Einzelbild herunterladen
 
zwischen einzelnen Lichtdruckanstalten und Gehilfen Entscheidungen, durch die alle Streitfälle geschlichtet wurden. Zur Erledigung seiner Arbeilen hielt es 12 Sitzungen ab. Die ihm in der BenchtSzeit entstandenen Ausgaben von 88S M. wurden je zur Hälfte durch die Firmen und durch die Gehilfen gedeckt. In de» Kunstmiihlenwrrkrn zu Würzen sind über 1<X> Arbeiter ausständig. Im Juli d. I. hatte die Firma ohne jede Besprechung mit dem Personal die Mordlöhne abgeschafft und den vor drei Jahren vereinbarten Stundenlohnsatz von SS Pf. eingeführt. DaS bedeutete eine Verschlechterung des Lohnes um S 4 Pf. die Stunde. Diese Maßnahme veranlaßte die Arbeiter, der Firma Tarifforde- rangen zu unterbreiten, wie sie schon in näherer Umgebung ein- geführt sind. Die Verhandlungen hatten nur insoweit ein Ergebnis, als der Alkordlohn wieder eingeführt wurde und einzelne Arbeiter 1 Pf. Lohnzulage erhalten sollten. Weitere Zugeständnisse lehnte die Firma ab, weshalb die Arbeitsniederlegung erfolgte. Der Stand- Punkt der Firma muß um so mehr befremden, als sie großen Absatz in den Konsumvereineil hat. Der Mühle ist auch eine Biskuitfabrik angeschlossen. Zuzug ist von Würzen streng fernzuhalten. Em der Partei. Protestaktion gegen die Königsmache in Bayern  . Am Freitag fand in Nürnberg   eine massenhaft besuchte Volksversammlung statt, in der der sozialdemokratische Landtags« abgeordnete Dr. Max S ü ß h e i m unter stürmischer Zustimmung die Schiebereien der Negierung und der Zentrumspartei   enthüllte und schonungslos brandmarkte. Es wurde folgende Resolution an- genommen: Die sozialdemokratische Partei ist grundsätzliche Gegnerin der monarchischen Staatsverfassung und des Gottesgnadentums. Die fiebenundzwanzigjährige Regierung eines Geisteskranken und die Unmöglichkeit, ihn ohne Aenderung der Verfassung zu beseitigen, beweist die Notwendigkeit der sozialdemokratischen Auffassung. Die Versammlung ist überrascht durch den kläglichen Um- fall des Zentrums und den Beschluß der Abgeordaeten- kammer, der trotz des geleisteten Treueids eine Absetzung des bisherigen Königs ermöglicht. Die Versammlung führt die eifrigen Bemühungen des klerikale» Ministeriums Hertling um die Königsfrage auf die Absicht zurück, sich das Haus Wittelsbach   zur Dankbarkeit zu verpflichten und die gefährdete politische Stellung seines Ministeriums und seiner Partei zu festigen. Die Anwesenden widersprechen, daß in einer Zeit der Arbeitslosigkeit und Wirtschaft- lichen Notlage, in einer Zeit, in der die bayerische Regierung alle Anträge' der Staatsarbeiter, Bediensteten und unteren Beamten wegen Mangels an Mitteln ablehnt, die Zivilliste um über eine Million' Mark erhöht und dem Volke durch die Erhebung des bisherigen Regenten zum König neue Lasten auferlegt werden. Die Versammlung bedauert, daß die Abgeordnetenkammer beab- sichtigt, erhöhte Aufwendungen für höfische und dynastische Zwecke zu machen, und daß sie statt der dringlichen Einführung der Ver- hältniswahl, um eine richtige Vertretung der Bolksmeinung herbei« zuführen, ein« lange' nicht so dringliche Verfassungsänderung im Ueberetfer durchgepeitscht hat. Die Versammlung spricht der sozial- demokratischen Fraktion ihre Anerkennung aus für die entschiedene Ablehnung der Regierungsvorlage, die in keiner Weise den wirk- lichen Volkswünschen und VölkSmteressen entspricht." Aus den Organisationen. Im 4. sächsischen ReichStagswahlkreise, Dresden-Neustadt, wurde erst jetzt Stellung zum Parteitag genommen, weil die Reichstagsnachwahl erst ausgefochten werden sollte. Der Dele- gierte Herrmann verteidigte die Minderheit des Parteitages, mit der er und sein Mitdelegierter sowohl in der Steuer« wie in der Rkassenstreikfrage stimmte. Der neugewählte Abgeordnete B u ck trat ihm entgegen. Er freue sich über die Beschlüsse und wünsche, daß die eingeschlagene Taktik beibehalten werde. Abgeordneter Otto Rühle   steht in direktem Gegensatz zu Buck. Er erblickt in den Beschlüssen eine Gefahr für die Partei. Der Ausspruch: Entweder Wahlrecht oder Massenstreik, sei der ausgesprochenste PutschiSmuS, sei ein Hineintreiben der Arbeiter in die Bajonette, während Rosa Luxemburg   eine planvolle Steigerung der revolutio- nären Energie durch die Propagierung des Massenstreiks erreichen wolle. Die neue Steuerpolitik bedeute in der Konsequenz, daß bei einem nicht mehr zu verhindernden Kriege auch die Bewilligung einer Kriegsanleihe ausgesprochen werde. Die ein- geschlagene'Reformtaktik sei verderblich und verhängnisvoll, führe die Partei von einer Schwierigkeit in die andere und immer mehr nach rechts. Alles bisher Errungene fei mit der radikalen Taktik erreicht worden, nun müsie sich zeigen, was mit einer neuen Taktik, Deutsches K n n st ler the a t e r Sozietät: Kampfs Schauspiel von John Galsworth y. Das Streikdrama des englischen Theaterdichters, das der Berliner   Arbeiterschaft schon vor drei Jahren durch Aufführungen der Freien Volksbühne bekannt wurde, ist der Aufmerksamkeit nicht bloß bei Arbeitern sicher. Der Stosf schon sorgt dafür und die Absicht GalSworthhs, mit dem Stücke gerade auf ein bürgerliches Publikum sozial einzureden, weiß diese Aufmerksamkeit noch um einen Grad mehr anzuregen. Aber bei einer Spielerschaft, wie das Sozietätstheater sie stellt, muh sich zeigen, was daz Stück über das Stoffliche hinaus an Kräften besitzt. Ob über das spannende szenische Bild hinaus von Werten der dramatischen Handlung gesprochen werden kann. Die Handlung stellt eine streikende Arbeitermasse und den Aufsichtsrat eines kapi- talistischen Betriebes gegenüber. Daß der Streik nicht zu Ende kommt, verursacht der Einfluß der beiden führenden Persönlichkeiten rechts und links, die zäh gegen zäh das Ganze wollen, vollen Sieg für sich und volle Niederlage des Gegners. Der Wille jedes von beiden hält eine Masse zusammen, der eine die Vertreter der Aktiv- näre, bei denen die Dividendenängste zu nagen beginnen, der andere die Arbeiter, die im schwersten Hungerelend angelangt sind. Ganz zweifellos, der Wille aufs Ganze ist in den Massen rechts und links bei jedermann lebendig. Daß sie, der eine aus diesem, der andere au» jenem Grunde der Natur und den Umständen, wie ein oller Arbeiter sagt, nachgeben, das ringen sie erst diesem Grundtriebe ab. So wird der Wert der beiden führenden Ge- stalten, deren Art starres Sichtreubleiben ist, abhängen von der Intensität, mit der sie als ein wesentlicher Teil der sie umgebenden Massen dargestellt sind. Dieser Wert hätte dann die Aufführung des Stücke» als Wichtigstes herauszuarbeiten. Aber die Auf­führung, die unter Nittners Regie stand, verriet, daß Galsworthy  so hohe dramatische Ansprüche nicht befriedigt. Ter greise Anthony. das Haupt de» Aussichtsrates, den Reicher mit harten Schlägen aus Granit hämmert«, ist durch eine kaum je überbrückte Kluft von den übrigen Mitgliedern des AufsichtSrates ge- trennt; dies« haben an seiner Art allzu wenig teil. Bei David Roberts, dem Führer der Streikenden, der von Theodor Laos anfangs zu verbissen und zu wenig bedeutend dargestellt wurde, ist der Abstand von den Mitgliedern des StreikausschusseS, di« für sich recht nichtig sind, mindestens ebenso groß. Aber hier bringt die Massenszene der Streiwersammlung, in der die Leidenschaften zwischen Ausharren und Nachgeben hin und hergeriffen werden, da« Wesen Roberls zu symbolischer Bedeutung. Deshalb liegt nicht bloß theatralisch, sondern auch dramatisch in dieser großen, mit starker Bildtunst herausgearbeiteten Szene der Höhepunkt des Stücke?. Auf Einzelheiten sei nicht eingegangen. Bis auf einS: die tiefe Verbeugung, die Roberts gestern abend in der Schlußszene dem alten Anthony macht, wirkt als Einbruch in seine schroff-uner- biitliche Natur. Herr LooS mutz nach einem anderen Ausdruck für di« Wirkung suchen, die des besiegten Greises kämpferische Per- sönlichkeit aus ihren Gegner ausgeübt hat. Die Aufführung erntete stürmischen Beifall. krck. Musik. Theater am Rollendorfplatz.»Der lachend« Dreibund" von Eduard Jaeobsoyn ist natürlich keine Ope- die beliebt sei, weil ein warmes Plätzchen in der heutigen Gesell- schaft gesucht werde, erreicht werden könne. Der Anfang zeige sich schon in Baden   und in Stuttgart  , wo die Mißerfolge der in den Landtagen geübten verhängnisvollen reformerischen Taktik geschuldet seien. Buck hofft von der Zukunft, daß sie ihm recht gebe. Die Beschlüsse des Parteitags seien sowohl nach links wie nach rechts Absagen. Nachdem Rühle und B u ck wiederholt gegeneinander polemisiert, wird die Versammlung, die zum Teile beiden Rednern Beifall gespendet, geschloffen, ohne daß Beschlüsse gefaßt wurden. Em Industrie und Kandel  . Berliner   Arbeitsmarkt im September. Di« üblichen Quartals- und Umzugsarbeiten brachten dem Ber  - liner Arbeitsmarkt im Berichtsmonai eine kleine Erholung, im wesentlichen hat er aber keine Besserung erfahren. Die großen Arbeiterverbänd«, wie die der Metallarbeiter, der Holzarbeiter und des Baugewerbes, geben nach Tausenden zählende Arbeitslose an. Auch im Konfektionsgewerbe ist die Lage flau. Unter der De  - Pression hat auch die Nachfrage im Handel und Verkehr beträchtlich nachgelassen. Bei den Männern und Frauen ist die Zahl der Krankenkassenmitglieder nicht in dem Maße wie im Vorjahr ge- stiegen: die Einnahmen der Landesversicherungsanstalt Berlin   sind zwar gegen die Parallelzeit des Vorjahres um über 20 000 M. gestiegen, aber die Renteneingänge sind anhaltend stark und haben in den ersten drei Vierteljahren um rund 8 Proz. zugenommen. Bei den Arbeitsnachweisen ist der Andrang der Arbeitslosen nicht so stark wie im Vormonat gewesen, was auf die vorübergehende Arbeitsgelegenheit beim OuartalSwechsel zurückzuführen ist. Die Lage in der Metall- und E i sen- I nd ust r i e hat sich gegen den Vormonat kaum geändert. Infolge der Umzugs- und JnstallationSarbeiten wurde lebhafter nach Heizungs- und Elektromonteuren, Mechanikern und Werkzeugmachern gefragt. Auch nach Rohrlegern war die Nachfrage gestiegen, doch handelte cS sich in den meisten Fällen nur um Aushilfsarbeiten von 8 bis 14 Tagen. Bessere Nachfrage war mich nach Maschinisten und Heizern. Dagegen war die Geschäftslage bei den Kupferschmieden und Schmieden sehr still, das Angebot dagegen groß. Am Schluß des Monats zählte der Metallarbeiterverband 8317 Arbeitslose. Auch bei den Wagenlackievern war die Lage gedrückt. In der Textil- industrie war gegen den Vormonat keine nennenswerte Aende- rung zu verzeichnen. Die Weber, Kurbler und Dekateure hatten schlecht zu tun, mittelmäßig die Färber, Wäscher und Detacheure, nur die Posamentierer, Stricker und Wirker waren gut beschäftigt. Entgegen der sonstigen Lage ist in der Holzindustrie gegen den Vormonat keine Besserung eingetreten. Am Schlüsse deS Monats wurden noch 28S7 Arbeitslose gezählt. Und auch die Holz- bildhauer und Böttcher klagen über Flaue. Nur Küchenmöbelmaler hatten günstige Arbeitsgelegenheit. Das Baugewerbe lag un- verändert danieder. Nur die Maler und Töpfer hatten infolge des Umzugstermins mit Reparaturarbeiten sehr viel zu tun. Bei den Malern überstieg die Nachfrage das Angebot. Doch dürfte die rege Arbeitsgelegenheit nur zirka 14 Tage anhalten. Am Schlüsse des Monats zählten die Ofensetzer 370 Arbeitslose. Auch bei den Steinbildhauern und Modelleuren war andauernd schlechte Ge- schäftSlage. Di« Nachfrage im Buchdruckgewerbe steigerte sich etwa? gegen den Vormonat. Die Kupferdrucker und Chemi- graphen hatten gut zu tun; dagegen melden die Steindrucker und Lithographen Flaue. Infolge der allgemein schlechten Geschäfts- läge war au«b die Nachfrage nach kaufniännijchem Personal geringer als das Angebot. Wenig befriedigend wird auch von den HandekShilfSarbeitern gemeldet. Gerichts- Zeitung«, Versetzung des Landgerichtsrats Mundry. Landgerichtsrat Mundry, der Vorsitzende der Ersten Breslauer Strafkammer, hat auch im zweiten Breslauer Sittlichkeitsprozeß, der am Mittwoch zu Ende geführt wurde, den Vorsitz geführt. Angeklagt waren 24 Personen wegen ge- schlechtlichen Verkehrs mit noch nicht 14 Jahre alten Mädchen. Fünf Angeklagte wurden freigesprochen. Die übrigen erhielten Gefängnisstrafen in Höhe von sechs Monaten bis zu einem Jahre. Nur bei einem Angeklagten war das Strafmaß höher: der Engrosschlächtermeister Krobott erhielt drei Jahre Gefängnis. Er wurde gegen eine Kaution rette, sondern ein nach Pariser Muster zurechtgemachter Schwank mit Gesang und Tanzmusik von Ralph B e n a tz k y. Ein paar Couplets' Duoszenen und Lieder erweisen ein artiges Talent für musitkomische Gestaltung. Hinter dem Titel steckt nichts von Politik; weshalb denn auch eine zum besten gegebene Coupletstrophe auf den Dreibund förmlich an den Haaren herbeigezogen ist und kläglich verpufft. Je drei Männlem und Weiblein bilden den»lachenden Dreibund". Zwei dieser Beinzeiger, ein Oberst und ein Gras, vertreten die Gauung der üblichen Theatertrottel; wohingegen die drei Beinversteckerinnen Goethes Wort von derHelena in jedem Weibe" mehr oder minder gefährlich zu parieren haben. Nach dem zweiten Akte konnte man gut des Glaubens sein, die Geschichte sei zu Ende. Dem war aber nicht so. Wie hätte sonst Max Pallenberg   für seinen dummen HanS als Pechvogel einstehen können. Ebensowenig wäre es zwischen den: Oberst und seiner Frau zur Versöhnung und bei einem anderen Pärchen zu einer regelrechten Liebschaft gekommen. Also mußte noch ein dritter Alt heran. Walter Formes  . Kurt Busch. HanS Lübschütz, Lfttty Aschenbach, Ellen Richter machten sich. Max Pallenberg   gab Komik sür's Parterre und brauchte nicht erst extempori>ch zu versichern, daß er keine Summe mehr habe. Nur Mary BehrenS-Lincke zeigte, daß sie auch ganz annehm- bar singen kann. PublikuS gebürdete sich, wie bei allen Neuheiten, wieder rein närrisch. elc. Notizen. Die Herbstausstellung in der Sezession. Wir haben nun zwei Herbstausstellungen: eine, die vom Blasebalg s-Sturm) nach Marinellische» Rezepten arrangiert wurde, und eine zweite in der Sezession. Die erstere ist wenigstens im Ganzen ein- heitlich lwenn auch völlig verfehlt). Die andere, die von einigen ausgeschiedenen Sezessionisten mit Hilfe eines jungen Kunst- Händlers(nicht Cassirerl) organisiert wurde, zeigt"die ganze Verworrenheit des heutigen Kunstbetriebes. Die Stützen der alten Sezession fehlen ganz; nur die Gaul(ein ulkiger, mauschelnder Merlur und prächtige Schafgruppens und Tuaillon sind vertreten. Sonst Mittelstand. Einige Exsezessionisten zeigen sich in schwierigen Mauserungen(Rösler, Brockhusen). Die Bechstein und Genossen ringen weiter um den neuen Stil. Große Wandbildentwürfe von dem Norweger Münch und frühere überaus sensible und farbig differenzierte Arbeiten von Picasso   zeigen die Möglichkeiten neuer Wege: dekorativ-synthetische Monumentatmalerei oder verinnerlichte. r. Theaterchronik. Da? Marionetten-Theater M ü n ch e n e r Künstler bei Keller u. Reiner, Potsdamer Straße   118b, spielt in der nächsten Woche das mystische Spiel: «Der Tod des TintageleS" von Maurice Maeterlinck  , das fünf kurze Akte hat, und im Anschluß:Die Nürnberger Puppe  ", komische Oper von A. Adam  , dem Komponisten deS Postillon von Longumeau". Von demAlten deutschen Puppenspiel vom Doktor Fau st" finden nur noch wenige Aufführungen statt. Vorträge. Ueber Friedrich K a y ß l e r und Gertrud E y s o I d t spricht Theodor Kappstein Dienstag, den 4. November, abends 8 Uhr. in der Friedrich-Werderschen Oberreolschule, Nieder- wallsir. IL. Aus ihren Hauptrollen soll eine Charakteristik ihrer Bühnenkunfi geboten werden. von 10 000 M. auf freien Fuß gesetzt und der- duftete schleunigst nach dem Ausland. Die Urteilsbegründung erklärte:die Strafen sind im allgemeinen milde ausgefallen, weil es sich nicht um unberührte, unbescholtene Mädchen gehandelt hat. Das Gericht macht einen Unterschied, ob jemand sich an einem unberührten Kinde vergeht oder ob es sich um ein schon verdorbenes Mädchen handelt. Das G e- richt mußte diesen Unterschied machen, ob- gleich im Gesetz davon nichts steht. Aber der Gesetzgeber hat diesen Fall nicht in Erwä« gung gezogen." Potztausend! Es ist müßig darüber zu streiten, ob die Begründung des ersten Urteils, die auch dieDeutsche Tages- zeitung" abfällig kritisierte, oder diese die auffallendere ist. Das Gesetz bedroht mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren den, der mit Personen unter 14 Jahren unzüchtige Handlungen vornimmt, gleichviel welcher Art diese Unzuchts- Handlungen sind. Sind mildernde Umstände vor- Händen, so läßt es Gefängnis von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu. Den Grundsatz stellt das Gesetz freilich nicht auf, daß ein Kind, gegen das bereits ein oder mehrere Male ein Verbrechen begangen ist, minderen Schutzes de- darf. Denn der Gesetzgeber, gleichviel von welcher politischen Tendenz er beherrscht wird, will doch als Recht festsetzen, was nach der Sittenbetätigung der anständig denkenden Bürger Recht sein soll. Daher ist im Gesetz absichtlich kein Unterschied zwischen bescholtenen und unbescholtenen Kindern gemacht worden. Herr Mundry hat seine Tätigkeit als Vorsitzender der Straf kammer mit dem 31. Oktober beendet. Mit dem 1. November ist er an eine Zivilkammer versetzt. Ob die Versetzung seinem Wunsch ent- sprechend oder vom Landgerichtspräsidium aus Anlaß der auffallenden Betätigung des Herrn Mundry im Interesse der Rechtssicherheit beschlossen ist, entzieht sich unserer Kenntnis. In Zivilprozessen ist weniger Raum zur Betätigung der eigenartigen Moralauffassung der Mundry- 5lammer. Aber ganz ausgeschlossen ist das Eindringen solcher Ansicht auch bei Zivilprozessen nicht. Man darf gespannt darauf sein, ob Herr Mundry z. B. anerkennen wird, daß Verträge, die die Nichtbetätigung in einem gewerkschaftlichen Verein oder einer politischen Partei ausbedingen, oder Ver- träge über Errichtung von Bordellen nach dem im Gesetz zum Ausdruck gebrachten Sittengesetz nichtig sind, weil sie gegen die guten Sitten verstoßen._ Hus aller Melt. Schnelles Avancement. DaS seltene Vorkommnis, daß ein Rittmeister mit glücklicher Umschifiung der fatalen Majorsecke sofort zum Regiments« kommandeur ernannt wird, meldet die letzte Ausgabe deS Militär-Wochenblattes". Freilich handelt es sich nicht um irgend- einen x-beliebigen Rittmeister Schulze oder Lehmann, sondern die hervorragende Eignung zum Obersten ist bei dem Schwiegersohn des Deutschen Kaisers, dem neuen Herzog von Braunschweig   entdeckt worden. Aus Anlaß seines Regierungsantritts wurde Ernst August   zum Obersten s le.suits der Ziethen-Hui'aren ernannt; außerdem steht er an der Spitze des Braunschweigischen I n f a n» terie-RegimentS Nr. LS und des Braunschweigischen Hu- saren-RegimentS Nr. 17. Wir können also getrost eventuellen politischen Verwickelungen mit Ruhe entgegensehen. Dreifacher Mord und Selbstmord. Verfehlte Spekulationen haben in der Familie des prak- tischen Arztes Tr. Hall meyer in München   zu einem tragischen Abschluß geführt. Als das Diensttnädchen des Arztes, der in der Winzerer Straße wohnte, am Sonnabend- morgen von der Kirche nach Hause zurückkehrte, fand sie den Arzt mit durchschnittener Kehle tot vor.> Er hatte, bevor er Selbstmord beging, seiner Frau und seinen beiden Kindern, einem Sohn von zehn und einer Tochter von zwölf Jahren ebenfallsdenHalsdurch- schnitten._ Jeden Tag ein Rekord. Die Rekordflüge überstürzen sich geradezu. Das neueste auf dem Gebiete der Aviatik ist ein Schnelligkeitsrekord des französischen   Fliegers Gilbert, der am Freitag in fünf Stunden vierzehn Minuten von Paris   bis Pütnitz in Pom- m e r n,«ine Strecke von 1060 Kilometer, geflogen ist. Mit diesem Rekordfluge dürfte es Gilbert gelungen sein, den Pommery- Preis, der bis zun, 31. Oktober ausgeflogen sein mutzte, an sich zu reißen._ Ausnahmepreise. Die Oberin des Klosters Abshoven in Wehr(Bezirk Aachen  ) versendet an die Gläubigen fromme Bettelbriefe, um Gelder für eine Kapelle zu sammeln, deren Inventar noch nicht voll bezahlt ist. Da- bei werden den frommen Spendern die Segnungen des Heiligsten Herzens Jesu nach folgender Taxe verheißen: 1. Wer einmal eine Mark bezahlt, bekommt jeden ersten Sonntag im Monat eine heilige Messe für sich, jeden ersten Montag eine heilige Messe für seine verstorbenen Angehörigen und Anteil an allen Gebeten und Kommunionen. 2. Wer 510 M. zahlt, wird in ein Wobltäterregister. das auf dem Haupt- altar ruht, eingeschrieben. 3. Wer einen Beitrag von öv M. gibt, wird als Stifter dieser Kapelle angesehen und sein Rame auf einer Marmorgedenktafel im Chor der Kapelle angebracht. Diese frommen Verheißungen geschehen unter ausdrücklicher Druckerlaubnis des erz- bischöflichen Ordinariats in Köln  . Das ist ja beinahe schlimmer wie beim billigen Jakob! Kleine Notizen. Ucberschwewmungcn in Obcritalie». Seit einigen Tagen führen die Flüsse Oberitaliens Hochwasser. Die Flüsse Tesfin und Oliona sind an verschiedenen Stellen über ihre User getreten und eine gefährliche Ueberschwemmung bedroht das ganze Potal. Einige Dörfer stehen bereits unter Wasser; in Piemont haben dt« Ueberschwemmungen überall großen Schaden angerichtet. Eine unerwünscht« Huldigung. Premierminister ASquith  wurde in der Nähe von Stirling   in Schottland   bei einer Automobil» fahrt von Anhängerinnen des Frauenstimmrechts angegriffen, die Pfeffer in den Wagen warfen und den Premierminister schlagen wollten. Polizeibeamte, die in einem zweiten Automobil unmittelbar folgten, vertrieben die Angreifennnen. Eine Verhaftung wurde nicht vorgenommen. Folgenschwere Explosion. Als am Freitag auf dem Schießplatz der Slodawerke bei Prag   ein 71/2 Zentimeter Feldgeschoß. daß nach dem Abschießen nicht explodiert war, von«inem Geschoßmeister demontiert werden sollte, fiel das Geschoß z u Boden und explodierte. Der G e s ch o ß m e ist e r und«in Arbeiter wurden getötet, zwei andere Arbeiter sch»«I verletzt.