Nr. 289+ 37.Jahrgang Ausgabe B Nr. 7
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Sozialdemokrat Berilu".
Abend- Ausgabe
Vorwärts
Berliner Volksblatt
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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutfchlands
Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernivrecher: Amt Moritsvlas, Nr. 15190-15197.
Dienstag, den 8. Juni 1920
Vorwärts- Verlag G.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 117 53-54.
Rücktritt der Regierung.
Berlin , 8. Juni. ( WTB.) Das Reichskabinett hat sich heute mittag um 12 Uhr versammelt und dem Reichsprästdenten seine Demission angeboten. Der Reichspräsident hat sie angenommen und die Minister gebeten, bis auf weiteres ihre Geschäfte weiterzuführen. Außerdem hat er den Reichskanzler ersucht, darauf hinzuwirken, daß eine möglichst beschleunigte Feststellung des Wahlergebnisses erfolgen und die Einberufung des Reichstages möglichst bald stattfinden möge.
340 Abgeordnete gewählt.
96 Sozialdemokraten.
S. B. D. 113 551, U. G. 3. 104 238, Dem. 81 830, 8. 137 869, D. Bp. 145 150, Dnat, 24 367, Deutsch - Hannoveraner 22 154, Christlichsoziale Voltspartei 1231, R. P. D. 12 827.
Die Landtagswahlen in Bayern .
München , 7. Juni. Die Korrespondenz Hoffmann meldet: Im bayerischen Staatsministerium des Innern lagen folgende vor. läufige Ergebnisse der Landtagswahlen in Bayern vor: Für die Kreise Oberbayern , Niederbayern , Pfalz, Oberpfalz , Oberfranken , Mittelfranken , Unterfranken und Schwaben waren gezählt für die S. B. D. 301265,... 246 215, für die R. P. D. 42 161, Bayerische Boltspartei 839 962, Deutschdemokratische Partei Deutsche Volkspartei zusammen 207 583.
Das vorläufige Ergebnis aus 31 Wahlkreisen- es steht 145 200, Bayerischen Bauernbund 163 439, Mittelpartei und die noch aus Kreis 17( Hannover - Ost) beträgt für die
Sozialdemokratie
Unabhängigen
Dt. Volkspartel®
Zentrum.
.
Dentschn. Volkspartei
Demokraten
Bayrische Volkspartei Kommunisten
•
-
4 721 000
4 123 000
3 178 000
2 720 000 2 673 000 1996 000
794 287 398 272
Demnach entfallen au Mandaten auf die Sozialdemokraten ( einschließlich der ihnen aus den Abstimmungsgebieten bleibenden 18) 96,
Unabhängigen 68,
Deutsche Volkspartei ( einschl. 2) 54, Zentrumspartei ( einschl. 9) 54,
Deutschnat. Volkspartei( einschl. 4) 48,
Demokraten( einschl. 9) 41,
Bayerische Volkspartei 13,
Die Konferenz von Spa erst im Juli.
London , 7. Juni. Reuter erfährt, die Vertreter der Alliierten werden wahrscheinlich vor der Konferenz in Spa in Londen zusammenkommen. Die Konferenz in Spa ist bis Juli
aufgeschoben worden.
Rotterdam , 7. Juni. Laut ,, Daily Chronicle" werden die Ministerpräsidenten vor England, Frankreich , Belgien und Italien an einer Brüsseler Besprechung teilnehmen, welche der Konferenz in Spa vorausgehen soll.
Rücktritt und Neubildung.
Wenn diese Zeilen in Druck gehen, dann dürfte der Rücktritt der bisherigen Reichsregierung vollzogene Tatsache sein. Damit wäre nach demokratischen Grundsäßen die Konsequenz aus, dem Wahlausfall gezogen.
Allerdings mag hier eine fleine Einschränkung gemacht werden. In dem Sinne, wie die Blätter der Rechten es behaupten, ist die Regierung nicht zum Rücktritt gezwungen, nämlich als ob sie durch ein„ Volksgericht" glattweg vernichtet worden wäre. Es darf nicht ganz übersehen werden, daß der Zahl der Wähler, die ihre Stimme gegen die Regierung abgaben, eine fast gleich große Zahl von Wählern gegenübersteht, die für das Verbleiben der bisherigen Regierung stimmten. Und diese Wähler haben ebensoviel Anspruch auf Berücksichtigung ihrer Willensmeinung wie jene. Wenn die reaftionäre Bresse das Wachstum der beiden Rechtsparteien als den schlechthin entscheidenden Gesichtspunkt ansieht, nach dem sich alles Künftige zu orientieren habe, so darf doch wohl daran erinnert werden, daß die Rechtsparteien nach ihren eigenen Schäßungen in der Deutschen Tageszeitung" und im Lokal- Anzeiger" auf insgesamt 125 bis 130 Mandate rechnen, d. h. höchstens drei Behntel aller abgegebenen Stimmen. Mögen diese Parteien auch gegen das vorige Mal stark gewachsen sein, so haben nach demokratischen Grundsäßen drei Zehntel sicher nicht das Recht, den übrigen sieben Behnteln ihren Willen aufzuzwingen.
Gemeinderatswahlen in Jrland. Rotterdam , 7. Juni. Observer" aufolge find die Gefie meinderatswahlen in Irland so gut wie beendet; sie haben außer im Nordosten, Ulster und der Grafschaft Londonderry einen überwältigenden Erfolg der revolutionären
Kommunisten 2( 1 in Chemnik und 1 wahrscheinlich auf Sinn feiner gebracht. Reichsliste).
Die Gesamtzahl der im Reiche abgegebenen Stimmen beträgt nach der bisherigen Feststellung 21 584 000 von etwa 30 Millionen Wahlberechtigten.
Die Sozialdemokratie bleibt danach die weitaus stärkste Bartei, auch ohne die 18 Mandate aus den jest nicht wählenden Kreisen. Wenn die Zahlen, was kaum anzunehmen ist, nicht durch das Ergebnis aus Ofthannover umgeworfen werden, würden die bisherigen Koalitionsparteien erhalten 191 von 380 Sigen, ihre Mehrheit also nur wenige Stimmen betragen.
Sozaldemokraten
Unabhängige
Kommunisten
Demokraten.
Zentrum
Deutsche Bolkspartei
Deutschnationale.
Wirtschaftliche Bereinigung
Nationaldemokraten
Aufbaupartei
Deutsch- Hannoversche Liste
4. Wahlkreis( Potsdam I).
B.
185 289 437 166 13 686 74 563 36 100 149 112 120 799 24 917
326
5 102
S. P. D. 182 764, brei Mandate, U. S. p. 242 540, vier Mandate, Dem. 68 259, en Mandat, D. Vp. 152 581, zwei Mandate, 8. 18 916, fein Mandat, Dnat. 124 155, zwei Mandate.
S. 3. D. 167 000,... 44 000,.. D. 4000. Dem. 44 000, Dnat. 93 000, D. p. 74 000, 3. 1000, Mittelstandsvereinigung 27 000, 9. Wahlkreis( Liegnis). Borläufiges amtliches Wahlergebnis aus bem Wahlfreis 9 Liegnig.( Niederschlesien). Es sind abgegeben 534 954 gültige Stimmen. Davon entfallen auf die. P. D. 169 695, 11. E. P. 56 884, S. P. D. 5258, Dem. 67 572, Dnat. 109 396, 3. 49 858, D. p. 75 248, Laufiger Bolfspartei 1548. Es erhalten somit die Sozialdemokraten 2, Demokraten 1, Deutschnationale 1 und
Deutsche Volkspartei 1 Sib.
11. Wahlkreis( Magdeburg - Anhalt). Amtliches Wahlergebnis: S. P. D. 278 149, 11. S. P. D. 158 355, 3. 12 892, D. Bp. 118 437, Dnat. 136 149, Dem. 113 212, Natdem. 1421, R. P. D 8809. Es erhalten demnach: Sozial. demokraten 4( Bauer, Silberschmidt, Beims, Bender), Un= abhängige 2( Brandes, Dittmann), Deutsche Boltsparter 1 ( Sulentamp), Deutschnationale 2( Schiele, Riesenberg), Demofraten 1 Si( Schiffer).
Die Verhandlungen mit Kraffin. Amfterdam, 8. Juni. Wie aus London gemeldet wird, haben Bord Curzon, Bonar 2am und andere Mitglieder der Res gierung Strassin zum zweiten Male empfangen. Straffin gab auf Anfrage der englischen Minister bezüglich der Krieg 3 gefan genen und der bolichewitschen Propaganda Aufschläffe; wahrscheinlich wird eine neue Busammenkunft veranstaltet werden.
London , 7. Juni. ( Unterhaus.) In einer Besprechung über die Verhandlungen mit dem russischen Vertreter gab Lloyd Ge orge auf die an dem Vorgehen der Regierung geübte eritif eine energische Antwort. Er betonte, die gegenwärtigen Verhandlungen seien das Ergebnis einer Anzahl von Beschlüssen der Alliierten, an denen sowohl Clemenceau wie Miller and beteiligt waren. In San Remo seien die Alliierten einstimmig zu dem Schluß gelangt, daß es im Interesse der Welt von Wichtigkeit sei, daß die Handelsbeziehungen mit Rußland wieder aufgenommen würden. Gr übernehme die volle Verantwortung für das eingeschlagene Verfahren. Die Regierung habe Beweise dafür, daß in Rußland Getreide vorrätig sei. Lloyd George verlas ein Telegramm aus Polen , in dem mitgeteilt wird, daß allein in der Ufraine eine beträchtliche Menge Weizen zur Ausfuhr vorhanden sei.
Amerika als Weltfinanzier. Washington , 7. Juni. ( Havas.) Das Kriegsdeparte ment meldet, daß die Vereinigten Staaten 112 997 000 Dollar an England und 893 Millionen Dollar an die übrigen Aliierten, davon 748 392 000 Dollar an Frankreich gezahlt, andererseits aber aus den im Auslande befindlichen Heeresbeständen 892 923 000 Dollar erzielt haben.
"
Die bisherige Regierungstoalition dürfte demgegenüber noch immer die Hälfte der Mandate behauptet haben. Wenn gleichwohl zurücktritt, so entspricht das der Erwägung, daß die Demokratie zwar im Notfall auch mit 51 Prozent der Wähler gegen 49 Prozent regieren muß, daß dies aber fein erfreulicher und befriedigender Zustand ist. Wenn die wirkliche, d. h. die innere Möglichkeit besteht, eine Mehrheit auf breiterer Grundlage zu schaffen, so ist die größere Mehrheit der kleineren vorzuziehen, vorausgefekt natürlich, daß diese Mehrheit nicht durch künstliche Busammenleimung innerlich auseinanderstrebender Elemente, sondern auf tragfähiger sachlicher Grundlage zu bilden iſt. Gine Regierung, deren Mehrheit auf das kleinste Maß zufammenschrumpft, hat die Pflicht, in eine Prüfung darüber einzutreten, ob nicht auf Grund des Wahlausfalls eine andere, breitere Regierungsmehrheit geschaffen werden kann. In Erfüllung dieser Pflicht hat die bisherige Regierung demissioniert.
Bei der Frage nach der Schaffung einer breiteren Regierungsmehrheit setzen allerdings sofort die Schwierig. feiten ein. Der Rücktritt des Kabinetts Müller ist die einzige flare, aber auch nur rein negative Konsequenz des Wahlausfalls. Die positive Folgerung, die Bildung einer neuen Regierung, ist viel schwieriger zu ziehen, weil nach dieser Richtung hin feinerlei flar erkennbare Willensäußerung der Wählermassen vorliegt. Denn die Wähler, die diesmal der Regierung die Gefolgschaft versagten, find nach zwei entgegengesetzten Richtungen abgewandert. Es muß immer wiederholt werden, daß die Wähler, die fich den Linksradikalen anschlossen, denselben Anspruch auf Berücksichtigung ihrer Willensäußerung erheben fönnen. wie die zur Reaktion abgeschwenkten.
Nun hat aber weder die Rechte noch die äußerste inte einen derartigen Zuzug erhalten, um zu sein. Beide Flügel mögen ihren Mandatsgewinn als an zur Jelbständigen Uebernahme der Regierung befähigt arteisieg feiern, einen Wahlsieg im demokratisch- parlamentarischen Sinne hat keine der beiden Oppositionsgruppen er
180000 Kriegsgefangene in Rußland .
Amsterdam , 7. Juni. Nach einer Londoner Meldung erklärte Nansen einem Mitarbeiter bes„ Observer", in Sibirien befänden fich wahrscheinlich noch 160. bis 180 000 riegs gefangene; einige tausend davon seien in Turkestan , deren Heimkehr bie größten Schwierigkeiten verursache. Im übrigen verfehrten trotz Mangels an Eisenbahnmaterial Züge mit Striegsgefangenen zwischen Moskau und Narva. Die Behandlung der Kriegsgefangenen in Rußland laffe nichts zu wünschen übrig.
rungen.
Damit bleibt als einzige theoretische Möglichkeit zur Schaffung einer breiteren Regierungsmehrheit eine innere Umgruppierung der Parteien, d. h. praktisch gesprochen eine Erweiterung der bisherigen Koalition nach rechts oder nach links. Dabei fommt aber wieder als erschwerendes Moment hinzu, daß solche Erweiterungen den Austritt bisheriger Gruppen aus der Koalition zur Folge haben und fomit wiederum zur Schmälerung der Regierungsmehrheit führen können.
Die Sozialdemokratie lehnt die Beteiligung an einer nach rechts orientierten Koalition ab. Das Zusammengeben mit bürgerlichen Parteien war für uns bisher schon ein schweres Opfer, es findet aber seine bestimmte Grenze Prag , 8. Juni. Wie das Prager Abendblatt meldet, ist die an dem republikanisch- demokratischen GrundArbeiterschaft in den Bezirken Karlsbad , Ellbogen, char after der Regierung. Das gemeinsame Bekenntnis Falkenau, Neuded, Graslis wegen Hungersnot in den Gezur Demokratie und Republik war die Plattform, auf der neralfreit getreten.
unser Zusammenarbeiten ntit den bürgerlichen Mittelparteien