finanziellen Lage werde eine baldige Reform der direkten Steuernin Erwägung gezogen. Die betreffenden Gesetze würden unver-züglich dem Landtage vorgelegt werden. Im Anschluß an die Er-Hebungen anläßlich des Wehrbeitragcs werde man sich ein Urteildarüber bilden können, ob eine Vermögenssteuer einzuführen sei.Ohne weiteres werde das Einkommensteuergesetz zur alsbaldigenBeratung gestellt werden. Neben anderen Fragen wie der Wieder-Herstellung rechtlicher Fähigkeiten lAngliederung der betreffendenVorschriften des Lotte penal an die Vorschriften des Reiches), derstaatlichen Kultusaufgaben usw., der Verfassung der Kirche Augs-burgischer Konfession und der reformierten Kirche, sei die bedrängteLage des Winzerstandes für die Regierung Gegenstand ernstesterAufmerksamkeit. Außer einem Grundsteuernachlaß seien Maß-nahmen vorgesehen zur Bekämpfung der Rebschädlinge. Weiterwird auf die abgeschlossenen und vorzunehmenden Arbeiten derRheinrcgulierung und des Ausbaues des Kanalnetzes hingewiesen.Schließlich äußerte sich der Statthalter zu dem Wunsche der Volks-Vertretung nach Vereinfachung der Verwaltung dahin, daß die Be-zirkspräsidicn nicht beseitigt werden könnten und die Bezirke alsSelbstverwaltungskörpcr bestehen bleiben sollten. Doch wäre esmöglich, die Befugnisse der Bezirkspräsidenten auf dem Gebiete derallgemeinen Landespolizei und der Gemeindeaufsicht zwischen demMinisterium und den unteren Verwaltungsbehörden aufzuteilen.Nachmittags hielten beide Kammern des Landtages Sitzungenab zwecks Bildung ihrer Bureaus und Kommissionen. Hierbeikonnten die Kommissionen der Zweiten Kammer nicht gebildetwerden, da noch über einen Antrag der Lothringer beraten werdensoll, die Beratung des Etats in zwei Kommissionen vorzunehmen.In der Zweiten Kammer betonte der Alterspräsident B o u r-g e r in seiner Eröffnungsrede die politischen Schwierigkeiten, diezurzeit in Elsaß-Lothringen herrschten. Er wies darauf hin, daßElsah-Lothringen als Glaeis betrachtet werde. Bei der Erwähnungder Zaberner Vorfälle bemerkte er, daß eine militärischeNebenregierung bestehe. Dem Reichstage müsse mandeshalb dankbar sein für seine Stellungnahme zur Wahrung derelsaß-lothringischcn Interessen. Tie Schuld an der Zuspitzung derVerhältnisse trage allein die unzulängliche Verfassung. Eine Aendc-rung könne erst dann eintreten, wenn Elsaß-Lothringenmit den übrigen Bundes st aaten vollständiggleichberechtigt sei. Die Rede wurde mehrmals von Beifallunterbrochen.Dann wurde das alte Präsidium der Zweiten Kammer: Ricklin(Zcntr.), Labroise(Lothringer) und Bühle(Soz.) wiedergewählt.Eine behördliche Maßregelung wegen der politischenUeberzeugung.Regierung und Scharfmachcrtum sind eifrigst bemüht, Materialzusammenzubringen, um der organisierten Arbeiterschaft nachzu-weisen, daß sie Andersdenkende durch Anwendung terroristischerMittel zu ihrer Ueberzeugung widersprechenden Handlungen zwingt.Tatsächlich verfahren die Behörden und Scharfmacher im stärkstenMaße terroristisch. Folgender neue Fall von behördlichem Terro-rismus wird aus Pommern gemeldet:„Bei der Pommerschen Provinzial-Lcbcnsversicherungsanstaltwar als technischer Leiter bis vor kurzem der Referendar a. D.Dr. Eulert angestellt. Dr. E. ist nach dem Zeugnis des Landes-Hauptmanns für die Provinz Pommern, Herrn v. Eisenhart-Rothe, ein tüchtiger Beamter, der„mit Eifer und Geschick andem Ausbau der neu errichteten Anstalt mitgearbeitet und hier-bei ein beachtenswertes Organisationstalent bewiesen" habe.Eulert war völlig selbständig, er verfaßte Propagandaschriften,hielt Vorträge über die Provinzial-LebenSversicherung, nahm anden behördlichen Konferenzen teil, kurz, wurde so behandelt, wieeben nur tüchtige Beamte behandelt werden.Aber Eulert war eingeschriebenes Mitglied der sozialdemo-kratischcn Partei; solange er in der Beamtenstellung bei der Pro-vinzial-Lebensversicherungsanstalt in Stettin tätig war, hielt ersich so sehr zurück, daß die Behörde nur durch eine Denunziationder Versicherungsgesellschaft Friedrich Wilhelm in Berlin, beider Eulert früher beschäftigt war, von seiner Parteistellung er-fuhr. Eulert wurde nun vor den Landeshauptmann v. Eisenhart-Rothe zitiert; dort mutete»ran ihm zu, er solle sich als Opfersozialdemokratischer Ueberredungskünste hin-st e l l e n und, um seine Stellung zu retten, als bekehrter Sündergegen die Sozialdemokratie kämpfen. 48 Stunden Bedenkzeitwurden ihm bewilligt.— Eulert lehnte ab, er wurde deshalbentlassen und ihm ein Zeugnis ausgestellt, in dem es heißt:„Herr Dr. Eulert ist am 1. Dezember 1913 aus dem Dienstdes Provinzialvcrbandcs von Pommern ausgeschieden wegenseiner mir bei seinem Dienstantritt und während der Dauerseines Dienstverhältnisses verschwiegenen, erst jetzt durch einenZufall bekanntgewordenen Zugehörigkeit zu einer politischen Par-tei, die unvereinbar ist mit der«Stellung eines mittelbarenStaatsbeamten."Sicher werden die eifrigen Materialsammler nicht versäumen,diesen neuesten behördlichen TerrorismuSfall mit in ihre Mappenaufzunehmen.Ter Segen des Zollwuchcrs.Nach der Meinung des preußischen Herrenhäuslers Graf vonMirbach ist die Landwirtschaft so schlecht gestellt, daß bereits dieländliche Krankenversicherung zahlreiche Grundbesitzer von Hausund Hof treiben wird. Dieses Klagelied von der Not der Land-Wirtschaft wird in der nächsten Zeit noch recht oft erklingen. DerZeitpunkt rückt immer näher, an dem der neue Zolltarif zur Be-ratung gelangt, und deshalb werden die Agrarier mit immergrößerem Eifer nachzuweisen suchen, daß sie ohne erhebliche Erhöhung der Schutzzölle rettungslos verloren sind. Demgegenübersteht fest, daß die Güterpreisc, die in den letzten Jahren fortgesetztin die Höhe gegangen sind, immer noch steigen und in der letztenZeit sind bei Verkäufen im Osten oft auf einen Schlag hundert-taufende Mark„verdient" worden. Die Güter sind sehr begehrteund preiswerte Handelsobjektc geworden.Folgende Beispiele aus der allerletzten Zeit beweisen die un-gcheuerliche Steigerung der Güterpreisc:Die etwa 19 Hufen umfassende Besitzung des GrundbesitzersLietz in Groß-Zünder(Kreis Danzig) ging durch Kauf in denBesitz des Rentiers Pennet in Zoppot über. Ter Kaufpreis stelltsich auf S99 999 M.; vor 1% Jahren wurden für das Grundstück389 999 M. angelegt.Mit einer Preissteigerung von ca. 299 999 M. in den letztendrei Jahren ging das 1688 Morgen große Rittergut Waldheim(Kreis Pr.-Eylau) in andere Hände über. Drei Jahre vorherhatte das Gut 629 999 M. gekostet; vor einem Jahre waren 665 999Mark bezahlt worden, und jetzt wurde vom RittergutsbesitzerHüttenbach ein Preis von 818 999 M. entrichtet.lim 132 999 M. in den letzten sieben Jahren gestiegen ist derPreis des dem Gutsbesitzer Lingk in Freiwalde(kreis Mehrungen)gehörigen Gutes. Dieses kostete damals 168 999 M.; jetzt bezahlteRentier Wippich in Rüssel etwa 399 999 M.Tie seinerzeit von den Gutsbesitzern Horstmann und Nordhofffür 189 999 M. angekaufte Besitzung ist jetzt, nachdem 79 MorgenAcker(deren Wert etwa 49 999 M. betragen dürfte) hinzugekauftworden sind, für 359 999 M. in den Alleinhesitz des Nordhoff über-gegangen. Die Preissteigerung beträgt also auch hier über199 999 M.Mehr als 859 M. brachte der Morgen beim Verkauf des295 Morgen umfassenden Grundstücks Dominiczak in Griffen(KreisThorn). Die Besitzung wurde an Gutsbesitzer Swierkis für 175 999Mark verkaust. Vor fünf Jahren kostete sie 119 999 M.Mit einer P r e i S st e i g e r u n g von 79 999 M. in denletzten neun Monaten ging die Besitzung des LandwirtsTorrn in Kutschelen(Kreis Pilllallen) in Größe von 119 preußischenMorgen für 419 999 M. in den Besitz des Pfarrers(I!) Gezorkaus Gumbinnen über. Dorrn hatte vor neun Monaten 349 999Mark bezahlt.In der Provinz Posen verkaufte der deutsche Landwirt Grünkesein 729 Morgen großes Gut Wunschheim-Hetzwalde an denPolen Nowicki in Nakel für 359 999 M. Innerhalb zwei Jahrenhat Grünke 199 999 M.„verdient".In Posen kaufte die preußische Ansiedelungskommission das3829 Morgen große Gut Wlokno(Kreis Obornik). Vor einiger Zeithat der Besitzer Zmiedzinski 429 999 M. gezahlt. Im Septemberverkaufte er das Gut an den Gutsbesitzer v. Woszlezic für 369 999Mark und dieser veräußerte es an die Ansiedelungskommission füreine Million Mark.Mit einer Preissteigerung von 119 999 M. in den letzten2,A Jahren verkaufte der Gutsbesitzer Zitzlaff sein SA Hufenumfassendes Grundstück in Kießling(Kreis Stuhm) für 359 999 M.an den Gutsbesitzer Hering in Kiefkehl.Das Gut Hammer bei Gollub(Kreis Briefen) ging für 499 999Mark durch Tausch auf den Gutsbesitzer Anton Pazdorski aus Ostro-Witte über. Vor einem halben Jahre wurden für dasGrundstück nur 335 999 M. bezahlt.Das Gut Richnau(Kreis Schlochau) ging aus dem Besitz desLandwirts Nelke für 145 999 M. in andere Hände über. Vor fünfJahren waren für das Grundstück 75 999 M. bezahlt worden.Das Gut Klein-Wittfelde(Kreis Schlochau) des GutsbesitzersJagierski in Größe von etwa 1359 Morgen ist in den Besitz desGutsbesitzers Dalbkermcier in Posen übergegangen. Jagierski hattevor VA Jahren für das Grundstück 399 999 M. gezahlt. Jetzt er-zielte er einen Preis von 375 999 M. für das Gut.Gegen 699 M. für den Morgen ivurde erzielt bei dem Ver-kauf des Gutes Heinrichsdorf(Kreis Pr.-Holland). Der bisherigeBesitzer Kuhn hatte vor einem Jahr für das Grundstück 299 999 M.angelegt. Jetzt erhielt er von dem Rentier Blumenau 222 999 M.In dieser Weise geht es schon seit Jahren. Viele Millionen sindinfolge der durch den Zollwucher eingetretenen Preissteigerung denAgrariern in den Schoß gefallen. Der Güterschacher ist Trumpf!Alles will verdienen, Riesengewinne einheimsen. Und die neuenBesitzer, die die hohen Preise angelegt haben, werden bald schreiennach höheren Zöllen, nach vermehrtem„Schutz der nationalenArbeit". Und wenn dann den Zollwucherern abermals(wie imJahre 1892) der Raub gelingen sollte, wird der Güterschacherwiederum aufblühen und den Besitzern neue Gewinne bringen. Dasarbeitende Volk aber muß die Zeche bezahlen.Militärischer Aufruhrprozeß.Kiel, 6. Januar.(Privat te legramm des„Vor-w ä r t s".) Ein militärischer Aufruhrprozeß wurde heute vor demKriegsgericht der ersten Matroseninspektion verhandelt. Die Ver-Handlung fand auf dem Fort Stosch bei Kiel statt. Angeklagtwaren wegen militärischen Aufruhrs die MatrosenartilleristenKlippke, Weber, Langenbeit und Lickefett. Der Vorfall, der zu demProzeß führte, spielte sich am 19. November vorigen Jahresauf dem Fort Stosch ab. Der 22jährige Leutnant derReserve Bohmsen machte bei der zweiten Kompagnie derersten Matrosenartillerte-Abteilung eine Uebung. Als er etwasnicht in Ordnung fand, befahl er der Kompagnie, um 19, 12 und2 Uhr anzutreten. Gleich beim ersten Antreten kam die ganze Äom-pagnie in Aufruhr. Die Leute sangen, pfiffen, johlten und ver-höhnten den Leutnant. Erst ein Oberleutnant vermochte die Auf-geregten zu beruhigen. Vier Mann wurden herausgegriffen und vordas Kriegsgericht gestellt. ES wurden verurteilt, Kipple als Rädels-führer zu drei Jahren vier Monaten Gefängnis,Weber zu zwei Jahren neun Monaten Gefängnis,Langenbeit und Lickefett zu je zweiJahren achtMonaten Gefängnis._Kleine Ursachen, große Wirkungen oder: Tie ver-fehlte Denunziation.Aus dem technischen Versehen einer Druckerei möchten die.Kreuz-Zeitung' und die ihr verwandten Organe gern Beweis-material dafür machen, daß die Krankenkassenverwaltungen nichtsals Hörige der sozialdemokratischen Parteiorganisation sind.Die„Kreuz-Zettung" berichtete, daß„Dienstherrschaften" inihrem Verkehr mit der Charlottenburger Ortskrankenkasse Mit-teilungen � der Kasse erhalten haben, die den Aufdruck trugen:„Mitteilung d«s sozialdemokratischen Wahl-Vereins". Der Patriot, der diese Notiz der„Kreuz-Zettung"gesandt hatte, bemerkt hierzu:„Also in deren Händen sind wirund sollen unsere Mädchen in dieselben Kreise ziehen und wohl auchdemnächst organisieren lassen.„Und die„Kreuz- Zeitung" stöhnt:„Sozialdemokratischer Wahlverein! daS würde in der Tat mancheserklären!"Ja, es erklärt manches, von dem die unschuldige„Kreuz-Zeitung" keine Ahnung zu habe» vorgiP. Die OrtskrankenkasseCharlottenburg hat nämlich bei einem Drucker, der gleichzeitigFormulare für die Charlottenburger sozialdemokratische Partei-organisation herstellte, Drucksachen in Auftrag gegeben. Esbandelte sich um kleine Mitte ilungssormulare, dieder Drucker im Satz für beide Besteller einheitlich anfertigte.Nur� ein anderer Kopf wurde dabei eingesetzt. Bei demVersand an die Auftraggeber sind nun der Ortskrankenkasse irrtüm-lich einige MitteilungSformulare_ der sozialdemokratischen Parteiorganisation mit den von der Kasse bestellten Formularen zugestelltworden. Bei dem großen Austrag, den die Charlottenburger Orts-krankciikasje gegeben hatte, fielen diese wenigen Formulare, die sichin Form und Aufmachung von den Formularen der Kasse äußerlichnur wenig unterscheiden, bei der Kontrolle nicht auf. Einer derdiensttuenden Beamten ergriff nun eins oder einige von den irrtüm-lich gelieferten Exemplaren, die dem sozialdemokratischen Wahl-verein Charlottcnburg gehörten und machte darauf seine amtlichenMitteilungen.Durch diesen leicht erklärlichen Irrtum kam die„Kreuz-Zeitung"in die Lage, ihre politische Falschmünzerei zu betreiben.Türkische Mmeeresoemen.Aus K o n st a n t i n o p e l schreibt uns Genosse P a rv us:Kaum hat die Türkei etwas Geld in die Hand bekommen, sobenützt sie es zum Ankauf eines Dreadnoughts. Die dringendstenBedürfnisse der Staatsverwaltung bleiben unerfüllt, die Staats-einnahmen fast sämtlicher Wilajets gehen zurück, die Beamten-gehälter bleiben unausgezahlt. Trotzdem kauft die Regierung daskostspielige Panzerschiff. Denn ihre ganze Aufmerksamkeit ist aufeinen nahen Krieg mit Griechenland gerichtet.Eifrig wird auch an der Reorganisation der Landarmce ge-arbeitet. Unter der Leitung des Generals Liman von San-d e r s soll bekanntlich ein Musterkorps geschaffen werden. SeinerLeitung werden auch die Militärschulen unterstellt.Ter deutsche General scheint es nun vor allem darauf abgesehenzu haben, unter den türkischen Offizieren eine strenge Musterungvorzunehmen, die gewiß nötig ist. MahmudMuktarPaschateilt in seinem Buch über den Feldzug zahlreiche Fälle mit, wodie Offiziere nicht nur vollkommene Unfähigkeit, Unkenntnis ihrerAufgaben, Ratlosigkeit gezeigt haben, sondern direkt auskniffenund auf alle erdenkliche Weise sich um ihre Pflichten zu drückensuchten. General Liman wird viel zu tun haben, bis er diesenAugiasstall ausmistet.Ter deutsche General will aber noch weiter gehen und hat, umunter der Offizierschaft den harten Mannessinn zu kultivieren, einenKampf gegen d a s H e i r a t e n der Offiziere eröffnet. Nach dcut-schem Muster sollen die Offiziersheiraten durch das Verlangen einesbedeutenden Vcrmögensnachweises erschwert werden. Das hat vielböses Blut gemacht und schon jetzt beinahe zu einem Offiziers-aufstand geführt. Andererseits werden von der Regierung wichtigeReformen des Militärdienstes geplant. Dieser soll in der Provinzstattfinden, wo die Aushebung geschieht, womöglich in der Nähedes Heimatsortes des Rekruten. Es wird damit eine Forderungerfüllt, die von den Arabern und Armeniern gestellt wurde. Siebedeutet aber überhaupt für die bäuerliche Bevölkerung eine großeErleichterung des Militärdienstes.Dagegen sollen alle bis jetzt bestchcnden Einschränkungen derMilitärpflicht, wie z. B. die Befreiung der Stütze der Familie, be-seitigt und der Militärdienst für die muselmanische Bevölkerungobligatorisch gemacht werden ohne Möglichkeit des Loskaufes wiebis jetzt. Für die n i ch t muselmanische Bevölkerung soll derLoskauf vom Militärdienst beibehalten werden. Man scheint esüberhaupt darauf abgesehen zu haben, die Christen von der Armeefernzuhalten. Man kehrt also wieder zu den Traditionen deS altenRegimes zurück. Der Traum einer ottomanischen Einigung, einerpolitischen Verbindung aller nationalen Elemente des Reiches istausgeträumt.Die Militärdienstzeit soll verkürzt werden. Diese Maß-reget wird durch die Finanzen des Reiches diktiert. Außerdem solldadurch der muselmanische Bauer versöhnt werden, dem man dt«ganze schwere Last des Militärdienstes aufbürdet./llbanien.Neue Äomplikationen?Frankfurt a. M., 5. Januar. Der Korrespondent der„FrankfurterZeitung" meldet aus Konstantin opel: In der albanischen Frage stehteine Wandlung bevor, deren Folgen vorläufig nicht zu über-sehen sind. Die öffentliche Meinung Albaniens wünscht einen demmuselmanischen Glauben angehörenden Fürsten. Die alba-nischen Führer hielten wiederholt geheime Zusammenkünfteab, wobei die Notwendigkeit einer solchen Wahl fast ein-stimmig Billigung fand. Die Aufmerksamkeit wurde aufden türkischen Kriegsminister Jzzet Pascha gelenkt, deraußerdem einem vornehmen Geschlecht Albaniens ange«hört. Diesen nattonalen Kandidaten erhoben die albani-scheu Chefs auf ihren Schild. Sie traten mit Jzzet Pascha inVerbindung. Seine Bedingungen lauteten: Nicht Königreich, sondernFürstentum und daß Albanien mindestens 19 Jahre unter derKontrolle Oesterreich-Ungarns und Italiens verbleibe. Die Chefsnahmen diese Bedingungen an, worauf in Durazzo zur geheimenWahl geschritten wurde mit dem Ergebnis, daß Jzzet Paschaein st im m ig zumFürsten vonAlbanien proklamiertwurde. Eine geheime Deputation kam nach Konstantinopel, umJzzet Pascha den Wunsch des albanischen Volkes zu übermitteln.Seine Demission als Kriegsminister steht hiermit in ursächlichemZusammenhange, ebenso, daß Jzzet Pascha jedes weitere Kommando.wie dasjenige des türkischen Generalissimus, ablehnte. Jzzet Paschawird sich, begleitet von der hier befindlichen albanischen Deputation,nächste Woche nach Valona begeben.China.Die innere» Schwierigkeiten.London, 6. Januar. Der„Daily Telegraph" meldet ausPeking, daß die Konimission der Verwaltungskonferenz dieAuflösung des Parlaments und die Einberufungeines neuen im Sommer oder Herbst empfohlen hat. DieserBeschluß bedarf allerdings noch der Bestätigung durch dieKonferenz selbst. Es wird versucht werden, so viel als möglichauf bureaukratischem Wege zu reorganisieren, bevor das neueParlament eingreifen kann. Besonders denkt man bei diesenReformen an den Staatsschatz, der an der größten Knappheitleidet trotz aller Versuche, Gelder aus der Provinz zu er-halten.Letzte Nachrichten.Aus dem Frankfurter Stadtverordnetenkollegium.Frankfurt a. M., 6. Januar.(Privattelegramm de»„V o r w ä r t S".) In der heutigen Stadtverordnetenversammlungwurde Genosse Graes gegen den Widerspruch der Nationalliberalenzum zweiten Borsitzenden wiedergewähltNeuer Konfliktsstoff auf dem Balkan.,.Sofia, 6. Januar.(Meldung der Agence Bulgare.) Eine Mel-dung aus Athen, daß die griechische Regierung die angebliche An-Wesenheit bulgarischer Freischärler an der griechisch-bulgarischenGrenze zum Vorwand für ihren Entschluß genommen hat, in Maze»donien das neue Bandcngesetz sofort zur Anwendung zu bringen,erzeugt in allen Kreisen eine um so tiefere Erregung, als man weiß,daß diese Annahme einzig und allein auf die Vernichtung de» bul-garischen Elements abzielt. Damit fallen die letzten Bedenken undjedermann verlangt jetzt nach Repressalien,In den Fluß gestürzt.Görlitz, 6. Januar.(W. T. B.) Heute mittag fuhr in Moy»ein Offiziersbursche mit einem zweispännigen leichten Wagen indie hochgehende Rothwasser. Mann und Pferde rrtrankr»,Ein Famikiendrama in Spanieu.Madrid, 6. Januar.(W. T. B.) In dem MarktfleckenB erbegal erschoß der älteste Sohn des kürzlich verstorbenenGroßgrundbesitzers P a l a c i o L wegen eines ErbschafiSstreite»eine Mutter und feine beiden Geschwister und ent-leibte sich sodann._Katastrophe bei einer Weihnachtsbescherung.San Juan(Puerto Rico), 6. Januar. Im Stadttheater sollteeine Weihnachtsbescherung armer Kinder stattfinden. Als die Türenzum Theater geöffnet wurden, entstand ei« Gedränge, bei de« vierKinder totgetreten und achtzehn schwer verletzt wurden.Eine Schiffskatastrophe in Nordamerika.London, 6. Januar.(W. T. B.) Die Zeitungen veröffentlichenein Telegramm aus New Uork, daß bei dem Untergang einer Barisauf dem Fraserfluß in der Nähe des Forts George in BritischColumbien 75 Personen ertrunken sind.