lährMr Beschäftigung erfolgt je 1 M. Zulage pro Woche. Die Be-schästigten Kaken zwar nicht alles Gewünschte erreicht, lönnen jedochimmerhin zufrieden sein; denn neben den erreichten Vorteilen be-deutet der Abschluh einen nicht zu unterschätzenden Erfolg. ES läßtleider der Ernst und die Festigkeit innerhalb der Organisation nochviel zu wünschen übrig. Der Erfolg wäre sonst sicher noch eingrößerer gewesen._Bauarbeiteraussperrung auf der Insel Wangeroog.Seit Ablauf des dort bestehenden Vertrages im Jahre 190ghaben Lohnerhöhungen nicht mehr stattgefunden. Da sich durch diejetzigen Kasernenbauten eine flotte Konjunktur geltend macht, wolltendie Arbeiter mit den Unternehmern in Verhandlungen die Arbeits-Verhältnisse besprechen. ES wurde vereinbart, die Bezirksverbändesollten einen Verhandlungstermin festlegen. Trotz dieser mündlichenVereinbarung wurden am selbigen Tage zehn Maurer entlassen. Dieübrigen zirka S0 Mann wurden am nächsten Tage ausgesperrt. Dadie Kasernenbauten drängen, werden Arbeitskräfte dringend benötigt.Zuzug ist fernzuhalten.Parteitag der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Seiterreich.W i e n, den 1. November.Den Bericht des Parteivorstandeserstattet Abgeordneter Skaret: Die EntWickelung der Parteiorgani-sationen war nicht so befriedigend wie früher. Die wirtschaftlicheDepression und die Mobilisierung haben uns einen Verlust von 3300Mitgliedern gebracht. Da ist es bedauerlich, daß die Anregung desVorstandes, eine besondere Werbeaktion zu veranstalten, von ein-zelnen Ländern abgelehnt worden ist, und zwar gerade von solchen,die Mitgliederverluste erlitten haben. Wien und Niedcr-Oester-reich haben am 19. Oktober mit einer„Roten Woche" eingesetzt undgroße Erfolge erzielt. Während des Parteitages noch solle eineKonferenz der Landesvertreter abgehalten werden, um eine Werbe-attion für daS ganze Reich zu beschließen. Das ist sehr notwendig,weil in einem Teil der Organisationen das Parteileben ins Stockengeraten zu sein scheint. Das Agitationsblatt„Das Volk", das besserals Flugblätter wirkt, hat jetzt einen Absatz von 70 000 Exemplaren.Qt müßte noch höher sein, und die Befürchtung der Genossen, daßwir damit unserer lokalen Parteipresse Konkurrenz machen, ist un-begründet. Die Abonnentenzahl der wissenschaftlichen' Zeitschrift„Der Kampf" ist gestiegen, aber noch nicht genügend. Das„Kom-munale Korresponoenzblatt" wird noch nicht von allen 1436 sozial-demokratischen Gemeindevertrctern gehalten. Die Jugendorgani-sation hat Fortschritte gemacht.— Reoner bespricht die einzelnenAnträge und erklärt sich mit dem Antrag der Organisation Reichen-berg einverstanden, oer die Berichterstattung der Organisationeneinheitlich regeln und für den ersten Monat(Juli) des neuen Ge-schäftSjahres vorschreiben will. Dagegen erklärt er sich gegen einenAntrag Graz, der die Einsetzung eines Reichsbildungsausschussesfordert. Die Zeit dazu sei noch nicht gekommen.Slbgeordneter Ellenbogen erstattet den Kassen-b e r i ch t. Die EntWickelung unserer Einnahmen läßt zu wünschenübrig. Die Ursache liegt in der wirtschaftlichen Krise. Daß demfrüheren raschen Aufstieg eine langsamere EntWickelung gefolgtist, braucht uns nicht zu betrüben. Die Welle geht einmal in dieHöhe und dann wieder etwas herunter. Wie wenig wir Ursachehaben, besorgt zu sein,«igt das Ergebnis der roten Woche. Wirhaben in Wien über 7000 neue Mitglieder geworben.(Beifall.) Dadie Einnahmen aus den Mitgliederbeiträgen zu wünschen übrigließen, mutzten die Beiträge aus den Parteiinstituten erhöht wer-den. Die Parteidruckerei und die„Arbeiterinnenzeitung" habensich dreimal soviel als bisher zu leisten verpflichtet. Aus AnlaßdcS Todes unseres Schuhmeier haben wir einen Schuhmeier-Fondsgegründet, der jetzt 16 000 Kronen beträgt. Aus ihm sollen Ar-beiter, die höhere Bestrebungen haben, ausgebildet werden, weildadurch das Andenken Schuhmeiers am besten geehrt wird. Rednerregt an, daS Geld für die Kranzspenden— jüngst sind beim Todeeines hervorragenden Parteigenossen für Kränze 30 000 bis 40 000Kronen ausgegeben worden— künftig dem Schuhmeier-Fonds zu-zuführen.Im Namen der Kontrollkommission beantragt Dr. CzechEntlastung.Daran schließt sich eine ausgedehnte Diskussion, die sich auforganisatorische Einzelfragen erstreckt.Die Tätigkeit der Fraktion.Berichterstatter Abg. Seitz: DaS abgelaufene Jahr war einJahr der Kriegshetze und der Kriegsgefahr. Da war es die erstePflicht der Fraktion, unausgesetzt für den Frieden zu wirken unddie Motive der Kriegshetzer an den Pranger zu stellen. Ohne Ueber-Hebung können wir sagen: daß wir einen großen Teil dazu bei-getragen haben, den Staat vor einem wahnwitzigen Kriege zu be-wahren. Leider haben wir trotzdem fast alles Unglück über uns er-gehen lassen müssen, das ein verlorener Krieg über das Volk bringt:Den Abbruch unserer Handelsbeziehungen mit dem Balkan, dieErweckung aller Gehässigkeiten in den Balkanvölkern, die Wahn-sinnige Teuerung der Lebensmittel, die Arbeitslosigkeit, dieschweren Opfer der Familien der Reservisten. Und wir stehen vorder Gefahr, daß wir die ungeheuren neuen Steuern und neuenMenschenforderungen des Militarismus zu leisten haben. In derVerurteilung dieser Politik stehen die Arbeiter nicht allein, auchihre schroffsten Antipoden, die Unternehmer, haben auf ihrem Kon-greh in Böhmen dem Leiter unserer auswärtigen Politik dasschärfste Mißtrauen ausgesprochen. Man hätte erwarten müssen,baß gerade in dieser Zeit der schweren Opfer die Parlamentstatig-keit besonders intensiv hätte sein müssen. Aber wir haben noch nieso loenig Paclamentssitzungen gehabt wie diesmal. Das Parlamentdes allgemeinen Wahlrechts wurde nach Hause geschickt, weil manfürchtete, dort die Wahrheit zu hören. So sind die Parlamentärs-fchen Erfolge klein; ja, wir konnten nicht einmal Anschläge aus dieArbeiterinteressen durchgängig abwehren; vor allen nicht die derMilitärverwaltung. Die Gesetze über die Kriegsleistung konntenwir nicht verhindern. Ein agrarischer Staat kann Militärlastennicht ertragen; wir aber haben nur ein kleines Industriegebiet, unddas mutz die Lasten mitschleppen. Den ärgsten Ausschreitungender Soldatenmißhandlungcn haben wir aber Einhalt gebotenIn der Sozialpolitik ist einiges erzielt worden, aber das Er-reichte steht in keinem Verhältnis zu dem, was wir wollen. Mitvieler Mühe ist es uns gelungen, eine Novelle zum Vereinsgesehdurchzubringen, die den Frauen das gleiche Vereinsrecht wie denMännern sichert, aber daS Herrenhaus hat das Gesetz wieder zurück-geschickt. Die sozialpolitischen Gesetze werden hinausgeschoben mitder Begründung der nationalen Schwierigkeiten. Hier zeigt sichdas ganze Elend Oesterreichs. Was die Arbeiter empört, ist, daßdieser Stillstand im Parlament zugleich sich vollzieht in der' Zeiteiner wirtschaftlichen Krisis. Daher der Unmut, der Unwille. Wirsollten aber mcht solange lamentieren, sondern uns ein Beispiel anden deutschen Genossen nehmen. Wenn unsere Brüder draußen imParlament schlecht abgeschnitten hatten, dann ist ein Sturm in derganzen Arbeiterschaft aufgeflammt, dann hat es geheißen: Mantritt uns, man knechtet uns, also müssen wir uns um so fester zu-sammenschlietzen, um diefe unerträgliche Klassenherrschaft zustürzen.(Stürmischer Beifall.) Das ist proletarische Politik! Mag �die Krone das Notrecht des§ 14 behalten, wir haben dann in ent-scheidenden Fällen das Notrecht der Beherrschten.(StürmischerBeifall).— Nun ist die Idee aufgetaucht, wir mühten ob-st r u i e r e n. Obstruktion wird bei uns zur Genüge betrieben. Ja,es gibt Finanzministcr, die sich die Obstruktion absichtlich züchten,um zu verhindern, daß das Budget beraten wird. Von diesem Ge-sichtspunkt auS waren wir immer Gegner der Obstruktion, ja selbstdie Träger einer Geschäftsordnungsreform, die die Obstruktion bis„u einem gewissen Grade ausgeschaltet hat. Immerhin hätten wirdie Möalichkeit, gegen die Wehrreform und die Steuervorlagen zuobstruieren, bi- �e Regierung die Sozialversicherung beschlossenund unsere sozialpolitischen Forderungen erfüllt hat. Wir kämendamit auf eine Stufe mit den Ruthenen, die der Regierung sagen:Wir fordern jetzt eine Subvention von einer Million für diesenoder jenen landwirtschaftlichen Zweck in Galizien, und solange dasnicht bewilligt wird, obstruieren wir. Aber schauen Sie sich dieKehrseite der Medaille an. Glauben Sie, daß daraufhin die Regie-rung plötzlich die Sozialversicherung und die sozialpolitischen Forde-rungen der Arbeiter erfüllen wird? Glauben Sie, daß das Parla-ment sie annehmen und daß durch die Drohung mit der Obstruktionmit einmal aus den Vertretern der Fabrikanten, der Zünftler undAgrarier moderne Sozialpolitiker werden würden? Und nehmenSie an, unsere Forderung wird erfüllt. Jetzt aber hieße es, DuBruder zahle. Denn wenn wir erklärt haben, daß wir gegen dieWehrreform solange obstruieren, bis die sozialpolitischen Forderun-gen erfüllt sind, dann müßten wir, sobald die Bedingung erfülltist, die Wehrreform passieren lassen. Das wäre also die Erfüllungdes alten Schlagwortes: Kanonen für Volksrechte.— Eine solcheTaktik können wir im Parlament niemals einschlagen. Der Wehr-reform werden wir Sozialdemokraten im Parlament stets den ent-schiedensten Widerstand entgegensetzen müssen.Die Diskussion über dieses Thema ist nicht sehr angenehm.Sie ist so peinlich wie die Diskussion auf dem letzten reichsdeutschenParteitag über den Generalstreik. Wenn wir heute, veranlaßt durchdie Anträge auf Obstruktion, sagen müssen: Wir sind Gegner jederObstruktion, so ergibt sich ein schiefes Bild. Di« Wahrheit ist näm-lich, daß die Obstruktion gewiß ein Mittel unserer Taktik seinkann, daß sie aber nicht unbedingt und gegenüber allen Gesetzenanwendbar ist. Sie ist falsch zum Erpressen irgendwelcher positiverGesetze. Sie ist aber selbstverständlich anwendbar als Abwehr-mittel gegenüber Gesetzen, die uns unwiederbringlich Schaden zu-fügen würden, also z. B. gegen ein Gesetz, das uns das Koalitionsrecht nehmen würde. Gegen ein solches Gesetz würde ich sofort mitallen Mitteln der Obstruktion austreten. Warum? Weil ich sehrgenau weiß, daß keine Regierung den Mut hätte, ein solches Gesetzmit dem§ 14 zu verfügen und weil angesichts einer solcben Obstruk-tion auch keine Parlamentsmehrheit den Mut hätte, sich hinter dieRegierung zu stellen. Wir können vielleicht auch einmal gegeneine Wehrreforin obstruieren, wenn wir es damit zu einem Appellan die Wähler bringen und eine andere Parlamentsmehrheit her-beiführen könnten. Wenn ich aber nur weiß, daß dieselbe Mehrheitzurückkehren würde, werde ich mich dieser Arbeit überhaupt nichtunterziehen. Obstruktion kann unser letztes Mittel sein in allenFällen, wo es sich um große Rechte des Volkes handelt. Dann wirdsie kein ödes Spiel sein, wie die der Ruthenen und Slovenen, son-dern sie wird sein die Revolution im Parlament, be-«leitet von der Empörung auf der Straße!(Leb-after Beifall.) Die Obstruktion ist unser äußerstes Abwehrmittel,aber kein Tauschmittel im Kulissengeschäft der Parlamente. DasParlament ist nichts als das Spiegelbild der tatsächlichen Macht-Verhältnisse im Staate. Unsere Arbeit im Volke muß uns die Machterobern, dann haben wir auch die Macht im Parlament. Nichtsleichter, als das Parlament durch eine Obstruktion zu zertrümmern.Wir haben dieses Parlament des allgemeinen Wahlrechts ge-zimmert. Wer da? Parlament braucht als Tribüne für das freieWort, als Maschine im Staatsorganismus, kann unmöglich ein-treten für sein« Vernichtung. Ich hoffe, daß das Ergebnis unsererBeratung nicht der Auftrag sein wird, das Parlament zu zer-schlagen, fondern es zu erobern durch die Macht und Stärke derOrganisation der Arbeiterklasse!(Stürmischer Beifall.iDie Debatte wird auf Sonntag vertagt.Wien, 2. November.2. VerhandlungStag.Die parlamentarische Obstruktion fordern zweiAnträge. Der erste geht von der Bezirksorganisation Wien XIIaus und lautet:„Der Parteitag fordert die sozialdemokratische Fraktion desAbgeordnetnhauseS auf, den Kampf gegen die neuen Militär-vorlagen mit allen, auch den schärfsten Mitteln zu fiihren."Der Antrag der Bezirksorganifation Graz lautet:„Der Parteitag beauftragt die sozialdemokratische Fraktionim österreichischen Reichsrat, die Militärvorlagen und die Staats-Notwendigkeiten mit allen Mitteln, eventuell mit der Obstruktionzu bekämpfen, solange die Regierung, das� Herrenhaus und diebürgerlichen Parteien die Arbeiterschutzgesetze und die Sozial-Versicherung obstruieren."L i nd n e r- Graz: Die Ursachen für die Stagnation derPartei liegen tiefer. Die Vertrauensmänner erklären überein-stimmend, daß allgemeine Unzufriedenheit über dieparlamentarische Taktik unter den Arbeitern herrschen.Die Arbeiter begreifen nicht, daß das Sozialversicherunasgesetz, dasschon lange Jahre dem Parlament vorliegt, nicht erledigt werdenkann, während für den Moloch Militarismus in kürzester Zeit Mil-lionen bewilligt werden. Wir Grazer glauben, daß eS Situationengibt, wo die Fraktion mit den schärfsten Mitteln einsetzen muß.Seitz meint, damit würden wir das Parlament zertrümmern.Erstens glaube ich nicht, daß das Haus bei einer Obstruktion sofortaufgelöst wird, zweitens meine ich, daß die Bevölkerung der Parteinicht grollen, sondern ihr dankbar sein wird, wenn sie sich mit allenKräften gegen die Bewilligung so ungeheurer Summen für denMilitarismus wehrt. Durch unsere Aengstlichkeit davor zu radikalzu sein, stärken wir nur das Kraftgefühl unserer Gegner.W i t t e r n i g- Salzburg: Unsere Abgeordneten haben fleißiggearbeitet, aber sie haben den Resonanzboden des Parlaments nichtausgenützt, um das Echo draußen in den Massen zu wecken. UnsereAbgeordneten sollen proletarische Politik treiben und nicht einePolitik nach der Manier der Hofräte.Dr. Deutsch-Wien: Eine Diskussion über die Obstruktionläßt sich gar nicht vermeiden. Möglich, daß die Gegner einigesMaterial aus unseren Reden schöpfen, das kann aber nicht ver-hindern, daß wir uns selbst verständigen. Die Diskussionüber den Ma ssen st reik in Jena erscheint Seitz auch pein-lich, aber sie war gleichfalls notwendig. In den Reihen des Prole-tariatS besteht eine starke Parlamentsverdrossenheit,wir müssen sorgen, daß sie nicht zur Parteiverdrossenheit werde.Es ist begreiflich, daß wir unser Kind, das Parlament des allge-meinen Wahlrechts, nicht umbringen woj�n, aber dies Parlamentist ein so ungeratenes Kind geworden, daß es gar nicht schadenwürde, wenn sich die Vaterliebe der Sozialdemokratie etwas ab-kühlen würde. Es fällt uns gar nicht ein, die Ostruktion als nor-males Kampfmittel zu verlangen. Wir wollen sie nur für be-stimmte Fälle, wo sie der Stimmung der arbeitenden Massen ent-spricht. Wenn die Zünftler im sozialpolitischen Ausschusse passiveResistenz machen, so können wir sie ebensogut im Wehrausschußüben. Sollen wir nur den Buckel für die Prügel herhalten, ohnegegen die anderen loszuschlagen? Es wird gesagt, mit dieser Taktikzerstören wir das einzige Element der Demokratie in Oesterreich.Aber dies Element sieht merkwürdig aus: cS steht beständig unterdem Damoklesschwert des Absolutismus. Es könnte die Frageauftauchen, ob es nicht besser wäre, wenn wir den nackten Absolu-tismus hätten, statt dieser Scheindemokratie. Wann sollen wiranders zur Obstruktion greifen, als wenn es sich um Fragen vongroßer Bedeutung handelt, und was hat größere Bedeutung füruns, als die Fragen des Militarismus und Imperialismus? DerMilitarismus droht uns zu erdrücken. Da sage ich: Lieber einEnde mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende! Wenn man dasParlament als eine so ungeheuer wichtige Institution hinstellt, vorder wir als freiwillige Schutzwache stehen müssen, so ist das eineUeberschätzung des Parlamentarismus. Unsere Tätigkeit in denMassen wird vielfach dadurch unterbunden, daß wir wie hypnotisiertauf das Parlament starren. Wir wollen eine schärfere Taktik imParlament, damit die Oeffentlichkeit und die Regierung die Stim-mung der breiten Massen erkennt, die entschlossen sind, sich Provo-kationen nicht bieten zu lassen und den Kampf mit schärferenWaften zu führen.(Beifall.)Therese Schlesinger- Wien: Die Generalstreikdebattein Jena und unsere Obstruktionsdebatte entsprechen dem gleichenGefühl. In Deutschland wie bei un« besteht eine große Fraktionund da wie hier die Ohnmacht, für die Volksbedürfnisse etwa«auszurichten. Deshalb in beiden Ländern der Ru f nach schärfe-ren Waffen. Das Verlangen nach Obstruktion ist ein Ausdruckder Parlamentsmüdigkeit, hervorgerufen durch die Unfruchtbarkeitdes Parlamentes. Da müssen toir das Bewußtsein in die Massenbringen, daß wir das Parlament nicht als ein Allheilmittel gegendie österreichischen Nöte ansehen, sondern als Tribüne, als poli»tische Waffe.Abg. S el i g e r- Teplitz: Uns Abgeordneten steht der Ekelüber die parlamentarischen Zustände bis zum Halse. Aber wirmüssen auf unseren Posten ausharren, so unangenehm er ist. Demösterreichischen Proletariat fehlt die große Schule des parlamen»tarischen Kampfes, den die deutsche Partei genossen hat. 1906 wur»den wir mit einem Male 87 Mann stark auf das parlamentarischeKampffeld gestellt, und da wäre es ein Wunder gewesen, wenndas österreichische Proletariat auf eine plötzlich so starke Fraktionunmittelbar nach der Zeit völliger parlamentarischer Machtlosigkeitder Sozialdemokratie nicht die unmöglichsten Hoffnungen gesetzthätte. Wenn sich nachher Enttäuschung einstellt, so ist das be-grciflich. Wir müssen die Arbeiterschaft erst daran gewöhnen,Niederlagen und Zeiten der parlamentarischen Fruchtlosigkeit zubegreifen und zu ertragen. Ich halte grundsätzlich die Obstruktionfür uns als Mittel der parlamentarischen Aktion für ausgeschlossen.In dem Augenblicke, wo wir Sozialdemokraten Obstruktion treiben,haben wir als Verbündeten das Herrenhaus, alle Machthaber, viel-leicht auch den Nationalverbanb, die Christlichsozialen und die Polen,kurz alle, die das Haus des allgemeinen Wahlrechts nicht wollen,wie sie die Wahlreform selbst nicht wollten, weil das allgemeineWahlrecht der Arbeiterklasse eine so große Machtposition gegebenhat. Die ernste Obstruktion mutz das Parlament zertrümmern.Was aber dann? Welches Instrument geben wir der Arbeiterschaftin die Hand, um ihren politischen Willen auszudrücken? Darummöchte ich auch nicht wie Seitz sagen: in diesem und jenem FalleObstruktion. Ich werde es mir sehr überlegen, ob wir ein Attentatauf das Koalitionsrecht mit Obstruktion beantworten sollen odernicht. Das kommt ganz auf die Umstände ST., oor allem auf dieFrage: Wie stark sind wir außerhalb oeS Parlaments?(LebhafterBciftrll.)R a p o l d i- Innsbruck: Im Grunde wurzelt das Verlangennach Obstruktion in der echt österreichischen Ansicht, daß jederSchaden und jedes Unheil nur durch Zerstörung gut gemacht wer-den kann. In Oesterreich wird seit langen Jahren obstruiert, unddiese lange Obstruktion hat eine unheilvolle Erziehung der öfter»reichischen politischen Oeffentlichkch� zur Folge gehabt. Wer ver-langt, daß wir dieses„Erziehungstöerk" fortsetzen, trägt zur wirk-lichen Erziehung nicht bei. Man hat die G e n e r a l st r e i k-debatte in Deutschland mit unserer heutigen Debatte ver-glichen. Tiefer Vergleich aber ist unmöglich: in Deutschland hatman ein Kampfmittel erwogen, das der Partei das Wahlrecht inPreußen erringen soll, wir erwägen ein Kampfmittel, das unserWahlrecht vernichten soll. Hätte die Fraktion gegen die Wehrreformobstruiert, so wäre sie vielleicht enthusiastisch gefeiert worden. TieBürgerlichne aber hätten gesagt: Gott sei Dank, daß den Sozial-demokraten der Einfall gekommen ist. Sie haben uns der unan-genehmen Aufgabe enthoben, für die Wehrreform zu stimmen.Also, Regierung, sperr' bie Bude zu und verordne die Wehrreformmit dem§ 14. Und dann hätten die Parteien weiter gesagt: Wenndie Wehrreform so schlecht ist, dann sind die Sozialdemokratenschuld. Wir waren bereit, sie zu verbessern, aber die Sozialdemo-kraten mit ihrer dummen Obstruktion haben uns die Möglichkeitgenommen. Und die Regierung hätte nicht nur die Wehrvorlgge,sondern die Steuern gleich mit oktroiert, und wir hätten Soldatenund Steuern mit dem§ 14. Das wäre das Resultat der Politik.die hier gewünscht wurde.Dr. Fritz Adler: Die Debatte hat sich von der Kritik unsererFraktion zur Erörterung des Problems des Parlamenta»rismuS überhaupt erhoben. Die letzte Wurzel der Unzu»friedenheit scheint mir darin zu liegen, daß die Genossen d e n P a r-lamentarismuS überschätzen und ihm Unmögliches zu-muten. Das ist wieder eine Folge unseres Wahlrechtskampses.Wer da weiß, welch ungeheure Energie ausgelöst werden mußte.um das Wahlrecht zu erringen, der wird es jedem Genossen ver-zeihen, wenn er dem Parlament manchmal mehr zutraute, als eSleisten kann. Ich glaube, wir sollen uns ein Muster nehmen ander deutschen Sozialdemokratie, die ohne nennenswerte positive Er-folge Jahr um Jahr gearbeitet hat. Bei uns sagen die Leute: Wasnützt das Parlament, wenn keine vositiven Erfolge da sind. Damüssen wir sie aufklären, daß wir das Wahlrecht brauchen, einmalals sozialdemokratische Volkszählung, damit wir wissen, wie weitunsere organisatorische Tätigkeit Früchte gezeitigt hat und zweiten«als Instrument der Kritik am Klassenstaat. Wir wollen jeden Er»folg, den wir haben können, heimbringen, auch die deutschen Ge-nossen tun es so. Aber so groß ein solcher Erfolg auch sein kann.er muß. doch eine Nebensächlichkeit bleiben gegenüber der Organ!»fierung der arbeitenden Klassen auf das sozialistische Endziel hin.Wir müssen in die Massen hinausgehen und ihnen sagen: Wirwollen keinen parlamentarischen Erfolg ausschlagen, aber wir habenein großes Ziel. In der deutschen Sozialdemokratie haben wir daSgroße Muster. Sagten wir während des ersten Wahlrechtskampfes:Wir wollen belgisch reden, riefen wir in späteren Wahlrechtskämpfenden Herrschenden zu: Wir wollen russisch reden! so muß heute dieParole lauten: Wir wollen endlich einmal deutsch reden.(LebhafterBeifall.)P r eu ß l er- Salzburg: Die Massen empfinden es als ein«Schwäche unserer Fraktion, daß zu einer Zdit, wo die Volksnot»wcndigkeiten im Parlament gar keine Beachtung mehr finden,immer unerhörtere Forderungen des Militarismus gestellt werden.Sie haben noch nicht erkennen gelernt, daß die Schwäche derFraktion nichts anderes ist wie ihre eigene organisatorisch«Schwäche. Darüber müssen sie aufgeklärt werden, und hierzu er-forderlich ist ein innigerer Kontakt der Abgeordneten mit der Ar-beiterschaft. Ich bin der Ansicht, daß zwischen der Obstruktion derheutigen Taktik der Fraktion noch Raum für ein« etwas ent-schlossenere parlamentarische Taktik vorhanden ist. Ich hoffe, daßfür die Fraktion und für die Massen diese Diskussion ein Er.ziehungsmittel sein wird.(Bravo!)Abg. Much tisch-Graz: Auch in diesem soviel verlästertenParlament haben wir einiges für die Arbeiterschaft durchgesetzt.Es ist eine Uebertreibung, zu sagen, daß fast gar nichts erreichtworden sei.(Zustimmung.) Unsere Tagespresse sollte vor allemwieder mehr an sozialistischer Erziehung leisten und nicht immernur das Parlament behandeln.A u st e r I i tz- Wien: Die große sozialdemokratische Leistungder Fraktion und der fozialdcmokratischen Oeffentlichkeit währendder Balkankrise muß unterstrichen werden. Die Tatsache, daß eindem Kriege durchaus abgeneigtes Proletariat vorhanden war unddaß wir die ganze Kriegshetze mit nie versagender Kritik begleitethaben, Hot die Abenteuerlust der Herrschenden sicherlich gedämpft.Auf einem Parteitage, auf dem'-eine so laute, überlaute Kritik gegendas parlamentarische Wirken erschallt, dürfte diese Tatsache nichtunerwähnt bleiben. Der Fraktion wird eine neue Taktik empfohlen.Es wird beklagt, daß das Parlament durch eine unaufhörlichtobende Obstruktion feine Arbeitsfähigkeit verloren hat, und von dersozialdeinokratischen Obstruktion wird ein Druck auf das Parla-ment erwartet. Ter Fraktion wird vorgeworfen, daß ne trotz ihrerGröße den Druck des Proletariats auf das Parlament nicht wirk-sam gemacht hat. Unzweifelhaft liegt hier eine Analogie mitden Vorgängen in der deutschen Partei vor. Dort rsteine Richtung vorhanden, die da sagt: Unsere Partei von 110 Mannkann auf daS Parlament Einfluß gewinnen, aber nur dann, wennfie auf«ine Majorität mit bürgerlichen Parteien eingeh. und aufdiesem langsamen Weg soviel unmittelbaren Einslutz gewinnt, alsdem Proletariat in einer gegebenen Epoche zu gewinnen überhauptmöglich ist. Die andere Richtung sagt: DaS sind rmmer nurNichngkeiten; je mehr wir uns mit dem bürgerlichen Par.amenteinlassen, desto mehr lassen wir uns auch rm* dem bürgerlichenStaat ein und werden allmäblich in seinen Mechanismus verstrickt.so daß die revolutionäre Energie deS Proletariats ceiden muß.Diese Tendenz will die ganze parlamentarische Tätigkeit vernein«und chr Augenmerk ausschließlich auf das große Ziel richten,«l«