London , 18. August.(SS. T. B.) Das Abendblatt � S t a r � schreibt über den Aufruf für die allgemeine Wehr» Pflicht, der am Tage nach der Registerzählung von.Tim ei' und„Daily Mail* veröffentlicht wurde und unter anderen von Lord Northcliffe unterschrieben ist: Zunächst fällt auf, daß der Name des Sekretärs des neuen Vereins nicht genannt wurde, da die ehrenamtlichen Sekretäre englischer Gesellschaften für sich persönlich große Reklame zu machen pflegen. Aber die Adresse ergibt, daß der Sekretär ein gewisser Journalist G u r n o ck ist, der bereits viele Booms der Northcliffepresse organisiert hat und dessen Name unzertrennlich mit der berühmten Reklame für Northcliffes Standardbrot,.Daily Mails* ideales Wohnhaus und für den Anbau von Schoten usw. verknüpft ist. Demnach ist es klar, daß es sich um ein neues Manöver Northcliffes handelt. London , 18. August.(W. T. B.).Daily News* meldet, der Allgen: eine GeWerk schastsverband sei ein ent- schieden er Gegner der Wehrpflicht, lveil sie billige Soldaten und billige Arbeit bedeute. Die Volksstimmung in Italien . Aus Rom wird uns geschrieben: .In der deutschen und österreichischen Presse zirkulieren die merkwürdigsten und phantastischsten Gerüchte über die Seelenver- sassung, in der das italienische Volk den Krieg über sich ergehen läßt. Man spricht von einem Verstärken der republikanischen Be- wegung, das seinen Ausdruck in der Berufung Barzilais ins Mi- nisterium finden soll, von Massendemonstrationen gegen den Krieg und von ähnlichen Dingen mehr. Diese Sachen sind ganz aus der Luft gegriffen: wem zur Freude und zum Nutzen wissen wir freilich nicht zu sagen. Im großen ganzen nimmt man in Italien den Krieg mit großer Ruhe hin, was sich besonders bei den Ver- lusten der Marine gezeigt hat. In Privatgesprächen stößt man wohl hier und da auf übertriebene Berichte über. Verluste, aber das Ende ist fast immer, daß auch die Schwarzmaler sagen: wir müssen aus, halten bis auf den letzten Mann. Von Unzufriedenheit mit der Re- gierung ist nichts zu spüren: wie überall zeitigt auch hier der Krieg eine Verstärkung der konservativen und dynastischen Strö- tnungen. Unzufrieden war man mit der Bevorzugung von Be- amlen, solange diese gleichzeitig ihr militärisches und ihr bürger- liches Gehalt bezogen; der Mißstand wurde aber schnell abgestellt. Unzufrieden ist man mit der ungleichen Befolgung des Dekrets über das Kriegsbrot, das in einigen Städten gar nicht mehr be- achtet wird, so daß flott weiter weißes Brot verkauft wird. Unzu- frieden ist man mit der Steigerung der Lebensmittelpreise, die für Fleisch sehr fühlbar ist, aber man macht sich klar, daß hier eine unvermeidliche Folge des Krieges vorliegt. Der Grundton wird aber hier wie in allen kriegführenden Ländern durch die Auffassung gegeben, daß der Krieg beim besten Willen der Re- gierung nicht vermieden werden konnte und daß man einen günstigen Ausgang erwarten kann. Bemerkenswert ist, daß die öffent- liche Meinung sich nie den Illusionen hingegeben hat, die die Presse ihr vor der Kriegserklärung einzuflößen suchte, daß nämlich Italiens Eingreifen ein schnelles Ende des Weltkrieges mit sich bringen würde: man war von Anfang an und ist noch heute auf einen langen Krieg gefaßt und vorbereitet.* (Wir glauben, daß dieser Bericht mehr die Stimmung in bürgerlichen Kreisen als die des V o l k e S wiedergibt. Die Haltung und Berichte des„Avanti* und andere uns zugängliche Informationen deuten jedenfalls auf eine mehr kritische und skeptische Auffassung der breiten Massen.) Die türkische Einwilligung zur Abreise üer Italiener widerrufen. Rom , 18. August. (W. T. B.) Meldung der Agenzia Stefans.„Giornale d' I t a l i a" erfährt aus Bukarest , daß die Pforte ihre Einwilligung zur Abreise der Italiener widerrufen hat. Zahlreiche Italiener, die auf den Augenblick warten, sich in Beiruth, Jaffa , Mersina und Alexandrette einzuschiffen, sowie die italienische Kolonie in Smyrnq mit 700 Reservisten konnten nicht abreisen. Das Blatt fügt hinzu: Diese Nachrichten, deren Richtigkeit wir prüfen konnten, indem wir uns an unterrichteter Stelle in- formierten, sind von auherordentlichem Ernst. Die Frage der italienisch-türkischen Beziehungen wird wieder gefährlich. Unsere Geduld und Langmut brechen sich an der Untreue und den Herausforderungen der Türkei . Das Blatt schließt: Das Maß ist wahrhaft voll. Wir haben ernste Gründe zu glauben, daß die Regierung eine tatkräftige und ent- schiedene Haltung gegenüber der Türkei einnehmen wird, um Dingen ein Ende zu bereiten, welche Italien nicht dulden kann. Türtische Seurteilung üer Dalkanlage. Konstantinopcl, 18. August.<W. T. B.) In Besprechung der abschlägigen Antwort Griechenlands auf die letzte Note des Vierverbandes drücken die Blätter die Ueberzeugung aus, daß Griechenland für den Vierverband endgültig verloren ist und daß die Zurückweisung seiner Vorschläge das Scheitern der letzten Versuche des Vierverbandes darstellt, Bulgarien auf seiner Seite in den Krieg hineinzuziehen und den Balkanblock wiederherzustellen.„Turan* fügt die Bemerkung hinzu: W a S jedoch der Vierverband nicht zu erreichen vermochte, werden die Dreibund mächte Deutschland , Oester- reich-Ungarn und die Türkei zu verwirklichen im- st a n d e sein, für die es keine Schwierigkeit bieten wird, die mazedonische Frage zu lösen, da sie weder die Interessen Serbiens noch Italiens berücksichtigen müssen. Daher kann uns die Antwort Griechenlands von allen Gesichtspunkten aus Befriedigung ge- währen. Wilson zur mexikanischen Intervention entschloj?'en! Paris , 17. August. (W. T. B.) Der Berichterstatter des„Petit Journal* in Washington meldet, Präsident Wilson sei entschlossen, in Mexiko einzu- schreiten, um die verworrene Lage zu beenden. Wilsons Plan sei, Madero als provisorischen Präsidenten einsetzen zu lassen. Dieses Provisorium würde von den ABC-Staaten und den Vereinigten Staaten anerkannt werden. Dann soll ein neuer Präsident gewählt werden. Während der Wahlperiode soll Waffenstillstand herrschen. Die verschiedenen mexikanischen Parteien sollen sich verpflichten, die provisorische Regierung zu achten und nötigenfalls zu verteidigen, wogegen die Vereinigten Staaten finanzielle und moralische Unterstützung zusichern. Für die Parteien, welche sich dieser Lösung nicht anschließen wollen, werden die Vereinigten Staaten die Waffenausfuhr verbieten. Ter Sondergesandte Wilsons in Mexiko versucht augenblicklich diese Lösung durchzusetzen. Die Unterhandlungen in Washington dauern fort.
Die Krauen rufen öen Reichstag an. Wohl niemals ist die politische Rechtlosigkeit der Frauen von ihnen so bitter empfunden worden, als in der gegenwärtigen Zeit des Weltkrieges. Bei der Beratung der großen Fragen der äußeren Politik, von deren Lösung das Schicksal unseres Volkes und insbe- sondere des schwerleidenden Proletariats abhängt, bei den wichtigen Fragen der inneren Politik, insbesondere bei der Fürsorge für die Kriegerfamilien, für die Wöchnerinnen und nicht zuletzt bei der Frage der Lebensmittelversorgung sind die Frauen ausgeschaltet. Im Reichstag wird unsere Stimme gehört; deshalb wenden wir uns hiermit an den Reichstag , ihn zu beschwören, für wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der unerträglichen Lebensmittel- teuerung einzutreten. Das anerkennenswerte Vorgehen verschiedener General- kommandos gegen den Lebensmittelwucher, der Erlaß des preußi» schen Handelsministers an Händler und Produzenten,„sich mit an- gemessenen Preisen zu begnügen und den Krieg nicht als Kon- junktur auszunutzen*, die Brandmarkung des Lebensmittelwuchers als„Verbrechen am Vaterlande" durch den sächsischen Minister des Innern mutz ergänzt werden durch die Festsetzung niederer Höchst- preise für die wichtigsten Lebensmittel und deren Beschlagnahme durch das Reich und die Gemeinden, wenn eine Besserung hevbei- geführt werden soll. Es kann nicht angehen, daß weite Schichten der Minder- bemittelten bittere Not leiden, die Unterernährung weiter und weiter um sich greift, die Gesundheit der Betroffenen Schaden leidet und die Verbitterung sich in ihre Seelen frißt, während be- stimmte Interessengruppen aus den enorm hohen Lebensmittel- preisen ungeheure Profite ziehen. Wenn im Jahre 1914/13 allein am Roggen reichlich 300 Millionen Mark mehr verdient wurden, als durchschnittlich in den Jahren 1911, 1912 und 1913, wenn die Mühlenindustrie bei einer Spannung zwischen Korn- und Mehlpreisen von 183 bis 222 M. pro Tonne Weizen und Roggen Riesenprofite einsteckte, wenn Kar- toffel-Engroshändler durch den Umsatz von nur 300 000 Zentnern Kartoffeln über Nacht Millionäre wurden, Wurst- und Fleisch- fabriken bei einem Aktienkapital von 300 000 M. einen Brutto- gewinn von über 1 Million buchen konnten, so ist das und vieles andere mehr eine„Ausnützung der Kriegszeit als Konjunktur", wie sie rücksichtsloser nicht gedacht werden kann. Zu den Preistreibereien im Fisch-, Bier-, Gemüse-, Butter-, Käse- und Zuckerhandel ist neuerdings fast überall die besonders zu verurteilende Preissteigerung der Milch getreten, die eine schwere Schädigung der Kranken und der Säuglinge bedeutet, aber auch sonst die minderbemittelte Bevölkerung schwer trifft, sie in höherem Matze zum Verzicht auf ein besonders nahrhaftes Nahrungsmittel zwingt. Nicht allein die Rücksichtnahme auf Wohlergehen, Leben und Gesundheit der Besitzlosen erfordert ein kräftiges Einschreiten gegen dieses böse Treiben, sondern ebenso sehr das Interesse der Gesamt- heit. Diese kann und darf nicht leichten Herzens zusehen, wie durch steigende Unterernährung ihre Arbeitskräfte geschädigt und der junge Nachwuchs in der Entwickelung gehemmt wird; ganz abgesehen von dem moralischen Schaden, der entsteht, wenn sich im Volksbewußtsein die Vorstellung festsetzt, daß die Lebensmittel- Wucherer ungehindert, wenn auch hier und da etwas gehemmt, ihr Handwerk fortsetzen können. Wer gegen diese schlimmen Begleiterscheinungen des Krieges kräftig die Geißel der Kritik schwingt, vollbringt ein äußerst ver- dienstvolles Werk. Die sozialdemokratischen Frauen erwarten deshalb auf das bestimmteste vom Reichstag, daß die Forderungen der sozialdemo- kratischen Fraktion, Lebensmittelversorgung betreffend, Annahme finden werden. Es wäre ein nicht wieder gutzumachender Fehler, der schlimme, noch gar nicht übersehbare Folgen zeitigen müßte, wenn das Parla- ment die Volksmassen enttäuschen würde. Luise Zictz.
politische Ueberflcht. Sozialdemokratie und Kriegskredite. Die sozialdemokratis che Reichstagsfrak- t i o u hat beschlossen, den geforderten Kriegskredite« z u z u- st i m m e n. Ter Seniorenkonvent des Reichstages traf am Mittwoch geschäftliche Dispositionen für die nächsten Beratungstage des Plenums. Am Donnerstag, den 19. August, werden kleinere Gesetze sowie die e r st e Lesung des Nachtragsetats mit der Forderung eines Kredits von 19 Milliarden Mark auf der Tages- ordnung stehen. Hierzu wird der Reichskanzler sprechen. Am Freitag wird dann die zweite Lesung des Etats beginnen und es sollen der Reihenfolge nach sozial- politische und dann militärische Fragen zur Erörterung kommen, wobei die Zensur und der Belagerungszustand sowie ähnliche Fragen mit zur Besprechung kommen werden. Ueber weitere Dispositionen wird je nach dem Gange der. Geschäfte später befunden werden. Die Donnerstag-Sitzung des Reichtags wird nachmittags 2 Uhr beginnen._ Erhöhung der Bezüge. Bei den Beratungen der Budgetkommission ist mit besonderem Nachdruck darauf hingewiesen worden, daß eS den weitesten Kreisen nicht mehr möglich ist, mit den heutigen Löhnen und Gehältern aus- zukommen. Die Sozialdemokraten haben deshalb in einer Resolution die Regierung aufgefordert: a) im Hinblick auf die hohen Preise für Lebensmittel den Beamten und Pensionären des Reiches mit Jahresbezügen unter 3000 M. sowie den Arbeitern der Reichsbetriebe eine T e u e» rungszulage zu gewähren, deren Steigerung insbesondere gemessen wird nach der Zahl der zu unterstützenden Familien- Mitglieder; d) soweit Austräge der Militärverwaltung in Frage kommen, die Bemühungen der Arbeiter auf Gewährung ange- m e s s e n e r L ö h n e zu unterstützen, sowie die Bestrebungen der Arbeiter auf Teuerungszulagen soweit als möglich zu fördern; o) die auf Grund des Gesetzes, betreffend die Unter- stützung von Familien in den Militärdienst eingetretener Mannschaften zu gewährenden Unterstützungen zu erhöhen, sowie den Kommunen und Kommunalverbänden die Pflicht aufzuerlegen, ausreichende Zuschläge zu diesen Unterstützungssätzen zu gewähren und daß den nichtleistungsfähigen Gemeinden die erforderlichen Mittel aus Reichsmitteln zur Verfligung gestellt werden.
Schutz den Textilarbeiter«. Durch die Beschlagnahme der Baumwolle und das Verbot der weiteren Verarbeitung der Baumwolle, droht den Textilarbeitern Arbeitslosigkeit in großem Maßstab. Um diesen Zustand einiger- maßen erträglich zu gestalten, hat die sozialdemokratische Fraktion folgende Resolution zunächst in der Budgetkommission des Reichs- tags eingebracht: 1. Es ist Pflicht des Reiches, die durch das Herstellungs- verbot für Baumwollstoffe, die damit zusammenhängenden Ver- ordnungen und infolge Mangels geeigneter Rohstoffe arbeits- los werdenden Textilarbeiter und-Arbeiterinnen, soweit ihnen anderweite geeignete Arbeil nicht beschafft werden kann, ausreichend zu unterstützen. 2. Der Herr Reichskanzler wird ersucht, die erforderlichen Mittel auS den für Zwecke der KriegswohlfahrtSpflege bereit- gestellten 200 Millionen Mark bereitzustellen. Das freisinnige Kriegsprogramm. Die„Freisinnige Zeitung* veröffentlicht folgende Er- klärung: „Die Reichstagsfraktion der Fortschrittlichen V o l k S p a r t e i hat sich in eingehenden Beratungen mit den Auf- gaben beschäftigt, die der Volksvertretung durch den Gang der geschichtlichen Ereignisse zugewiesen werden. Sie hat die im Hinblick auf das KriegSziel erhobenen Forderungen künftiger Grenzfestsetzungen und staatsrechtlicher Neubildungen sorg- sam geprüft, erachtet aber nach gewissenhafter Erwägung die Zeit noch nicht für gekommen, ein bestimmtes Programm mit fest umgrenzten Einzelforderungen für den Abschluß des Friedens aufzustellen. Ebenso entfernt von der grund- sätzlichen Ablehnung jedes Landerwerbs wie von uferlosen Annexionsplänen hält die Fraktion für u n- bedingt geboten, das Reich durch militärische und Wirt- schaftliche Maßnahmen wie durch notwendige Gebiets- erweiterungen für die Zukunft zu sichern und für den ftied- lichen Wettstreit der Völker Bedingungen zu schaffen, die in der Hei- mat wie auf dem fteien Meere die Entfaltung der vollen Kraft des deutschen Volkes gewährleisten. ES wurde einhellig die Erwartung ausgesprochen, daß die Reichsregierung in vertrauensvollem Zusammenwirken mit der Volksvertretung zur gegebenen Zeit eine offene Aussprache über die Grundlage des Friedensschlusses herbeiführen werde, und die feste Zuversicht bekundet, daß Volk, Heer und Flotte im Bewußtsein der weltgeschichtlichen Bedeutung dieser schweren Kämpfe, wie bisher in treuem Zusammenhalten ohne Wanken alle Kräfte einsetzen werden, bis ein ehrenvoller Friede ge- sichert ist. Die Partei ist bereit, die Regierung zu unterstützen, die nach den Worten deS Kaisers vom 31. Juli 1913 sich die Aufgabe stellt, auf erprobten alten und vertrauensvoll betretenen neuen Bahnen vorwärts zu schreiten.* Berstorbene Landtagsabgeordnete. Der Landtagsabgeordnete Geheimer Justizrat v. Strombeck (Zentrum) ist, wie die„Germania * erfährt, heute früh in seiner Berliner Wohnung im 83. Lebensjahre gestorben. Crossen a. d. Oder, 18. August. (W. T. B.) Der Landtags- abgeordnete für den Wahlkreis Züllichau-Schwiebus-Crosscn, Prinz zu Löwenstein-Wertheim -Freudenbcrg (kons.), ist gestern abend nach kurzer Krankheit in Tilsit gestorben. Landtagsersatzwahl. Bei der Landtagsersatzwahl im Wahlkreis Bunzlau - Lölvenberg an Stelle des verstorbenen Abg. v. Koelichen auf Kittlitztreben, wurde der konservative Kandidat, Seminardirektor O e l z e- Bunzlau, gewählt.
Letzte Nachrichten. Ein Dementi. Haag, 18. August. (W. T. B.) Das Korrespondenz- bureau meldet: Wir sind ermächtigt zu erklären, daß die in der ausländischen Presse verbreitete telegraphische Meldung, eine der kriegführenden Parteien hätte um Friedens- vermittelung bei der niederländischen Re- g i e r u n g nachgesucht, ganz unbegründet ist. Ein russischer Armeebefehl. Berlin , 18. August. (W. T. B.) A m t l i ch. Unsere Truppen sind in den Besitz eines russischen Befehls gelangt, der in deutscher Uebersetzung folgendermaßen lautet: „Befehl an den Kommandeur des 1. turkistanifchrn Armeekorps vom 2./15. Juni 1915. Vom Oberbefehlshaber sind für die Anwendung von Ver- geliungs maßregeln an g e fangen en deutschen Soldaten für bekannt werdende Fälle von Verhören russischer Gefangener unter Amvendung von Folter und Verstümmelungen folgende ergänzende Anweisungen gegeben worden: Tie Vergel- tungSmaßregel soll im Bereiche des KorpS nicht später als 15 Tage nach Bekanntwerden eines Falles von grausamer Behandlung er- folgen unter Angabe des Anlasses. Außerdem soll den Gefangenen allgemein bekanntgegeben werden, daß jede neue Grausamkeit allerstrcngfte Vergeltung finden wird. So ist als Antwort auf die Verstümmelung des Kosaken Petschnjew vom Oberbefehlshaber der Befehl ergangen, von der nächsten Abteilung gefangener deutscher Soldaten zehn Mann, ohne Ausschluß der Offiziere, zu erschießen. Für die Grausamkeiten, du in der letzten Zeil von den Deutschen verübt worden sind. gez. General Odischelids e." Wenn em Oberbefehlshaber einen so bestimmten Befehl zu Vergeltungsmaßnahmen gibt, dann sollte man als selbstverständ- lich annehmen, daß die Taten, die gerächt werden sollen, unzweisel- hast feststehen. Das erfordert der europäische Rechtsbcgriss ohne weiteres. Wie steht es aber damit bei dem russischen Befehl? Alle Berichte über deutsche Greueltaten an russischen Gefangenen waren bisher als Lügen nachzuweisen, auch die Verstümmelung des Kosaken Petschnjew durch deutsche Soldaten konnte von den Russen nicht festgestellt sein, weil sie sich nie und nirgends zugetragen hat. Sic ist zwar vom russischen Generalstab in einer amtlichen Mitteilung behauptet worden, doch haben die deutschen amtlichen Untersuchun- gen ergeben, daß die ganze Geschichte schon deshalb völlig erfunden war, weil bei den in Frage kommenden deutsche« Armeeteilen über- Haupt kein Kosak des ussurischeu Reiterregiments, dem Petschnjew angehörte, gefangengenommen ist. Dies ist inzwischen, am 7. Juli, in einer amtlichen deutschen Erklärung mitgeteilt worden.— Ob der Blutbesehl des russischen Oberbefehlshabers beim 1. turkistani- sehen Armeekorps ausgeführt worden ist, entzieht sich noch der öffentlichen Kenntnis. Unabhängig davon, gehört aber die Grau- samkeit und verbrecherische Leichtfertigkeit, mit der diese Henkers- arbeit ohne genaue Untersuchung angeordnet worden ist, vor den Richterstuhl der Geschichte._ Beschlagnahmte Zeitungen in Frankreich . Paris , 18. August. (W. T. B.) Außer dem„Hamme e n ch a i n 6" sind auch„G u e r r e Sociale" und „Rappe l" beschlagnahmt worden, weil sie Auszüge aus Clemenceaus Artikel abgedruckt haben. Beide Blätter er- schienen in neuer Auflage ohne diesen Artikel. Hervs hat Clemenceau die„Guerre Sociale " zur Veröffentlichung seiner Artikel angeboten, aber Clemenceau hat abgelehnt