Gelegenheit haben, nähere Aufschlüsse zu geben. Das Kriegs-Ministerium erklärt selbst, daß die Vorkommnisse zunächst befremd-lich erscheinen mußten. Es verdient denn auch festgestellt zu wer-den, daß die ganze Angelegenheit durch konservative Blätterin Fluß gebracht worden ist.Russisches Fleisch in Berlin.Die von der Berliner Stadtverordnetenversammlungeingesetzte gemischte Deputation zur Beratung von Maß-nahmen gegen die Lebensmütelteuerung hat am Mittwochden Vertrag der Stadt Berlin mit dem GroßkaufnmnnSamuel Aron in Wilmersdorf genehniigt. Die Fleischer-innung hat sich an den Magistrat gewendet, auch ihren Mit-gliedern den Verkauf russischen Fleisches zu überlassen. TieInnung verpflichtet sich, aus jedem ihrer sechs BezirksvereineMitglieder zu bestimmen, welche ehrenamtlich die Kontrolleder Fleischerläden übernehmen. Die von der Stadt gestelltenBedingungen gehen dahin, daß der Fleischer das von derStadt bezogene Fleisch nur an einer durch ausfällige Auf-schrift„Städtisches ausländisches Fleisch" bezeichneten Stellelagert und feilhält. Anderes Fleisch darf an dieser Stellenicht verkauft und gelagert werden. Entsprechendes gilt auchfür die Auslagen ini Schaufenster. Der Fleischer über-nimmt die Gewähr dafür, daß das gekaufte Fleisch nicht zuhöheren als zu den von der Stadtgemeinde festgesetztenPreisen an das Publikum verkauft wird und nicht anderweitin den freien Verkehr kommt.Von den Mitgliedern unserer Fraktion wurde vor Ab-schließung dieses Vertrages gewarnt, da eine Kontrolle un-möglich und die Gefahr vorhanden, daß das Publikum über-vorteilt wird, indem es russisches billiges Fleisch als teuresdeutsches bezahlen muß. Es wurde aber mit 8 gegen 3 Stim-nien beschlossen, versuchsweise und unter den angegebenenBedingungen Fleisch auch an Fleischermeister zu überlassen,soweit genügend Fleisch vorhanden ist, und mit der Beteili-gung der übrigen Gruppen(Verkäufer von nur russischemFleisch. Konsumvereine usw.) möglich ist.Mit dem Bezug russischen Fleisches wird am Donners-tag, den 23. Oktober, begonnen.Ter Fortschrittskrieg in Köln.Die Kämpfe in der Fortschrittlichen Volkspartei zu Köln, überdie wir schon vor kurzem berichteten, haben in einer stürmischenGeneralversammlung am Montagabend ihren vorläufigen Abschlußgefunden. Die Gegensätze in der Partei wurden mit leidenschaft-licher Wucht zum AuStrag gebracht. In dem Ringen um den Vor-stand wurde mit Flugblättern, Plakaten und besonderen Wahl-bureauS im Haufe der Generalversammlung gearbeitet. Währendsonst bei der VorstandSwahl ein paar Dutzend Menschen anwesendwaren, hatte die aufregende Werbearbeit des„Fortschrittlichen Agi-tationskomitees" diesmal eine Generalversammlung von bS0 Per-fönen zusammengebracht. Selbst Herr Heinz Potthoff waraus Düsseldorf herbeigeeilt, um den Parteibranv löschen zu helfen.Bei dem Vorstandsbericht ging es noch ziemlich ruhig zu. Staunendhörte man, daß die Fortschrittspartei in Köln sich an den Land-tagswahlen nicht beteiligt hat, weil— die Nationalliberalen kein Geld hatten. Bei der Vorstandswahl abertrat Sturm ein. Ein Herr Bier empfahl die Wahl des bisherigenVorsitzenden mit den Worten:„Seit 17 Jahren hat HerrSchaaf am Montagabend mit uns immer so ge-mütlichgeplaudert. ObderneueKandidatJustiz-rat Eltzbacher auch immer da sein wird?(Gelächter.)Dann brach ein Höllenlärm los: es folgte ein persönlicher Vorwurfnach dem andern, dazwischen Beschimpfungen, minutenlangesSchreien, Rufe:„Pfui",„Gelogen",„Verleumdung" usw. DieAnhänger des Dr. B i e s a n tz, dem der Vorstand die Aufnahme inden Verein verweigert hatte, weil er den temperamentvollen Rechts-anwalt fürchtet, erhoben unausgesetzt das Schlachtgeschrei:„Bie-santz, Biesantz, laßt Biesantz herein; er soll sich verteidigen." Ilmseinen Posten zu retten, griff der Vorsitzende Schaaf endlich zueinem verzweifelten Mittel; er warf seinem Gegenkandidaten,Justizrat Eltzbacher. vor, dieser habe nur deshalb 1000Mark für den Verein gesammelt, damit man ihn(Eltzbacher) als Stadtverordnetenkandidatena u f st e l l e.In der zweiten Morgenstunde endete das grausame Spiel miteinem Siege deS bisherigen Vorstandes. Er erhielt zirka 80 Stim-men mehr als fein Gegner.Die Opposition will den Kampf gegen den fortschrittlichenParteisumpf fortsetzen.Ein deutscher Fürsprecher der Beilis-Anklage.Wir baben e» als ganz selbstvelständlich angesehen, daß diedeutsche bürgerliche Presse, zum Teil in recht scharfer Weise, gegenden Ritualmordikandal in Kiew Front gemacht hat. Nun findetaber Professor Th. Schiemann in der.Kreuz-Zeitung",daß die öffentliche Meinung sich„durchaus mit Unrecht" überden Prozeß erregt hat.„Daß— schreibt er— in Rußland beider tiefen Finsternis, in der die elende Judenschaft dort lebt, auchein Aberglauben bestehen kann, der mit C h r i st e n b l u treligiös« Wahnvorstellungen verbindet, die vielleichterst durch die umlaufenden Blutlegenden entstanden sind, ist sehrwohl denkbar." Damit stellt der Leitartikler der„Kreuz.Zeitung", wenn er auch die allgemeine Anschuldigung gegen daSjüdische Volk oder die jüdische Glaubenslehre verwirft, sich durch-aus auf den Boden der Anklageschrift, die den Juden Beilis desMordes aus religiösem Fanatismus beschuldigt. Vergleicht mandamit, was selbst die russische konservative Presse vom Schlage des„Kijcwljanin" über den Prozeß und das angebliche Beweismaterialgegen Beilis geschrieben hat, so kommt man zu dem Schluß, daßdas Niveau des führenden preußischen Junkerorgans sich nur nochmit der ausgesprochenen russischen Pogrompresse messen kann.Junggescllensteuer.Tie Einführung einer Ledigensteuer beschäftigte am 18. Oktoberdie L ü b e ck e r Bürgerschaft. Von einer Kommission dieser Körper-schaft war beantragt worden, daß ledige Steuerpflichtige, die einEinkommen von mehr als 2000 M. bis 10 000 M. haben, einenZuschlag von 10 Proz., und solche mit mehr als 10 000 M. Ein-kommen einen höheren Zuschlag zur Einkommensteuer entrichtensollten. Begründet wurde diese Steuer mit der größeren Leistungs«fähigkeit der Ledigen. In der sozialdemokratischen Bürgerschafts-fraktion war man zu einer einmütigen Stellungnahme in dieserFrage nicht gelangt. Mährend die Minderheit den Gedanken derLedigensteuer trotz der in dem Antrage liegenden Mängel für bc-rechtigt erachte«, verwarf die Mehrheit ihn mit der Begründung,daß es sich um eine Sondersteuer handele, die man prinzipiell ab-lehnen müsse, zumal die Ledigen vielfach nicht leistungsfähiger alsVerheiratete seien. Die Bürgerschaft lehnte nach ein-gehender Beratung die Ledigensteuer ab, hauptsächlich ausdem Grunde, weil man befürchtete, daß durch diese Steuer reicheunverheiratete Rentner von Lübeck ferngehalten würden.— DieLedigensteuer gelangt innerhalb des Rahmens der Beratung überein neues Einkommensteuergesetz zur Verabschiedung. Das neueEinkommensteuergesetz gestaltete die Einkomniensteuer, die bishernach einem festen Satz erhoben wurde, beweglich und zwar in derForm, daß in Zukunft die Steuer nach Einheiten erhoben werdensoll, von der sozialdemokratischen Fraktion wurde versucht, durchAnträge,»ach denen die Einkommensteuer erst vom Einkommen vonüber 1000 M. erhoben und den kinderreichen Familien bedeutendeSteuerermäßigungen gewährt werden sollen, gerechter zu formen.Die Anträge fanden jedoch bei der Mehrheit der Bürgerschaft, diedie Arbeiter politisch entrechtet hat, keine Gegenliebe.«Arbeitslosenfürsorge. Die sozialdemokratische Fraktion derLübecker Bürgerschaft stellte Anträge auf Ergreifung vonMaßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit und aufErlaß eines Gesetzes betreffend die Schaffung einer Ar-beitslosenunterstützung.Kommunale Arbeitslosenversicherung.In Elberfeld beantragte die sozialdemokratische Fraktion inder am DienSlag staltgefundenen Stadtverordnelensitzung die sofortigeBereitstellung von 20 000 M. für eine kommunale Arbeitslosen-Versicherung. Begründet wurde dieser Antrag durch eine gemeinsameVorlage der freien Gewerkschaften und der Hirsch-Dunckerschen Gewerk«vereine. Die Christlicben ballen eine besondere ähnlich lautende Vor-löge eingebracht. Die Sladtbertreter beschlossen, entsprechend dem Vor-schlag der Stadlverwaltung, eine Kommission mit der Ausarbeitungeiner Vorlage zu betrauen, bestehend aus Vertretern aller Parteien;auch wird je ein Vertreter der Freien Gewerkschaften, der Hirsch-Dunckerichen Gewerkvereine und der Christlichen an den Verhand-lungen der Kommission teilnehmen.In Barmen hat die sozialdemokratische Stadtverordneten-fraktiyn denselben Antrag wie in Elberfeld gestellt. Die dortigeGewerbeinspektion bat bereits diesen Antrag vorberaten und be-schlössen, der nächsten Stadtverordnetenversammlung vorzuschlagen,eine besondere Kommission einzusetzen, die alsbald die Prüfungund Beratung der eingereichten Vorlagen herbeiführen soll.Die Balkan frage«.Vorstellungen des Dreibundes in Belgrad.Wien, 15. Oktober. Die Meldungen über das Ein-rücken der serbischen Truppen in das autonomeAlbanien im Verein mit gewissen Aeußerungen der offi-ziösen Samouprava finden hier sehr ernste Beachtung, beson-ders, da die Erklärungen von Paschitsch im Belgrader radi-kalen Klub nicht dementiert wurden. Da Oesterreich-Ungarnin eine Aenderung der von den Mächten beschlossenen GrenzenAlbaniens nicht einwilligen wird, steht dem Vernehmen nachdemnächst ein Sch ritt der Monarchie in Belgrad be-vor. in welchem die serbische Regierung befragt werden wird,was mit der Besetzung der sogenannten strategischen Punktebeabsichtigt sei, wann Serbien die Truppen zurückziehenwerde, und was die Aeußerungen der serbischen Presse zu be-deuten ihätten.Aus R o m wird ferner gemeldet, daß die i t a l i e n i s ch eRegierung die serbische in freundschaftlicher Weise daraufaufmerksam gemacht habe, die Grenzen Albaniens zu respek-tieren und Grausamkeiton zu vermeiden. Einen ähnlichenSchritt hat auch die deutsche Regierung in Belgradunternommen.Die Anarchie in Albanien.Balona, IS. Oktober. Vor einigen Tagen erschien hier einVertrauensmann Effad Paschas, um eine Versöhnung Essadsmit der Regierung herbeizuführen. Nachdem die Regierung dieForderungen Essads kurzweg zurückgewiesen hatte, erhielt sie heuteein Telegramm Essads, in dem er seinen Austritt ausdem Kabinett mitteilt und gleichzeitig die Regierung davonverständigt, daß er in Durazzo eine neue Regierunggebildet" habe, deren" Wirkungskreis sich auf Zentralalbanien;zwischen den Flüssen Masi und Schkumbi erstrecken solle. Die neueRegierung bestehe aus einem Senat, dessen Mitglieder aus denStädten Durazzo, Kawaja, Tirana und Schiat(je zwei aus jederStadt) gewählt worden seien. Ter Präsident deS Senats feier selbst.In Regierungskreisen bemerkt man zu dem Vorgehen Essads,daß die Senatsmitglieder durchaus nicht angesehenen albattesischent amilien angehören und daß Essad andererseits den wichtigstenistrikt Zentralalbaniens, Elbassan, völlig vergessen habe, wo ernoch nicht anerkannt sei.— Essad hat von seinem Schritt derInternationalen Kontrollkommission Mitteilung gemacht.frankreich.Nicht„republikanischer", sondern„Ordnu«gs".Block.Paris, 13. Oktober.(Eig. Ber.) Die republikanischenBourgeois von Dijon sind in die neuen Block-Akkorde miteinem schrillen Mißton hereingefahren. Sie haben nämlich,wie bereits telegraphisch gemeldet, gestern das Mandat, dasder verstorbene Genosse Bouhey-Allex innegehabt hatte,geradezu verräterisch einem notorischen Klerikalen ausge-liefert. Im 1. Wahlgang hatte unser Kandidat Barabant7019, Hebert, der V o r s i tz e n d e des katholischenE i s e n b a h n.e.r Verbandes, 6263 Stimmen bekommen.Ein„unabhängiger" Radikaler Dr. Julis brachte 3105Stimmen auf. Juliö trat zurück, ohne eine Wahlparole aus-zugeben. Im 2. Wahlgang aber drang Hebert mit 9228 gegen8974 Stimmen Barabants durch. Er hat 3000 Stinimen ge-Wonnen, Barabant nur 1900. Es ist richtig, daß die links-radikalen Wähler schon iin 1. Wahlgang für Barabant ge-stimmt haben, aber die Wahl zeigt doch, daß die republika-nischen Bourgeois heute mehr Sinn für den Klassenkampf alsfür den Kulturkanipf haben, i�ie„klerikale Gefahr" ist da.Aber sie lauert nicht außen, fondern frißt im Innern des repu-blikanischen Bürgertums um ficht.Dänemark.AuS dem Reichstage.Die erste Lesung der Verfassungsvorlage in der ErstenKammer ergab die Ucberweisung der Vorlage an eine Kommission,in der auch ein Vertreter der Sozialdemokratie Platz erhielt. DieKampfstimmung der Konservativen hat durch den Ausfall derWahlen zur Zweiten Kammer eine merkbare Abschwächung g»funden. Auf ßte Erklärung des Ministerpräsidenten Zahle, daß dieRegierung wohl zu Verhandlungen über die Einzelheiten der Vor-läge bereit sei, daß aber an dem Grundprinzip des allgemeinen,gleichen Wahlrechts nicht gerüttelt werden kann, antwortete derfreikonservative Führer Graf F r i j s in einer längeren Rede, dienichts von dem starren Nein des letzten Winters mehr verspürenließ. Er war im Gegenteil zu Verhandlungen geneigt, machte der„Enttvickelung" Konzessionen und trat im ganzen für eine Ver-ständigung„mit Garantien" ein. Seine Rede erweckte in kon-servativen Kreisen große Enttäuschung, so daß ein nachträglicherKommentar in der Presse gegeben werden mußte. Aber auch dieseaußerparlamentarische Abschwächung der freikonservativen Redekann nichts daran ändern, daß die Stellung im konservativenLager nicht mehr so sicgesgewiß ist, wie vor einem Jahre. Auf denEinfluß des rechtsliberalen Führers I. C. Christensen ist eben nichtmehr zu bauen, nachdem dieser wegen seines außerparlamen-tarischen Verfassungsentwurfes von seiner eigenen Fraktion imParlament so kräftig desavouiert wurde.Die Sozialdemokratie sieht den kommenden Dingen mit Ruheentgegen. Draußen im Lande arbeitet sie eifrig auf die Vervoll-kommnung ihrer Organisation und an der Aufrüttelung derMassen, damit sie den eventuell kommenden Kampf mit ganzerWucht zu führen in der Lage ist. Auch die radikale Regiccungs-Partei ist in gleicher Weise eifrigst tätig. Denn die Verhandlungs-bereitschaft der Konservativen ist immer noch leine Konzessions-bereitschast im Sinne einer demokratischen Verfassungsreform.Mit dem Kampf muß also entschieden gerechnet werden.In der Zweiten Kammer hat die s o z i a l d e m o-kratische Fraktion soeben zwei Gesetzentwürfe ein-gebracht, wovon der eine die gleiche Steuerpflicht derMilitärpersonen gegenüber den Gemeinden durchführenwill, die für alle anderen Steuerzahler besteht. Der andere undwichtigere Entwurf' verlangt, daß die Gemeindevorständeverpflichtet werden, während der Monate Dezember, Januar,Februar und März dafür Sorge zu tragen, daß Gemeinde-schulkinder an jedem Schultage eine warmeMahlzeit in der Schule bekommen, entweder unentgeltlich oderaber gegen ein Entgelt, das die Selbstkosten nicht übersteigt. Diehierdurch entstehenden Kosten sollen vom Staate und den Ge-meinden je zur Hälfte getragen werden.Bnßland.Die Rüstungstreiber an der Arbeit.Aus den Kreisen der Dnmaabgeordneten, die in engsterFühlung mit den Ministerien stehen, wird mit aller Bestimmt-heit versichert, daß der Ministerpräsident Kokowzew, gegenden die Gruppe Neidhardt und die äußerste Rechte auch neu-lich eine heftige Attacke führte, seinen Posten nur mit derVerpflichtung beibehalten hat, für die Verwirklichung des„großen Flottenprogramms" zu sorgen, das dem Zaren beson-ders am Herzen liegt.Ans diese Meldung hin erfolgte ein ziemlich lahmes offi-ziöses Tamenti, das aber nur bestritt, daß jetzt eine russischeAnleihe von 200 Millionen Rubel zur Ausführung desFlottenprogramms auf dem Pariser Geldmarkte geplantwerde. Aus allen anderen Aeußerungen geht indes hervor,daß das große Flottenprogramm bereits in allen Einzel-heiten fertiggestellt ist. daß aber seine Inangriffnahme Haupt-sächlich dadurch aufgeschoben werden müsse, weil das kleineFlottenprogramm in absehbarer Zeit noch nicht vollendetwerden könne. Sehr lehrreich ist in dieser Beziehung einArtikel der offiziösen„Nossija", der die Existenz des großenFlottenprogramms unumwunden zugibt und seine Jnangriff-nähme für das Jahr 1915 ankündigt.„Wie— schreibt dasRegierungsblatt— dies Programm verwirklicht werden wird,und ob der freie Barbestand dafür ausreichen wird� darüberErörterungen anzustellen, ist jetzt verfrüht... Zieht manin Betracht, welche Maßnahmen sämtliche Seemächte zurschnellen Verstärkung ihrer Flotten ergreifen, dürfen wirkaum annehmen, daß wir in der weiteren Verstärkung unsererFlotte ein langsameres Tempo einschlagen dürfen."Bei der Begründung der neuen Flottenforderungenweisen die russischen Rüstungstreiber vor allem auf die neuenFlottenbauten in Oe st erreich hin, wo zurzeit 4 neueUeberdreadnoughts gebaut werden. Es wird auch auf dieverstärkte Seemacht Rumäniens und Griechenlands und aufdie Schwäche der Türkei hingewiesen, die es dem russischenMarineministerium zur Pflicht machten, die Schwarze-Meer-Flotte bedeutend zu verstärken. Allerdings wird auch vonamtlicher Seite zugegeben, daß der Bau der russischen Kriegs-schiffe und Geschütze auf den russischen Werften und Werkennur langsam vorwärtsschreite, dies wird aber die russische Re-gierung sicherlich nicht abHallen, mit ihren neuen Milliarden-forderungen hervorzutreten, die angeblich von der Großmacht-stellung Rußlands gefordert werden.Letzte rfochrfichten.Metallarbeiterstreik in Köln a. Rh.Köln a. Rh., IS. Oktober.(Privattelegramm deS„V o r w ä r t S".) Bei der Firma Humboldt wurden in der Gießereietwa 20 Arbeiter entlassen, worauf heute nachmittag 4 Uhr fast diegesamte Arbeiterschaft jener Abteilung— etwa 400 Mann— dieArbeit niederlegte. In einer unmittelbar darauf stattgehabten Ver-saminlung der Ausständigen ermahnte die Führerschaft der christ-lichen und der freien Gewerkschaften die Arbeiter, morgen früh dieArbeit wieder aufzunehmen. Erst nachdem die Gewerkschaften beider Firma um Wiedereinstellung der Arbeiter vorstellig geworden,sollen bestimmte Beschlußfassungen herbeigeführt werden. DieFirma Humboldt soll ersucht werden, falls Arbeitsmangel vorliegt,eine Verkürzung der Arbeitszeit herbeizuführen und die entlassenenArbeiter wieder einzustellen.Schweres Bergwerksunglück im belgischen Kohlenrevier.Lüttich, 15. Oktober.(P. C.) In dem KohlenbergwerkSirbonniers bei Seraing ist ein Schacht eingestürzt, wobeisechs Bergleute verschüttet wurden. Sofort einfetzendenRettuugsarbeiten gelang es, drei der Verschütteten schwer-verletzt anö Tageslicht zu bringen, während drei der Verun-glückten getötet wurden._Die bekämpfte amerikanische Zollbestimmung.Washington, 15. Oktober.(W. T. B.) Nach einer Besprechung,die Undcrwooö im Weißen Hause hatte, ist bekannt geworden, Prä-sident Wilson teile Underwoods Ansicht, die Streitfrage wegen deSftinfprozentigen Zollrabattes für Waren, die auf amerikanischenSchiffen eingeführt werden, ließe sich besser anf diplomatischemWege erledigen, als durch Aufhebung oder Aenderung der betreffen-den Tarifbestimmung; übrigens würde diese Frage nicht zu einemZollkriege führen, da ja viele andere Länder derartige Unterschiedezugunsten ihrer einheimischen Schiffahrt machten.Demonstration griechischer Unteroffiziere.Athen, IS. Oktober.(P. C.) Vor dem Kriegsministerium der-anstaltcten ISO Unteroffiziere eine große Demonstration. Minister-Präsident Venizelos befahl gegen die Deuwnftranten energisch vor-zugehen. Die Mehrzahl der Unzufriedenen wurde verhaftet unddem Kriegsgericht überliefert._Postbeförderuag durch Flieger.Paris, IS. Oktober.(P.-C.) Der Aviatiker Leutnant R o n i n,der heute früh zum ersten Male in offizieller Mission mit P o st-äcken nach Poullan aufgestiegen war, ist dort um 2 Uhr 15 Min.gelandet. Er kam gerade rechtzeitig, um die Postsäcke dem vorPoullan liegenden Postdampfer nach England übermitteln zukönnen. Ronin übergab die Säcke dem Postdampfer„Peru". Fürdiese Flugleistung erhielt er vom französische« Postminister Masseein Glückwunschtelegramm.