da sie lediglich seiner persönlichen Beliebtheit zu verdankenist. Als Kommunalpolitiker soll er ebenso tüchtig sein wieals Kammermitglied unzuverlässig. Und in dicscni Landewird danach nicht so sehr gefragt, viclniehr sind hier Person-liche Einflüsse und Freundschaften von ausschlaggebender Be-deutung..Tos glänzende Wahlergebnis in Gotenburg, wo dieLiberalen ihre zwei Mandate hielten und wir den Konser-� vativen ein Mandat abnahmen, wird vielfach als Vorbcdeu-tung für die Ergebnisse in den Industriegebieten angesehen.Gotenburg ist eine alte konservative Hochburg, in die bei derWahl 1911 unter dem deniokratisierenden Wahlrecht Breschegelegt wurde. Zu dem einen Mandat, das wir vorher dort> von sieben hatten, eroberten wir ein zweites. Aber diesmalwollten die Konservativen nicht nur dieses zurückgewinnen,sondern auch den Liberalen eines ihrer zwei Mandats ab-' nehmen. Der Wille. war gut und an Anstrengungen haben siei es wahrlich nicht fehlen lassen. Aber die Wähler folgten derkonservativen Partei nicht. Nach dem Ausfall der Goten-burger Wahl ist auch die Stimmung in der konservativenPresse etwas gedämpft. Sie versuchen zwar, den Ausgangin Norköping für sich zu deuten, aber, wie oben zu ersehen,kann von einem konservativen Parteisieg in Norköping nichtdie Rede sein, sondern gesiegt hat da nur der Rüstungsfanatis-j mus über die Person des liberalen Kandidaten, der in dieserFrage von seiner Partei öffentlich abgerückt ist.In M 0 l in ö sind Veränderungen nicht eingetreten, wiebisher find zwei Sozialdeniokraten und ein konservativer Ab-geordneter gewählt worden. Die südschwedischen politischenVerhältnisse sind bereits.so abgeklärt, daß unter dem ProporzVerschicbungen nicht zu erwarten sind. Ein Blick auf dieStimmenzahlen zeigt das auch. Tie Sozialdemokratensteigerten ihre Stimmenzahl um»69 auf 1862, die Konser-i vativen ihre um 693 auf 3271. Tie Liberalen gingen zumerstenmal unter dem neuen Wahlrecht mit eigener Kandidaturvor und erhielten 396 Stimmen. Zählt nmn diese zu denen� der Sozialdemokratie, so hat die Linke rund 1266 gegen rund706 der Konservativen gewonnen. Tie Teilnahme an derWahl betrug 72,3 Proz. der eingeschriebenen Wähler gegen66,8 Proz. 1911.Aus den Stockholmer Landkreisen liegen erst die Gesamt-zahlen für den Südkreis vor. Von 17 932 Wahlberechtigtenhaben hier 11 969 gestimmt, das sind 66,7 Proz. gegen 11 Proz.im Jahre 1911. Tie Mandatsverteilung ist noch nicht fest-gestellt.Schon die bisherigen Ergebnisse bestätigen die Auffassung,daß große Verschiebungen nicht zu erwarten sind. TieTendenz ist aber erkennbar, daß die Liberalen geschwächtwiederkehren und daß von dieser Schwächung unsere Parteiungefähr in gleichem Maße profitiert wie die Konservativen.Tiefe haben in Stockholm und Norköping einen Vorsprungerreicht, der aber sicher von uns im mittelschwedischen In-dnstrierevier eingeholt wird.— In der Regierung hat sichinsofern eine Aenderung ergeben, als der Kronprinz dieRegentschaft für seinen erkrankten Vater übernommen hat.Obgleich die Regentschaft des Kronprinzen in der Dynastie-Politik noch nichts wird ändern können, ist es vielleicht fürdie Abwickelung der Krise nach der Wahl nicht ohne Bedeu-tung. Denn es ist bekannt, daß der Kronprinz liberalen Ein-flüssen zum mindesten zugänglich ist. Er liebt allerdingsnicht den Herrn Staaff. aber falls es zum Ministerwechsel«kmnmen sollte und die Liberalen Staaff nicht untreu werden.dürste der Kronprinz einem neuen Ministerium Staaff kaumWiderstand entgegensetzen. Sonst ist das Verbleiben desMinisteriums Hammarskiöld bis nach den Septemberwahlensicher, was überdies auch den Neigungen dieses Ministeriumsentspricht.politische Uebersicht.Der Zwifk in der nationalliberaleu Partei.Tie Junglibcralen setzen sich gegen die Zumutung, ihreOrganisation aufzulösen, im ganzen Lande zur Wehr. Auchder Vorstand des Jungliberalen VerbandesGroß-Berlin hat sich niit dem Beschluß des national-liberalen Zentralvorstandes auseinandergesetzt und eine Eni-schlicßung gefaßt, in der der Vorstand des JungliberalcnReichsvcrbandes aufgefordert wird, dem Wunsche des Partei-Vorstandes keine Folge zu leisten. In der Resolution heißt es:.Ter Bestand des R e i ch s v e r b a n d e s ist LebenSbedin-gung für unsere politische Betätigung, und seine Auslösung würdeden Verzicht auf eine großzügige Wer betätig-keit für unsere Partei bedeuten, einen Verzicht aufdie Verwirklichung all dessen, was die Besten der Partei von unserwarteten und wir in den verflossenen Jahren in redlicher Arbeiterstrebten: insbesondere würde die lebendige Fühlung zwischender Partei und den breiten Schichten des Volkes, dem Mittelstand,den Angestellten, Beamten und den Arbeitern gefährdet werden.Auch eine äußerliche Auflösung des a l t n a t i o n a l-liberalen Verbandes wird seinen Ouertreibe-reien durchaus kein Ende bereiten.Um der Partei und des Vaterlandes willen ersuchen wir denGesamtvorstand des Reichsverbandes, sich in Verhandlungen zumZwecke der Auflösung der wichtigsten Werbeorganisation derPartei keinesfalls c i n z u l a s s e n."Wie man sieht, wissen die Jungliberalen sehr genau, daßeine Auflösung des Jungliberalen Reichsverbandes nichtsanderes bedeutete, als die glatte W a f f e n st r e ck u n gvor der Richtung Fuhrmann-Röchling-Friedberg. Denn die Altliberalen beherrschen ja denParteivorstand derart, daß sie i h r e Sonderorganisation ruhigpreisgeben können, ohne von ihrem Einfluß das geringste ein-zubüßen. Lassen sich dagegen die Jungliberalen zur Auf-lösung ihrer Sonderorganisation beschwatzen, so sind sievollends zur Ohnmacht verdammt. Das Häuflein der libe-ralen Ideologen ist dann völlig zersprengt, während sich diealtnationalliberalen Schlotbarone durch ihre gefüllte Kriegs«lasse nach wie vor den verhängnisvollsten Einfluß sichern.Ter Abg. Friedberg fährt freilich fort, der Oppositionzuzureden. Sicherlich würden ja auch nach der Auflösung derSonderorganisationcn die Meinungsverschiedenheiten fort-bestehen und jeweilig zum Austrag gebracht werden müssen.Ter Vorteil für die Gesamtpartei bestehe aber darin, daß diebeiden Richtungen dann nicht mehr ihre Haupttätigkeit in dergegenseitigen Bekämpfung erblicken würden, wodurch dieGegensätze„künstlich emporgeschraubt" würden und sich nachaußen hin schroffer darstellten, als sie in Wirklichkeit seien.Tarin hat Herr Tr. Friedberg sicherlich recht, daß dernationalliberale Bruderzwist die Gegensätze aufbauschte.Konnten-doch Naive wähnen, daß die Jungliberalen einwirklich liberales Element darstellten, während sie in derTat doch nur die brutal kapitalistische und scharfmacherischeTendenz der nationalliberalen Partei phraseologisch zu ver-schminken suchten. �Die Borussifizierung Elsah-Lothringens.Die Karlsruher.Südd. Kons. Korrespondenz", die sich besondererBeziehungen zu chauvinistischen Kreisen rühmt, schreibt über die Ab-sichten der Berliner Regierung:1. Eine Versetzung des Straßburger Generals v. D e i m«l i n g kommt für die nächsten Jahre nicht in Betracht. Wilhelm II.wird im Gegenteil„den verdienten General" bei seinem AnfangMai zu erwartenden Beiuch durck besondere Ehrungen auszeichnen.2. Solange der Zaberner Magistrat nicht parsr peccavj sagtund an Stelle des Herrn Knöpiler ein anderer Bürgermeister- Mus öem noröschweöischeuEisenerzöistrikt.(Von unserem Korrespondenten.)Kiruna, Anfang April.Von Boden bis Kiruna ist eine Tagereise, die durch die nörd-lichen Teile Lapplands geht. Von dieser Strecke(Lutea— Rarvik)kommen die nordschwedischen Eisenerze, deren hervorragende Eigen-schaften sie zu einem unentbehrlichen Rohmaterial der deulichenStahl- und Eisenindustrie machen. Es geht nicht die ganze Aus-beute»ach Deutschland, auch England und Belgien, sogar Amerikasind Bezieher der nordschwedischen Eisenerze. Zu dem in derdeutschen Stahlindustrie angewandten Bessemer-Bersahren sind Roh-erze von der Reinheit und dem Phosphoi geholt der schwedischennotwendig. Die nordschwedischen Erze enthalten 63—75 Pro,;, undmehr reineS Eisen. Die Ausfuhr nach Deutschland geht teils überden norwegische» Hafen Narvik nach Rotterdam und den Rheinhinauf, teils über de» schwedischen Hafen Lulea am BottnischenMeerbusen nach Lübeck und Stettin, woselbst der Berhüttungsprozcßvor sich geht.Gerade dieser Bezirk soll nun von Rußland besonder? ge-fährdct sein. In seinem Drange, einen eisfreien Ausgang zumAtlantischen Ozean zu bekommen, soll Rußland beabsichtige», seinenordfinnischen Grenzen zu berichtigen und einen Teil von RorrlandSchweden abnehmen zu wollen. Daß darin der Eisenerzbezirk ein-geschlossen liegt, das ist für jeden schwedischen„Vaterlandsfreund"selbstverständlich. Als ich aber einem auf die Bude rückte, erklärteer. Rußland würde sicher noch weit südlicher gehen, um nicht nurNarvik, sondern auch Drontheim als eisfreien Hafen zu gewinnen.Der Phantasie sind hier zurzeit keine Grenzen gesetzt.Der Distrikt ist landschaftlich zwar nickt hervorragend, aberdoch fehr schön. Große, weiße Ebenen vom Gebirge eingeschlossen.das vereinzelt Höhen von über 2000 Meter über dem Meere erreicht.Der Winter reicht bis in den Mai hinein und Sommer wird es vorEnde Juni nicht. Die Sonne brennt aber schon jetzt am Mitlagnicht schlecht auf die weiten Schneefelder, ohne ihnen viel anhabenzu können. In der Nacht sinkt die Temperatur auf mindestens20 Grad Celsius, aber auch auf 80 Grad und darunter. Für dieLandwirtschaft ist hier kein günstiges Feld. Getreidebau istgänzlich ausgeschlossen, und obgleich die Vegetation während deskurzen Sommers eine fast tropische sein soll, ist die Landwirtschaftwesentlich auf Viehzucht angewiesen. Dazu kommt die Renntierzuchtder Lappen. die als Nomaden ihren Tieren folgen. Die Wald-Wirtschaft ist hier auch nicht hervorragend, da im Gebirge dieVegetation bald aufhört. Am höchsten klettert noch die Birke, allerdingsin Zwcrgform.Bis vor wenigen Jahrzehnten waren die Lappen mit ihrenRenntieren fast unbegrenzte Herren dieses Landes. 1864 wurden dieErzfunde an die Engländer verkauft. Die Ausbeutung lohnte sichjedoch nicht, so lange keine Eisenbahn den Transport zur Küste be-sorgte. Von Malmberget-Gellivare bis nach Lulea sind 203 Kilo-meter und diese Strecke wurden die Erze früher mit Hilfe von Renn-lieren transportiert. DqS konnte natürlich keine größere Ausbeulungder Erzgruben gestatten. Erst der Eisenbahnbon brachte die Mög-lichkeit der Industrialisierung. In anderthalb Jahrzehnten sindaus den alten Lappendörfern Jndustrieplätze geworden, die mehrereTausend Einwohner zählen und von großer Bedeutung sürdie künftige Entwicklung der schwedischen Jndustne überhaupt gr-worden sind. 1In Malmberget-Gellivare werden jährlich rund eine MillionTonnen Eisenerze für den Export gefördert, in Kiruna. 100 Kilo-meter nördlicher, über drei Millionen. Die Förderung befindet sichin starker Steigerung, seitdem die Gesetzgebung eine größere AuS-fuhr gestattet. Die Kirunagruben gehören zur Hülste dem schlvedi-scheu Staat, zur anderen Hälfte dem GrängeSbergstrust, der auchEigentümer von Malmberget ist. CS bandelt sich hier um daskapitalkräftigste Industrieunternehmen Schwedens. Die neben Kirunaliegenden Eisenfelder von Luosiawara gehören ganz dem Staat,sind aber noch nicht im Betrieb. Die Gruben in Malm-berget konnten wir unter Führung eines Ingenieurs der Ge-sellschaft besichtigen. Die jetzt im Abbau befindliche Erzader hateine Länge von rund 6 Kilometer, die bis auf 800 Meter Tiefegenau untersucht ist. Der Abbau erfolgt einstweilen über Tag.Durch Tunnel im Gebirge sind die Bruchstellen mit der Sortierstelleund der BerladungSstation verbunden. Mit Ausnahme der erstenVerladung an der Bruchstelle erfolgen alle weiteren Verladungs-Prozesse durch Kippvorrichtungen, da eS sich ja immer um denTransport von Berg zu Tal handelt. Die Sortierung selbst erfolgtauf magnetischem Wege. Die Eisenerze werden im großenSortierungswerl an magnetischen Rollen festgehalten, die Granit«und unreinen Stücke fallen ab. Alle Vorrichtungen sind modernsterArt, auch die Arbeiterschutzvorrichtungen sind im wesentlichenmustergültig. Nur im Sorlierwerk, wo auch das Zerkleinern derErzblöcke auf maschinellem Wege erfolgt, zeigt sich eine reichlicheStaubentwickelung: die Absaugung könnte besser geordnet sein. DieArbeitsverhällnisse wurden von dort tätigen Genossen als zufrieden-stellend bezeichnet: die Löhne bewegen sich zwischen 4 Kronen fürweniger gualisiziert» Arbeiter und 8 Kronen für Hauer und Ver-lader usw., alles pro Schicht von acht Stunden. Die Behandlungder Arbeiter durch die Verwaltung in Malmberget wurde als injeder Hinsicht gut bezeichnet, dagegen soll in Kiruna das Verhältnisweniger günstig sein. WohnungS- und Lebensmittelverhältnisse sindhier sehr teuer, die Wohnungspreise haben sogar Berliner Höhe er-reicht, trotzdem Baugrund in überreichem Maße vorhanden ist.Die Lebensmittel müssen größtenteils aus dem Süden desLandes herangeschafft werden. Die Zufuhr ist schlecht organi-siert und die Lebensmittelzölle verteuern die Lebenshaltungder ganzen Bevölkerung einschließlich der Bauern deS ganzen Nord-schweden. Für die Rückständigkeit der schwedischen Lebensmiitel-distribntion ist bezeichnend, daß die Kartoffeln aus Norddeutschlandbilliger nach dem hohen Norden gebracht werden als ans demkartoffelproduzierendcn Mittel- und Südschweden. Ter hier in großenMengen konsumierte Speck wird aus Amerika eingesührr. Mit knapperRot gelang es in der letzten ReichstagSsession, den Zoll auf Speckvon 30 auf 12 Ocre pro Kilogramm herabzusetzen. Die Entscheidungmußte durch das Los herbeigeführt werden, da die Liberalen zumgroßen Teil ihr Freihandelsprogramm verleugneten und mit denproleklionistischen Konservativen für die Beibehaltung des Zollesstimmten. Da Stimmengleichheit vorlag, entschied da« Los, diesmalzugunsten der nordschwedischen Konsumenten.Bisher sind die Eisenerze un verhüttet ausgeführt worden.Inzwischen hat schwedische Jngenicurkunst, im Verein mit den un-ermüdlichen Bestrebungen der Ingenieure anderer Länder, daSProblem der elektrischen Eisen schmelze so weit gelöst,daß dauernde Betriebe bereits eröffnet sind. Die Kirunaerzc sollen,wie mir der hiesige Bergmeister A s p l u n d. ein Parteigenosse undMitglied der Ersten Kammer, mitteilte, sich zur Herstellung phoSphor-armen Roheisens eignen. Im elektrischen Schmelzofen wird nur einDrittel der sonst notwendigen Menge Holzkohle gebraucht. Sobaldes gelimgm sein wird, auf elektrischem Wege mit Hilfe von Kokstritt, erhält Zaber» kein Militär niehr. Die S9er werden in eineandere Garnison verlegt.8. Die Garnisonieruiig der elsaß-lothringischen Rekruten inaltdeutsche Garnisoneir ist in Bälde zu erwarten.Nun fehlt nur noch, daß Dallwitz Statthalter wird und diepreußische Herrlichkeit ist in Elsaß-Lothringen perfekt.Lockrufe für die Nationalliberalen.Mit steigender Inbrunst fleht das Zentrum die Nationallibe-ralen an, den Freisinn seinem Schicksal zu überlasten, um an diestarke Seite des blauschwarzen Blocks zu treten. Diesem Zweckdient auch ein Artikel der„Kölnischen Voltszeitung"(Nr. 320), derden Nationalliberaleu verspricht:„Für sie würde ein Abrücken vom Freisinn keineswegs eineSchwächung zur Folge haben. Denn die Verluste, welche ihnendurch Versagen der freisinnigen Hilfe entstehen könnten, würdenohne Frage mehr als ausgeglichen durch ein Uebereinkommen mit denrechtsstehenden Parteien. Durch ein solches Zusammen-gehen gegen die Linke könnten die National-liberalen eine große Anzahl von Wahlkreisen.die heute sozialdemokratisch oder fortschrittlichvertreten sind, die aber früher vielfach schonnationall iberal� vertreten waren, wieder er-o b e r n, teils in der Stichwahl, teils schon im ersten Wahlgange.Das Gewicht der liberalen Stimmen in der Gesamtheit wäredann wahrscheinlich nicht geringer, als es jetzt ist. Daß dieseRechnung die Wahrscheinlichkeit sür sich hat, zeigt ein Vergleichmit früheren Wahlen."Von dem Verhältnis der Nationalliberalen zu den Fortschritt-lern wird gesagt:„Es läßt sich auf die Dauer nicht vereinbaren, daßdie Nationalliberaien sich als die entschiedensten Gegner derSozialdemokratie betrachten, aber gar keinen Anstand nehme»,immer und überall die Fortschrittler, denen die Unterstützungder Sozialdemokratie das A und Z ihrer politischen Betätigungist, als die gegebenen Bundesgenossen anzusehen. Das Sprich-wort:„Sage mir, mit wem du umgehst, und ich sage dir, werdu bist",, hat doch auch in diesem Falle seine Berechtigung nichtganz eingebüßt. Heute liegen durch die Schuld des Freisinnsdie Tinge so, daß seine Unterstützung eine indirekte Unterstützungder Sozialdemokratie ist."_Merikalismus und Geburtenbeschränkung.Zu den heftigsten Rufern im Streit gegen die Geburten-bcschränkung— man denke an die Kundgebung der FuldacrBischofskonferenz!— gehört der Klerikalismus, und heftig wirdgegen die Sozialdemokratie gewettert, die darin hauptsächlich eineFolge wirtschaftlicher Ungunst und eines gesteigerten Berantwort-lichkeitsgefühls der Massen sieht. Die Zentrumspresse weist gernauf die Geburtenziffern in katholischen Gegenden hin, die viel höherseien als in protestantischen: dabei unterschlägt sie natürlich, daß inden überwiegend katholischen Großstädten, in Köln und vor allemin Aachen, der Geburtenüberschuß in ganz rapider Weise sinkt.Interessant sind nun einige statistische Erhebungen des„AnnaireStatistique de Belgique" über die Verhältnisse in dem f a st völligkatholischen Belgien. Aus ihnen ergibt sich, daß Belgiennebst Frankreich die letzte Stelle hinsichtlich der Geburtenzahl ein-nimmt: 22,9 im Jahre 1911, gegen Frankreich 18,7, Oesterreich 29,4.1912 hatte Belgien noch 28,4 Geburten auf 1000 Einwohner. Voninsgesamt 1 370 778 Ehen in Belgien hatte» 1910 796 231, alsoweil über die Hälfte, höchstens zwei Kinder.— Hat manhierfür auch keine Vergleichsziffern aus Deutschland, so steht dochfest, daß es mit der tindergesegneten„Sittlichkeit" in überwiegendkatholisch beeinflußten Ländern nicht weit her ist. Der außer-ordentlich zahlreiche Klerus in dem kleinen Belgien wird eS sicheran entsprechenden Ermahnungen kaum haben fehlen lassen.Journalisten im Reichsdienst.Die„Post" hält gegenüber einem Dementi der„BerlinerNeuesien Nachrichten" die Keldung aufrecht, wonach in die Presse-abteilung des Auswärtigen Amtes einige Berufsjournalisten einlrctcnsollen. Die„Post" beruft sich auf Rücksprachen, die der Unterstaats-sekretär Wahnschaffe im Reichstag genommen hat.J ein billiges Roheisen herzustellen, wird die Industrie noch einen ganzanderen Ausschwung nehmen.Nicht weit von Gellivare liegen im Lulea-Elf die Porgussälle,die ungeheure Wasserkräfte— man schätzt sie auf 400000 Pferde-stärken— darstellen. Der schwedische Staat baut für 18 MillionenKronen zurzeit die Porgasfälle aus. Zunächst sollen 23 000 Pferde-stärken ausgebeutet werden, montiert wird für die Benutzung von62 300 Pferdestärken. Neben elektrischer Betriebskraft für die Bahnwird die Industrie hier billige Betriebskräfte erhalten und die Absichtbesteht, später auch mit elektrischer Eisenschmelze zu beginnen. Tieindustrielle Entwicklung geht demnach in diesem Bezirke einer großenZukunft entgegen.Diese nördliche Gegend ist eS also, die von den russischenExpansionsbestrebungen bedroht sein soll. Man fragt sich unwilllllr-lick: Was wollen die Russen hier? Erzreichtümer haben sie in ihrenweiten Territorien mehr als sie zurzeit überhaupt untersuchen undausbeulen können. Auch ihre Montan- und Maschinenindustrie hatbei ihrer Rückständigkeit kein Interesse an den hiesigen Erzen. DieAusfuhr geht ja auch gar nicht nach Rußland. Absatz russischerJndustrieprodukte kommt noch weniger in Frage. Für Agrarprodulicwäre eher ein Absatz hier zu finden. Aber dazu bedarf es wirklichleiner Annektion, sondern lediglich besserer Organisation derrussischen Ausfuhr. Für diese Ausfuhr kann der menschenarmeBezirk hier oben aber auch dann keine Goldgrube sein, weilsein Konsum im Verhältnis zu Rußlands Getreideverladungen vielzu gering ist.Es kämen also nur st r a t e g i s ch e Rücksichten in Frage.Worin sollten die bestehen? Aber Rußlands künftige Schlachtfelderliegen nicht im Nordpolgebiet, sondern im Orient, auf dem Balkanund an den südlichen Küsten der Ostsee. Renntiere und Walrosiejagen ist keine lohnende Beschäftigung für das russische Heer. Metcr-liefer Schnee im gebirgige» Terrain, Tausende Kilometer vomZentrum russischer Kraftentfaltung entfernt und 20—30 Grad Kälte,sind auch gerade keine Faktoren, die auf strategische Interessen Rußlands schließen lassen.Aber dieser Bezirk soll angeblich Rußland nach Narvik führen.DaS ist nichts als eine müßige Kombination. Denn die vorhandeneEisenbahn Lulea-Narvik ist zwar für den ErztranSport ausreichendund genügt zur Not dein Personenverkehr in der menschenleeren Ge-gend. Zum Transport großer Armeen kann sie im jetzigen Zustandüberhaupt nicht in Frage kommen.„Die Züge können auf dieiccBahn, die von der schwedisch-norwegischen Grenze bis Lulea 303 Kilo-meter lang ist, nur sehr langsam fahren. Die Fahrt auf der ein-gleisigen Bahn dauert 14'/, Stunden, das ist eine Geschwindigkeitvon 22 Kilometer in der Stunde. Um die 39 Kilometer von derGrenze bis Narvik zurückzulegen, gebraucht man eine Stnnd« 40 Mi-nuten. Diese Strecke geht am Abhänge hoher Felsen mit ewigemSchnee dahin, ein Holzverschlag über der Bahn soll verhüten, daßsie nicht verschüttet wird, wenn die Schneemasien in Bewegungkommen. Für strategische Zwecke ist diese Bahn sicher mibrauckibar.Zudem kann Rußland wohl kaum damit rechnen, diese Bahn in seineHand zu bekommen, denn in, Kriegsfalle würde sie doch sicher sehrschnell zerstört werden, wenn Schweden keine Möglichkeit mehr sehenwürde, sie zu halten.Will Rußland aber eine Bahn nach Narvik bauen, so kommt' esauf leichterem Wege dorthin als durch einen Krieg mit Schweden.Rußland hat vom Endpunkte seiner finnischen Bahnen bis Narvikeine kürzere Strecke zurückzulegen auf dem jetzt ihm gehörendenGebiet, als über Schweden. Aber es ist überhaupt Unsinn, Rußlandzuzutrauen, daß es Milliarden auf diesen Schneefeldern verpulvernwürde. Und um Milliarden handelt es sich bei all diesen Projeft».