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Nr. 21.

Erscheint täglich außer Montags. Breis pränumerando: Viertei: fährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Bfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Bfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band  : Deutschland   u. Desterreich Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Poft Zeitungs- Breisliste für 1894 unter Nr. 6919.

Vorwärts

11. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Detitzeile oder deren Raum 40 Vfg., für Vereins: ind Beriammlungs- Anzeigen 20 Vfg Inferate für die nächste Mummer müffen bis 4 Uhr Nachmittags in de: Erpedition abgegeben werden. Die Ervedition if an Wochen­957 tagen bis 7 br Abends, an Sonn­und Feittager: bis 9 1hr Vor: mittags geöffnet.

Eernsprecher: Amt I. 1508. Telegramm- Adresse: " Sozialdemokrat Berlin  !

Berliner   Bolksblatt.

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Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Freitag, den 26. Januar 1894.

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Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

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Ein edles Brüderpaar. 13. Mai 1887 en belamuten Artikel: Wie John Neve Vorwärts" vom Daily Chronicle", laut Mittheilung von Der Sozialdemokrat" veröffentlichte er st a m verschweigt Herr Reuß, daß er infolge einer Erklärung des Die von unseren Genossen Bebel und Singer gezeichneten der preußischen Polizei in die Hände geliefert wurde", worin dessen Editor an Aveling in London  , als Korrespondent Gentlemen Theodor Reuß und Heinrich Oberwinder unter Angabe von Ort, Zeit und Personen knall und Fall entlassen wurde? Und warum schwieg Herr haben gestern ihre auch von uns mitgetheilten Erklärungen" auseinandergesetzt wurde, daß Beukert und Reuß am Reuß, als seine Kollegen in der Presse vor Jahr und Tag veröffentlicht, die wir heute näher anschauen wollen. 1./2. Januar 1887 eine Reise von London   nach Brüssel   ihm diesen Vorwurf entgegenhielten und dann den Verkehr Theodor Reuß   erklärt, er habe sofort, als die und Lüttich   gemacht haben zu dem ausschließlichen Zwecke, mit ihm abbrachen? Und warum hatte Herr Reuß im Singer'schen Behauptungen 1887 im Züricher   Sozial  - dort mit Neve zusammenzutreffen. Bei dieser Gelegen Bewußtsein seiner Reinheit nicht den Muth, seinen Korre­demokrat" zu er st erschienen, in verschiedenen öffentlichen heit sollte Neve's Aufenthalt, welchen die preußische Polizei spondentenposten am Erfurter Parteitag anzutreten, sondern Versammlungen und in verschiedenen Zeitungen diese Be- damals kennen zu lernen Begierde trug, dieser verrathen suchte sich auf Umwegen von einem Kollegen Nachrichten zu hauptungen als Lügen gebrandmarkt. und damit Gelegenheit gegeben werden, Neve's Auslieferung verschaffen?

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Möglich, aber a bleugnen heißt nicht wider Iegen. Der Londoner Anarchistenklub Autonomie", der damals den Fall untersuchte" und herausgefunden haben soll, daß die Ankläger keinen Beweis für die gegen mich er­hobenen Beschuldigungen zu erbringen vermochten," stand zu jener Beit unter Leitung des Lockspikels Peukert, gegen den die österreichischen Genossen den gleichen Vorwurf erhoben hatten wie der Sozialdemokrat" gegen Reuß. Der Antläger war in Zürich  , nicht in London  , und die Beweisstelle vor den Züricher   Gerichten, nicht vor dem Lockspitzel Lockspitzel Peufert und seinen Freurden. Warum hat Herr Reuß nicht dort Unter suchung verlangt, fintemalen er in Zürich   sehr gute Be fannte hatte? Vor dem Polizeigefindel und dessen Dupirten, die im Londoner Anarchistenklub Autonomie" seit Jahr und Tag die Geschäfte der Polizei besorgten, hatte der " Sozialdemokrat" felbstverständlich jede Untersuchung ab­gelehnt.purdind

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von der belgischen Regierung zu verlangen. Was nach Ist dies jahrelange Schweigen nur als der verunglückte dieser Reise bekanntlich geschehen. Das Geld zu dieser Versuch aufzufassen, jene unangenehmen Enthüllungen ver­und Reise lieferte Reuß. Das geftand Peutert in jener geffen zu machen, ist ber jezige trampf­Untersuchungsfarce selber zu. hafte Versuch, laut zu reden, in vielen Worten Und warum sagt Herr Reuß nichts davon, daß Neve nichts zu erklären, nur durch den Umstand herbei­selber am 16. Januar 1887 über diese Reise ge- geführt, daß die Stelle, von der aus jetzt die Neuentlarvung schrieben hat: vorgenommen wurde, ein Schweigen ausschließt? Ist es der Wuthschrei darüber, daß jetzt das Handwerk endgiltig gelegt ist? Und hat der drohende Abbruch der lukrativen Verbindung zwischen altem" und neuem Kurs", zwischen Kaijerin Augusta- und Wilhelm- Straße Herrn Reuß so be­täubt, daß er gar nicht versteht, was Herr Singer mit dieser Bemerkung( über die Radieschensamen Attentats- Quelle)

Der lange Josef( Peutert) tam nicht allein, sondern der el.... Reuß war mit ihm. Wie ich mit dem Kerl verfahren bin, kannst Du Dir denken?"

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Wie er mit ihm verfahren, das erzählt der Polizei­spion Max Zrautner in einer Broschüre, die 1889 im Berlage der Anarchisten Daubenspeck und Bäthke unter dem Titel: Wie John Neve verhaftet wurde" bezweckte." in London   erschienen ist. Trautner, der bei dieser Affäre Andere Leute haben es verstanden und damit war neben Reuß und Peufert als dritter Polizeispion thätig der Zweck erreicht. war, erzählt darüber so ausführlich und interessant, daß ind wir nächster Tage aus dieser Broschüre größere Auszüge mittheilen werden.

Ein Ha... Namens C. Theodor Reuß  , aus Augsburg   in Bayern  , angeblich Konzertfänger, wurde als internationaler Polizeispion entlarvt und aus der( anarchistischen) Sozialist League" und dem ( Most'schen) Kommunistischen Arbeiterverein aus geschlossen."

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Nicht glücklicher als Herr Reuß ist mit seiner Er. Aber warum Iügt denn Herr Reuß, daß der Sozial­flärung" Herr Heinrich Oberwinder. Mit der bekannten demokrat" zuerst die Spigelbeschuldigung gegen ihn er Auch über diese Broschüre schweigt Herr Reuß in sittlichen Entrüstung weist der journalistische Schildknappe hoben hat? Warum verschweigt Herr Reuß, daß die seiner Erklärung ganz merkwürdigerweise, obwohl Trautner des Wahrheitsfreundes Stöcker die Behauptung zurück, daß Most'sche Freiheit" bereits im Jahr vorher, in als Ohrenzeuge auf S. 18 den Polizeikommissär Bebel ihn zu einem agent provocateur gestempelt habe. Nummer 27. vom 3. Juli 1886 folgende Warnung ver- möhlig aus Aachen   des Langen und Breiten über Diese Entrüstung ist ganz überflüssig. Herr Oberwinder ver­öffentlicht hat: Reuß gewohnte Spigelthätigkeit an seinen Chef Krüger wahrt sich gegen etwas, was Bebel garnicht be Ein internationaler Polizist. berichten läßt. hauptet, und schweigt zu dem, was Bebel Erst am 28. Dezember 1887 veröffentlichte der thatsächlich gesagt. Laut stenographischem Bericht sagte Sozialdemokrat" in Nummer 52 die Liste der Ge- Bebel: Soll ich von dem Agentprovofateurthum reden, von den heimen Agenten der Berliner Polizei", Friedemann, den Schmidt, den Schröder, den Kaufmann, den auf der neben Haupt, Nebel, Neumann, Nonne, Haupt und anderen Subjeften? Sachs, Schröder, Schwennhagen, Trautner, ( Buruf links.) Dieser Ausschluß ist am 20. Mai 1886 erfolgt und Wichmann auch Oberwinder und Reuß aufgeführt auf Reklamation am 13. Juni vom Generalrath der waren. Und erst damals benannte der Sozialdemokrat" Socialist League einstimmig bestätigt worden. das Gehalt für Oberwinder und Trautuer auf je 450 m. In der gleichen Nr. 27 der Freiheit" veröffentlichte pro Monat, für Nonne auf 250 M., Schröder 250 und der seiner Zeit im ersten anarchistischen Hochverrathsprozeß Haupt 200 Fr. pro Monat. zu 1/2 Jahren Zuchthaus verurtheilte Anarchist Davé einen spaltenlangen Artikel: Meine Beziehungen zu Charles Theodor Reuß", worin er die Gründe für obige Warnung und für die Ausstoßung des Reuß aus den beiden anarchistisch revolutionären Organisationen ausführlich darlegt. Warum verschweigt Herr Reuß diese interessanten Thatsachen? Das ist doch sehr merkwürdig.

Feuilleton.

Machbruck verboten.]

Helene.

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Oberwinder? der war nur Spion. Agent provocateur  , so viel ich weiß, nicht; es ist derselbe Oberwinder, der heute beim Volt" als Redakteur angestellt ist." Herr Oberwinder erinnert" weiter daran, daß der Welchen Grund mag Herr Reuß haben, zu verschweigen, Abg. Singer schon vor etwa sechs Jahren eine ähnliche(!) daß er schon ein Jahr, bez. 18 Monate vor der Veröffent- Anklage gegen mich erhoben hat, ohne auch nur eine That­lichung im Sozialdemokrat" in der Most'schen Freiheit" sache zur Begründung anführen zu können." Ueber das Können steht wohl nicht Herrn Oberwinder, sondern mit der gleichen Anklage öffentlich belastet worden ist? Und warum sagt Herr Reuß kein Wort davon, daß Genossen Singer das Urtheil zu. Können und Wollen sind der Vorwärts" bereits zu wiederholten Mal en zweierlei Dinge. Warum erinnert sich aber Herr Ober flipp und klar Herrn Reuß als Polizeispitel gebrandmarkt winder nicht lieber daran, daß der Sozial­hat, ohne daß er ein Wort dagegen erwiderte. Und warum demokrat  " in Nr. 52 am 28. Dezember 1887 zuerst

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May suchte begütigend ihre Hand zu erfassen. Aber liebe Sidonie, das wäre ja schrecklich, das reine Tohuwabohu, und der leidige Hader, Zank und Streit, der schon jetzt in allen Beziehungen zwischen Mann und Weib [ 26 zu Tage tritt, würde dadurch noch vermehrt."

[ Alle Rechte vorbehalten.

Roman in zwei Bänden von Minna Kautsky  . Sperre Dich, es nützt Dir nichts, sage, wie viel Du uns geben willst. Wie ich Dich fenne, wirst Du Dich unferer ewigen Dankbarkeit versichern wollen."

Ich fürchte, da kennst Du mich schlecht." " Nein, lache nicht, oder sollte ich mich auch in Dir ge­täuscht haben? Es wäre mir schmerzlich. Ich glaubte immer, Du hieltest etwas von den Frauen und ihren Fähigkeiten."

" Ich stelle sie sehr hoch, gewiß, und ich bringe all' diesen Bestrebungen die wärmsten Sympathien entgegen." Sidonie hatte ein gereiztes Lachen.

Sympathien, Sympathien, ja, damit seid Ihr un­gemein freigebig. Sympathien hätten wir genug, aber sobald es sich darum handelt, uns mit Geld zu unter­stützen, da seid Ihr Einer wie der Andere, Einer wie der Andere!"

Sie sprach so leidenschaftlich und ernsthaft, daß sie ihn selbst zum Ernste zwang.

Ist es denn anders möglich, wir haben nun einmal den Kampf der Geschlechter.

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Den Kampf der Geschlechter, welche Unnatürlichkeit es ist ein Symptom der Zersehung." " Wir haben uns gegen männliche Anmaßung und Unterdrückung zu wehren und wir wehren uns," rief sie und fuchtelte wieder mit ihrem Fächer.

" Und Ihr erwartet von Männern die Mittel, um für diesen Kampf die Waffen zu schmieden?" fragte Max mit einem milden, duldsamen Lächeln.

Sie sah ihn betroffen an, dann trat ein noch ener­gischerer Zug in ihr Antlig.

Wir wenden uns nur an die Einsichtsvollen, die unsere Hörigkeit mit Unwillen und Beschämung erfüút. Stuart Mill   hat es ausgesprochen, daß wir nicht die Sklavin des Mannes sein sollen, sondern seine Mitarbeiterin in Staat und Gesellschaft."

Ihre Augen blitten im stolzen Gefühl dieser Bundes­genossenschaft. Max schüttelte den Kopf.

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So lange die Frau die Konkurrentin des Mannes wird sie ihm niemals als Mitarbeiterin willkommen

merkte Max sanft, noch leiser sprechend, während seine ge­wöhnlich matten Züge sich geistig belebten, diese günstigen Lebensbedingungen und Rechte, die Du großherzig für die andere Hälfte des Menschengeschlechts in Anspruch nehmen willst, besigen heute thatsächlich nur wenige unter den Männern selbst, sie sind die Vorrechte einer Klasse; die Ungleichheit selbst aber ist das nothwendige Produkt einer Gesellschaft, die auf dieser Ungleichheit auf­gebaut ist und nur durch dieselbe ihren Bestand fristen Und Du täuschest Dich, Sidonie, wenn Du kann. glaubst, Eure Bestrebungen dienten den Frauen im allge­meinen, sie würden nur einer sehr beschränkten Anzahl von Frauen zu gute kommen. Warum soll ich aber Sonder­interessen in einem aussichtslosen Kampf unterstützen, zu einer Zeit, wo es sich darum handelt, fich für jenen großen Kampf des Proletariats vorzubereiten, der nicht Einige, der das ganze Menschengeschlecht, also auch die Frauen mit befreien soll."

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Sidonie schlug in komischer Desperation die Hände zu­sammen. Mein Gott, da kommt er wieder mit seinen fozia­listischen Ideen." May verneigte sich.

" Ich wollte Dir gegenüber nur meine Ablehnung mo­tiviren und entschuldigen."

Sidonie runzelte die Brauen in wirklichem Aerger. D " D, ich verstehe vollkommen, Du vermagst Dich nur mehr für die Interessen des Proletariats zu erwärmen und deshalb gehe ich leer aus oder, bist Du vielleicht der Meinung, daß wir uns ihm assoziren sollten?" fragte sie mit malitiösem Lächeln.

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Nun, es ist ja wahr, die heutige politische und soziale Stellung der Frau ist durchaus falsch und un- ist, haltbar." sein. " Unerträglich ist sie geworden, eine Schmach, denn sie Willkommen oder nicht, danach haben wir nicht zu demoralisirt uns Alle," rief die energische Frau higig. fragen. Wir sind die Hälfte des Menschengeschlechtes und Aber wir werden uns daraus selbst befreien, gegen den wir verlangen für unsere Entwickelung die gleichen Be­Willen der Männer, ihnen zum Troh!" dingungen, die gleichen Rechte, die die Männer für sich ge- May blinzelte gutmüthig mit den Augen: Ich weiß nicht einmal, ob ich das wünschen sollte und was nügte schaffen und zum Gesez erhoben haben." be- les Du willst sagen unsere Männer, liebe Sidonie," be- es auch- es wird ja doch nicht geschehen."

Sie hatte den Fächer aus Perlhuhnfedern aus ihrem Muff gerissen, und hieb damit nach rechts und links.

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