sich an beide Vorträgeschloß.— Zur Richtschnur für daS Verhalten unserer Vertreter sollein Kommentar zur hannoverschen Landgemeindeordnung heraus-gegeben werden. Ferner wurde beschlossen, allen sozialdemokratischenGcmeindevertrelern in der Provinz die„Kommunale Praxis* unent-geltlich zu liefern.Personalien. Genosse Kilian, seit acht Jahren Lokalredakteuram Kasseler„Volksblatt*, geht am 15. Oktober in gleicher Eigenschaftan das größere„BolkSblatt* in Halle«. S.fim Industrie und Kandel.Amerikas Tarifreform perfekt.Washington, 30. September. Die Tarifbill wurde heutevon dem vollzählig versammelten Konferenzkomitee in der ihrvon dem Komitee gegebenen Fassung angenommen. DieTarifsätze sind jetzt durchschnittlich niedriger als diejenigen,welche das Repräsentantenhaus und der Senat ursprünglichfestgesetzt hatten. Die Bill wird vom Repräsentantenhausewahrscheinlich morgen und übermorgen vom Senat ratifi-ziert werden. Die Bill tritt in Kraft, sobald sie vomPräsidenten unterzeichnet ist, was wahrscheinlich innerhalb einer Woche geschieht. Ausgenommen sind dieBestimmungen für Rohwolle, für welche die freieEinfuhr nach Ablauf des Dezember in Kraft tritt und fürWollfabrikate, die vom 1. Januar ab den neuen Bestim-münzen unterliegen. Die ermäßigten Zölle für Zucker tretennach dem 1. März, die freie Einfuhr von Zucker nach dem1. Mai 1916 in Kraft.Ilm den Fiskus für den durch die Zollherabsetzungen ent-stehenden Ausfall an Einnahmen aus Lebensmittclzöllen zuentschädigen, wird eine Einkommensteuer eingeführtwerden, die prozentualster abgestuft ist. Sie beträgt für Ein-kommen von 250 000 Dollar i Proz. und steigt bis auf 6 Proz.für Einkommen über 500(.00 Dollar. Die Einnahmen ausDividenden, die von amerikanischen Papieren herrühren,werden steuerfrei bleiben, da die amerikanischen Papiere aufdem Weltmarkt nicht gedrückt werden sollen. Die Bestimmung,daß 5 Proz. aller Waren erstattet werden müssen, die nichtauf amerikanischen Schiffen eingeführt werden, gilt nur fürdie aus solchen Ländern, die keinen Handelsvertrag mit derUnion geschlossen haben. Verboten wird die Einfuhr vonGegenständen, die in Gefängnissen hergestellt wurden, ebensodie Einfuhr von wildlebenden Vögeln, sofern sie nicht wissen-schaftlichen Zwecken dienen.Nach den Beschlüssen des Konferenzkomitees betragen dieZollsätze und Zollermahigungen u. a. für: Baum-wollene Taschentücher und Halstücher 25 Proz., Ermaßt-g u n g 20 Proz., Strümpfe 20—40 Proz., baumwolleneUnterkleider 30 Proz., Tischdamast 25 Proz., Ermäßigung15 Proz., Handtücher und Bettbezüge 25 Proz., E r m ä ß i-g u n g 20 Proz., Scidengarn 35 Proz., Seidensamte undPlüsche 50 Proz., Ermäßigung 4 Proz., seidene Taschen-tücher, Halstücher und Bänder 40 Proz., Ermäßigung10 Proz., Chiffon-Bekleidungsstücke 50 Proz., Ermäßigung10 Proz., Wollgarn 18 Proz., Ermäßigung 22 Proz.,Wolltuche 35 Proz., gestrickte Wollstrümpse 20—40 Proz.,wollene Bekleidungsstücke 35 Proz.Die A. E.-G. in Lippe-Detmold.Der preußische Staat, vertreten durch die Weser-Strombauver-waltung in Hannover, verhandelt gegenwärtig mit der Regierungdes Fürstentums Lippe wegen Versorgung deS Fürstentums mitelektrischer Energie aus den staatlichen Talsperrenwerken im oberenOuellgebiet der Weser. Demgegenüber bemüht sich die A. E.-G.,das Elektrizitätswerk der Stadt Lemgo, dessen Versorgungsgebiet füreine einheitliche Versorgung des Fürstentums von wesentlicher Be-deutung ist. in ihre Hände zu bekommen. Sie hat zu diesem Zweckder Stadt Lemgo ein Pachtangebot auf das Elektrizitätswerk für dieDauer von nicht weniger als 46 Jahren vorgelegt. Nimmt dieStadt Lemgo das Angebot an, dürfte es der A. E.-G. ein leichtessein, auch die übrigen Teile des Fürstentums unter ihre Kontrollezu bekommen. Daß die A. E.-G. mit einer Pachtung des LemgoerElektrizitätswerkes einem staatlichen Eingreifen vorbeugen will, gehtdeutlich aus folgender Verlragsbestimmung hervor:„Löst einer der Vertragschließenden auf Grund gesetzlicher Be-stimmungen diesen Vertrag vor Ablauf der vertragsmäßigen Fristauf, hat er dem anderen Vertragschließenden eine Entschädigungim Betrage von 299 990 M. in bar zu zahlen.*Da das Lemgoer Elektrizitätswerk gegenwärtig einen Wert vonrund 469 999 M. hat, bedeutet diese Vertragsbestimmung, daß dieserWert gegenüber dem Staat um mehr als 49 Proz. erhöhl wird,um ihm von einer eventuellen Uebernahme abzuhalten, im Hinblickauf die Dauer des Pachtvertrages eine sehr schwerwiegende Be-stimmung, die die lippcsche Regierung veranlassen sollte, sich ein-gehender damit zu befassen. Wie man hört, besteht in der Stadt-verordnetenversammlung eine scharfe Opposition gegen den Pacht-vertrag, so daß seine Ablehnung nicht überraschen würde. Sie wäreim Interesse der Allgemeinheit auf das lebhafteste zu begrüßen,mehrt sich doch die Zahl der Städte zusehends, die die innere Naturder Verpachtung kommunaler Elektrizitätswerke und ihrer Ueber-traguug au sog. gemischtwirtschaftliche Unternehmungen klar erkennen,und sich daher den darauf hinzielenden Anträgen der Eleltrizitäts-Konzerne gegenüber ablehnend verhalten.Der böhmische Kohlengroßhändler in Deutschland«Der Bund deutscher Bodenreformer, welcher zurzeit inStraßburg tagt, faßte am Montag einstimmig folgende Resolution:Die 23. Hauptversammlung des Bundes deutscher Bodeureformcrlenkt die Aufmerksamkeit des deutschen Volkes nachdrücklichst auf diedrohende Monopolisierung der deutschen Braunkohle durch dewböhmischen Kohlengroßhändler I. P e t s ch c k. Die deutsche Braun»'kohle ist bereits beute für weite Kreise der deutschen Industrie Rohtjstoff und Kraftquelle sowie ein sehr wichtiger Heizstoff des mittlerenund kleineren Haushalts, sie ist bereits noch der stärkste Schutz gegeneine übermäßige Verteuerung der Steinkohle, sie ist für dieElektrizitätsversorgung zahlreicher Städte und Ueberlandzentralcirsowie für die Elektrisierung der deutschen Bahnen unentbehrlich.Petschek hat bereits maßgebenden Einfluß auf die wichtigsten beut-schen Braunkohlenunternehmungen gewonnen und bedroht dadurchdie gesamte deutsche Volkswirtschaft in nicht abzusehendem Umfang.Der 23. Bundestag der deutschen Bodenresormer fordert den Buüdeö-vorstand auf, sich unverzüglich mit den bedrohten Kreisen und denRegierungen in Verbindung zu setzen, um die deutsche Volkswirt-schäft vor den drohenden Gefahren zu bewahren.— Wir sehenweniger darin, daß Petschek ein Böhme ist, als in der Tatsache derMonopolisierung überhaupt eine Gefahr. An dieser Stellehaben wir aber darauf aufmerksam gemacht, daß u. a. im Interesseder Zivilliste eines bundesstaatliihen Souveräns Braunkohlengrubenvon dem Parlament an Petschek verschleudert worden sind. Wirglauben daher nicht, daß der Appell der Bodenreformer an die Re-gierungen irgend einen Erfolg haben wird, zumal diese Stellen auchauf anderem Gebiete lz. B. in der Elektrizitätsversorgung) den Mo-nopolverbänden dauernd in die Hand arbeiten.Ermäßigung der Roheiscnpreise. Der Roheisenverbcmd beschloßin seiner Hauptversammlung Preisermäßigungen für das ersteSemester 1914 von 2 bis 4 M. je nach Qualität und Berkaufs-gebiet.Betriebsstillegung. Wie die„Frankfurter Zeltung' aus Düffel-darf erfährt, haben die M a n n e S m a u n- Werke in Düffeldorf daszu ihrer Interessengemeinschaft gehörende Werk Raunheimkäuflich erworben, um es zum Teil stillzulegen, und die Produktionauf andere Werke der Berkaufsgemeinschaft zu übertrage«.LrCtzU Nachrichten«Die Lage in Serbiea.Belgrad, 39. September.(Meldung deS fetcksischen Preh-bureaus.) Nach Meldungen des Präfekten von Prizrend hat sicheine kleine Zahl von Albanesen aus Ljuma mit anderen vereinigt,die church Pranitsch auf Prizrend zogen. Zum größten Teilestammen diese aus Matchija in Albanien. Für Prizrend ist jedeGefahr beseitigt. Im ganzen Departement Prizrend und auf derGrenze bis Djakowitza, ebenso im Departement Bitolia(Monastir)herrscht Ruhe und Ordnung. Die serbischen Truppenzogen nach Ochrida, um sich dhs bulgarischen BandenführersT s ch a u l j e f f zu bemächtigen. Sie zogen in Galitschnik und inChernownitza ein, wo sie Behörden einsetzten. Es wird amtlich ge-meldet, daß die Mobilisierung der Drinadivifion auf den erstenAufruf hin erfolgt ist. Kriegsmaterial mit der Bestimmung nachBulgarien hat auch gestern noch Orchowa passiert.Tic Republik China von den auswärtigen Mächten anerkannt.Peking, 39. September.(Meldung des Reuterschen Bureaus.)Eine Versammlung von Vertretern der auswärtigen Mächte wurdesich im Prinzip über die Anerkennung der Republikeinig, die wahrscheinlich unmittelbar nach der Präsidentenwahl er-folgen wird, welche man für den 8. Oktober erwartet. F u a n-s ch i k a i s Wahl erscheint sicher.Unwetter in Spanien.Madrid, 39. September.(W. T. B.) In ganz Spanien sindschwere Regengüsse niedergegangen. Der Eisenbahnverkehr inSüdspanien ist durch Ueber schwemmungcn abgeschnitten.Mehrere Dörfer fordern Hilfe. Wie gemeldet wird, sind m e h-rere Personen ertrunken. Die Ernten sind vernichtet.Die Flüsse Noya und Llobregat haben eine Höhe von 7 Meter.