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Nr. 140.

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31. Jahrg.

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Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutfchlands.

Redaktion: S. 68, Lindenstraße 69. Fernsprecher: Amt Meritplats, Nr. 1983.

Hochverrat.

Man kennt die nicht üble Definition von Unfittlich. Un­sittlich ist, wenn es jemand sieht." Ganz ähnlich läßt sich der nicht minder kautschukartige Begriff des Hochverrats umschreiben.

Montag, den 25. Mai 1914.

Expedition: S. 68, Lindenftraße 69. Rerniprecher: Amt Moritplat. Nr. 1984.

sehen, wie sie wollen oder können für uns heißt die flare und heißblütigsten elsässischen Nationalismus gestellt hat, ist auch ans eindeutige Losung: Hand von der Butter! nicht sonderlich sympathisch, aber sein Buch Mon village", wie es

Während aber Essad Pasch as Verhaftung Spalten um das Kolmarer Landgericht getan hat, als eine Hochverräterische Spalten der europäischen   Presse füllt, fräht tein Hahn mehr nach Handlung anzusehen, heißt juristisch ganz und gar daneben greifen der Festnahme ziveier Hochverräter", deren sich die deutsche Kolo- und politisch mit Kanonen nach Spazen schießen. Mit Gewalt die nialverwaltung bemächtigt hat: der Dualas Duala- Manga Verfassung des Deutschen Reiches ändern wollen, was das Kriterium und Ngogo Din. Diese Wortführer eines Negerstammes, den des Hochverrats ist, das trifft sicher weit eher auf die militärischen man wider Recht und Gesch und wider ein ausdrückliches Ver- Machthaber von Zabern   mit ihren Pandurenfellertaten als auf sprechen von seinen Wohnpläßen enteignet, sollen mit hochverräteri- a I mit seinem Kinderliedchen zu: schen Plänen schwanger gehen und die Schwarzen des Schutzgebiets zum Aufstand anzustacheln streben. Aber ach! die Sache liegt jo ziemlich umgekehrt. Nicht weil die Dualas auf alte Buschmanier zur Flinte und zur Lanze gegriffen und den Kriegspfad gegen die Deutschen   beschritten haben das wäre gewissen Kreisen vielleicht sondern weil sie mit Rechtsbegriffen ge­

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Cigogn', Cigogn', t'as d'la chance Tous les ans tu pass's en France Cigogn', Cigogn', rapport' nous Dans ton bec nu p'tit piou- piou!

... Hochberrat ist, wenn der andere die Macht Behält." Denn in der Tat gibt es kein politisches Verbrechen, das mehr politisch und weniger Verbrechen wäre als der Hochberrat. Was heute Hochverrat ist, kann die legitime Ordnung von morgen sein. Als der kleine Manuel sich noch im Sonnenschein von Lissabon   seines Lebens freute, waren die Republikaner   gottverfluchte Hochver. räter. Aber mit dem Augenblick, da Manuel zu Schiff nach Eng land war, avanzierten die Republikaner   zur Regierungspartei, und wer heute in Portugal   seinem gepreßten Herzen mit dem Ruf: gar nicht so unlieb! ( Storch, Storch, Du hast es gut, gehst jedes Jahr nach Frank­ Es lebe der König!" Luft macht, afkurat der ist ein Hochber- arbeitet, weil sie sich auf die Gefeßlichkeit berufen, und im be- reich. Storch, Storch, bring uns in Deinem Schnabel eine Rot­räter. Solange Abdul- Hamid   im Besitz der Macht war, behandelte fonderen, weil sie sich an den Reichstag   gewandt haben: deshalb hose mit!) er die Jungtürken   als Hochverräter, ließ sie gern in einen Sad sind sie gemeingefährlich, deshalb gelten fic als Hochverräter und Wem darum an einer wirklichen Ueberbrückung der Gegensäße vorausgesetzt, daß er sie hatte! und im Bosporus   werden, sofern nicht alles täuscht, von den unkontrollierbaren Ge- in den annektierten Provinzen gelegen ist, muß wünschen, daß der versenken, wo er am tiefsten ist. Als die Jungtürken   aber oben richten in Kamerun   als Hochverräter abgeurteilt werden, wenn nicht Oberreichsanwalt so schnell wie möglich den Mizgriff der Kolmarer auf waren, erkannten sie, daß eigentlich Abdul- Hamid   der Hoch- die öffentliche Meinung in Deutschland   sich für sie ins Zeug legt. Richter wieder gut macht und Walz außer Verfolgung setzt; denn verräter sei, und sperrten ihn in einen festen Käfig ein. Zn Aber was liegt der bürgerlichen Presse daran, ob im fernen Afrika   dieser Hochverratsprozeß wegen einer Nichtigkeit würde nur den Deutschland   ist heute die sozialdemokratische Partei, deren Ver- unter der schwarz- weiß- roten Flagge das Recht mit Füßen getreten Chauvinisten hüben wie drüben Wasser auf die Mühlen leiten. treter im Reichstag nicht einmal beint Kaiserhoch die Bänke lüften, wird und ob ein paar Schwarze zu Unrecht ausgepeitscht oder auf­die hochverräterische Partei par excellence, und jeder Oberstaats- gehängt werden! anwalt schnaubt sie an:

nähen

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Dein Odem schon ist Hochberrat

und Majestäteberbrechen;

aber wenn einmal das Opernhaus in Berlin   fein Hofopernhaus mehr sein wird doch stille hierbon! Wenden wir uns drei Hochberratsfällen zu, die in den letzten Tagen weithin die Auf­merksamkeit erregten.

In festgefügten Staaten, bei Regierungen, die sich auf das Vertrauen breiter Volksschichten stüßen, zittert man nicht vor Hochberrätern. Der König von Ulster", Carson, mit seinen be­waffneten Scharen und seinen Maschinengewehren, bedroht nicht die Sicherheit des britischen   Reiches. Aber die Neger Duala= Manga und Ngogo- Din mit ihrer Beschwerde an den Reichs. tag und der Elsässer Walz mit seinen Zeichnungen, sie rütteln erschrecklich an den Grundfesten des Deutschen Reiches  . Glückliches

Selbst die bedenkliche Verhaftung des Elsässers Walt altas Hansi in Kolmar   und seine Ueberweisung an das Reichsgericht in Leipzig   wegen angeblichen Sochperrats ist ja mit Gleichgültig feit aufgenommen worden. Und doch bandelt es sich auch hier um eine Ungeheuerlichkeit, die sicher ein Erzeugnis des neuen Nurses in Elsaß- Lothringen  , der Aera Dallwit ist. Der Zeich ner Walt, der sein nicht übermäßiges Talent in den Dienst des England! Armes Deutschland  !

Potpourri vom Titelschacher.

General von Lindenau.

Von Karl Liebknecht  .

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Iberöffentlichten Dokument vom 20. April 1913 in Frage stehende. Hier sollte für die runde Summe von 25 000 Mart zugleich einem noch sehr jugend­lichen Berliner   Arzt der Professortitel und einem Provinzkaufmann der Kommerzien­ratstitel verschafft werden.

Der erlauchteste dieser Hochverräter ist Essad Pascha   in Albanien  . Daß in der albanischen Pflanzenwelt der Hochberrat üppig gedeiht, nimmt niemanden wunder; denn je wadliger ein Staat ist, je unsicherer sich eine Herrschende Schicht fühlt, je weni­ger sie auf das Vertrauen der breiten Volksmassen bauen kann, desto argwöhnischer späht sie nach den Dolchen im Gewande, desto eifriger spürt sie nach Hochberrat und Hochverrätern. Albanien  nun ist überhaupt kein Staat, die" Dynastie" hat ihren Thron auf einem rauchenden Vulkan aufgeschlagen und außer ein paar be­zahlten Sawassen und Gendarmen hat sie nichts hinter sich. Da Die Nationalzeitung" vom Sonnabend kündigt an, daß sieht sie Hochberrat in jeder Geberde, Hochverräter an jeder die Staatsanwaltschaft unter Umständen" gegen den Straßenede. Denn es ist feineswegs zweifelsfrei, ob Gijad Vorwärts" und mich Anflage wegen verleumderischer Bascha ein Hochverräter nach den juristischen Paragraphen eines Schmähung des Andenkens des geschäftstüchtigen Generals in Albanien   noch gar nicht existierenden Strafrechts ist. Nicht Wut, mit der der Kriegsminister und der General Wild zu bei seinen Geschäften zuweilen gelehrige Schüler gewonnen aus§189 des Strafgesetzbuches erheben werde. Trotz der Nicht uninteressant ist es, wie General v. Lindena it als ob wir für seine Unschuld die Hand in ein noch so mäßiges Hohenborn auf meine erste Witteilung über den Fall Lindenau   hat. Wir liegt der Beweis dafür vor, daß ein Berliner  Feuer legen möchten. Denn dieser in jedem Fall gerissene Gauner Lim Reichstag reagierten, ist es leider recht zweifelhaft, ob die Arzt, der um des Professortitels willen mit v. Lindenau hat im wörtlichen wie im übertragenen Sinn niemals ein reines Staatsanwaltschaft einen solchen Schwabenstreich verüben in Verbindung getreten war, sich alsbald auch mit Feuereifer Hemd gehabt. Spikel für Abdul Hamid  , Verschwörer gegen Abdul wird. Es sind ja inzwischen über diesen Günstling des der Titelvermittlung widmete. Hamid, Berteidiger von Skutari, Auslieferer von Stutari er deutschen Kaisers auch in der staatserhaltenen Presse noch recht waren seine Preise anscheinend sehr hoch, da er Allerdings hat eine recht üble Führungsliste, und als er dem braven Brin- erbauliche Dinge ans Licht gefördert worden. Mit aller Be- für einen Kommerzienratstitel 65 bis 70 000 Mark bean­zen zu Wied im Schloß zu Neuwied   den Treueid leistete, da stimmtheit verlautet, daß der General seinen Geldspruchte. hätte er, wie weiland Talleyrand   vor Louis Philipp gebern innerhalbietnes Machtbereichs beim Nach dem mir vorliegenden Material dürfte sich die lächeind sagen können: Sire, das ist der Dreizehnte!", der drei Abschluß von Verträgen mit der Militär- Version, daß General v. Lindenau zwar Titelschacher und der­verwaltung Vorteile zuzuschanzen suchte, gleichen versucht, aber keine Erfolge erzielt habe, nicht wohl Wer auf der Gruppenaufnahme, die und zwar, wie es scheint, nicht ohne Erfolg. In Trier   aufrecht erhalten lassen. tamals durch die illustrierten Blätter Deutschlands   ging, diesen Fursieren darüber Gerüchte, die man als abenteuerlich bei Essad mit einem lauernden Banditengesicht und in sprung Seite schieben würde, wenn nicht das Abenteuerliche gerade Der Reichsverbandshäuptling Dr. Ludwig. bereiter Stellung neben dem zukünftigen Fürsten stehen sah, konnte in diesem Fall das Normale märe. fich des Gedankens nicht erwehren, er sei nur nach Neuwied   ge- Jedenfalls steht unum stößlich fest, daß tommen, um die Silberschäße des Schlosses zu tagieren und danach die schneidige Erzsilenz mit halbdunklen später das Lösegeld für den Moret zu benreffen. Trotzdem wurde und ganz dunklen Geschäftsleuten der ber dieser Berschwörer von Beruf geehrt und gefeiert, vom österreichischiedensten Art, insbesondere in Berlin  , in schen Kaiser in Audiens empfangen und mit dem Großkreuz des langjähriger intimster Geschäftsverbin­Franz- Josef- Ordens behängt. Drei Monde später wird derselbe Tode, und daß er eine Menge Vermittler in dung gestanden hat, und zwar bis zu seinem Esjad mit österreichischen Kugeln beschoffen und auf einem öfter- Ordens- und Zitelfachen an der Hand ge­reichischen Kriegsschiff als Häftling interniert. Nun scheint aber habt hat.

zehnte Meineid nämlich.

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Dr. Ludwig bei der dem Reichsverband nahestehenden Wie der Vorwärts" bereits gestern erwähnte, hat Presse einen Rechtfertigungsversuch unternommen. Seine Erklärung lautet:

Die in Nr. 36 des Vorwärts" veröffentlichte Ent­hüllung von Karl Liebknecht   hat mit dem Reichsverband gegen die Sozialdemokratie" nicht das mindeste zu tun. Ich selbst habe aus Gefälligkeit natürlich nur als Privatmann und nicht als zweiter Beamter des Reichsverbandes auf Wunsch eines mir bekannten Arztes Erkundigun­gen eingezogen, ob es wohl möglich sei, ihm den Pro­fessortitel zu verschaffen. Die mir gegebene Auskunft habe ich auf Grund stenographischer Notizen gutgläubig weitergegeben. Mir stiegen aber hinterher 3 weifel über die Richtigkeit auf, und ich überzeugte mich, daß die Angaben unzutreffend waren. Ich habe daher in der Sache nichts mehr getan, die Beziehungen abgebrochen und weder einen Pfennig Vermittlungsgebühr gefordert, noch empfangen. Der betreffende Arzt hat auch den gewünschten Titel nicht erhalten. 3. 3t. Dörfel b. Reichenberg   i. Böhmen  . Dr. Ludwig."

Ihren Brief erhalten teile ich Ihnen zunächst mit, daß ich überhaupt nicht das Geld aus der Hand von Herrn Dr. sondern von dem mit Vollmacht ausgestatteten Herrn erhalten habe. Quittung und alles ist vorhanden. Ich habe 3000 Mart zu wenig hetommen, bereits schwere Kämpfe darum gehabt und tann Ihnen das nur münd­Die Jämmerlichkeit dieses Rechtfertigungsversuches be­lich auseinanderseßen, wenn ich im Juni einmal nach Berlin   darf feines meiteren Kommentars. In tatsächlicher Be tomme. Wenn damals aus der Sache nichts wurde und ich das

der Bauernaufstand in Mittelalbanien, der seine Wellen bis vor Hier sei noch ein Brief, dessen Original sich wiederum die Tope von Durazzo   schlägt, sich eher gegen die großen Feudal- in meinen Händen befindet, wörtlich wiedergegeben: herren vom Schlage Essads zur richten, als von ihnen ange­Trier, 22. Mai 1912. stiftet zu sein, und bei den Ereignissen in dem Residenzdorf selber Berehrter Herr! scheint es sich wirklich um eine Verfnotung österreichisch- italienischer Streitigkeiten zu handeln: Essad Pascha   der Vertrauensmann der italienischen Ansprüche und von den Oesterreichern aus seiner Stellung herausmanöveriert darauf mag das Ganze hinaus­laufen. Aber sei dem, wie es will, die flehentliche Bitte des wadelnden Mbret, internationale Truppen von den in Skutari stehenden Detachements zu seiner Unterstüßung nach Durazzo   au entsenden, stößt hoffentlich bei der deutschen   Regierung auf harte Ohren. Durazzo   ift ift ein heißer Boden. Ga regnet jezt dort beträchtlich Kugeln. Und cin unfaßbarer, ein unerträglicher Gedanke wäre es, wenn auch nur einer deutschen   Mutter Sohn wegen dieser unglückseligen Kunstschöpfung b. Lindena u. Albanien   ins Gras beißen müßte. Mögen sich die Arnauten mit Dieser Brief bezieht sich, wie ausdrücklich hervorgehoben ihrem Mbret und der Möret mit seinen Arnauten auseinander- sei, auf eine andere Angelegenheit als die in dem bereits

ganze Geld zurüdzahlen mußte, so lag das daran, daß Herr... auf Anraten seiner Frau auf die ganze Sache auf Anraten seiner Frau auf die ganze Sache

berzichtete.

Achtungsvoll

ziehung sei bemerkt, daß Dr. Ludwig an den be­treffenden Aratherangetreten ist, nicht um­gefehrt, und daß die Behauptung, er habe sich von der Unrichtigkeit der Angaben" überzeugt und daher in der Sache nichts mehr getan, eine blanfe 11nwahrheit ist. In meinen Händen befinden sich drei Briefe des Dr. Ludwig über die gleiche Angelegenheit und an den gleichen Adressaten, einer vom 5. September 1911, ein zweiter