dampfersubveationen und Sozialdemokratie. Die Dermpfersubventionen, die die Regierung in diesem Jahre wieder gefordert hat, da der bisherige Subventionsvertrag für die Reichspost-Dampferlmien des Norddeutschen Lloyd am 30. Sep- tcmber dieses Jahres abläuft, gehen glatt durch. Die b ü r g e r- llchen Parteien fordern mehr für die Unterstützung über- seeischer Dampferlinien aus imperialistischen Gründen, und die Sozialdemokratie lehnt sie aus eben diesen Gründen ein- mütig ab. Der Gang der Dinge in dieser Frage ist nicht immer so gewesen. Es hat Zeiten gegeben in der deutschen Geschichte der letzten dreißig Jahre, wo es beinahe umgekehrt zuging, wo die bürgerlichen Parteien Vorlagen, die Tampfersubventwnen verlang- ten, zu Fall brachten oder doch stark beschnitten, und wo große Teile der Sozialdemokratie, ja die Mehrheit ihrer Reichstagssraktion geneigt war, wenigstens jene Dampfersubventionen zu bewilligen, die angeblich lediglich wirtschaftlichen und verkchrspolitischen Zwecken dienten. Seit dieser Zeit sind die ausschließlich kolonial- politischen und imperialistischen Zwecke der Dampfersubventionen immer klarer geworden, so daß aus beiden Seiten, bei den Gegnern wie bei uns, ein Streit ausgeschlossen ist. Trotzdem bleibt die Geschichte dieses Wandels der Dinge lehrreich. Die ersteVorlagezur Unterstützung überseeischer Dampfer- Verbindungen aus Reichsmittcln, also auf Kosten aller Steuer- zahler, brachte Bismarck im Sommer 1884 an den Reichstag . Diese Vorlage scheiterte vor allem an dem oppositionellen Verhalten des Zentrums. Sie blieb in der Kommission unerledigt. Im No- vember 1884 kam die zweite Vorlage /deren Erledigung sich bis zum späten Frühjahr 1885 hinzog. Während dieser zweiten Vorlage kam es zu den bekannten Differenzen in der sozialdemo- kratischcn Fraktion. Die späteren Vorlagen wurden glatt von den bürgerlichen Parteien angenommen, nur gab es noch hin und ivieder kleine Kämpfe mit den Agrariern, die bei den späteren Vorlagen versuchten, Verbote der Einfuhr überseeischer Agrar- Produkte festzulegen. Ten subventionierten Dampferlinien sollte verboten werden, Wolle, Butter, Fleisch und andere landwirtschaft- liche Erzeugnisse einzuführen, damit die Konkurrenz des Welt- Marktes die deutschen Agrarier nicht hindern könne, das deutsche Volk durch Monopolpreise nach Strich und Faden auszubeuten. In- zwischen ist diese gemeingefährliche Absicht der agrarischen Parteien durch die Wuchertarife viel besser erfüllt worden, und sie haben ihre Opposition gegen die Tampfersubventionen fallen lassen. ?luf der anderen Seite ist die Differenz in der Sozialdemo- kratie vom März und April 1885 vollkommen verschwunden, denn, wie gesagt, die letzten Vorlagen, und im besonderen die jetzige, haben ganz zweifelsfrei den Nachweis erbracht, daß diese s u v- ve ntioniertenüber seeischen Da m pfervxrbindun- gen ausschließlich politischen, das heißt imperial! st i s ch e n Zwecken dienen sollen. Die neueste Vorlage hat in ihrer Begrün- dung am wenigsten darüber einen Zlreifel gelassen. An verschiede- nen Stellen wird dort ausdrücklich erklärt, daß die Dampferlinien absolut notwendig seien für die Verwaltung in den Kolonien, für die dauernde Beherrschung der Eingeborenen, für ihre ökonomische Llusbeutung durch den Zwang zur Arbeit. Außerdem wird offen ..hetout, daß die deutsche Flagge sich stets und regelmäßig zeigen müsse, um das deutsche Ansehen in den Kolonien zu wahren und zu � stärken. Das alles kann nian fast wörtlich in der Denkschrift zur neuesten Lorlage lesen. Es wird auch, was unbestreitbar ist, mit Recht darauf hingewiesen, daß cS die anderen kapitalistischen Länder aus gleichen imperialistischen Gründen genau so machen. Tie deutschen Südsee-Schutzgebietc liegen bekanntlich in der englisch -austrolischen Interessensphäre. Dort will da? Deutsche Reich aus politischen Gründen mit seiner Flagge demonstrieren. Im Norden sind eS außerdem die Amerikaner und vor allen Dingen die Japaner, die auf das eifrigste bemüht sind, ihre Interessensphäre im Stillen Ozean immer weiter auszudehnen. Da der Imperialismus in der ganzen kapitalistischen Welt mit den gleichen Mitteln arbeitet, so sächlich durch die Schuld anderer aus den Weg geführt sei, in Saus und Braus zu leben.... Die Alte schüttelte verzweifelt den Kopf. Aber sie habe andererseits ihre Pflichten als Mutter und Hausfrau, er dürfe wohl sagen: voll und ganz erfüllt. In Rück- sich* aus diese Sachlage beantrage er, so schwer es ihm auch falle, eine Geldstrafe von 100 Mark, eventuell 10 Tage Gefängnis. Die Alte schlug die Hände zusammen und schaute starr aus den Staatsanwalt, der sich den Schweiß von der Stirn wischte und seine finstersten Blicke in die Zuschauerecke sandte. Nach einem Stillschweigen von' einigen Sekunden zuckte der Vorsitzende zusammen, räusperte sich sehr laut, woraus auch die anderen Richter die Köpfe hoben, und zog sich mit diesen zur Beratung zurück. Das Ilrteil lautete aus drei Monate Gefängnis wegen Dieb- stahls im Rückfalle. Die Angeklagte fiel in Ohnmacht und wurde von zwei Gerichtsdienern hinausgetragen. Staatsanwalt Stallmann, der entsetzlich unter der Hitze litt, hatte, als er sich setzte, das peinliche Gefühl gehabt, als sei irgend etwas mit seinem Plädoyer nicht in Ordnung gewesen. Verdammt! Sicher hatte er sich ein paarmal verheddert. Er baute zu lange Perioden, das war ihm schon als Referendar gesagt worden. Am Ende hatten gar die Zuschauer gelacht, wie? Dann sollten sie aber... Er warf einen wütenden Blick hinüber, konnte aber nichts er- kennen, zumal da sein Glas von der Hitze angelaufen war. Wäh- rcnd er es putzte, fiel ihm ein, daß er ja noch eine Rede zu halten habe, und er beugte sich schleunigst auf sein Papier, um noch ein wenig zu memorieren. Kurz fassen— Fall ganz klar— trotz anderer Meinung mancher Leute.— Zweifellos sorgenloses Leben— von Hause aus — keine Schätzung für... O, verflucht! unterbrach er sich in Gedanken— just während der Vorsitzende das Urteil verkündete. Das habe ich doch eben schon...? Na ja, natürlich. Das hätte ja nett werden können. Wenn ich nicht so scharf aufpaßte, hätte ich noch mal dieselbe Rede gehalten. Herr du meines Lebens! Aber freilich, die Herren Richter hätten's am Ende gar nicht gemerkt. Die schlafen ja doch. Was haben die wohl auch groß zu tun? Frage und Antwort spielen und Urteil verkünden. Fertig. Na, also los. Fall Anna Kimpel. Diebstahl im Rückfall... Und Staatsanwalt Stallmann memorierte seine zweite Rede. Unterdessen begann schon die Verhandlung gegen die Majors- gatiin. Sie war in der Hauptsache geständig und entschuldigte sich fortwährend mit ihrer Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen. Der Vorsitzende fragte sie teilnehmend nach diesem und jenem. Ob sie sich wohl hierbei oder dabei gar nichts gedacht habe? Ob es ihr sehr schwer falle, aus Luxus und Wohlleben zu verzichten? Sich einzuschränken, falle ihr offenbar ganz besonders schwer? unterstützen auch die australischen, die Zapanischen und die amerika nischen Regierungen direkt oder indirekt ihre Schiffsunternehmcr in diesen Gegenden. In diesem Wettkampfe liegen, wie nicht noch näher nachgewiesen zu werden braucht, die Keime starker internationaler Konflikte. Die frühere Jllnsion, die bis in die sozialdemokratische Reichstags- sraktion hinein 1885 ihre Wellen warf, daß wirtschaftliche und friedlich-verkehrspolitische Ursachen die Dampfersubvcntion notwen- dig machten, ist verschwunden. Diese Illusionen aber waren es, die im Frühjahr 1885 den harten Zusammenstoß in der Fraktion und andererseits zwischen der Fraktion und der Partei hervorriefen. Die Fraktion war zwar auch 1885, genau wie heute, einhellig der Meinung, daß jede kapitalistische Kolonialpolitik von der Sozial- demokratie auf das energischste bekämpft werden müsse; aber inner- halb dieses gemeinsamen grundsätzlichen Kampfes glaubte eine Mehr- heit der damaligen Fraktion, daß einzelne der vorgeschlagenen Dampferlinien mit der kapitalistischen Kolonialpolitik nicht zu- sammenhingcn, sondern nur dem friedlichen Weltverkehr dienten und daher zu bewilligen seien. Aus solcher Auffassung heraus wollte die Mehrheit der Fraktion für die ostasiatische und die australische Linie, mit Ausnahme der Samoalinie, stimmen. Die Voraussetzung aber auch für diese begrenzte Zustimmung sollte überdies in der Bedingung bestehen, daß die einzustellenden Schiffe neue und beste, in Deutschland gebaute, Dampfer seien. Diese letzte Bedingung war ein besonderer Hieb gegen Bismarck , der die Bremer Schiffs- Unternehmer gegenüber den Hamburgern begünstigen wollte. Nun war es aber ein offenes Geheimnis, daß der Bremer Lloyd eine große Flotte älterer Schiffe einstellen wollte, während die Ham- burger Reederei neue Schiffe, und damit neue Arbeit für tauscnde brotloser Schiffsbauer hätte schaffen müssen. Die sozialdemokra- kratische Reichstagsftaktion blieb durch das Verhalten Bismarcks davor bewahrt, ihre inneren Differenzen auch äußerlich durch eine getrennte Abstimmung zu dokumentieren. An der Vorlage von 1885 wurde nichts geändert, und so stimmte die sozial- demokratische Fraktion auch damals geschlossen gegen die ganze Dampfer subvention. Dennoch kam es nun außerhalb der Fraktion, in den Massen der Partei zu sehr lebendigen Debatten, nicht nur über diese Spezialfrage, sondern über die weit wichtigere Frage der Or- ganisation, über das Verhältnis von Fraktion und Partei. Es war die heftigste Debatte über Parteisragen, die während des Sozialistengesetzes stattfand. Ihre letzten Ursachen lagen deshalb auch tiefer als in dieser taktischen Differenz. Das Sozialistengesetz hatte die stetige und klare Verbindung zwischen der Masse der Parteigenossen und den Führern erheblich erschwert, und es konnte nicht ausbleiben, daß dadurch gegenseitige Miß- Verständnisse bei wichtigen und unwichtigen Anlassen auftauchten. Tie Differenzen bei der Bewilligung der Dampfersubventionen waren lediglich die Auslösunn aller dieser längst vorhandenen Spannungen. Die Fackel der Opposition wurde in Zürich erhoben, sowohl von den Parteimitgliedern wie von der Redaktion des ..Sozialdemokrat". Es folgten die aus Teutschland versprengten Genossen in Bern , London , Brüssel, Kopenhagen und dann nicht minder scharf und energisch Leipzig , Rostock , Königsberg und andere Orte. Gegen diese Opposition erließ die Fraktion die be- kannte Erklärung gegen den„Sozialdemokrat", das nicht das Blatt es sei, welches die Haltung der Fraktion zu bestimmen habe, sondern die Fraktion es sei, welche die Haltung des Blattes zu kontrollieren habe. Diese von einem demokratischen Standpunkte aus ganz unhaltbare Auffassung schürte nur die Em- pörung, und es waren nun im besonderen, wie bekannt, die Frankfurter Genossen, die nicht nur gegen die Fraktion, sondern „gegen den ganzen Sumpf des Parlamentarismus" mobil machten. Auf dieser Höhe der Gegensätze kam dennoch sehr bald eine Einigung zustande, wenigstens zwischen Fraktion und Parteiorgan. Es kam die berühmte Einigungserklärnng zustande. Die Fraktion erkannte in ihr an, daß der„Sozialdemokrat" das Organ der Gesamtpartei sein müsse und nur dieser unterstehe, während die Redaktion des Blattes ihrerseits zugav, daß in den Zeiter! des Ausnahmegesetzes, wo die Fraktion die Leitung der Parteiaktion habe, einmal von ihr gefaßte Beschlüsse unterstützt werden müßten. Die Angeklagte, eine stattliche Dreißigerin, bejahte alles, weinte dabei hin und wieder und blickte flehend nach dem Staatsanwalt hinüber, der so finster dasaß und sie gar nicht zu sehen schien, während er von Zeit zu Zeit die Zeugen mit grimmigen Blicken bombardierte. Er war unter der Einwirkung der Gluthitze so ab- gemattet, daß er Mühe hatte, seine Sätze zu behalten. Immer wieder kam er in den Wortlaut seiner ersten Rede hinein. Endlich war die Beweisauftrahme beendet. Die Richter lehnten sich zurück, aber diesmal ohne Zeichen der Schlafsucht. Selbst der mit dem Roman beschränkte sich darauf, von Zeit zu Zeit eine halbe Seite zu lesen. Der Staatsanwalt hatte nicht gemerkt, daß seine Zeit gekommen war. Der Vorsitzende flüsterte seinem Nachbar zu:„Was macht denn der Kollege Stallmann? Schläft doch nicht gar?" „Sicher doch. Kann sich's ja leisten. Was hat er weiter zu tun? Eine Rede zu halten— jchrumm. Das ist alles. Wir dagegen..." „Bitte, Herr Staatsanwalt!" rief der Vorsitzende mit einer unnachahmlichen Mischung von Energie und Liebenswürdigkeit in der Stimme. Stallmann fuhr empor und begann nach dem gewohnten Blick auf seine Feinde im Zuschauerraum und auf den Zeugenbänken seine Rede. Er könne sich diesmal kurz fassen, denn der Fall liege seines Erachtens vollkommen klar. Vorsicht! dachte er an dieser Stelle. Bis hierhin ist die Sache einerlei. Aber jetzt kommt der Wendepunkt. Diebstahl, Diebstahl, Diebstahl! Rückfall, Rückfall. Rückfall! Die Angeklagte verdiene um so weniger Milde, da sie gewiß nicht aus Not, sondern höchstens aus Nachlässigkeit und Bequemlich- keit gehandelt habe. Wenn sie wirklich in Not gewesen wäre, hätte sie sich an den Armenvorsteher ihres Bezirks wenden müssen. Während sich der Staatsanwalt nunmehr über den Begriff Not im allgemeinen erging und jeden Zusammenhang mit dem Falle selbst verlor, weil er schwankend geworden war, welcher Fall eigentlich vorlag, horchten die Richter verwundert auf. Die Auge- klagte betrachtete den Redner auftnerksam durch ihr Lorgnon, und auch die Zuhörer wurden munter. Als Stallmann sich nach einer Weile wieder zurechtgefunden hatte, fuhr er im Texte fort. Selbst aber wenn eine Notlage vorhanden gewesen wäre— wogegen jedoch, um eS noch einmal zu sagen, alle Vernunft spreche— so dürfe die Justiz nicht nach Gefühlen und oberflächlichen Ein- drücken handeln, vielmehr müsse sie sich an den Buchstaben des Gesetzes halten. Daß hierin manchmal eine gewisse Härte liegen könne, wolle er keineswegs bestreiten. Aber sei vielleicht er daran schuld? Nein. Man schelte immer auf die Staaisanwülte. Machten sie denn etwa die Gesetze? Natürlich nichi. Der Staat mache sie. Sozusagen. Damit wolle er keineswegs den Unzufriedenen geraten haben, auf den Staat zu schimpfen.■ Im Gegenteil. Und überhaupt wolle er nur ganz im allgemeinen,».. _ Damit war der Zwist ausgelöscht, aber die Nachwehen machten sich noch sehr lange bemerkbar und selbst bürgerliche Preßorgane wurden zu ihrer Austragung benutzt. Zum Glück für die Partei hat die historische und ökonomische Eniwickelung den letzten Rest dieser Gegensätze ausgemerzt. Wie'heute kein Streit mehr ist. daß die ausführenden Organe in normalen Zeiten nur die Vollstrecker des Willens der Masse sein dürfen, so ist auch eine sozialdemokra- tische Bewilligung von Tampfersubventionen durch die imperia- listischc EntWickelung aus der Welt geschafft. Ein Regimentsbefehl. Mein militärisches Pslichtpensum absolvierte ich seinerzeit bei einem Regiment in Straßburg i. E., dessen damaliger Kommandeur, Oberstleutnant G., ein sonderbarer H— err war. Er ritt auch die feurigsten Pferde, welcher Umstand nicht selten die Ursache er- hciterndcr Intermezzos gewesen ist. So stand eines Tages das Regiment in schönster Paradeaufftellung auf dem Polygon, und kaum war das Kommando„Stillgestanden" dem Munde des Herrn Obersten entflohen, als sein scharrender Rappe in Verachtung jeder Disziplin hochausbäumend Kehrt machte, und„fort ging's in sausendem Galopp, daß Roß und Reiter schnoben", zur großen Be- stürzung der Offiziere und zum riesigen Vergnügen der Mann- schaffen. Bald war der Herr Oberst im Nebel des Horizonts der- schwunden, und am selben Morgen kehrte er auch nicht mehr zu seinen„Leuten" zurück. Ter Herr Oberst hatte aber auch noch andere Eigenschaften, die bei seinen Truppen gegebenenfalls weniger angenehme Empsindun- gen auslösten. Von der Kunst der Aerzte hielt er nicht viel und als Allheilmittel galt ihm das Wasser. Alle Krankheiten, ob innere oder äußere, wichen nach seiner für das ganze Regiment natürlich maßgebenden Auffassung der sachgemäßen Behandlung mit Wasser. Vor allem aber erschien ihm erforderlich die richtige Abhärtung des Mannes. Eine solche aber vermochte nur der Dienst zu voll- bringen. Wasser und Dienst, das waren für den Herrn Obersten die besten Mittel, um den Gesundheitszustand der Leute auf dem Höhepunkt zu erhalten. Als deshalb im Sommer 18.. infolge der großen Hitze, der anstrengenden Märsche und des schweren Dienstes viele Leute den Strapazen unterlagen und erkrankten, erließ der Oberst folgenden Regimentsbefehl: Regimentsbefehl vom 27. Juli 18.. Von morgen ab tritt zur A b h ä r t u n g der im Revier resp. schonungskrank gewesenen Leute nachstehende Maßregel ein: Jeder schonungs- oder revierkrank Gewesene exerziert an soviel Tagen zwei Stunden extra mit Gepäck zu Fuß, als er im Revier resp. scho- nungskrank zugebracht hat. Da» Exerzieren gcschiedt nur an den Nachmittagen des Mittwochs und Sonnabends und zwar vorläufig bei der jetzigen Witterung des Abend» von 8 bis 8 Uhr auf der„Esplanade".— Die zu diesem Exerzieren Heran- zuziehenden sind bataillonsweise gesammelt einem Unteroffizier, der vom Bataillon zu bestimmen ist und an diesen Nachmittagen im übrigen dienstfrei zu bleiben hat, zu unterstellen. Die Leute exerzieren au den beiden ersten dieser Ererziertage, also� einem Mittwoch und einem Sonnabend, mit Paradegepäck, die übrigen Tage mit vollem Gepäck, wobei es keinen Unterschied macht, daß gleichzeitig Leute mit Paradegepäck und solche mit vollem Gepäck zusammenexerzieren. Die Kompaginen haben zur Kontrolle über die Leute Buch nach beifolgendem Schema zu führen. gez. G... Oberstleutnant und Regimentskommandeur. Die Härte und Ungerechtigkeit dieser Maßregel läßt sich de« urteilen, wenn man bedenkt, daß alle diese Leute auf Grund ärzt- licher Untersuchung als schonungs? bzw. revierkrank befunden wor- den. Drückeberger also nicht darunter waren, und daß sie, kaum genesen, von neuem Strapazen unterworfen wurden, denen selbst der gesundeste und kräftigste Soldat am liebsten aus dem Wege geht. Denn mit gepacktem„Affen" im Sonnenbrand stundenlang „langsamen Schritt" zu üben— das beliebteste AbhärtuPsmittel des Herrn Obersten—, ist eine Tortur. Daß diese Abhartungs- Methode das Gegenteil des beabsichtiglen Zweckes bewirkte und daß Dem Staatsanwalt wurde immer schwüler. Es herrschte aber auch eine tropische Hitze im Lokal. Er fühlte, daß er schleunigst ein Ende machen müsse. Diebstahl! Rückfall! schwebte es ihm vor. Es komme für ihn nur eines in Frage. Das Mindestmaß für das vorliegende Verbrechen zu beantragen, könne er sich mit Rücksicht auf die näheren Umstände, die ja in der Verhandlung zur Genüge erörtert worden seien, nicht entschließen. Dagegen be- trachte er sechs Monate Gefängnis als eine hinlängliche Strafe. Stollmann setzte sich, wischte den Schweiß, warf Blicke und ließ sich vom Gerichtsdiener ein Glas Wasser bringen. Die Majorin war schyn ohnmächtig geworden, aks sie vom Mindestmaß hörte. Die Richter hatten atemlos gelauscht. Jetzt berieten sie. Man war sich einig, der Staatsanwall müsse unter der Hitze leiden. „Soll er sich doch krank melden!" warf der Romanleser ein. „Er ha5 gestern abend eine ganze Bowle alleine erledigt." „Aha! Wir müssen ihm eine Warnung erteilen," sagte der Vorsitzende.„Ich denke, Freispruch, was?" „Vielleicht lieber'ne Kleinigkeit zahle» lassen." „Schön." Das Urteit lautet auf 200 Mark Geldstrafe oder 20 Tage Hast. Die Majorin zog strahlend ab. Beim Hinausgehen, auf der Freitreppe, holte der Borfitzend« den Staatsanwalt ein und sagte in väterlichem Tone: „Schonen Sie sich, lieber Kollege.' Sie nehmen Ihre Arbeit zu ernst." „O, bitte," sagte Stallmann.„Man kennt doch seine Pflicht." Moral. Äört doch die Entrüstung wem« In der ,, Norddeutsch-Allgemeinen-; Äiminelhagelsackerlot! Dies infame Spekulieren Muß ja die Moral skalpieren! (And sie wurde beinah rot.) Was? Die sich vom Schaffen drücke«� Sollen fette Früchte pflück«, Sacken frech den Mehrwert ein? Pfeu!.Hier gründliche Aktionen! Weiße Bienen, schwarze Drohnen— Kann denn dieses preußisch seilt? And es schnarrt und kratzt die Fed «, And die Bonzen ziehn vom Leder, And es gellt: Gerechtigkeit!
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