Nr. 274.
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Volkskundgebung
Sonntag, den 19. Oftober 1913.
ihre feierlichen Versprechungen? Gab man dem Volke seine Ausland, namentlich Desterreich, hatte seine Scharen Neugieriger Rechte? Die schmachvolle Geschichte der Bauernbefreiung, gesandt. Auch so manche armselige Leineweber- Gestalt war dem der jämmerliche Zustand selbst noch unserer heutigen inte gefolgt und stand sich die dürren Beine in den mageren Kommunalverfassung, die Abwürgung der Landwehr und die Leib. Vielleicht, daß dieses Schauspiel solch armem Teufel GeAntwort auf die Frage. Schon die Revolution des Jahres legenheit gegeben hat, lehrreiche Betrachtungen anzustellen über 1848 hat die Antwort darauf gegeben, gar nicht zu gedenken den Unterschied zwischen seiner und der Lebenshaltung der der preußischen Konfliktsjahre, wo sich noch einmal das libe- anderen.
gegen Fürstenfeiern. empörende Entrechtung der preußischen Volksmaffen find die
Ist denn wirklich das Volk erwacht? Weiß es, was es will und was es vermag? Goethe über die Freiheitskriege" rale Bürgertum dagegen auflehnte, daß das System der So begingen die Fürsten den Tag der Befreiung ihrer Ahnen Die zweifelsfüchtige Frage, die der größte Zeitgenosse demokratischen Volkswehr vollends in sein Gegenteil verwandelt von der eisernen Faust des Korfen. Alles, was von Gottes Gnaden der Fürstenbefreiungstriege vor einem Jahrhundert aufwarf, wurde: in die Drillarmee als Instrument des Junkertums gegen war, war nach Leipzig gekommen. Dazu hatte das russische Weltkönnte heute geschrieben sein-wenn die Sozialdemokratie die Volksmasse. herrschertum einen Vertreter geschickt, in richtiger Erkenntnis des
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halten wurde.
nicht existierte. Denn was der offiziöse Telegraph und auf Von alledem, von der Geschichte eines ereignisschweren wahren Charakters des Tages von einer Horde Kosaken umgeben. Stimmungsjagd ausgesandte Journalisten- auch die, liberale" Jahrhunderts, von all den Kämpfen des Bürgertums gegen Auch Desterreichs Monarchenvertreter und Bernadottes Nachfahren Presse sucht ja den großen Tamtam mitzumachen, so gut oder seine feudalen Beherrscher, war bei der Jahrhundertfeier 1913 bildeten einen großen Teil der Gäste. Mit riesigem Pomp wurden so schlecht es eben gehen will- bisher aus Leipzig herüber mit feinem Worte die Rede. Die Feier der Freiheitskriege bildeten einen großen Teil der Gäste. Mit riesigem Pomp wurden gekabelt haben, ist so jammervoll dürftig, so bar alles war nichts als eine Fürstenfeier, höchstens noch eine Stund- die Gäste empfangen. Den Bahnsteig verließen sie durch eine beSchwunges und aller historischen Linie, daß selbst einen gebung des borniertesten Nationalismus im Zeichen des sondere Umzäunung, hinter der eine Mauer von Pickelhauben die Patrioten" der Jammer beschleichen müßte. Künstliche Fest- schlachtenwitternden Imperialismus. Die Feier der natio- Gaffer abhielt. Dann ging es dem Denkmal zu, wo mit vielem, arrangements, denen man anmerkte, daß kein Reinhardt nalen Erhebung gegen den französischen Imperialismus als geschickt in Szene gesetzten Aufwand der Tag gefeiert wurde, an die Regie führte, sondern die liebe Polizei, und un- Lärmtrompete des zehnmal sinnloseren, hundertmal kultur- dem vor 100 Jahren das deutsche Volk den Korsen niederwarf, das säglich hohle Worte- äußerlicher Pomp und leere widrigeren allteutschen Imperialismus welch eine Ironie Volf, dessen Nachfahren mindestens einen Kilometer im Umkreis Phrasen, das ist alles, ist alles, was sich um das assyrisch- der Weltgeschichte, welch eine Verhöhnung jeglichen National- vom Denkmal durch militärische und polizeilische Macht ferngeägyptische Denkmalsungetüm abspielte. Und dasselbe ist's gefühls! im ganzen Reiche, wo die herrschende Klasse die Jahrhundert- Wiederum fällt einem Goethes böses Zweifelswort ein: So trug der Tag schon rein äußerlich den wahren Charakter feier beging. Ist denn wirklich das Volk erwacht? Weiß es, was es will der Zeit von heute und seinen Gegensatz zu dem vor 100 Jahren zur Von den nationalen Großtaten Anno 13 war da die und was es vermag? Nede, von der Zertrümmerung des korsischen Joches, von der Und dennoch! Das Volt ist erwacht! Nicht die Gottes- Schau. Wenn damals das Volk die schwere Blutarbeit verrichtete einmütigen Freiheitsbegeisterung von Fürst und Volt, von der gnadenträumer und nicht die zynisch- raffgierigen Junker. Auch und die Fürsten fern vom Schusse das mörderische Schauspiel beSchaffung des starken, einigen Deutschland und wie die schönen nicht die Nachfahren der einstigen Freiheitstämpfer des trachteten, ohne ihre werte Persönlichkeit irgendeiner Gefahr ausKraftworte des Kriegerpathos alle lauten. Aber von dem, Bürgertums. Die Bourgeoisie ist faul und träge geworden zujeßen, so hatte diesmal das Volk die Aufgabe, die wiederum fein was vor 100 Jahren die Bewegung ins Rollen gebracht, von im Besik, sie ist politisch in ihrem Fette erstickt. Aber dafür säuberlich abgesonderten Fürsten aus der Ferne zu bewundern, ihre den gewaltigen politischen und sozialen Impulsen der fran- ist das Bolt erwacht: die breite Masse, das Proletariat! Feier zu einer Volksfeier zu stempeln, ihnen ein nationales Fest zösischen Revolution, von dem Freiheitssehnen und den Und sie, die sich seit Jahrzehnten langsam aber unwider vorzugaufeln, wie es 1818 eine nationale Tat vollbrachte. Emanzipationstämpfen der bürgerlichen Klassen, von den stehlich emporarbeitete zu sozialer Erkenntnis, zu Aber ein bitterer Tropfen Wermut war doch in den Freudenfeierlichen Fürstengelöbnissen und den gebrochenen Verfassungs- politischer Einsicht, zu Bürgerstolz und becher der Oberpatrioten gekommen, und die bürgerliche Presse verheißungen, von dem großen Ringen um die Volksfreiheit, Stampfestru, sie wird zur Jahrhundert konnte nicht drum herum, festzustellen: Die klassen bewußte das Wesen und Kern der ganzen Volksbewegung gewesen, von feier auch auch den Beweis ihres lebendigen Arbeiterschaft stand abseits von diesem Treiben, alledem war in den Festreden teine Rede! Klassenbewußtseins liefern! Muß man da nicht mit Goethe fragen: Ist denn wirklich Mag das Bürgertum heute auch aus schamlosester sie hatte in Leipzig in fünf öffentlichen Versammlungen gegen die bas Volk erwacht? Weiß es, was es will und was es Profitgier seinen Frieden mit Feudalismus und Absolutismus Fälschung der Geschichte protestiert, die am Tage der Denkmalsbermag? geschlossen haben das wahre Volt, das arbeitende weihe stattfanden. Und wenn doch noch Arbeiter an dem Nummel Als in den Wettern von Jena das alte feudale Preußen Bolt erinnert sich der Ideale des Freiheitstampfes von 1813, teilgenommen, so wird die Zeit kommen, wo es keinem Regisseur zusammentrachte, vollzog sich nur ein historisches Strafgericht. es erneuert nach hundert Jahren den Kampfesschwur wider gelingen wird, die Welt der Arbeit über ihre Klassenlage zu Ein stumpfsinnig anmaßendes Junkertum, eine verfaulte Henkersblut und Tyrannen!" täuschen. Es wird die Zeit kommen, da der Toten von 1813 in Bureaukratie, eine im ödesten Gamaschendrill verzopfte und Insonderheit wird auch das würdigerer Weise gedacht wird von einem Volke, das sich endlich durch den Korporalstod entnervte Armee mit einem höchst mittelmäßig begabten Monarchen an der Spize waren dem seine Freiheit erobert hat, so wie sie den Kämpfern von damals vorschwebte. Ansturm der neuen Zeit erlegen, die trotz aller Sultanslaunen des genialen Korfen das napoleonische Frankreich verkörperte. das reaktionärer Argwohn und feudal absolutistische BevorDie verknöcherten und versumpften Mächte des Abfolutismus mundungssucht noch hundert Jahre nach der Völkerschlacht bei und Feudalismus wurden mit den Ruten blutig gegeißelt, Leipzig nicht zu dem so dringend notwendigen einheitdie sie selbst geschnitten hatten, als sie mit ihren Söldner lichen fommunalen Störper zusammenwachsen lassen wollen, haufen und dem landesverräterischen französischen Adel an am heutigen Sonntag eindrucksvoll
Proletariat von Groß- Berlin,
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Die Aussperrung der Generale.
Paris , 16. Oktober. ( Eig. Ber.) In der Internationale" Pottiers gibt es eine verfäng liche Strophe, worin von Kugeln die Rede ist, die die Sol
daten statt für ihre Brüder für ihre eigenen Offiziere beſtim
men. Man darf sich über die hartnäckige Entrüstung, womit die patriotischen Militärfrömmler den revolutionären ArbeiDas Proletariat hat heute den Ausbeutern und Unter- tern diesen zornigen Ausbruch ihres Dichters vorhalten, nicht drückern zu beweisen, daß es in der Tat begriffen hat,
der Spike das revolutionäre Frankreich niederrennen zu seine Gedächtnisfeier der Freiheitskriege können wähnten, um das zu Selbstbewußtsein und politischemt Kraftgefühl erwachte Volk Frankreichs wieder unter das begehen! Szepter des Absolutismus und den Fronstock des Feudalismus zu beugen. Die immer erneuten Stoalitionen der reaktionären Ostmächte, denen sich aus handelspolitischer Monopolgier auch England gesellte, zwangen Frankreich immer wieder das Schwert in die Hand, bis die leitenden Männer der Republik Synod des französischen Militarismus hat jeẞt eine ganze am blutigen Kriegsspiel und den Eroberungen Gefallen fanden Ladung von Kezern zur Richtstätte geschickt. Einen Guillound im schneidigen Angriff ihre Deckung suchten. Der Konsul tinekarren voll Generale. Der Konvent ließ die KommanBonaparte und Kaiser Napoleon war so letzten Endes die danten hinrichten, die im Krieg nicht zu siegen verstanden. Schöpfung der reaktionären Oftmächte selbst. Sie hatten sichs Auf Manöverschnitzer, wie sie den meisten der gemaßregelten selbst zu danken, wenn der militaristisch- absolutistische Erbe Vor- Offiziere zur Last gelegt werden, läßt sich freilich nicht die der französischen Revolution sie betäubend aufs Haupt schlug, wärts".) Der große Tag" ist vorüber, die Hurrapatrioten buchstäbliche Enthauptung seßen. In zwei Fällen indes ließ ihre Länder zerstückelte und neu zusammenflicte Stronen vom haben ausgetobt und beginnen sich allmählich wieder zu ernüchtern. man es bei der zeitweiligen Ungnade, der Verseßung in DisHaupte schlug und seinen Streaturen wieder aufs Haupt setzte. Der über Leipzig verhängte kleine Belagerungszustand ist auf- ponibilität nicht bewenden. General Courbebaisse, Aber diese Gottesgeißel der Fürsten , dieser blutige gehoben, und das alltägliche Gepräge stellt sich wieder ein, mit Militärgouverneur von Lyon , wurde pensioniert. Und General Schlachtengott fand gleichwohl im deutschen Bürgertum be- seiner Kazenjämmerlichkeit und einer Erbärmlichkeit, die jedem Faurie, Kommandant des 15. Armeekorps in Montpellier , geisterte Verehrer. Wie kam das? Einfach daher, weil sollte, mit dem öffentlich aufgedrückten Brandmal der Unfähigkeit gezeichnet, als ob seine weitere Zugehörigkeit zur Armee eine Schmach und eine Gefahr für die Nation wäre, gleichfalls in Pension geschickt werden.
wundern. Rührt er doch an ein Recht, das sich die Hierarchie der Kriegsprofession vorbehalten hat sich der unbequemen
,, was es will und was es vermag!" Angehörigen auf eine ſummarische Art zu entledigen. Der
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modernen Zustände einführen mußte, die das Ergebnis der Man zieht das Fazit, und siehe da, es ist recht mager. Im französischen Revolution gewesen waren. Gerade die fort- Grunde genommen beherrschte Mars die Stadt, wie er die ganze geschritteneren Geister betrachteten ihn als Sturmbock und Gegenwart beherrscht. Vom frühen Morgen an patrouillierte Aber General Faurie machte aus dem Pranger eine Herold der bürgerlichen Freiheit! Infanterie, Kavallerie und Artillerie durch die Straßen Leipzigs Rednerbühne. Er redet klagt an. Sein offener Brief an Und niemals wäre die Löhe der nationalen Begeisterung nicht nur Leipzigs, sondern auch längs der ganzen via den Kriegsminister, wegen dem er nun in Untersuchung ge1813 so hoch emporgeschlagen trotz aller Erbitterung, die triumphalis der Fürsten und ihres bürgerlichen Lataienschwarmes. 30gen ist, ist eine Rede an die französische Nation. Ungerecht, Napoleons militärische Aussaugung großer Teile Deutschlands mit einem dreifachen Kordon sperrte das Militär den Festplatz ab ruft er, sei die über ihn verhängte Strafe. Unbegründet der gefät hatte wenn nicht die Erhebung von 1818 getragen bildete so eine waffenstarrende Schuhwehr der Gekrönten Tadel in dem Bericht des Generalstabschefs offre, ge gewesen wäre von dem Sturm der Freiheitsbegeisterung. hässig die Kritik des General Chomer, der die ihm unterNapoleon konnte nur besiegt werden durch dieselben Kräfte, vor dem Volfe. Der brave Bürgersmann war nur Staffage zum schobenen Fehler sich selbst als Kommandant der einen Madie ihm ehedem das Uebergewicht gegen seine reaktionären Hurrarufen. Militärische Waffenröcke und Kavalleriestiefel bildeten növerarmee habe zuschulden kommen lassen. Und die durch Gegner verliehen hatten. Nur die Boltsbewegung, die im seinen Ausblick, und hinter militärischen Postenketten und eine ſtimmungmachende Preßkampagne vorbereitete MaßZeichen der Bauernbefreiung, der Städtefreiheit, der Ver- Kavalleriegäulen konnte er seine Bewunderung vorschriftsmäßig regelung richte sich nicht gegen den unzulänglichen, sondern fassungsverheizung und der demokratischen Volkswehr gegen entladen, und seine Begeisterung erreichte ihren Höhepunkt, als end gegen den republikanischen General. Sie sei das Werk die Fremdherrschaft emporbrandete, konnte eines Napoleon lich die hohen, höchsten und allerhöchsten Herrschaften dem Plage einer fortgefeßten Intrige, die den Organismus der Armee Herr werden. Das beweisen alle Dokumente der Geschichte, ihres Festtages zuströmten. zerfresse, das Vertrauen und die Arbeitsfreudigkeit des Offidas beweisen die Zeugnisse der gefeierten Patrioten Stein, Boyen, Schön, Clausewitz , Arndt, Blücher usw. selbst, von 3war in den Straßen staute sich die Menge, doch wenn die Biersforps vernichte. denen wir einige wenige in den letzten Tagen wiedergegeben bürgerliche Presse das mit besonderem Sifer registriert, so muß hier doch gesagt werden, daß die Oberpatrioten alle Register gezogen Als aber die Freiheitsschlachten geschlagen waren, als hatten, um die ihnen und ihren Fürsten erwünschte Menge Gaffer durch die unerhörten Opfer freiheitsbegeisterter Märtyrer die heranzuschaffen. Aus allen Teilen des Reiches waren Prozent franzöfifchen Retten gesprengt waren erfüllten die Fürsten patrioten, aber auch Arme im Geiste herbeigeeilt, und auch das
haben.
scher Offiziere seit einem Jahrzehnt nicht mehr vernommen. Man hat diesen Proklamationsstil im Munde französiNach dem Fall des Kriegsministers André, der mit Hilfe der Freimaurer die Ausscheidung der klerikalen Elemente aus der Armee versucht hatte, schien es nach außen hin, als ob das Gleichgewicht der Kräfte einen Ausgleich herbeigeführt