Einzelbild herunterladen
 
bic Gelder zu tcJriHigen, die die Beamten nach den Anordnungen der Behörden verwalten. Mit einigen Federstrichen hat also die Re- gierung auf dem Verwaltungswege der Selbst- Verwaltung den letzten Rest gegeben. Keine freie Initiative, leine Selbstbestimmung der Versicherten mehr, nur der Wille der preußischen Regierung und ihrer Beamten ist maßgebend. Ein wichtiges Recht, das die Arbeiter ein Vierteljahrhundert lang besahen, wird ihnen so stillschweigend genommen, als wenn es ein wertloser Lappen wäre. Als wir seinerzeit darlegten, durch die Reichsversicherungs ordnung ist den Arbeitern das Recht der Selbstverwaltung ge nommen, gab es Leute, die da annahmen, wir sähen zu schwarz, übertrieben usw. Der Erlaß hat uns vollauf Recht gegeben. Der Kampf um Sie englische Freiheit. London  . 28. Februar.(Eig. Ber.) Jeder, der das englische Volk kennt und die mächtige Arbeiterversammlung besuchte, mit der. gestern abend im Lon doner Operichause der Feldzug gegen das Attentat der süd afrikanischen Regierung gegen die elementarsten Freiheiten des Volkes eingeleitet wurde, mußte zur Erkenntnis kommen, daß wir am Vorabend großer Ereignisse stehen. Es lag etwas Wildes, Herausforderndes in den: vieltausendstimmigen SchreiAye!"(Ja!), der die einstimmige Annahme der Re solution kennzeichnete. Ein solchesAye" haben wir noch nie in den Hunderten englischer Massenversammlungen, die wir besucht haben, gehört. Es war ein Schrei, der von der Einig feit der sonst so zersplitterten und zerklüfteten britischen An beiterbewegung zeugte und die Herrscfenden warnte, daß die Arbeiterklasse wenigstens die südafrikanische   Schmach nicht ruhig hinnehmen wird. Auf zur Verteidigung der Magna Charta  , des großen Freibriefs, des Fundaments der englischen Freiheit! Das war der Grundton der begeisterten Stirn- mung, der in der rein Poletarischen Versammlung herrschte. Jedem Engländer ist in der Schule eingepaukt worden, wie der König Jahn auf Runymede am 15. Juni 1215 der großen Freibrief unterzeichnen mußte. Und jeder Schuljunge kennt die Stelle aus der Magna Charta   auswendig, wo es heißt: Kein Freier darf genommen oder gefangengesetzt oder ent­eignet oder verbannt oder in irgendeiner Weise zerstört wer- den. auch werden Wir nicht gegen ihn vorgehen oder nach ihm ausschicken außer nach dem gesetzlichen Rechtsspruch seiner Gleickjen oder nach dem Gesetz des Landes." Und nun ist das Unfaßbare, das Unglaubliche geschehen. In Südafrika  , einem Teile des Ruches, dessen Boden mit dem Blute von dreißigtausend britischen   Soldaten gedüngt ist, die dort, wie es zur Zeit des Burenkrieges hieß, die Buren- Oligarchie stürzen und den dort beschäftigten britischen Arbei­tern die Freiheit bringen sollten, hat die Regierung neun Arbeiterführer bei Nacht und Nebel gepackt und sie ohne Verhör und Anklage aus dem Lande verbannt. Ohne Verhör hat man unsere neun Freunde eingesperrt, deportiert und verurteilt: das lassen wir uns von keiner Negierung gefallen, rief der Vorsitzende Genosse Henderson aus. der mehr als irgend ein anderer den ruhigen, schwer zu bewegenden briti- scheu Gewerkschafter repräsentiert. Wir sind hier, um einen Kampf einzuleiten zur Wahrung der Rechte und Freiheiten, die mit dem Blute unserer Vorfahren besiegelt sind. Der Vor- sitzende verlas ein Begrüßungsschreiben der belgischen Ge- werkschaften und einen Brief des erkrankten Sekretärs des Ge- werkschaftsbundes Appleton. in dem dieser im Namen seiner Organisation und der 9 Millionen dem internationalen -Sekretariat angeschlossenen organisierten Arbeitern gegen die an den südafrikanischen Genossen verübte Vergewaltigung protestierte.Keine Stimme einem Negierung s- kandidate n," heißt es in dem Schreiben,bis sich die Regierung ihrer Verantwortlichkeit bewußt wird und auf Ge- rechtigkeit besteht; keine Ehre den Gerichtshöfen, bis diese ihrer Ehre Achtung verschafft haben, indem sie gegen die Un- gesetzlichkeiten Bothas und Smuts   protestieren: keine Unter- brechung in den Bemühungen, bis das Parlament daS über- lieferte Recht jedes britischen   Untertans auf ein öffentliches und ehrliches Verhör feierlich proklamiert und gesichert hat." Der ehrenvollste Posten, den die englische Arbeiterschaft zu vergeben hat, ist das Präsidium des Gewerkschaftskongresses. Der jetzige Inhaber. Genosse S e d d o n, war erkoren, die Resolution zu begründen, deren Wortlaut wir bereits tele- graphisch gemeldet haben. Die Redner, die sich zu der Resolution äußerten, vertraten alle Teile des englischen Sozialismus und alle gewerkschaft- lichen Organisationen. Der Empfang der Südafrikaner  , der darauf folgte, war ein Schauspiel, das niemand leicht vergessen wird. Die De- portierten hatten drei ihrer Freunde zu Rednern bestimmt, nämlich die Genossen P o u t s m a(Sekretär der Eisenbahner), Papa" B a i n(Sekretär des Gewerkschastsbundes) und Water st on(Sekretär der Arbeiterpartei). Sie wurden mit einem unbeschreiblichen Jubel empfangen. Wir wollen hier die Rede Poutsmas in kurzen Um- rissen wiedergeben: Ich bin ein naturalisierter britischer Untertan. Vor 26 Jahren wurde ich Sozialdemokrat und bin seitdem nie etwas anderes gewesen. Vor 13 Jahren ging ich als Kriegskorrcspondent nach Südafrika  . Dann pflegte ich in Pretoria   die verwundeten Soldaten der Buren und Briten  . Nachdem ich mit dem früheren Präsidenten Stehn Europa besucht hatte, kehrte ich nach Süd- afrika   zurück und errichtete dort ein Waiscnheim, eine Gewerbe- schule und eine Musterfarm. Zwei Jahre lang wachte ich über 80 der ärmsten Kinder. Als mein Geld alle war. verkaufte ich mein Institut an die Regierung und verdiente dann mein Leben als Redakteur einer Zeitung, die ich verließ, als sie ihre Richtung änderte. Darauf gab mir der südafrikanische   Unterrichts- minister eine Anstellung als Sprachlehrer und als später die Eisenbahner einen Beamten suchten, bewarb ich mich um den Posten, den ich aus Dankbarkeit für die Denste, die ich den Arbeitern bei den Wahlen in Bloemfontein   geleistet, erhielt. Als Sekretär der Eisenbahner gelang es mir, die Mitgliedschaft der Organisation in neun Monaten von 3000 auf 16 000 zu bringen. Ich gründete auch ein Fachblatt der Eisenbahner, das bald florierte. Anfangs lobte mich die Regierung. Es hieß, es sei doch gut, daß sich die Eisenbahner einen so vernünftigen und gebildeten Sekretär zugelegt hätten. Die Lobsprüche wurden immer karger, und das überzeugte mich, daß ich auf dem rechten Wege war. Die Reibung mit der Betriebsführung der Eisen- bahnen erreichte im Juni 1013 ihren Höhevunkt. Als in dem Streik der Bergarbeiter 400 Personen niedergeschossen worden waren und nicht nur die Arbeiter, sondern das ganze Publikum aufgeregt war, riet ich den Eisenbahnern in einer Versammlung in Pretoria  , als feierlichen Protest gegen die unverantwortliche Erschießung friedlicher Bürger einen Tag von der Arbeit fern» zubleiben. Am Begräbnistage der Lpfcr wurde nicht eine Lokomotive angerührt. Händeringend kamen die Be- Hörden zu mir. um mich zu bitten, doch wenigstens die Haupt­züge fahren zu lassen. Ich sagte zuerst, wie man uns so oft ge sagt hatte: Die Sache wird in Erwägung gezogen werden Schließlich willigte ich ein, daß der europäische   Postzug abfahre, damit die Bürger ihren Verwandten in Europa   von den schreck- lichen Ereignissen berichten könnten. Aber damit der Zug sicher durch das Streikgebiet komme, bestimmte ich, daß von der Lokomotive die rote Fahne wehen müsse. So fuhr denn der Zug ab. Und das war mein erstes Verbrechen. Deshalb Hatzte mich die südafrikanische   Regierung. Ich bin st alz   darauf. Nach dem Streik setzte die Regierung die Betriebs- einschränkung trotz der Einsetzung einer Kommission, die sich mit den Beschwerden der Eisenbahner befassen sollte, fort. Unter den Eisenbahnern herrschte die größte Bestürzung. Zu Weih- nachten nahm man links und rechts Arbeiter- entlassungen vor. Leute, die jahrelang auf den Eisen- bahnen tätig waren, Familienväter mit 6 und 7 Kindern wurden erbarmungslos nach 24 stundiger Kündigung auf den über- füllten Arbeitsmarkt geworfen. Unser Exekutivausschutz beschloß, alle legalen Mittel anzuwenden, um diese unerträglichen Zu- stände abzuschaffen. Wir wandten uns in der Abwesenheit der Minister an den Gencralgouverneur G l a d st o n e, der uns an den Minister Smuts   verwies, von dem wir keinerlei Genug- tuung erhalten konnten. Schließlich wurden wir von dem Eisenbahnminister als Privatpersonen empfangen und in einer beleidigenden Weife behandelt. Unsere Leute fielen buch- stäblich auf die Knie vor ihm und baten ihn, die Entlassungen einzustellen: alle Eisenbahner würden gern eine Stunde Arbeits- zeit täglich opfern, ivenn sie ihre Kameraden nur davor schützen könnten, daß sie brotlos gemacht würden. Alles war umsonst. Beim Hinausgehen ließ einer der unsrigen die Bemerkung fallen: Das bedeutet ein Unglück," worauf der Minister lachend er- widerte:Meinen Sie einen Streik? O, wir sind auf einen Streik vorbereitet." Am 8. Januar dieses Jahres brach der Streik aus; am 0. wurde ich ergriffen und inS Ge- fängnis geworfen. Meine Frau und meine Kinder wußten nicht, was auS mir geworden war. Im Gefängnis mußten wir auf dem nackten Boden schlafen und man gab uns morgens eine ekelerregende Suppe zu essen. In einer Nacht wurden wir im Gefängnis ergriffen und mit Bajonetten ge- pflichten öer Roten Woche: Die Rote Woche ist gewidmet der intenflvsten Agitation unter den uns fernstehenden organtfationsfähigen ftrdeitermasten. die Rote Woche macht es jedem Genosten zur Pflicht, wenigstens einen Indifferenten für Sie Organisation zu gewinnen. die Rote Woche muß benutzt werden zu unermüdlicher Werbearbeit, die Leserzahl desVorwärts" gewaltig zu steigern. Werbt neue Klaffenkämpfer! [ zwungen, den Eisenbahnzug und das Schiff zu besteigen. Für den höchst prächtigen Empfang in London   und für alles. waS man für uns getan hat, danken wir den Bürgern Londons  . W i r müssen nach Südafrika   zurückkehren. Was mich anlangt, so werde ich zurückkehren und wenn der Himmel einstürzt. Wie der Genosse Poutsma, so verteidigte sich auch der greise Genosse B a i n gegen die gegen ihn geschleuderten schmutzigen Angriffe, die der Minister Smuts   für Argumente hält. Genosse Bain verneinte auch, daß er ein Syndikalist sei: in ganz Südafrika   gebe es keine 59 Syndikalisten. Die An- gäbe Smuts  , daß es sich in Südafrika  , um eine syndikalistische Verschwörung gehandelt habe, entbehre auch den Schein der Berechtigung. Eine Stelle aus seiner Rede lautete: Ich bin kein Syndikalist. Der Sozialismus genügt mir vollauf. Ich bin der Ansicht, daß die EntWickelung der modernen Gesellschaft nach dieser Richtung geht, und wenn B o t h a sagt, es könne nicht gestattet werden, daß der Sozialismus in Südafrika  Wurzel fasse und daß er ausgerottet werden müsse, so macht er damit die törichtste Bemerkung, die ein Minister machen kann. Wenn Sie erfahren, daß er eine solche Aeußerung getan hat, so werden Sie besser verstehen, als ich es Ihnen mit anderen Worten erläutern kann, mit welcher Art Politiker wir eS in Süd- afrika   zu tun haben. Der Sozialismus kann nicht durch eine Burenautokratie hinweggefegt werden. Er wird leben, wenn die Namen und Taten der Botha und Smuts   tot und vergessen sind. Als letzter Redner kam der Genosse Macdonald zu Wort, der leider gegen die lauten Unterbrechungen der Suffragetten und ihrer Helfershelfer anzukämpfen hatte. Er erklärte im Namen der Arbeiterpartei: Heute abend ist die Bewegung absolut und unerschütterlich einig. Was uns anlangt, so wird uns keine Meinungsdifferenz davon abhalten, die neun Männer, die ohne Verhör, nur auf den Beschluß einer Exekutive, verurteilt und deportiert worden sind, willkommen zu heißen. Wenn wir erlauben, daß diese Dipge stattfinden, dann ist es mit den Freiheiten dieses Landes absolut und vollständig dahin und sie werden nie wieder gewonnen werden. Soweit die Arbeiterpartei in Frage kommt, so wird sie für die Freiheit im Reiche eintreten, ob nun diese Freiheit von einer selbstregierenden Kolonie oder von einer Regierung zu Hause bedroht wird Es ist sonderbar, wie gelassen das englische Bürgertum den südafrikanischen Gewaltstreich hinnimmt. Hier wie anderswo ist zurzeit die Arbeiterklasse die einzige Verfechterin der bürgerlichen Freiheiten. Bothas Antwort. London  , 3. März.(Privattelegramm desVor- wärtS'.) Die Ausschüsse der Arbeiterzentralen andten vor einigen Tagen folgendes Telegramm an den Minister- Präsidenten Botha:Die drei nationalen Ausschüsse der GeWerk» chaften und der Arbeiterpartei beschlossen heute einstimmig in einer Sitzung, die Unionsregierung an die Haltung der organisierten Arbeiterschaft zu mahnen, als Südafrika   vom Kriege heimgesucht war und sie zu ersuchen, den Absatz 4 der Jndemnitätsbill zurück­zuziehen, da er alle Traditionen der britischen   Freiheit und Ge- rechtigkeit verletzt und das gute Einvernehmen im Reiche dauernd schädigt." Von Botha ist darauf folgendes Antwortielegramm an den Genossen Macdonald eingelaufen:Das Telegramm, das Sie im Namen der Gewerkschaften und der Arbeiterpartei abgesandt haben, hat aus die Regierung großen Eindruck gemacht. Die Regierung ist jedoch überzeugt, daß die Zurückziehung des Absatzes 4 der Jndemnitätsbill nicht im öffentlichen Interesse der organisierten Arbeiterschaft in Südafrika   sein wird." Hieraus ist am besten zu ersehen, daß Botha nicht mit Un- recht den Ruf genießt, ein einfältiger Bauer zu sein. Ende der Woche werden die Frauen einiger der deportierten Arbeiterführer in Southampton   ankommen. Die organisierten Frauen Englands haben beschlossen, ihnen einen demonstrative» Empfang zu bereiten. Die Krönung der Gewalttat. Kapstadt  , 3. März. Der Abschnitt der Indemnität s- bill, der die Deportation und Verbannung der neun Arbeiterführer bestätigt, wurde vom Par- lament mit 72 gegen 15 Stimmen angenommen. politische Ueberflcht. Einzelwünsche und Einzelfragen. Aus dem Reichstag  , 3. März. Die Sache selbst bringt es bei der Beratung des Postetats mit sich, daß sehr auf Einzelwünsche und Einzelftagen eingegangen werden muß, und so verliert sich die Debatte leicht ins Breite und ist selten von einem atemberaubenden Interesse. Auch heute wurden von den Rednern der Parteien solche Einzelwünsche in reicher Fülle vorgetragen und solche Einzelfragen in großer Menge de- handelt. Der Volksparteiler Kiel trat unter anderm für das Petitionsrecht der Beamten und für Beamten- Ausschüsse ein, der Reichsparteiler M e r t i n ritt in der Frage der weiblichen Angestellten und der postlagernden Sendungen seinen reaktionären Klepper vor und der Antisemiterich Werner- Gießen mühte sich mit Erfolg um den kleinen Be- fähigungsnachweis, daß er nicht nur der unsympathischste, sondern auch der geistig bedürfnisloseste und langweiligste aller 397 Reichsboten ist. Die Polen   ließen durch Abgeordneten B r a n d y s, wie jedes Jähr, über die schikanöse Behandlung pol- nischer Adressen und ähnliche Ausschreitungen des Nationalitäten- Hasses Beschwerde führen. Dann rückte Genosse Z u b e i l mit einer-solchen Fülle von nachgewiesenen Mißständen im Post» betriebe Herrn Kraetke auf den Leib, daß dem Staats- sekrctär gar unbehaglich zu Mute ward. Als dieser Post- junker dem sozialdemokratischen Redner eine patzige Ant- wort erteilte, holte er sich sogar von Herrn Dr. K a e m p f eine bei einem Regierungsvertreter und diesem Präsidenten so seltene! Rüge. Vor Eintritt in die Tagesordnung waren zwei kleine Anfragen der Genossen Keil und Brey beantwortet worden. Morgen: Weiterberatung des Postetats. Scharfmacherei und Wucherpolitik. DaS Abgeordnetenhaus überwies am Dienstag nach kurzer Debatte, in der neue Gesichtspunkte nicht mehr geltend gemacht wurden, den Entwurf eines Kommunalabgabengesetze» an eine besondere Kommission von 23 Mitgliedern und nahm hier» auf in zweiter Lesung den Entwurf eines AusgrabungS» gesetze« in der vom Herrenhause beschlossenen Fassung an. Zu lebhaften Auseinandersetzungen kam eS anläßlich der Be­ratung des auch bereits vom Herrenhause genehmigten GesetzeirtwurfS betr. die Dien st vergehen der Beamten der Orts-, Land- und JnnungSkrankenkassen. Während der Eni« wurf, der die Vorschriften deS Gesetzes betr. die Dienstvergehen der nichtrichterltchen Beamten auf bestimmte Kategorien von Krankenkassen- beamten übertragen will, bei den Rednern der bürgerlichen Parteien im großen ganzen auf Sympathie stieß, übte namens der Sozial» demokraten Genosse Braun scharfe Kritik an der Art und Weise, wie die preußische Regierung teils auf dem Verwaltungswege, teils durch Erlaß von AuSführungsbeftimmungcn den ausgesprochenen Willen der gesetzgebenden Körperschaften des Reichs mit Füßen zu treten sich bemüht. Die von großer Sachkenntnis zeugende Rede unseres Genossen war für die sogenannten Arbeiterführer de« Zentrum» daS Signal zu allerhand Angriffen auf die Sozialdemokratie im allgemeinen und diesozialdemokratische Mißwirtschaft' in den Krankenkaffenverwaltungen im besonderen. Hatte sich der Handels- minister Dr. S h d o w in seiner Entgegnung auf die Ausführungen Brauns einer gewissen Sachlichkeit befleißigt, so erging sich Herr r o n o w s k i. angefeuert durch Zurufe seine? Freundes Im- b u s ch in allerband unqualifizierten Angriffen, deren Widerlegung durch die Allgemeinheit und durch die fehlende Angabe von Details naturgemäß erspart wurde. Trotzdem war eS Braun möglich, wenigstens die allertör ichtesten Angriffe auf ihr richtiges Maß zurück» zuführen. Der Entwurf wurde schließlich der Handelskommission überwiesen. In vorgerückter Stunde begann das HauS noch die Beratung des Etats der Handels» und Gewerbeverwaltung, und zwar wurde die Besprechung deS nationalliberalen Antrages vorweg genommen, der an die Regierung das Ersuchen richtet, im Bundesrat dahin zu wirken, daß rechtzeitig Matznahmen gekosten werden, die bei der in Aussicht stehenden Reuregelung der handelSpolitischenVerhältnisse einen wirksamen Schutz der deutschen   wirrschaftlichen Jntcreflen gewährleisten. Be- urteilt man den Antrag nach seinem Wortlaut, so wird man nichts Gefährliches daran finden, denn daß die deutschen   wirtschaftlichen Interessen gewahrt werden müssen, ist selbstverständlich. Aber die von Herrn B e u m e r(natl.) gegebene Begründung zeigt, wie der Hase läuft. Man will die Wucherzölle verewigen, womöglich noch verschärfen und keinerlei Rücksicht auf die Konsumenten nehmen. Am Mittwoch wird die Debatte fortgesetzt. Rüftungstreiberei. Gestern haben wir die Aeußerung MaedonaldS, deS Führers der englischen Arbeiterpartei, wiedergegeben, der im Unterhause erklärte, daß die deutschen   RüstungS  - irmen im Begriff stünden, eine neue Panik zu erregen. Schnell ist die Prophezeihung eingetroffen. Der Petersburger Korrespondent derKölnischen Zeitung  " und ähnliches läßt sich dieGermania  " melden macht allerlei vage An- deutungen, über den Fortgang der russischen Rüstungen. Heute ei zwar Rußland   noch nicht kriegsbereit, aber mit fieber- >astem Eifer werde an der Ergänzung der Artillerie und des :krtegsmatertals gearbeitet und 1917 der Mann weiß es genau werde Rußland   bereit sein und alles deute darauf hin, daß diese Bereitschaft sich vor allem gegen Westen, also gegen Deutschland   richtet. Unseren großen Rüstungsintereffenten ist vor kurzem be» kanntlich ein glänzendes Geschäft entgangen. Krupp   war