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Nr. 320. 30. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt.

Gewerkschaftliches.

Der Deutsche Arbeiterkongreẞ".

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Freitag, 5. Dezember 1913.

hung der indirekten Steuern- und bewilligen die Reichs. Hermann Thomas. Einzig und allein die Firma finanzreform von 1909. Sie schwören sich zu, eher die Reichs- Richard Thomas hat mit der Organisation einen versicherungsordnung preiszugeben als an der Selbstverwal- Tarifvertrag abgeschlossen, in welchem wesentliche Ver­tung der Krankenkassen rütteln zu lassen und liefern besserungen für die Arbeiter und Arbeiterinnen geschaffen worden 1911 auf Geheiß der Scharfmacher diese Selbstverwaltung sind. Wenn man den Wert der christlichnationalen Arbeiter aus. Sie weisen in Wort und Schrift den sogenannten bewegung nach der Bedeutung der auf ihrem Kongreß ver-| Arbeitswilligenschutz ab und sind 1912 bei dem großen Streif auf einem Truppenübungsplak. handelten Gegenstände und nach der Entschiedenheit der Bergarbeiterausstand die ersten, die nach Polizei und Militär größere Bauarbeiten auszuführen. Die Zimmerleute der Firmen Auf dem Truppenübungsplay Neuhammer( Schlesien  ) find Reden und Beschlüsse beurteilen wollte, könnte man versucht schreien. Sie fordern die Gleichberechtigung der Arbeiter sein, sie für einen immerhin ganz brauchbaren Teil der und wirken in ihren wahlrechtsfeindlichen Barteien mit an Schneider aus Sommerfeld   stehen seit drei Wochen im Streif, Möbius aus Sorau  , Reimann aus Sagan und Milde u. deutschen   Arbeiterbewegung zu halten. Man wird indessen der Aufrechterhaltung des schandbaren Dreiklassenwahlweil die genannten Firmen eine viel zu geringe oder gar keine gut tun, den Radikalismus der Worte nicht als Maßstab für unrechts. Das Kartell der scharfmachenden Stände wird, Auslösung( Landgeld) für die nach Neuhammer entfendeten Bimmerer die Würdigung dieser Bewegung und ihrer Veranstaltungen wenn es gegen die Sozialdemokratie, gegen die klaffenbewußte zahlten. Einigungsverhandlungen waren bisher ohne jeden Erfolg. zu nehmen. Eine der auf dem Berliner   Kongreß vertretene Arbeiterbewegung, gegen die nach wirklicher Gleichberechti- Auch die Sizung der Schlichtungskommission, die der Unternehmer­Organisation, der Verband katholischer Arbeitervereine( Sib gung strebenden Massen geht, in den Herren Giesberts, verband für das Baugewerbe für Dienstag, den 2. Dezember, nach Berlin  ) ist ja schon selber bei dieser Gelegenheit mit vernehm Behrens und Imbusch immer gute Helfer haben, wes- Sagan einberufen hatte, und an der die Gauleiter des Zimmerer­licher Deutlichkeit von dem durch die christlichen Gewerf halb man ihnen einen gelegentlichen Radikalismus denn auch Syndikus des Provinzialarbeitgeberverbandes verlangte, daß die und des Bauarbeiterverbandes teilnahmen, verlief ergebnislos. Der schaften vertretenen Radikalismus abgerückt. Was die evan- gerne nachsicht. Zimmerer die Arbeit sofort aufnehmen sollten, die Regelung der gelischen Arbeitervereine betrifft, so weiß jeder Kundige, daß Kooperation mit den Arbeiterfeinden, Kampf gegen die Frage, ob Landgeld zu zahlen sei und in welcher Höhe, werde einem auch in deren Kreisen alles andere als Neigung zu ent- Sozialdemokratie das ist in Wirklichkeit das Programm Schiedsgericht überwiesen werden. Die Zimmerer wiesen die Zu­schiedenem Auftreten vorhanden ist. Und wenn Herr Brust der christlichnationalen Arbeiterbewegung. Und dieses Pro- mutung, ohne irgendwelche Zugeständnisse die Arbeit aufzunehmen, den Berlinern das Kennzeichen der gelben Gesinnung anhing, gramm ist auf dem Berliner   Kongreß aufs neue bestätigt zurüd, zumal von Unternehmerseite die Bewilligung einer Auslöjung so besteht kein Zweifel, daß noch manche andere der auf dem worden. Die Macht der Arbeiterfeinde wird gestärkt, die der( andgeld) abgelehnt wurde. Der Streit geht also weiter und es Berliner   Kongreß vertretenen Organisationen nicht frei von Arbeiter durch Zertrümmerung der Einigkeit geschwächt. Alle wird ersucht, den Zuzug fernzuhalte::. dieser Gesinnung ist. mannhaften Reden und Beschlüsse wiegen den Arbeiter nicht Wenn auf der dritten Tagung des Deutschen   Arbeiter auf, den man seiner Klasse entfremdet. An diefer, grund­fongresses mehr an radikalen Worten geleistet wurde als auf legenden Tatsache sollte man die christlichnationale Arbeiter­früheren Veranstaltungen, so hat das seinen Grund in der bewegung prüfen, und ihre Kongresse und sonstigen Veran­Lage des einflußreichsten Teils der christlichnationalen Be- staltungen beurteile man nicht nach den dort gehaltenen wegung: der christlichen Gewerkschaften. Das vorige Jahr Reden, sondern nach den im Parlamente und im wirtschaft hat trotz der Ungunst der Verhältnisse den sozialistischen   Ge- lichen Stampfe geleisteten Taten. Dann wird man auch 311 werkschaften immer noch einen Zuwachs von 150 000 Mit einer gerechten Würdigung des dritten Deutschen   Arbeiter gliedern gebracht, während die christlichen Gewerkschaften fongreffes kommen. böllig leer ausgegangen sind. Die kirchlichen Eingriffe, die Berliner   Quertreibereien", namentlich auch gewisse Vor­kommnisse bei großen Arbeitskämpfen der legten Zeit, haben Achtung, Destillationsgehilfen! Herr Schulz, Jnhaber der den Ruf der christlichen Gewerkschaften und ihre Zugkraft Großdestillation Beusselstraße 44, lehnte einen Vertragsabschluß mit arg geschädigt und das ist der Grund zu dem äußerlichen der Organisation ab, weil sein Geschäft einen höheren Lohn als Radikalismus der Führer, die dadurch ihre üblen Streiche 38 m. monatlich für einen verheirateten Gehilfen und die innere Angefressenheit der Bewegung vergessen nicht abwerfe. Der Betrieb ist für organisierte Gehilfen gesperrt. machen wollen. Die Mitglieder zahlen ja ihre Beiträge nicht Verband der Gastwirtsgehilfen, Ortsverwaltung Berlin  . umsonst; sie wollen Leistungen und Erfolge sehen und sind vielfach gutmütig genug, in starken Worten auch die Bereit­schaft zu guten Taten zu sehen.

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Berlin   und Umgegend.

Deutsches Reich  .

Thorner Honigkuchen.

Ausland.

Streif der italienischen Seemannschaften. Vor jetzt 40 Tagen proklamierten die Seemannschaften der vom Staate subventionierten Schiffahrtsgesellschaft Societa Italiana" den Streif. Im ganzen liegen 22 Dampfer fest, deren gesamtes Berfonal, Offiziere und Mannschaft, 1300 Mann start ist. und Gewerkschaft vereinbarte Dienstordnung und zu Streifenden fordern für die Offiziere eine zwischen Reeder Mannschaft die Anahme einer schon ausgearbeiteten Dienst für die ordnung sowie bedeutende Lohnerhöhungen. Was die Lohn­erhöhungen betrifft, so würden sie die Verhältnisse der Mannschaften günstiger gestalten als zum Beispiel die des Desterreichischen Lloyds und der Messageries maritimes. Trotzdem scheint in der Lohnfrage die Gesellschaft zum Nachgeben bereit; sie will aber von der An­nahme der Dienstordnung nichts wissen. Da die italienischen Reeder im Hinblick auf die häufigen Streits des letzten Jahres erklärt haben, sie fürchteten nach Gewährung der heutigen Zugeständnisse über ein furzes neue Agitationen und neue Forderungen, so läßt der Sekretär der Gewerkschaft bekannt geben, daß die Mannschaften bereit sind, durch Stellung hoher Kautionen die Einhaltung des Tarifvertrages zu sichern. Wenn die Regierung übrigens die Reeder nicht in ungefeßlicher Weise begünstigte, hätte Der Radikalismus nach unten wird dann reichlich wett­Die bekannten Thorner Honigkuchenfabrikanten Gustav Weese sie längst von dem Recht Gebrauch machen müssen, das ihr den sub­gemacht durch Schweifwedelei nach oben, durch Brunken mit und Hermann Thomas( beide Hoflieferanten) haben alle Versuche bentionierten Gesellschaften gegenüber zusteht, hätte die Flotte re­nationaler und fönigstreuer Gesinnung, durch Anbiederung des Bäcker- und Konditorenverbandes, für die dort beschäftigten quiriert und sie auf Rechnung und Gefahr der Gesellschaften mit an die bürgerlichen Parteien und durch die Frontstellung Arbeiter und Arbeiterinnen mit Abschluß eines Zarifvertrages beffere den bisherigen Mannschaften in Dienst erhalten. Statt dessen sieht gegenüber der Sozialdemokratie. Das christlichnationale Arbeitsbedingungen zu schaffen, abgewiesen. Auch die Firma Ruch die Regierung ruhig der Unterbrechung der subventionierten Schiff gegenüber der Sozialdemokratie. Das christlichnationale Programm: Eingliederung der Arbeiter in die Gesellschaft, niewicz hat es nicht für notwendig gehalten, auf die Tariffahrtslinien zu. traut man den konservativen Junkern, nationalliberalen weise hat auch die älteste Firma Gustav Weese, die bisher mit vorlage und das höfliche Anschreiben zu antworten. Sonderbarer Scharfmachern und klerikalen Rückschrittlern an. Man vielen deutschen   Konsumvereinen Geschäftsbeziehungen hatte, keine wettert zwar gegen das Kartell der scharfmachenden Stände, Antwort gegeben. Im Auftrage des Hauptvorstandes des Bäder- und gibt aber den Vertretern der an diesem Kartell beteiligten Konditorenverbandes suchte Genosse eshold bei den Firmen Partei auf dem Kongreß einen Siß am Tische der Ehren- Weese und H. Thomas persönlich um Verhandlungen Der Verbandstag beriet weiter die verschiedenen An gäste". Man redet und resolviert gegen den von scharfmache- nach. rischer Seite erstrebten Schutz der Arbeitswilligen und ge: auch unter nichtssagenden Höflichkeitsformen, sich um einen stattet dem Grafen Carmer- 3ieserwis, dessen Partei Tarif Herumdrückte, indem sie erklärte, daß sie sich mit der foeben im Reichstag durch einen Antrag ein solches Arbeits- Firma Weese solidarisch erflären müsse, ließ die Firma willigenschutzgesetz fordert, im Namen feiner Partei den Kongreß zu begrüßen. Und was das Beste: der Kongreß flatscht dem Herrn Grafen   Beifall, statt ihm kurzerhand zu feinen scharfmacherischen Genossen heimzuschicken.

Zahlreiche Beschlüsse in mannhaften Worten find gefaßt worden. Und die christlichnationalen Arbeiter gedenken sie durchzusehen, indem sie Leute in den Reichstag   und den Bandtag schicken, die das Gegenteil dieser Beschlüsse tun. Die Herren Giesberts, Behrens und Genossen reden und schreiben für den Abbau oder wenigstens für die Nichterhö­

Kleines Feuilleton  .

Straßenbahn. Der Straßenbahnwagen, in dem ich saß, rollte durch die trüben Straßen eines Armeleutviertels.

die Firma Hermann Thomas, Während

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tvenn

Außerordentlicher Verbandstag der Bauarbeiter.

Hamburg  , 3. Dezember.

Dritter Verhandlungstag.

träge. Er beschloß, daß die von dem Jenaer   Verbandstage fest="

geſetzten zulagen für die Angestellten der Zweigvereine auch in Zu­

funft aus der Hauptkasse gezahlt werden.

Eine längere, zum Teil lebhafte Debatte rief ein Antrag Merkel- Nürnberg zum Wahlreglement für den Verbands­weese den Organisationsvertreter durch irgend einen im Bureau tag hervor. Nach den bisherigen Bestimmungen des Wahlregle beschäftigten Mann erklären:" Für Sie ist Herr Weese nicht zu ments bildeten die Gruppen: Stuffateure, Fliesenleger, Isolierer sprechen!" Ein weiterer Versuch, zu einer Verständigung zu kommen, und Steinholzleger besondere Wahlbezirke, wählten also eigene De­scheiterte ebenfalls an der Halsstarrigkeit des Herrn Beese. Die legierten. Der Antrag Merkel will, daß diese Sonderwahlen weg­Großeinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine bot der Firma fallen und die ganze Mitgliedschaft eines Wahlkreises- der vom weese ihre Vermittelung an. Die Firma hat diesen Vermittelungs- schaft bildet. Für diesen Antrag traten u. a. Winnig und auch Bezirksausschuß festzustellen ist eine einheitliche Wahlkörper­versuch durch ein die ganze Rückständigkeit und Arbeiterfeindlichkeit Odenthal  , der frühere Vorsißende der Stukkateure, ein. Gau­dieser Weltfirma dokumentierendes Schreiben abgewiesen. Auch ein leiter Hüttmann hält die Zeit für verfrüht, allgemeine Wahlen Versuch des Gewerbegerichts zu Thorn, Verhandlungen anzubahnen, einzuführen. Aus organisatorischen und ideellen Gründen sollte man scheiterte an der Unzugänglichkeit der Firmen Gustav Beese und an dem bisherigen Zustand noch festhalten; der Vorstand könne

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Da ihm unter dem Einfluß des Allohols wohl nicht zum Bewußtsein gekommen ist, daß er nicht Borgesetzter der Bache sei." So ist's richtig. Besauft sich der Mann in Erfurt  , so gilt das als straferschwerender Umstand, und er fann sich gratulieren, wenn er unter zwei Jahren wegkommt. Besauft sich der Vorgesezte in Thorn, Ich las in einem Buche, und als der Schaffner einen Straßen- dann fann er sich auch gratulieren, weil ihm nichts geschieht und er namen mit ganz besonderer Betonung ausrief, blidte ich zum ersten in den Seinen milde Richter findet. Wir haben diese faden­Male nach geraumer Zeit auf. Mir gegenüber saß eine ältere Frau, fcheinigen Begründungen fatt. Es ist ihm nicht zum Bewußtein ge­die eine anscheinend schwere Tasche auf dem Schoß hatte. Diese tommen es ist nicht eriviesen... man wird annehmen Frau war ärmlich, aber sauber gekleidet. Um ihren mageren Hals dürfen. Sagt doch offen heraus: Das ist ein Leutnant, und trug fie als Prunkstück eine schmale Boa in Biberimitation. Ihr Leutnants werden nicht verurteilt, auch wenn sie nachts randalieren, blaffes, eingefallenes Gesicht zeigte das Leben vieler forgenvollen daß die Stadt zusammenläuft! Sagt doch offen heraus: Wir Jahre. Ein Neg von erlittenen Enttäuschungen breitete sich über dulden, daß im deutschen   Offizierkorps folche Elemente weiter dienen, ihrer Stirn aus und von der Nasenwurzel den Mundwinkeln zu daß sie befördert werden und Karriere machen! Hatten Frauenschmerz und Mutterleid tiefste Gräberarbeit verrichtet. Das graubraune Haar, das sich unter ihrem, weiß Gott wie alten Rapottehut hervorschlich, war wirr und widerspenstig.

Diese Frau hatte den Kopf gesenkt und die Augen geschlossen. Die gelblichen Lider hatten sich tief über Augäpfel gebettet, die Spiegel eines wehen Menschidsals sein mochten und die das Salz bitterer Tränen geägt hatte.

Es war, als ob diese Frau nicht mehr atmiete. Sie saß anscheinend böllig reglos da. Die mageren Hände, die, trotz der Stälte, in schwarzen, arg verschossenen Zwirnhandschuhen steckten, hatte sie über der Tasche gekreuzt.

Schlief die Frau? War fie tot? Sie konnte gar nicht anders aussehen, wenn sie wirklich tot war. Diese geschlossenen Augen, dieser gesenkte Kopf, der allen Stößen des Wagens nachgab und fein eigenes Leben berriet..

Der Schaffner ging vorbei: 3ft noch jemand zugestiegen?" Die Frau rührte sich nicht. Sollte ich den Schaffner auf die Frau aufmerksam machen? Er hätte sie vielleicht rauh angefaßt. Hermannstraße!"

Ich sah, wie die Hände der Frau zuerst die Tasche umkrampften. Der Fahrschein fiel zu Boden. Dann schlug fie die Augen auf: graue, in Weh und Harm erstarrte Augen.. Rasch war sie bom Wagen hinunter geklettert. Ihren Blaz nahm ein lachendes, junges Mädel ein, das mit seinen ladierten Stiefelspigen liebäugelte

Straßenbahn!

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Hup! Der Leutnant! In Thorn hat ein Leutnant, des füßen Beines voll, einen Gast in einem Restaurant mit dem Sabul attadiert, feine Stameraden nahmen ihm die Waffe fort, verstauten ihn in ein Automobil und wollten ihn nach Hause farren. Dem Betrunkenen schwoll das Ehrgefühl, es gab einen Strach und eine leine Straßenschlacht. Als die Wache fam, verwandelte sich der Angetrunkene in einen Leutnant und gab wilde Kommandos von sich.

Anklage wegen ruhestörenden Lärms. Freispruch.

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Der Grünplak. Ueber den Platz im Wohnviertel sprach der durch seine erfolgreichen Wettbewerbe wohlbekannte Architekt Her­ mann Jansen   im Auftrage der Deutschen Gartenbaugesellschaft. Dieser Plaz, wie er für alle Groß- Berliner Vororte in Frage fommt, muß ein Grünplak sein. Mit den üblichen Schmudpläßen, die nur zum Anschauen da sind und obendrein oft genug ein Ver­kehrshindernis bilden, vermag der moderne Städtebauer nichts anzufangen. Sie sind überflüssiges Ornament. Nur der Wohn­plak, dem Verkehr entrückt und so angelegt, daß die Erwachsenen darauf ausruhen, die Kinder darauf gefahrlos zu spielen vermögen, hat heute ein Lebensrecht. Neben den Wohnplaz gehört der Er­holungsweg, eine strangartige Sammlung von Grünland, die in geschlossener Strecke etwa vom Bahnhof quer durch das betreffende Wohnviertel bis zu einem vorgelagerten Park oder bis zu dem mehrere folcher Viertel umfassenden Grüngürtel führt.

Leider zeigen die bisherigen Bebauungspläne von Groß- Berlin nur wenig von solcher hygienischen Vernunft, die Steinwüsten mit Grünland organisch zu durchsetzen. Auch die neueren Vorschläge, wie sie von einigen Vorortgemeinden versucht wurden, weisen zu diesem Kapitel nur Mängel auf. Jansen zeigte den Plan, den er felber für Treptow   entworfen hat; man sah die Vorteile feines aus­gebildeten Grünsystems. Wie kläglich wirkt dagegen das Tempel­Hofer Feld, das nun trok aller Bemühungen doch nichts weiter ge­worden ist als eine schamlose Enthüllung des unsozialen Unter­nehmertums!

Humor und Satire.

Das Haupt von Jericho   w. Das waren die Wähler von Jerichow  , die sagten, nun geht es nicht länger so. Der Reichstag ist Haupt- los immer gewesen und deshalb haben wir's häufig gelesen, daß er so manche Beschlüsse gefaßt, die das Volk dann immer hat fräftig gehaßt. As man sie dann aufrief das legte Mal, zu erscheinen zu einer Reichstagswahl, Da haben sie fast überzeugt geglaubt,

dem Reichstag fehlte bisher nur ein Haupt. Sie haben im Wahlkampf für Haupt gestritten und sind dann entschlossen zur Wahl geschritten. lind als die Wahlschlacht dann endlich geschlagen, da konnten die Jerichower stolz sagen, wofür wir gefämpft, es ist nun geschehen, der Reichstag ist mit einem Haupt versehen. Als man diese Kunde im Lande vernahm, gar mancher einen großen Schred bekam. Daß es waren der Roten Hundertzehn, das wollten gar viele nicht gerne sehn. Und daß unter diesen ein Haupt sich befand, umnebelte manchem ganz den Verstand. So wurde gegen die Wahl protestiert, und der Reichstag hat sie denn auch fassiert. Er hat sich, was mancher wohl nicht geglaubt, ganz schmerzlos des eigenen Haupts beraubt. Nun all ihr Wähler von Jerichow  , geht hin und machts zum zweitenmal so. Der Reichstag, der sich selbst ent- Haupt- et, er werde wieder von euch be- Haupt- et.

Notizen.

Friz.

- Die Hoffünstler unter sich. Der Leipziger   Architekt Hugo Licht  , dem S. V. die ihm von der Jury der Berliner   Kunst­ausstellung zuerkannte Goldene Medaille zugunsten des begönnerten hne entzog, will mit den Hoffünstlern nicht mehr zusammen arbeiten. Er wird einer Beteiligungseinladung der Berliner Akademie der Künste keine Folge leisten. Wird dies Vorbild allgemein befolgt, fo find die kaiserlichen Künstler bald hübsch unter sich. Im Dunklen ist gut.. Bei der Aufführung des Lustspiels Die Präsidentin" in einem Turiner   Theater hat die Polizei aus Sittlichkeitsgründen gefordert, daß die Schlußizene des ersten Aftes in völliger Dunkelheit gespielt würde. Es handelt sich um eine Szene zwischen einem Justizminister und einer jungen Lebedame, bei der der Autor mehrfaches Auslöschen und Wieder­ansteden zweier Kerzen vorgesehen hatte. Erst nach 19 Aufführungen war die Polizei hinter die Unfittlichkeit gekommen.

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Die Schlafbombe. Eine merkwürdige Sache wird aus Dresden   berichtet: Eine wadere Sächsin aus Gröba   soll eine Granate erfunden haben, die nach der Explosion durch ein besonderes Gas die Krieger in einen vielstündigen Schlaf versezt. Diese Erfindung wäre geeignet, aus dem Schlachtfelde ein Schlaffeld zu machen und bei Affären à la Zabern   zum Schuße des Publikums wesentliche Dienste zu leisten.

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Das Ende der russischen Kaisermarten. Die russischen Postmarken werden, soweit sie Kaiserbildnisse zeigen, am 1. Januar nächsten Jahres unwiderruflich aus dem Verkehr gezogen werden; an ihre Stelle werden vorab wieder Marken alten Musters treten. Die erhabenen Herrschaften haben also ein Jahr lang ge­stempelt werden dürfen. Welch eine Majestätsbeleidigung!